Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674.

Bild:
<< vorherige Seite

Capitel. der Personen.
ten sey/ und wie sie so gar wenig in der Rechenkunst geübet seyn/ wann
sie meynen/ daß man alles genugsam an Fingern abzehlen/ und der Ge-
lenck- und Hülff-Zahlen durchgehend entberen könne. Und weiln der-
gleichen künstlicher Unterschied/ auch ausser den Zahlen/ selbst bey der
Natur derer Dinge nach ihren Concepten und Gedenckbarkeiten/
gleicher Gestalt von den Menschen unumgänglich beobachtet werden
muß/ indem er etliche als hohe weitleufftige general- Dinge/ oder
viel unter sich begreiffende Sachen; die andern als unterthänige Din-
ge/ special und einzele Sachen/ sich einzubilden/ vorzustellen und
zusetzen/ nach Anleitung seines Verstandes gezwungen ist/ wohin er
sich nicht allein in der Arithmetic/ sondern auch in der gantzen Philo-
sophie/ ja wenn und wie er mit denen Dingen solche nach ihren Denck-
barkeiten zubetrachten zuthun haben wil/ allzeit beziehen muß/ wie sol-
ches in der arithmetischen Logie und übrigen Hauptlehr unserer Be-
schreibung der Pansophie aus dem Grund hervor gesucht/ und nach
der gleichförmigen Zahlen-Manier eingerichtet/ viel augenscheinli-
cher als sonst vorgestellet worden: so erkennet man ja gantz hand.
greifflich/ daß dergleichen Unterschieds-Verordnungen/ nechst der
mehrern und wenigern Geltung/ derer sonst gantz und gar gleichen
Sachen/ der Menschlichen Natur nicht allein gemäß/ sondern auch
unvermeidlich sind/ und also von uns nothwendig beobachtet werden
müssen/ wann wir nicht als wie das wilde Vieh/ ein ieder vor sich/ nur
gerade zu durch dicke und dünne lauffen/ und den Verstand/ den uns
Gott gegeben/ gantz an den Nagel hencken/ oder der Natur gleichsam
vor die Füsse wieder hinwerffen und verlassen wollen.

Das Dritte Capitel.
Vom Unterscheid der Privat-
Personen.

§. 1.

DJesem nach/ gleichwie die Ziffern in den Rechnungen entwe-
der einzele Unitäten in sich begreiffen/ welche die letzten im
Außsprechen/ aber die ersten im Abzehlen sind/ und gegen uns

zur
C iij

Capitel. der Perſonen.
ten ſey/ und wie ſie ſo gar wenig in der Rechenkunſt geuͤbet ſeyn/ wann
ſie meynen/ daß man alles genugſam an Fingern abzehlen/ und der Ge-
lenck- und Huͤlff-Zahlen durchgehend entberen koͤnne. Und weiln der-
gleichen kuͤnſtlicher Unterſchied/ auch auſſer den Zahlen/ ſelbſt bey der
Natur derer Dinge nach ihren Concepten und Gedenckbarkeiten/
gleicher Geſtalt von den Menſchen unumgaͤnglich beobachtet werden
muß/ indem er etliche als hohe weitleufftige general- Dinge/ oder
viel unter ſich begreiffende Sachen; die andern als unterthaͤnige Din-
ge/ ſpecial und einzele Sachen/ ſich einzubilden/ vorzuſtellen und
zuſetzen/ nach Anleitung ſeines Verſtandes gezwungen iſt/ wohin er
ſich nicht allein in der Arithmetic/ ſondern auch in der gantzen Philo-
ſophie/ ja wenn und wie er mit denen Dingen ſolche nach ihren Denck-
barkeiten zubetrachten zuthun haben wil/ allzeit beziehen muß/ wie ſol-
ches in der arithmetiſchen Logie und uͤbrigen Hauptlehr unſerer Be-
ſchreibung der Panſophie aus dem Grund hervor geſucht/ und nach
der gleichfoͤrmigen Zahlen-Manier eingerichtet/ viel augenſcheinli-
cher als ſonſt vorgeſtellet worden: ſo erkennet man ja gantz hand.
greifflich/ daß dergleichen Unterſchieds-Verordnungen/ nechſt der
mehrern und wenigern Geltung/ derer ſonſt gantz und gar gleichen
Sachen/ der Menſchlichen Natur nicht allein gemaͤß/ ſondern auch
unvermeidlich ſind/ und alſo von uns nothwendig beobachtet werden
muͤſſen/ wann wir nicht als wie das wilde Vieh/ ein ieder vor ſich/ nur
gerade zu durch dicke und duͤnne lauffen/ und den Verſtand/ den uns
Gott gegeben/ gantz an den Nagel hencken/ oder der Natur gleichſam
vor die Fuͤſſe wieder hinwerffen und verlaſſen wollen.

