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Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674.

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Capitel. Leben ins gemein.
reflexion denen bemeldten Cörperlein zum besten/ zu sonderlicher Jn-
fluentz außstreuen.

§. 10. Eben also bestehet eine Republiq in einem vereinigten
Hauffen so und so vieler zusammen gehöriger Leuthe/ welche umb das
Mittelpunct der gewünschten Wohlfarth in gleichförmiger steter Tu-
gend und Schuldigkeits-Bewegung (so von Gott ursprünglich her-
rühret/ auch desselben innerliches klärestes Kennzeichen ist/) ordentlich
herum und nicht wider einander also lauffen sollen/ daß nichts desto we-
niger ein ieder vor sich allerley Verwendungen/ ungeacht des allge-
meinen Triebs/ verüben möge. Jn dero Mittel das Hertz oder die
concentrirte Treibekrafft aller solchen Verrichtungen in ansehnlicher
Autorität der zugeeigneten Gewalt/ als ein König/ sich befindet: auff
welchen aller Orten auch die besagten Unterthanen mit Contribuirung
zukommender Steuer/ durch unverruckte Gelassenheit/ in ihrem Leben
sich gleichsam stemmen/ und/ durch den von daraus wieder erholten
Entscheidungs-Trieb/ in ihren eigenen Verrichtungen zur Gleichför-
migkeit des gemeinen Wesens angewiesen werden. Zu dessen beson-
dern Behuf die gesamten Hoffpersonen verordnet/ unter welchen

Luna die Königin mit ihrem Frauenzimmer.
Mercurius die Regierung und Cantzley.
Venus die Courtisans und Leibbediente.
Mars die Kriegsleute.
Jupiter die Geistlichkeit/ mit den Circumjovialien derer Schul-
diener.
Saturnus die Cammer- Hauß- und Bau-Bediente/ vorstellet/
welche die von der Obrigkeit empfangene Befehle/ zu sonder-
licher Jnfluentz über die Gemeine/ bestes einrichten und ex-
sequi
ren sollen.

§. 11. Jn einem dergleichen Moralischen Welt-Revier/ oder
vielmehr unter einer darinnen angeordneten Gesellschafft/ lebet nun
der Mensch/ und wird dahero dieser Stand und die gantze Gesellschafft/
das Menschliche Leben/ das bürgerliche Wesen/ ge-
nennet.

Jn diesem Leben und Wesen/ als in einer gewissen Zahlverfas-
sung und ordentlichen Rechenbanck/ hat ein Mensch nicht allein mit
andern Menschen/ sondern auch sonst mit unterschiedenen Dingen zu-

schaffen

Capitel. Leben ins gemein.
reflexion denen bemeldten Coͤrperlein zum beſten/ zu ſonderlicher Jn-
fluentz außſtreuen.

§. 10. Eben alſo beſtehet eine Republiq in einem vereinigten
Hauffen ſo und ſo vieler zuſammen gehoͤriger Leuthe/ welche umb das
Mittelpunct der gewuͤnſchten Wohlfarth in gleichfoͤrmiger ſteter Tu-
gend und Schuldigkeits-Bewegung (ſo von Gott urſpruͤnglich her-
ruͤhret/ auch deſſelben innerliches klaͤreſtes Kennzeichen iſt/) ordentlich
herum und nicht wider einander alſo lauffen ſollen/ daß nichts deſto we-
niger ein ieder vor ſich allerley Verwendungen/ ungeacht des allge-
meinen Triebs/ veruͤben moͤge. Jn dero Mittel das Hertz oder die
concentrirte Treibekrafft aller ſolchen Verrichtungen in anſehnlicher
Autoritaͤt der zugeeigneten Gewalt/ als ein Koͤnig/ ſich befindet: auff
welchen aller Orten auch die beſagten Unterthanen mit Contribuirung
zukommender Steuer/ durch unverruckte Gelaſſenheit/ in ihrem Leben
ſich gleichſam ſtemmen/ und/ durch den von daraus wieder erholten
Entſcheidungs-Trieb/ in ihren eigenen Verrichtungen zur Gleichfoͤr-
migkeit des gemeinen Weſens angewieſen werden. Zu deſſen beſon-
dern Behuf die geſamten Hoffperſonen verordnet/ unter welchen

