Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674.

Bild:
<< vorherige Seite

Capitel. der Affter-Welt.
Qualitäten aber gehören noch zu einerley Geschlecht/ nehmlich zur Be-
wegligkeit der innerlichen Stücklein beym Gantzen/ so da kalt oder
warm zunennen ist: eben also wie die beyden würckenden Elementar-
Qualitäten in der auffrichtigen Moralischen Welt/ nehmlich die Wohl-
verdienligkeit und Minderverdienligkeit/ nur respective zuverstehen
sind/ weil sie unter einerley Geschlecht/ der Verdienligkeit/ nur gradu
differi
ren/ welcher Grad gegen diesem Werck vor hoch/ gegen einem
andern vor gering/ zuschätzen.

Bey der Moralischen Affter-Welt aber findet sich ein gantzes
Gegenspiel der Affter-Qualitäten/ welche mit den rechten Elemen-
tar-Qualitäten einerley Quantität und Sehrsamkeit den blossen Zah-
len und der Proportion nach haben/ aber gantz unter einem andern
Geschlecht sich befinden/ so gar/ daß das Affter-Geschlecht dieses/ nem-
lich das rechte Geschlechttso viel als dieselbe Qantität außträgt/ zu grun-
de richten und zunichte machen kan.

§. 5. Nehmlich es findet sich in der Affter-Welt ein so grosses
Miß-Verdienst/ bey denen mißhandlenden Personen/ als in der rechten
Moralischen Welt eine Wöhlverdienligkeit bey denen auffrichtigen
Bidermännern immer seyn kan. Und dahero so entstehen auch in der
Affter-Welt bey denen mißhandlenden Personen zwey dergleichen Ele-
mente/ nemlich also zureden/ die Vielmiß-Verdienligkeit/ bey den gro-
ben Missethätern; und die Minder-Mißverdienligkeit/ bey denen ge-
ringern.

§. 6. Wann nun dieses dem gemeinen Wesen höchst schädlich/
ja gar zu seinem Untergang gereichet/ so hat man/ solche Miß-Qualitä-
ten bey denen Personen zuverhüten/ erstlich nur zum Eckel/ auch den
übrigen beyden rechten Moralischen Elementar-Qualitäten zwey
gegenspielende Miß-Qualitäten verordnet/ welche sich mit vorigen
auch alsobald vermischen müssen/ durch dero Verdrießligkeit und Ab-
scheuligkeit die Missethäter auch von den ersten beyden Miß-Qualitä-
ten abzustehen/ und sich zuenthalten beweget/ werden möchten.

§. 7. Nemlich/ man hat der Achtbarkeit entgegen gesetzet/ nicht
nur bloß/ die Unachtbarkeit/ dann dieses ist nur gleichsam die Scheide-
wand/ die weder böses noch gutes betrifft; wie dann die Unächtigen
also genennet werden/ daß sie zwar nicht wie die ächten Kinder mit von
der Erbschafft participiren/ gleichwohl aber auch deßwegen nicht selbst

vor
Lij

Capitel. der Affter-Welt.
Qualitaͤten aber gehoͤren noch zu einerley Geſchlecht/ nehmlich zur Be-
wegligkeit der innerlichen Stuͤcklein beym Gantzen/ ſo da kalt oder
warm zunennen iſt: eben alſo wie die beyden wuͤrckenden Elementar-
Qualitaͤten in der auffrichtigen Moraliſchen Welt/ nehmlich die Wohl-
verdienligkeit und Minderverdienligkeit/ nur reſpectivè zuverſtehen
ſind/ weil ſie unter einerley Geſchlecht/ der Verdienligkeit/ nur gradu
differi
ren/ welcher Grad gegen dieſem Werck vor hoch/ gegen einem
andern vor gering/ zuſchaͤtzen.

Bey der Moraliſchen Affter-Welt aber findet ſich ein gantzes
Gegenſpiel der Affter-Qualitaͤten/ welche mit den rechten Elemen-
tar-Qualitaͤten einerley Quantitaͤt und Sehrſamkeit den bloſſen Zah-
len und der Proportion nach haben/ aber gantz unter einem andern
Geſchlecht ſich befinden/ ſo gar/ daß das Affter-Geſchlecht dieſes/ nem-
lich das rechte Geſchlechttſo viel als dieſelbe Qantitaͤt außtraͤgt/ zu grun-
de richten und zunichte machen kan.

§. 5. Nehmlich es findet ſich in der Affter-Welt ein ſo groſſes
Miß-Verdienſt/ bey denen mißhandlenden Perſonen/ als in der rechten
Moraliſchen Welt eine Woͤhlverdienligkeit bey denen auffrichtigen
Bidermaͤnnern immer ſeyn kan. Und dahero ſo entſtehen auch in der
Affter-Welt bey denen mißhandlenden Perſonen zwey dergleichen Ele-
mente/ nemlich alſo zureden/ die Vielmiß-Verdienligkeit/ bey den gro-
ben Miſſethaͤtern; und die Minder-Mißverdienligkeit/ bey denen ge-
ringern.

