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Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674.

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Von dem Recht Das XVII.
jenes insgemein (als gegen die andere Zahl) verhalten solle/ was er
gegen dasselbe vermöge/ was er thun darff/ und ihm zugelassen sey.
Welches das Vorgesetz bey der proportion Regel machet: dahero
es auch allhier das Gesetz genennet wird/ weil es/ als die beyden
ersten proportional Zahlen/ vorher gesetzt ist/ daß es die ration
und Nebengeltung kurtz und deutlich anzeige/ damit man sich
in der beyden nachfolgenden Zahlen ihrer proportionirung dar-
nach richten und das rechte facit heraus zu bringen schliessen mö-
ge: so gehe hin und thue desgleichen.

§. 15. Wie nun das innerliche Gesetz im Hertzen des Men-
schen nichts anders ist/ als eine Fühlbarkeit/ welche bestehet/ in
einer gewissen Einrichtung des Grundes aller Gedancken/ und
hierauff in einer direction, in einer Richtung oder Zielung oder
Zusammenhaltung des wollenden Vermögens bey dem Men-
schen/ oder seiner Willens-Krafft/ seines innerlichen natürli-
chen Verlangens des Hertzens/ gegen die Geschickligkeit der pra-
ctici
rlichen Sache: welche Richtung zu latein justitia, die Gerech-
tigkeit/ gleichsam die Gerichtigkeit/ oder die Richtsamkeit zu dem
oder nach dem was geschehen soll: Jtem aequitas, die Gleichheit/
mit welcher die Richtung des Thuns parallel und gleich stehen soll/
genennet wird;

§. 16. Also ist das äusserliche Gesetz nichts anders als ein
Kennzeichen solcher Richtsamkeit/ oder solcher Gerechtigkeit/
und solches richtigen Standes/ welches Kennzeichen von seinem
Vorstand/ in dem es bey der Arithmetischen Uberlegung des
Thuns voran stehet und zu erst gesetzet ist/ das Gesetze genennet
wird; aber von seiner äusserlichen Art/ in dem es entweder gesa-
get oder gesehrieben wird/ heist es Lex vom legendo, oder vom Le-
sen/ weil mans lesen/ und also wissen soll/ was zu thun ist. Zu
teutsch aber wird es wie gesagt/ dz Gesetz auch deswegen genen-
net/ weil es den obbesagten Stand des auffrichtigen Hertzen-
Grundes/ oder die Richtsamkeit/ die Setzung und Stellung der
Willens-Regungen und Dringung zu dem was recht und ihnen
vorgesetzet ist/ mit Worten ausspricht: dadurch nun an statt des
innerlichen Satzes des Hertzengrundes/ als des beywohnenden
Gewissens/ die Wort des Gesetzes/ als ein äusserlicher Satz/ da

stehen/

Von dem Recht Das XVII.
jenes insgemein (als gegen die andere Zahl) verhalten ſolle/ was er
gegen daſſelbe vermoͤge/ was er thun darff/ und ihm zugelaſſen ſey.
Welches das Vorgeſetz bey der proportion Regel machet: dahero
es auch allhier das Geſetz genennet wird/ weil es/ als die beyden
erſten proportional Zahlen/ vorher geſetzt iſt/ daß es die ration
und Nebengeltung kurtz und deutlich anzeige/ damit man ſich
in der beyden nachfolgenden Zahlen ihrer proportionirung dar-
nach richten und das rechte facit heraus zu bringen ſchlieſſen moͤ-
ge: ſo gehe hin und thue desgleichen.

§. 15. Wie nun das innerliche Geſetz im Hertzen des Men-
ſchen nichts anders iſt/ als eine Fuͤhlbarkeit/ welche beſtehet/ in
einer gewiſſen Einrichtung des Grundes aller Gedancken/ und
hierauff in einer direction, in einer Richtung oder Zielung oder
Zuſammenhaltung des wollenden Vermoͤgens bey dem Men-
ſchen/ oder ſeiner Willens-Krafft/ ſeines innerlichen natuͤrli-
chen Verlangens des Hertzens/ gegen die Geſchickligkeit der pra-
ctici
rlichen Sache: welche Richtung zu latein juſtitia, die Gerech-
tigkeit/ gleichſam die Gerichtigkeit/ oder die Richtſamkeit zu dem
oder nach dem was geſchehen ſoll: Jtem æquitas, die Gleichheit/
mit welcher die Richtung des Thuns parallel und gleich ſtehen ſoll/
genennet wird;

