Wehrli, Max: Allgemeine Literaturwissenschaft. Zweite, durchgesehen Auflage. Bern u. a., 1969.pwe_026.001 In seinem Buch Wesensbestimmung der deutschen Romantik hatte Pe- pwe_026.015 Eine systematische Bibliographie hat Petersen zwar nicht beabsichtigt. pwe_026.030 pwe_026.001 In seinem Buch Wesensbestimmung der deutschen Romantik hatte Pe- pwe_026.015 Eine systematische Bibliographie hat Petersen zwar nicht beabsichtigt. pwe_026.030 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0032" n="26"/><lb n="pwe_026.001"/> durch verschiedene Fachleute (<hi rendition="#k">Emil Ermatingers</hi> <hi rendition="#i">Philosophie der <lb n="pwe_026.002"/> Literaturwissenschaft,</hi> 1930) oder gaben bloß eine Orientierung über die <lb n="pwe_026.003"/> Lage durch eine Diskussion der aktuellen Strömungen und einen historischen <lb n="pwe_026.004"/> Rückblick (so <hi rendition="#k">Werner Mahrholz,</hi> <hi rendition="#i">Literaturgeschichte und Literaturwissenschaft,</hi> <lb n="pwe_026.005"/> Leipzig 1932). <hi rendition="#k">Petersens</hi> monumentales Werk ist nicht zu Ende <lb n="pwe_026.006"/> gekommen; dem ersten Band, der nach einem historischen Rückblick die <lb n="pwe_026.007"/> Probleme des Werks und des Dichters behandelt, sollte ein zweiter folgen, <lb n="pwe_026.008"/> dessen drei Hauptteile den „Ordnungen“ (Raum, Zeit, Gesellschaft, <lb n="pwe_026.009"/> Geist), dem Problem „Völker und Zeiten“ (nationale Literaturgeschichte, <lb n="pwe_026.010"/> Geistesgeschichte und Stilgeschichte, Literaturvergleichung, Weltliteratur) <lb n="pwe_026.011"/> und schließlich den Fragen der Darstellung (Standort, Einfühlung und Intuition, <lb n="pwe_026.012"/> Aufbau, Sinn der Literaturwissenschaft) gewidmet sein sollten. <lb n="pwe_026.013"/> <hi rendition="#k">Petersens</hi> Tod hat die Vollendung des Werks verhindert.</p> <lb n="pwe_026.014"/> <p> In seinem Buch <hi rendition="#i">Wesensbestimmung der deutschen Romantik</hi> hatte <hi rendition="#k">Pe- <lb n="pwe_026.015"/> tersen</hi> an einem Beispiel unternommen, die verschiedensten Erkenntnisse <lb n="pwe_026.016"/> und Methoden der Forschung zum harmonischen Ausgleich zu bringen. Auf <lb n="pwe_026.017"/> breitester Front wird jetzt versucht, dies für die Literaturwissenschaft überhaupt <lb n="pwe_026.018"/> zu leisten: „Klärung der wissenschaftlichen Grundbegriffe“, „Ausgleich <lb n="pwe_026.019"/> zwischen den vielfach widerstreitenden Richtungen“, „Kritischer <lb n="pwe_026.020"/> Überblick über alle Methoden“, in einer Verbindung von „Rückschau, Umschau <lb n="pwe_026.021"/> und Ausschau“, so heißt das Programm. Ein ungeheures Material <lb n="pwe_026.022"/> ist scharfsinnig und glänzend in wohlproportionierten Teilen und Stufen <lb n="pwe_026.023"/> geordnet, von den einzelnen technischen Fragen der Textherstellung über <lb n="pwe_026.024"/> Werk und Dichter zu den großen historischen Ordnungen, worauf im letzten <lb n="pwe_026.025"/> Abschnitt „Darstellung“ die Wissenschaft gleichsam in sich selbst zurückkommen <lb n="pwe_026.026"/> sollte. Historische Darstellung, Referat der verschiedenartigen <lb n="pwe_026.027"/> Forschungen, Diskussion der Widersprüche und eigener Systembau sollen <lb n="pwe_026.028"/> in Einem gegeben werden.</p> <lb n="pwe_026.029"/> <p> Eine systematische Bibliographie hat <hi rendition="#k">Petersen</hi> zwar nicht beabsichtigt. <lb n="pwe_026.030"/> Dennoch liegt der unmittelbarste Nutzen des Werks im Erschließen der <lb n="pwe_026.031"/> Hilfsmittel und im gewonnenen Überblick über die Möglichkeiten literaturwissenschaftlicher <lb n="pwe_026.032"/> Forschung überhaupt. Problematischer ist die systematische <lb n="pwe_026.033"/> Seite, denn Handbuch und System sind nicht dasselbe. Auch wenn <lb n="pwe_026.034"/> keine Wissenschaft möglich ist ohne Gespräch, ohne Ausgleich und Verständigung, <lb n="pwe_026.035"/> so ist doch die Vorstellung eines Systembaus, in welchem auch <lb n="pwe_026.036"/> noch das abgelegenste Steinchen seinen Platz fände, zweifelhaft geworden. <lb n="pwe_026.037"/> Ein solcher Kosmos der Methoden bleibt eine Abstraktion, ja eine <lb n="pwe_026.038"/> Illusion; es ist eine rein formale Kombinatorik, der die vorliegenden Methoden <lb n="pwe_026.039"/> und Ergebnisse gleichsam post festum unterworfen werden, ohne <lb n="pwe_026.040"/> auf eine gemeinsame Mitte bezogen zu werden; manche Positionen und <lb n="pwe_026.041"/> Begriffe werden durch ihre Einordnung ins System geradezu um ihren </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [26/0032]
