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Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674.

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Capitel. der Publiq-Personen.
den denen in der ersten Stuffe des nachfolgenden Tractats zur Genie-
sung derer gemeinen Privilegien an die Seite gesetzet.

§. 18. Durch Tapfferkeit des unverzagten Willens sind die
Edlen zu sonderlicher Ehren-Condition gekommen/ so gar/ daß weil
man bey uns von der Tapfferkeit ehe/ als von der Wissenschafft/ die
Fortpflantzung praesumiren kan/ solche Dignität auch auff die Nach-
kommen sich erstrecket. Dahero die Noblesse zweyerley/ die Alte/ von
gewissen Ahnen her/ derer die da sind Edel gebohren; und die Neue/
derer die durch Krieg und sonst dazu erkohren. Dann ob gleich die
Krieges-Officirer auch ausser dem Krieg/ so lange sie leben/ vor
Edle billig erkant werden/ so erbet doch dieser Adel nicht/ wann nicht
die Charge sehr hoch gewesen/ oder die Majestät solche vor erblich er-
kläret hat.

§. 19. Denen erblich Edlen werden mehrentheils so bald sie zu
fähigen Jahren kommen/ Obrigkeitliche Aempter/ theils durch Erweh-
lung/ theils durch Succession in die Fußstapffen ihrer Eltern/ auffge-
tragen/ weßwegen sie/ noch ehe sie solche würcklich antreten/ jeder nach
seiner Condition, schon als eine solche Publiq-Person respectiret
werden. Jn Teutschland machen solche Personen von Condition
auch einen perfecten Tetract, in dem sich allda finden

1. Edelleuthe/ Ritter/ Nobiles.
2. Freyherrn/ Barones.
3. Grafen/ Comites.
4. Fürsten/ Principes.

§. 20. Die würckliche Publiq-Personen sind in Verrichtun-
gen/ die das gemeine Wesen unmittelbarer Weise angehet/ das ist/ in
Aemptern begriffen/ und deßwegen Amptshabere zuheissen. Es können
aber solche Amptshaber betrachtet werden entweder als eine Obrig-
keit/
so ferne sie zubefehlen haben und andere ihnen untergebene zu
dirigiren/ vor welche sie stehen; oder nur als Gemeinschafftliche
Beampten/
so ferne sie nur in gewissen Verrichtungen der Gemei-
ne zum Besten sich befinden. Als Obrigkeit steigen sie/ wie obge-
dacht/ mit den Ziffern immer höher und höher/ biß auff einen oder et-
liche/ die die letzten sind/ und die höchste Obrigkeit/ bloß/ die Obrigkeit
genannt werden. Welche nicht allein ihrer Person und Standes we-
gen auch eine und zwar die höchste Ziffer bey der Moralischen Rech-

nung

Capitel. der Publiq-Perſonen.
den denen in der erſten Stuffe des nachfolgenden Tractats zur Genie-
ſung derer gemeinen Privilegien an die Seite geſetzet.

§. 18. Durch Tapfferkeit des unverzagten Willens ſind die
Edlen zu ſonderlicher Ehren-Condition gekommen/ ſo gar/ daß weil
man bey uns von der Tapfferkeit ehe/ als von der Wiſſenſchafft/ die
Fortpflantzung præſumiren kan/ ſolche Dignitaͤt auch auff die Nach-
kommen ſich erſtrecket. Dahero die Nobleſſe zweyerley/ die Alte/ von
gewiſſen Ahnen her/ derer die da ſind Edel gebohren; und die Neue/
derer die durch Krieg und ſonſt dazu erkohren. Dann ob gleich die
Krieges-Officirer auch auſſer dem Krieg/ ſo lange ſie leben/ vor
Edle billig erkant werden/ ſo erbet doch dieſer Adel nicht/ wann nicht
die Charge ſehr hoch geweſen/ oder die Majeſtaͤt ſolche vor erblich er-
klaͤret hat.

