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Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674.

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Vom Unterscheid Das II.
scheidungs-Art bey denen Menschen gantz und gar gleich/ weil sie beyde
von einem Ursprung/ nemlich vom Verstand/ herkommen/ nach dessel-
ben Art beyderseits eingerichtet sind/ und auff einerley Zweck hinaus
zielen: welcher ist/ die von Natur zerstreuete Sachen kunstmäßig zu-
sammen zuordnen/ und was durch sie geschehen soll/ zu guter Richtig-
keit dadurch zubefördern. Dahero beyderseits auch einerley Proceß/
nemlich der Gegenhaltungs- und Proportion-Proceß/ beobachtet wird/
weil der Verstand in allen seinen Vornehmen/ Tichten und Trachten/
einig und allein dahin gerichtet ist/ eines mit dem andern zusammen zu-
nehmen/ oder von dem andern abzusondern/ und durch reflexion und
Gelenckbarkeit/ was heraus komt/ besonders sich vorzustellen/ und denn
also weiter auch mit diesem zuverfahren/ wie solches in der Arithmeti-
schen Logica weitläufftiger außgeführet wird.

§. 2. Und zwar so hat die natürliche Art beyderseits auch vie-
rerley Unterscheids-Verfassung. Dann/ wie die Zahlen 1. nach ih-
rem Geschlecht/ entweder ungerade Zahlen sind/ welche die Pytha-
gorischen Weltweisen männliches Geschlechts zu seyn erachtet; oder
sie sind gerade Zahlen/ eins ums ander/ welche wegen ihrer Frucht-
barkeit und gleicher Theilung vor weibliche Zahlen erkannt worden:
also ist der Mensch auch entweder männliches oder weibliches Ge-
schlechtes. Unter welchen diesem seiner Schwachheit wegen mehr als
jenem in der Moralischen Berechnung nachgesehen/ und nicht so viel
in unguten zugerechnet wird; hingegen hat jenes seiner Vortrefflig-
keit wegen in Verrichtungen und sonst einen Vortheil vor diesen. Ein
Hermaphrodit oder Zwitter (dergleichen Vermischung zwar bey den
Zahlen nicht zu finden) wird dahin/ wohin er am meisten zielet/ ge-
rechnet.

§. 3. Wie auch/ vors 2. in Ansehung des Ursprungs und der
Zahlen Geburt/ so durch multiplication geschicht/ die Zahlen entwe-
der Primzahlen sind/ als 7. 11. 13. oder anderbürtige Zahlen/
(compositi) die von andern durch multiplication producirt worden/
und dahero Product-Zahlen heissen können/ als 4. von zweymal zwey/
6. von zweymal drey/ 8. von zweymal vier/ 9. von dreymal drey/ 10.
von zweymal fünff/ und so fort an; also ist der Mensch auch entweder
ungebohren und eine Primzahl/ dergleichen zwar iemahls nur zwey
gewesen/ nemlich Adam unser aller erster Vater/ und Eva unsere

erste

Vom Unterſcheid Das II.
ſcheidungs-Art bey denen Menſchen gantz und gar gleich/ weil ſie beyde
von einem Urſprung/ nemlich vom Verſtand/ herkommen/ nach deſſel-
ben Art beyderſeits eingerichtet ſind/ und auff einerley Zweck hinaus
zielen: welcher iſt/ die von Natur zerſtreuete Sachen kunſtmaͤßig zu-
ſammen zuordnen/ und was durch ſie geſchehen ſoll/ zu guter Richtig-
keit dadurch zubefoͤrdern. Dahero beyderſeits auch einerley Proceß/
nemlich der Gegenhaltungs- und Proportion-Proceß/ beobachtet wird/
weil der Verſtand in allen ſeinen Vornehmen/ Tichten und Trachten/
einig und allein dahin gerichtet iſt/ eines mit dem andern zuſammen zu-
nehmen/ oder von dem andern abzuſondern/ und durch reflexion und
Gelenckbarkeit/ was heraus komt/ beſonders ſich vorzuſtellen/ und denn
alſo weiter auch mit dieſem zuverfahren/ wie ſolches in der Arithmeti-
ſchen Logica weitlaͤufftiger außgefuͤhret wird.