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durch verschiedene Fachleute (Emil Ermatingers Philosophie der pwe_026.002
Literaturwissenschaft, 1930) oder gaben bloß eine Orientierung über die pwe_026.003
Lage durch eine Diskussion der aktuellen Strömungen und einen historischen pwe_026.004
Rückblick (so Werner Mahrholz, Literaturgeschichte und Literaturwissenschaft, pwe_026.005
Leipzig 1932). Petersens monumentales Werk ist nicht zu Ende pwe_026.006
gekommen; dem ersten Band, der nach einem historischen Rückblick die pwe_026.007
Probleme des Werks und des Dichters behandelt, sollte ein zweiter folgen, pwe_026.008
dessen drei Hauptteile den „Ordnungen“ (Raum, Zeit, Gesellschaft, pwe_026.009
Geist), dem Problem „Völker und Zeiten“ (nationale Literaturgeschichte, pwe_026.010
Geistesgeschichte und Stilgeschichte, Literaturvergleichung, Weltliteratur) pwe_026.011
und schließlich den Fragen der Darstellung (Standort, Einfühlung und Intuition, pwe_026.012
Aufbau, Sinn der Literaturwissenschaft) gewidmet sein sollten. pwe_026.013
Petersens Tod hat die Vollendung des Werks verhindert.
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In seinem Buch Wesensbestimmung der deutschen Romantik hatte Pe- pwe_026.015
tersen an einem Beispiel unternommen, die verschiedensten Erkenntnisse pwe_026.016
und Methoden der Forschung zum harmonischen Ausgleich zu bringen. Auf pwe_026.017
breitester Front wird jetzt versucht, dies für die Literaturwissenschaft überhaupt pwe_026.018
zu leisten: „Klärung der wissenschaftlichen Grundbegriffe“, „Ausgleich pwe_026.019
zwischen den vielfach widerstreitenden Richtungen“, „Kritischer pwe_026.020
Überblick über alle Methoden“, in einer Verbindung von „Rückschau, Umschau pwe_026.021
und Ausschau“, so heißt das Programm. Ein ungeheures Material pwe_026.022
ist scharfsinnig und glänzend in wohlproportionierten Teilen und Stufen pwe_026.023
geordnet, von den einzelnen technischen Fragen der Textherstellung über pwe_026.024
Werk und Dichter zu den großen historischen Ordnungen, worauf im letzten pwe_026.025
Abschnitt „Darstellung“ die Wissenschaft gleichsam in sich selbst zurückkommen pwe_026.026
sollte. Historische Darstellung, Referat der verschiedenartigen pwe_026.027
Forschungen, Diskussion der Widersprüche und eigener Systembau sollen pwe_026.028
in Einem gegeben werden.
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Eine systematische Bibliographie hat Petersen zwar nicht beabsichtigt. pwe_026.030
Dennoch liegt der unmittelbarste Nutzen des Werks im Erschließen der pwe_026.031
Hilfsmittel und im gewonnenen Überblick über die Möglichkeiten literaturwissenschaftlicher pwe_026.032
Forschung überhaupt. Problematischer ist die systematische pwe_026.033
Seite, denn Handbuch und System sind nicht dasselbe. Auch wenn pwe_026.034
keine Wissenschaft möglich ist ohne Gespräch, ohne Ausgleich und Verständigung, pwe_026.035
so ist doch die Vorstellung eines Systembaus, in welchem auch pwe_026.036
noch das abgelegenste Steinchen seinen Platz fände, zweifelhaft geworden. pwe_026.037
Ein solcher Kosmos der Methoden bleibt eine Abstraktion, ja eine pwe_026.038
Illusion; es ist eine rein formale Kombinatorik, der die vorliegenden Methoden pwe_026.039
und Ergebnisse gleichsam post festum unterworfen werden, ohne pwe_026.040
auf eine gemeinsame Mitte bezogen zu werden; manche Positionen und pwe_026.041
Begriffe werden durch ihre Einordnung ins System geradezu um ihren
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