Das Dritte Capitel.
Vom Unterſcheid der Privat-
Perſonen.

§. 1.

DJeſem nach/ gleichwie die Ziffern in den Rechnungen entwe-
der einzele Unitaͤten in ſich begreiffen/ welche die letzten im
Außſprechen/ aber die erſten im Abzehlen ſind/ und gegen uns

zur
C iij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0031" n="21"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Capitel. der Per&#x017F;onen.</hi></fw><lb/>
ten &#x017F;ey/ und wie &#x017F;ie &#x017F;o gar wenig in der Rechenkun&#x017F;t geu&#x0364;bet &#x017F;eyn/ wann<lb/>
&#x017F;ie meynen/ daß man alles genug&#x017F;am an Fingern abzehlen/ und der Ge-<lb/>
lenck- und Hu&#x0364;lff-Zahlen durchgehend entberen ko&#x0364;nne. Und weiln der-<lb/>
gleichen ku&#x0364;n&#x017F;tlicher Unter&#x017F;chied/ auch au&#x017F;&#x017F;er den Zahlen/ &#x017F;elb&#x017F;t bey der<lb/>
Natur derer Dinge nach ihren <hi rendition="#aq">Concepten</hi> und Gedenckbarkeiten/<lb/>
gleicher Ge&#x017F;talt von den Men&#x017F;chen unumga&#x0364;nglich beobachtet werden<lb/>
muß/ indem er etliche als hohe weitleufftige <hi rendition="#aq">general-</hi> Dinge/ oder<lb/>
viel unter &#x017F;ich begreiffende Sachen; die andern als untertha&#x0364;nige Din-<lb/>
ge/ <hi rendition="#aq">&#x017F;pecial</hi> und einzele Sachen/ &#x017F;ich einzubilden/ vorzu&#x017F;tellen und<lb/>
zu&#x017F;etzen/ nach Anleitung &#x017F;eines Ver&#x017F;tandes gezwungen i&#x017F;t/ wohin er<lb/>
&#x017F;ich nicht allein in der Arithmetic/ &#x017F;ondern auch in der gantzen Philo-<lb/>
&#x017F;ophie/ ja wenn und wie er mit denen Dingen &#x017F;olche nach ihren Denck-<lb/>
barkeiten zubetrachten zuthun haben wil/ allzeit beziehen muß/ wie &#x017F;ol-<lb/>
ches in der arithmeti&#x017F;chen Logie und u&#x0364;brigen Hauptlehr un&#x017F;erer Be-<lb/>
&#x017F;chreibung der Pan&#x017F;ophie aus dem Grund hervor ge&#x017F;ucht/ und nach<lb/>
der gleichfo&#x0364;rmigen Zahlen-Manier eingerichtet/ viel augen&#x017F;cheinli-<lb/>
cher als &#x017F;on&#x017F;t vorge&#x017F;tellet worden: &#x017F;o erkennet man ja gantz hand.<lb/>
greifflich/ daß dergleichen Unter&#x017F;chieds-Verordnungen/ nech&#x017F;t der<lb/>
mehrern und wenigern Geltung/ derer &#x017F;on&#x017F;t gantz und gar gleichen<lb/>
Sachen/ der Men&#x017F;chlichen Natur nicht allein gema&#x0364;ß/ &#x017F;ondern auch<lb/>
unvermeidlich &#x017F;ind/ und al&#x017F;o von uns nothwendig beobachtet werden<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ wann wir nicht als wie das wilde Vieh/ ein ieder vor &#x017F;ich/ nur<lb/>
gerade zu durch dicke und du&#x0364;nne lauffen/ und den Ver&#x017F;tand/ den uns<lb/>
Gott gegeben/ gantz an den Nagel hencken/ oder der Natur gleich&#x017F;am<lb/>
vor die Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e wieder hinwerffen und verla&#x017F;&#x017F;en wollen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#fr">Das Dritte Capitel.<lb/>