§. 19. Denen erblich Edlen werden mehrentheils ſo bald ſie zu
faͤhigen Jahren kommen/ Obrigkeitliche Aempter/ theils durch Erweh-
lung/ theils durch Succeſſion in die Fußſtapffen ihrer Eltern/ auffge-
tragen/ weßwegen ſie/ noch ehe ſie ſolche wuͤrcklich antreten/ jeder nach
ſeiner Condition, ſchon als eine ſolche Publiq-Perſon reſpectiret
werden. Jn Teutſchland machen ſolche Perſonen von Condition
auch einen perfecten Tetract, in dem ſich allda finden

1. Edelleuthe/ Ritter/ Nobiles.
2. Freyherrn/ Barones.
3. Grafen/ Comites.
4. Fuͤrſten/ Principes.

§. 20. Die wuͤrckliche Publiq-Perſonen ſind in Verrichtun-
gen/ die das gemeine Weſen unmittelbarer Weiſe angehet/ das iſt/ in
Aemptern begriffen/ und deßwegen Amptshabere zuheiſſen. Es koͤnnen
aber ſolche Amptshaber betrachtet werden entweder als eine Obrig-
keit/
ſo ferne ſie zubefehlen haben und andere ihnen untergebene zu
dirigiren/ vor welche ſie ſtehen; oder nur als Gemeinſchafftliche
Beampten/
ſo ferne ſie nur in gewiſſen Verrichtungen der Gemei-
ne zum Beſten ſich befinden. Als Obrigkeit ſteigen ſie/ wie obge-
dacht/ mit den Ziffern immer hoͤher und hoͤher/ biß auff einen oder et-
liche/ die die letzten ſind/ und die hoͤchſte Obrigkeit/ bloß/ die Obrigkeit
genannt werden. Welche nicht allein ihrer Perſon und Standes we-
gen auch eine und zwar die hoͤchſte Ziffer bey der Moraliſchen Rech-

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[31/0041] Capitel. der Publiq-Perſonen. den denen in der erſten Stuffe des nachfolgenden Tractats zur Genie- ſung derer gemeinen Privilegien an die Seite geſetzet. §. 18. Durch Tapfferkeit des unverzagten Willens ſind die Edlen zu ſonderlicher Ehren-Condition gekommen/ ſo gar/ daß weil man bey uns von der Tapfferkeit ehe/ als von der Wiſſenſchafft/ die Fortpflantzung præſumiren kan/ ſolche Dignitaͤt auch auff die Nach- kommen ſich erſtrecket. Dahero die Nobleſſe zweyerley/ die Alte/ von gewiſſen Ahnen her/ derer die da ſind Edel gebohren; und die Neue/ derer die durch Krieg und ſonſt dazu erkohren. Dann ob gleich die Krieges-Officirer auch auſſer dem Krieg/ ſo lange ſie leben/ vor Edle billig erkant werden/ ſo erbet doch dieſer Adel nicht/ wann nicht die Charge ſehr hoch geweſen/ oder die Majeſtaͤt ſolche vor erblich er- klaͤret hat. §. 19. Denen erblich Edlen werden mehrentheils ſo bald ſie zu faͤhigen Jahren kommen/ Obrigkeitliche Aempter/ theils durch Erweh- lung/ theils durch Succeſſion in die Fußſtapffen ihrer Eltern/ auffge- tragen/ weßwegen ſie/ noch ehe ſie ſolche wuͤrcklich antreten/ jeder nach ſeiner Condition, ſchon als eine ſolche Publiq-Perſon reſpectiret werden. Jn Teutſchland machen ſolche Perſonen von Condition auch einen perfecten Tetract, in dem ſich allda finden 1. Edelleuthe/ Ritter/ Nobiles. 2. Freyherrn/ Barones. 3. Grafen/ Comites. 4. Fuͤrſten/ Principes. §. 20. Die wuͤrckliche Publiq-Perſonen ſind in Verrichtun- gen/ die das gemeine Weſen unmittelbarer Weiſe angehet/ das iſt/ in Aemptern begriffen/ und deßwegen Amptshabere zuheiſſen. Es koͤnnen aber ſolche Amptshaber betrachtet werden entweder als eine Obrig- keit/ ſo ferne ſie zubefehlen haben und andere ihnen untergebene zu dirigiren/ vor welche ſie ſtehen; oder nur als Gemeinſchafftliche Beampten/ ſo ferne ſie nur in gewiſſen Verrichtungen der Gemei- ne zum Beſten ſich befinden. Als Obrigkeit ſteigen ſie/ wie obge- dacht/ mit den Ziffern immer hoͤher und hoͤher/ biß auff einen oder et- liche/ die die letzten ſind/ und die hoͤchſte Obrigkeit/ bloß/ die Obrigkeit genannt werden. Welche nicht allein ihrer Perſon und Standes we- gen auch eine und zwar die hoͤchſte Ziffer bey der Moraliſchen Rech- nung

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Zitationshilfe: Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674/41>, abgerufen am 19.04.2024.