§. 16. Alſo iſt das aͤuſſerliche Geſetz nichts anders als ein
Kennzeichen ſolcher Richtſamkeit/ oder ſolcher Gerechtigkeit/
und ſolches richtigen Standes/ welches Kennzeichen von ſeinem
Vorſtand/ in dem es bey der Arithmetiſchen Uberlegung des
Thuns voran ſtehet und zu erſt geſetzet iſt/ das Geſetze genennet
wird; aber von ſeiner aͤuſſerlichen Art/ in dem es entweder geſa-
get oder geſehrieben wird/ heiſt es Lex vom legendo, oder vom Le-
ſen/ weil mans leſen/ und alſo wiſſen ſoll/ was zu thun iſt. Zu
teutſch aber wird es wie geſagt/ dz Geſetz auch deswegen genen-
net/ weil es den obbeſagten Stand des auffrichtigen Hertzen-
Grundes/ oder die Richtſamkeit/ die Setzung und Stellung der
Willens-Regungen und Dringung zu dem was recht und ihnen
vorgeſetzet iſt/ mit Worten ausſpricht: dadurch nun an ſtatt des
innerlichen Satzes des Hertzengrundes/ als des beywohnenden
Gewiſſens/ die Wort des Geſetzes/ als ein aͤuſſerlicher Satz/ da

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[122/0132] Von dem Recht Das XVII. jenes insgemein (als gegen die andere Zahl) verhalten ſolle/ was er gegen daſſelbe vermoͤge/ was er thun darff/ und ihm zugelaſſen ſey. Welches das Vorgeſetz bey der proportion Regel machet: dahero es auch allhier das Geſetz genennet wird/ weil es/ als die beyden erſten proportional Zahlen/ vorher geſetzt iſt/ daß es die ration und Nebengeltung kurtz und deutlich anzeige/ damit man ſich in der beyden nachfolgenden Zahlen ihrer proportionirung dar- nach richten und das rechte facit heraus zu bringen ſchlieſſen moͤ- ge: ſo gehe hin und thue desgleichen. §. 15. Wie nun das innerliche Geſetz im Hertzen des Men- ſchen nichts anders iſt/ als eine Fuͤhlbarkeit/ welche beſtehet/ in einer gewiſſen Einrichtung des Grundes aller Gedancken/ und hierauff in einer direction, in einer Richtung oder Zielung oder Zuſammenhaltung des wollenden Vermoͤgens bey dem Men- ſchen/ oder ſeiner Willens-Krafft/ ſeines innerlichen natuͤrli- chen Verlangens des Hertzens/ gegen die Geſchickligkeit der pra- cticirlichen Sache: welche Richtung zu latein juſtitia, die Gerech- tigkeit/ gleichſam die Gerichtigkeit/ oder die Richtſamkeit zu dem oder nach dem was geſchehen ſoll: Jtem æquitas, die Gleichheit/ mit welcher die Richtung des Thuns parallel und gleich ſtehen ſoll/ genennet wird; §. 16. Alſo iſt das aͤuſſerliche Geſetz nichts anders als ein Kennzeichen ſolcher Richtſamkeit/ oder ſolcher Gerechtigkeit/ und ſolches richtigen Standes/ welches Kennzeichen von ſeinem Vorſtand/ in dem es bey der Arithmetiſchen Uberlegung des Thuns voran ſtehet und zu erſt geſetzet iſt/ das Geſetze genennet wird; aber von ſeiner aͤuſſerlichen Art/ in dem es entweder geſa- get oder geſehrieben wird/ heiſt es Lex vom legendo, oder vom Le- ſen/ weil mans leſen/ und alſo wiſſen ſoll/ was zu thun iſt. Zu teutſch aber wird es wie geſagt/ dz Geſetz auch deswegen genen- net/ weil es den obbeſagten Stand des auffrichtigen Hertzen- Grundes/ oder die Richtſamkeit/ die Setzung und Stellung der Willens-Regungen und Dringung zu dem was recht und ihnen vorgeſetzet iſt/ mit Worten ausſpricht: dadurch nun an ſtatt des innerlichen Satzes des Hertzengrundes/ als des beywohnenden Gewiſſens/ die Wort des Geſetzes/ als ein aͤuſſerlicher Satz/ da ſtehen/

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Zitationshilfe: Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674/132>, abgerufen am 22.11.2024.