Luna die Koͤnigin mit ihrem Frauenzimmer.
Mercurius die Regierung und Cantzley.
Venus die Courtiſans und Leibbediente.
Mars die Kriegsleute.
Jupiter die Geiſtlichkeit/ mit den Circumjovialien derer Schul-
diener.
Saturnus die Cammer- Hauß- und Bau-Bediente/ vorſtellet/
welche die von der Obrigkeit empfangene Befehle/ zu ſonder-
licher Jnfluentz uͤber die Gemeine/ beſtes einrichten und ex-
ſequi
ren ſollen.

§. 11. Jn einem dergleichen Moraliſchen Welt-Revier/ oder
vielmehr unter einer darinnen angeordneten Geſellſchafft/ lebet nun
der Menſch/ und wird dahero dieſer Stand und die gantze Geſellſchafft/
das Menſchliche Leben/ das buͤrgerliche Weſen/ ge-
nennet.

Jn dieſem Leben und Weſen/ als in einer gewiſſen Zahlverfaſ-
ſung und ordentlichen Rechenbanck/ hat ein Menſch nicht allein mit
andern Menſchen/ ſondern auch ſonſt mit unterſchiedenen Dingen zu-

ſchaffen
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[7/0017] Capitel. Leben ins gemein. reflexion denen bemeldten Coͤrperlein zum beſten/ zu ſonderlicher Jn- fluentz außſtreuen. §. 10. Eben alſo beſtehet eine Republiq in einem vereinigten Hauffen ſo und ſo vieler zuſammen gehoͤriger Leuthe/ welche umb das Mittelpunct der gewuͤnſchten Wohlfarth in gleichfoͤrmiger ſteter Tu- gend und Schuldigkeits-Bewegung (ſo von Gott urſpruͤnglich her- ruͤhret/ auch deſſelben innerliches klaͤreſtes Kennzeichen iſt/) ordentlich herum und nicht wider einander alſo lauffen ſollen/ daß nichts deſto we- niger ein ieder vor ſich allerley Verwendungen/ ungeacht des allge- meinen Triebs/ veruͤben moͤge. Jn dero Mittel das Hertz oder die concentrirte Treibekrafft aller ſolchen Verrichtungen in anſehnlicher Autoritaͤt der zugeeigneten Gewalt/ als ein Koͤnig/ ſich befindet: auff welchen aller Orten auch die beſagten Unterthanen mit Contribuirung zukommender Steuer/ durch unverruckte Gelaſſenheit/ in ihrem Leben ſich gleichſam ſtemmen/ und/ durch den von daraus wieder erholten Entſcheidungs-Trieb/ in ihren eigenen Verrichtungen zur Gleichfoͤr- migkeit des gemeinen Weſens angewieſen werden. Zu deſſen beſon- dern Behuf die geſamten Hoffperſonen verordnet/ unter welchen Luna die Koͤnigin mit ihrem Frauenzimmer. Mercurius die Regierung und Cantzley. Venus die Courtiſans und Leibbediente. Mars die Kriegsleute. Jupiter die Geiſtlichkeit/ mit den Circumjovialien derer Schul- diener. Saturnus die Cammer- Hauß- und Bau-Bediente/ vorſtellet/ welche die von der Obrigkeit empfangene Befehle/ zu ſonder- licher Jnfluentz uͤber die Gemeine/ beſtes einrichten und ex- ſequiren ſollen. §. 11. Jn einem dergleichen Moraliſchen Welt-Revier/ oder vielmehr unter einer darinnen angeordneten Geſellſchafft/ lebet nun der Menſch/ und wird dahero dieſer Stand und die gantze Geſellſchafft/ das Menſchliche Leben/ das buͤrgerliche Weſen/ ge- nennet. Jn dieſem Leben und Weſen/ als in einer gewiſſen Zahlverfaſ- ſung und ordentlichen Rechenbanck/ hat ein Menſch nicht allein mit andern Menſchen/ ſondern auch ſonſt mit unterſchiedenen Dingen zu- ſchaffen

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Zitationshilfe: Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674/17>, abgerufen am 25.11.2024.