Vom Unter&#x017F;cheid der Privat-<lb/>
Per&#x017F;onen.</hi> </head><lb/>
          <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#i">§.</hi> 1.</hi> </p><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>Je&#x017F;em nach/ gleichwie die Ziffern in den Rechnungen entwe-<lb/>
der einzele Unita&#x0364;ten in &#x017F;ich begreiffen/ welche die letzten im<lb/>
Auß&#x017F;prechen/ aber die er&#x017F;ten im Abzehlen &#x017F;ind/ und gegen uns<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C iij</fw><fw place="bottom" type="catch">zur</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[21/0031] Capitel. der Perſonen. ten ſey/ und wie ſie ſo gar wenig in der Rechenkunſt geuͤbet ſeyn/ wann ſie meynen/ daß man alles genugſam an Fingern abzehlen/ und der Ge- lenck- und Huͤlff-Zahlen durchgehend entberen koͤnne. Und weiln der- gleichen kuͤnſtlicher Unterſchied/ auch auſſer den Zahlen/ ſelbſt bey der Natur derer Dinge nach ihren Concepten und Gedenckbarkeiten/ gleicher Geſtalt von den Menſchen unumgaͤnglich beobachtet werden muß/ indem er etliche als hohe weitleufftige general- Dinge/ oder viel unter ſich begreiffende Sachen; die andern als unterthaͤnige Din- ge/ ſpecial und einzele Sachen/ ſich einzubilden/ vorzuſtellen und zuſetzen/ nach Anleitung ſeines Verſtandes gezwungen iſt/ wohin er ſich nicht allein in der Arithmetic/ ſondern auch in der gantzen Philo- ſophie/ ja wenn und wie er mit denen Dingen ſolche nach ihren Denck- barkeiten zubetrachten zuthun haben wil/ allzeit beziehen muß/ wie ſol- ches in der arithmetiſchen Logie und uͤbrigen Hauptlehr unſerer Be- ſchreibung der Panſophie aus dem Grund hervor geſucht/ und nach der gleichfoͤrmigen Zahlen-Manier eingerichtet/ viel augenſcheinli- cher als ſonſt vorgeſtellet worden: ſo erkennet man ja gantz hand. greifflich/ daß dergleichen Unterſchieds-Verordnungen/ nechſt der mehrern und wenigern Geltung/ derer ſonſt gantz und gar gleichen Sachen/ der Menſchlichen Natur nicht allein gemaͤß/ ſondern auch unvermeidlich ſind/ und alſo von uns nothwendig beobachtet werden muͤſſen/ wann wir nicht als wie das wilde Vieh/ ein ieder vor ſich/ nur gerade zu durch dicke und duͤnne lauffen/ und den Verſtand/ den uns Gott gegeben/ gantz an den Nagel hencken/ oder der Natur gleichſam vor die Fuͤſſe wieder hinwerffen und verlaſſen wollen. Das Dritte Capitel. Vom Unterſcheid der Privat- Perſonen. §. 1. DJeſem nach/ gleichwie die Ziffern in den Rechnungen entwe- der einzele Unitaͤten in ſich begreiffen/ welche die letzten im Außſprechen/ aber die erſten im Abzehlen ſind/ und gegen uns zur C iij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674/31
Zitationshilfe: Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674/31>, abgerufen am 29.03.2024.