§. 6. Wann nun dieſes dem gemeinen Weſen hoͤchſt ſchaͤdlich/
ja gar zu ſeinem Untergang gereichet/ ſo hat man/ ſolche Miß-Qualitaͤ-
ten bey denen Perſonen zuverhuͤten/ erſtlich nur zum Eckel/ auch den
uͤbrigen beyden rechten Moraliſchen Elementar-Qualitaͤten zwey
gegenſpielende Miß-Qualitaͤten verordnet/ welche ſich mit vorigen
auch alſobald vermiſchen muͤſſen/ durch dero Verdrießligkeit und Ab-
ſcheuligkeit die Miſſethaͤter auch von den erſten beyden Miß-Qualitaͤ-
ten abzuſtehen/ und ſich zuenthalten beweget/ werden moͤchten.

§. 7. Nemlich/ man hat der Achtbarkeit entgegen geſetzet/ nicht
nur bloß/ die Unachtbarkeit/ dann dieſes iſt nur gleichſam die Scheide-
wand/ die weder boͤſes noch gutes betrifft; wie dann die Unaͤchtigen
alſo genennet werden/ daß ſie zwar nicht wie die aͤchten Kinder mit von
der Erbſchafft participiren/ gleichwohl aber auch deßwegen nicht ſelbſt