§. 2. Und zwar ſo hat die natuͤrliche Art beyderſeits auch vie-
rerley Unterſcheids-Verfaſſung. Dann/ wie die Zahlen 1. nach ih-
rem Geſchlecht/ entweder ungerade Zahlen ſind/ welche die Pytha-
goriſchen Weltweiſen maͤnnliches Geſchlechts zu ſeyn erachtet; oder
ſie ſind gerade Zahlen/ eins ums ander/ welche wegen ihrer Frucht-
barkeit und gleicher Theilung vor weibliche Zahlen erkannt worden:
alſo iſt der Menſch auch entweder maͤnnliches oder weibliches Ge-
ſchlechtes. Unter welchen dieſem ſeiner Schwachheit wegen mehr als
jenem in der Moraliſchen Berechnung nachgeſehen/ und nicht ſo viel
in unguten zugerechnet wird; hingegen hat jenes ſeiner Vortrefflig-
keit wegen in Verrichtungen und ſonſt einen Vortheil vor dieſen. Ein
Hermaphrodit oder Zwitter (dergleichen Vermiſchung zwar bey den
Zahlen nicht zu finden) wird dahin/ wohin er am meiſten zielet/ ge-
rechnet.

§. 3. Wie auch/ vors 2. in Anſehung des Urſprungs und der
Zahlen Geburt/ ſo durch multiplication geſchicht/ die Zahlen entwe-
der Primzahlen ſind/ als 7. 11. 13. oder anderbuͤrtige Zahlen/
(compoſiti) die von andern durch multiplication producirt worden/
und dahero Product-Zahlen heiſſen koͤnnen/ als 4. von zweymal zwey/
6. von zweymal drey/ 8. von zweymal vier/ 9. von dreymal drey/ 10.
von zweymal fuͤnff/ und ſo fort an; alſo iſt der Menſch auch ♈ entweder
ungebohren und eine Primzahl/ dergleichen zwar iemahls nur zwey
geweſen/ nemlich Adam unſer aller erſter Vater/ und Eva unſere

erſte
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[10/0020] Vom Unterſcheid Das II. ſcheidungs-Art bey denen Menſchen gantz und gar gleich/ weil ſie beyde von einem Urſprung/ nemlich vom Verſtand/ herkommen/ nach deſſel- ben Art beyderſeits eingerichtet ſind/ und auff einerley Zweck hinaus zielen: welcher iſt/ die von Natur zerſtreuete Sachen kunſtmaͤßig zu- ſammen zuordnen/ und was durch ſie geſchehen ſoll/ zu guter Richtig- keit dadurch zubefoͤrdern. Dahero beyderſeits auch einerley Proceß/ nemlich der Gegenhaltungs- und Proportion-Proceß/ beobachtet wird/ weil der Verſtand in allen ſeinen Vornehmen/ Tichten und Trachten/ einig und allein dahin gerichtet iſt/ eines mit dem andern zuſammen zu- nehmen/ oder von dem andern abzuſondern/ und durch reflexion und Gelenckbarkeit/ was heraus komt/ beſonders ſich vorzuſtellen/ und denn alſo weiter auch mit dieſem zuverfahren/ wie ſolches in der Arithmeti- ſchen Logica weitlaͤufftiger außgefuͤhret wird. §. 2. Und zwar ſo hat die natuͤrliche Art beyderſeits auch vie- rerley Unterſcheids-Verfaſſung. Dann/ wie die Zahlen 1. nach ih- rem Geſchlecht/ entweder ungerade Zahlen ſind/ welche die Pytha- goriſchen Weltweiſen maͤnnliches Geſchlechts zu ſeyn erachtet; oder ſie ſind gerade Zahlen/ eins ums ander/ welche wegen ihrer Frucht- barkeit und gleicher Theilung vor weibliche Zahlen erkannt worden: alſo iſt der Menſch auch entweder maͤnnliches oder weibliches Ge- ſchlechtes. Unter welchen dieſem ſeiner Schwachheit wegen mehr als jenem in der Moraliſchen Berechnung nachgeſehen/ und nicht ſo viel in unguten zugerechnet wird; hingegen hat jenes ſeiner Vortrefflig- keit wegen in Verrichtungen und ſonſt einen Vortheil vor dieſen. Ein Hermaphrodit oder Zwitter (dergleichen Vermiſchung zwar bey den Zahlen nicht zu finden) wird dahin/ wohin er am meiſten zielet/ ge- rechnet. §. 3. Wie auch/ vors 2. in Anſehung des Urſprungs und der Zahlen Geburt/ ſo durch multiplication geſchicht/ die Zahlen entwe- der Primzahlen ſind/ als 7. 11. 13. oder anderbuͤrtige Zahlen/ (compoſiti) die von andern durch multiplication producirt worden/ und dahero Product-Zahlen heiſſen koͤnnen/ als 4. von zweymal zwey/ 6. von zweymal drey/ 8. von zweymal vier/ 9. von dreymal drey/ 10. von zweymal fuͤnff/ und ſo fort an; alſo iſt der Menſch auch ♈ entweder ungebohren und eine Primzahl/ dergleichen zwar iemahls nur zwey geweſen/ nemlich Adam unſer aller erſter Vater/ und Eva unſere erſte

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Zitationshilfe: Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674/20>, abgerufen am 29.03.2024.