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Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674.

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Capitel. und dem Werth.
ten bey den Leuten in aestim, das wird viel höher gehalten/ als eine noch
so nützliche Sache/ wie man an den Edelgelgesteinen und Perlen sie-
het.

Jst also der Preiß nichts anders als eine Moralische Qualität
einer Sache/ dadurch sie die Empfindungs-Krafft auff gewisse Maße
gegen andere Sachen rühret/ daß sie davor gehalten werden möge. Und
bestehet/ wie bey der Achtbarkeit der Person/ wenn man nur oben
hin dran dencket/ in einer blosen Denckbarkeit und weitschweifigen Be-
schaffenheit; wenn man es aber zur Würckligkeit richten/ und im ge-
meinen Wesen anbringen will/ so muß man es allezeit genauer und er-
meßlich darstellen/ und bestehet also der Preiß in der That/ in einer ge-
wissen Quantität und Sehrsambkeit/ wie sehr schätzbar oder wie hoch
schätzbar die Sache sey/ damit man wisse was man habe/ ob man aus-
kommen könne/ reich oder arm zu nennen sey.

Muß also die Quantität im gemeinen Wesen überal das beste
thun/ und siehet man hierauß als in einen Gegenschein/ wie gleicher
Gestalt auch in der Natur/ wornach das gemeine Wesen in gültigen
Dingen eingerichtet/ die Quantität das vornehmste sey/ woran die
Schul-Lehrer doch so gar selten gedacht haben.

Gleichwie man aber in der Natur bey einer sonst offt vorfallen-
den ermeßlichen Sache/ dieselbe desto geschwinder zuermessen/ ein ge-
wisses bekantes Maß (famosam mensuram) annimbt oder setzet/
wornach man die so variable Quantität außspricht: Welches Maß
nicht allein/ wie sonst/ einerley Natur und Beschaffenheit mit der meß-
baren Sachen haben/ sondern auch fein gefüge seyn/ muß. Zum Exem-
pel/ daß man die Länge des Weges/ oder des Tuchs/ oder des Stricks/
mit der bekanten Länge einer füglichen Elen/ Schu/ Zoll/ außmisset:
Daß man die Schwäre der Wahren/ der Seide/ des Metalls und an-
derer/ mit bekandten Pfunden/ Loth und Untzen erwäget:

Also hat man auch/ den Preiß der Sachen im gemeinen Wesen
desto füglicher außzumessen/ ein gewisses bekantes fügliches Maß ge-
setzt/ nehmlich den Preiß des Silbers und Goldes/ mit welchen Preiß
man aller andern Sachen ihren Preiß zuvergleichen/ und außzumes-
sen pfleget.

Und weil der Preiß nichts anders ist/ als die Geltung/ so hat man
dieses bekante Maß (famosam mensuram) das Gelt genennet/ wor-

nach
R 3

Capitel. und dem Werth.
ten bey den Leuten in æſtim, das wird viel hoͤher gehalten/ als eine noch
ſo nuͤtzliche Sache/ wie man an den Edelgelgeſteinen und Perlen ſie-
het.

Jſt alſo der Preiß nichts anders als eine Moraliſche Qualitaͤt
einer Sache/ dadurch ſie die Empfindungs-Krafft auff gewiſſe Maße
gegen andere Sachen ruͤhret/ daß ſie davor gehalten werden moͤge. Und
beſtehet/ wie bey der Achtbarkeit der Perſon/ wenn man nur oben
hin dran dencket/ in einer bloſen Denckbarkeit und weitſchweifigen Be-
ſchaffenheit; wenn man es aber zur Wuͤrckligkeit richten/ und im ge-
meinen Weſen anbringen will/ ſo muß man es allezeit genauer und er-
meßlich darſtellen/ und beſtehet alſo der Preiß in der That/ in einer ge-
wiſſen Quantitaͤt und Sehrſambkeit/ wie ſehr ſchaͤtzbar oder wie hoch
ſchaͤtzbar die Sache ſey/ damit man wiſſe was man habe/ ob man aus-
kommen koͤnne/ reich oder arm zu nennen ſey.

Muß alſo die Quantitaͤt im gemeinen Weſen uͤberal das beſte
thun/ und ſiehet man hierauß als in einen Gegenſchein/ wie gleicher
Geſtalt auch in der Natur/ wornach das gemeine Weſen in guͤltigen
Dingen eingerichtet/ die Quantitaͤt das vornehmſte ſey/ woran die
Schul-Lehrer doch ſo gar ſelten gedacht haben.