vor
Lij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0093" n="83"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Capitel. der Affter-Welt.</hi></fw><lb/>
Qualita&#x0364;ten aber geho&#x0364;ren noch zu einerley Ge&#x017F;chlecht/ nehmlich zur Be-<lb/>
wegligkeit der innerlichen Stu&#x0364;cklein beym Gantzen/ &#x017F;o da kalt oder<lb/>
warm zunennen i&#x017F;t: eben al&#x017F;o wie die beyden wu&#x0364;rckenden Elementar-<lb/>
Qualita&#x0364;ten in der auffrichtigen Morali&#x017F;chen Welt/ nehmlich die Wohl-<lb/>
verdienligkeit und Minderverdienligkeit/ nur <hi rendition="#aq">re&#x017F;pectivè</hi> zuver&#x017F;tehen<lb/>
&#x017F;ind/ weil &#x017F;ie unter einerley Ge&#x017F;chlecht/ der Verdienligkeit/ nur <hi rendition="#aq">gradu<lb/>
differi</hi>ren/ welcher Grad gegen die&#x017F;em Werck vor hoch/ gegen einem<lb/>
andern vor gering/ zu&#x017F;cha&#x0364;tzen.</p><lb/>
          <p>Bey der Morali&#x017F;chen Affter-Welt aber findet &#x017F;ich ein gantzes<lb/>
Gegen&#x017F;piel der Affter-Qualita&#x0364;ten/ welche mit den rechten Elemen-<lb/>
tar-Qualita&#x0364;ten einerley Quantita&#x0364;t und Sehr&#x017F;amkeit den blo&#x017F;&#x017F;en Zah-<lb/>
len und der Proportion nach haben/ aber gantz unter einem andern<lb/>
Ge&#x017F;chlecht &#x017F;ich befinden/ &#x017F;o gar/ daß das Affter-Ge&#x017F;chlecht die&#x017F;es/ nem-<lb/>
lich das rechte Ge&#x017F;chlechtt&#x017F;o viel als die&#x017F;elbe Qantita&#x0364;t außtra&#x0364;gt/ zu grun-<lb/>
de richten und zunichte machen kan.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">§.</hi> 5. Nehmlich es findet &#x017F;ich in der Affter-Welt ein &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;es<lb/>
Miß-Verdien&#x017F;t/ bey denen mißhandlenden Per&#x017F;onen/ als in der rechten<lb/>
Morali&#x017F;chen Welt eine Wo&#x0364;hlverdienligkeit bey denen auffrichtigen<lb/>
Biderma&#x0364;nnern immer &#x017F;eyn kan. Und dahero &#x017F;o ent&#x017F;tehen auch in der<lb/>
Affter-Welt bey denen mißhandlenden Per&#x017F;onen zwey dergleichen Ele-<lb/>
mente/ nemlich al&#x017F;o zureden/ die Vielmiß-Verdienligkeit/ bey den gro-<lb/>
ben Mi&#x017F;&#x017F;etha&#x0364;tern; und die Minder-Mißverdienligkeit/ bey denen ge-<lb/>
ringern.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">§.</hi> 6. Wann nun die&#x017F;es dem gemeinen We&#x017F;en ho&#x0364;ch&#x017F;t &#x017F;cha&#x0364;dlich/<lb/>
ja gar zu &#x017F;einem Untergang gereichet/ &#x017F;o hat man/ &#x017F;olche Miß-Qualita&#x0364;-<lb/>
ten bey denen Per&#x017F;onen zuverhu&#x0364;ten/ er&#x017F;tlich nur zum Eckel/ auch den<lb/>
u&#x0364;brigen beyden rechten Morali&#x017F;chen Elementar-Qualita&#x0364;ten zwey<lb/>
gegen&#x017F;pielende Miß-Qualita&#x0364;ten verordnet/ welche &#x017F;ich mit vorigen<lb/>
auch al&#x017F;obald vermi&#x017F;chen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ durch dero Verdrießligkeit und Ab-<lb/>
&#x017F;cheuligkeit die Mi&#x017F;&#x017F;etha&#x0364;ter auch von den er&#x017F;ten beyden Miß-Qualita&#x0364;-<lb/>
ten abzu&#x017F;tehen/ und &#x017F;ich zuenthalten beweget/ werden mo&#x0364;chten.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">§.</hi> 7. Nemlich/ man hat der Achtbarkeit entgegen ge&#x017F;etzet/ nicht<lb/>
nur bloß/ die Unachtbarkeit/ dann die&#x017F;es i&#x017F;t nur gleich&#x017F;am die Scheide-<lb/>
wand/ die weder bo&#x0364;&#x017F;es noch gutes betrifft; wie dann die Una&#x0364;chtigen<lb/>
al&#x017F;o genennet werden/ daß &#x017F;ie zwar nicht wie die a&#x0364;chten Kinder mit von<lb/>
der Erb&#x017F;chafft <hi rendition="#aq">participi</hi>ren/ gleichwohl aber auch deßwegen nicht &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Lij</fw><fw place="bottom" type="catch">vor</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[83/0093] Capitel. der Affter-Welt. Qualitaͤten aber gehoͤren noch zu einerley Geſchlecht/ nehmlich zur Be- wegligkeit der innerlichen Stuͤcklein beym Gantzen/ ſo da kalt oder warm zunennen iſt: eben alſo wie die beyden wuͤrckenden Elementar- Qualitaͤten in der auffrichtigen Moraliſchen Welt/ nehmlich die Wohl- verdienligkeit und Minderverdienligkeit/ nur reſpectivè zuverſtehen ſind/ weil ſie unter einerley Geſchlecht/ der Verdienligkeit/ nur gradu differiren/ welcher Grad gegen dieſem Werck vor hoch/ gegen einem andern vor gering/ zuſchaͤtzen. Bey der Moraliſchen Affter-Welt aber findet ſich ein gantzes Gegenſpiel der Affter-Qualitaͤten/ welche mit den rechten Elemen- tar-Qualitaͤten einerley Quantitaͤt und Sehrſamkeit den bloſſen Zah- len und der Proportion nach haben/ aber gantz unter einem andern Geſchlecht ſich befinden/ ſo gar/ daß das Affter-Geſchlecht dieſes/ nem- lich das rechte Geſchlechttſo viel als dieſelbe Qantitaͤt außtraͤgt/ zu grun- de richten und zunichte machen kan. §. 5. Nehmlich es findet ſich in der Affter-Welt ein ſo groſſes Miß-Verdienſt/ bey denen mißhandlenden Perſonen/ als in der rechten Moraliſchen Welt eine Woͤhlverdienligkeit bey denen auffrichtigen Bidermaͤnnern immer ſeyn kan. Und dahero ſo entſtehen auch in der Affter-Welt bey denen mißhandlenden Perſonen zwey dergleichen Ele- mente/ nemlich alſo zureden/ die Vielmiß-Verdienligkeit/ bey den gro- ben Miſſethaͤtern; und die Minder-Mißverdienligkeit/ bey denen ge- ringern. §. 6. Wann nun dieſes dem gemeinen Weſen hoͤchſt ſchaͤdlich/ ja gar zu ſeinem Untergang gereichet/ ſo hat man/ ſolche Miß-Qualitaͤ- ten bey denen Perſonen zuverhuͤten/ erſtlich nur zum Eckel/ auch den uͤbrigen beyden rechten Moraliſchen Elementar-Qualitaͤten zwey gegenſpielende Miß-Qualitaͤten verordnet/ welche ſich mit vorigen auch alſobald vermiſchen muͤſſen/ durch dero Verdrießligkeit und Ab- ſcheuligkeit die Miſſethaͤter auch von den erſten beyden Miß-Qualitaͤ- ten abzuſtehen/ und ſich zuenthalten beweget/ werden moͤchten. §. 7. Nemlich/ man hat der Achtbarkeit entgegen geſetzet/ nicht nur bloß/ die Unachtbarkeit/ dann dieſes iſt nur gleichſam die Scheide- wand/ die weder boͤſes noch gutes betrifft; wie dann die Unaͤchtigen alſo genennet werden/ daß ſie zwar nicht wie die aͤchten Kinder mit von der Erbſchafft participiren/ gleichwohl aber auch deßwegen nicht ſelbſt vor Lij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674/93
Zitationshilfe: Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674/93>, abgerufen am 22.11.2024.