Gleichwie man aber in der Natur bey einer ſonſt offt vorfallen-
den ermeßlichen Sache/ dieſelbe deſto geſchwinder zuermeſſen/ ein ge-
wiſſes bekantes Maß (famoſam menſuram) annimbt oder ſetzet/
wornach man die ſo variable Quantitaͤt außſpricht: Welches Maß
nicht allein/ wie ſonſt/ einerley Natur und Beſchaffenheit mit der meß-
baren Sachen haben/ ſondern auch fein gefuͤge ſeyn/ muß. Zum Exem-
pel/ daß man die Laͤnge des Weges/ oder des Tuchs/ oder des Stricks/
mit der bekanten Laͤnge einer fuͤglichen Elen/ Schu/ Zoll/ außmiſſet:
Daß man die Schwaͤre der Wahren/ der Seide/ des Metalls und an-
derer/ mit bekandten Pfunden/ Loth und Untzen erwaͤget:

Alſo hat man auch/ den Preiß der Sachen im gemeinen Weſen
deſto fuͤglicher außzumeſſen/ ein gewiſſes bekantes fuͤgliches Maß ge-
ſetzt/ nehmlich den Preiß des Silbers und Goldes/ mit welchen Preiß
man aller andern Sachen ihren Preiß zuvergleichen/ und außzumeſ-
ſen pfleget.

Und weil der Preiß nichts anders iſt/ als die Geltung/ ſo hat man
dieſes bekante Maß (famoſam menſuram) das Gelt genennet/ wor-

nach
R 3
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[133/0143] Capitel. und dem Werth. ten bey den Leuten in æſtim, das wird viel hoͤher gehalten/ als eine noch ſo nuͤtzliche Sache/ wie man an den Edelgelgeſteinen und Perlen ſie- het. Jſt alſo der Preiß nichts anders als eine Moraliſche Qualitaͤt einer Sache/ dadurch ſie die Empfindungs-Krafft auff gewiſſe Maße gegen andere Sachen ruͤhret/ daß ſie davor gehalten werden moͤge. Und beſtehet/ wie bey der Achtbarkeit der Perſon/ wenn man nur oben hin dran dencket/ in einer bloſen Denckbarkeit und weitſchweifigen Be- ſchaffenheit; wenn man es aber zur Wuͤrckligkeit richten/ und im ge- meinen Weſen anbringen will/ ſo muß man es allezeit genauer und er- meßlich darſtellen/ und beſtehet alſo der Preiß in der That/ in einer ge- wiſſen Quantitaͤt und Sehrſambkeit/ wie ſehr ſchaͤtzbar oder wie hoch ſchaͤtzbar die Sache ſey/ damit man wiſſe was man habe/ ob man aus- kommen koͤnne/ reich oder arm zu nennen ſey. Muß alſo die Quantitaͤt im gemeinen Weſen uͤberal das beſte thun/ und ſiehet man hierauß als in einen Gegenſchein/ wie gleicher Geſtalt auch in der Natur/ wornach das gemeine Weſen in guͤltigen Dingen eingerichtet/ die Quantitaͤt das vornehmſte ſey/ woran die Schul-Lehrer doch ſo gar ſelten gedacht haben. Gleichwie man aber in der Natur bey einer ſonſt offt vorfallen- den ermeßlichen Sache/ dieſelbe deſto geſchwinder zuermeſſen/ ein ge- wiſſes bekantes Maß (famoſam menſuram) annimbt oder ſetzet/ wornach man die ſo variable Quantitaͤt außſpricht: Welches Maß nicht allein/ wie ſonſt/ einerley Natur und Beſchaffenheit mit der meß- baren Sachen haben/ ſondern auch fein gefuͤge ſeyn/ muß. Zum Exem- pel/ daß man die Laͤnge des Weges/ oder des Tuchs/ oder des Stricks/ mit der bekanten Laͤnge einer fuͤglichen Elen/ Schu/ Zoll/ außmiſſet: Daß man die Schwaͤre der Wahren/ der Seide/ des Metalls und an- derer/ mit bekandten Pfunden/ Loth und Untzen erwaͤget: Alſo hat man auch/ den Preiß der Sachen im gemeinen Weſen deſto fuͤglicher außzumeſſen/ ein gewiſſes bekantes fuͤgliches Maß ge- ſetzt/ nehmlich den Preiß des Silbers und Goldes/ mit welchen Preiß man aller andern Sachen ihren Preiß zuvergleichen/ und außzumeſ- ſen pfleget. Und weil der Preiß nichts anders iſt/ als die Geltung/ ſo hat man dieſes bekante Maß (famoſam menſuram) das Gelt genennet/ wor- nach R 3

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Zitationshilfe: Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674/143>, abgerufen am 22.11.2024.