Weerth, Georg: Leben und Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski. Hamburg, 1849."Danhäuser, nit reden also! ir tund euch nit wol besinnen; so gen wir in ain kemerlein und spilen der edlen minne!" Die Herzogin lispelte diese Worte gerade so verführerisch, wie sie einst Frau Venus gesprochen haben mag. Der Ritter schien aber wenig davon erbaut zu sein; er schüttelte mit dem schönen schwarzlockigen Kopfe und ohne von den Thränen Notiz zu nehmen, die aus den Augen der hohen Dame in den rothen Kaschmirshawl rieselten, öffnete er zum zweiten Male den holdseligen Mund und antwortete, indem er die Hände in die Hosentaschen steckte, mit sehr accentuirtem Tone: "Eur minne ist mir worden laid, ich hab in meinem Sinne: fraw Venus, edle fraw so zart! ir seind ain teufelinne." Hierüber entsetzte sich die Herzogin nur um so mehr, so daß sie unwillkürlich ein Kreuz schlug, was sie seit dem Einzug der Alliirten in Paris nicht mehr gethan hatte. Tödtlich wäre es der Herzogin gewesen, ihren Schnapphahnski zu verlieren; hätte sie nicht ihren kahlen Kopf gefürchtet, sie würde die Perrücke vor Verzweiflung unter die Decke geschleudert haben. Mit den Zähnen konnte sie ebenfalls nicht knirschen, denn, wie unsern Lesern bekannt ist, waren sie mehr ein Produkt des Zahnarztes als der Mutter „Danhäuser, nit reden also! ir tund euch nit wol besinnen; so gen wir in ain kemerlein und spilen der edlen minne!“ Die Herzogin lispelte diese Worte gerade so verführerisch, wie sie einst Frau Venus gesprochen haben mag. Der Ritter schien aber wenig davon erbaut zu sein; er schüttelte mit dem schönen schwarzlockigen Kopfe und ohne von den Thränen Notiz zu nehmen, die aus den Augen der hohen Dame in den rothen Kaschmirshawl rieselten, öffnete er zum zweiten Male den holdseligen Mund und antwortete, indem er die Hände in die Hosentaschen steckte, mit sehr accentuirtem Tone: „Eur minne ist mir worden laid, ich hab in meinem Sinne: fraw Venus, edle fraw so zart! ir seind ain teufelinne.“ Hierüber entsetzte sich die Herzogin nur um so mehr, so daß sie unwillkürlich ein Kreuz schlug, was sie seit dem Einzug der Alliirten in Paris nicht mehr gethan hatte. Tödtlich wäre es der Herzogin gewesen, ihren Schnapphahnski zu verlieren; hätte sie nicht ihren kahlen Kopf gefürchtet, sie würde die Perrücke vor Verzweiflung unter die Decke geschleudert haben. Mit den Zähnen konnte sie ebenfalls nicht knirschen, denn, wie unsern Lesern bekannt ist, waren sie mehr ein Produkt des Zahnarztes als der Mutter <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0220" n="214"/> <lg type="poem"> <l>„Danhäuser, nit reden also!</l><lb/> <l>ir tund euch nit wol besinnen;</l><lb/> <l>so gen wir in ain kemerlein</l><lb/> <l>und spilen der edlen minne!“</l><lb/> </lg> <p>Die Herzogin lispelte diese Worte gerade so verführerisch, wie sie einst Frau Venus gesprochen haben mag. Der Ritter schien aber wenig davon erbaut zu sein; er schüttelte mit dem schönen schwarzlockigen Kopfe und ohne von den Thränen Notiz zu nehmen, die aus den Augen der hohen Dame in den rothen Kaschmirshawl rieselten, öffnete er zum zweiten Male den holdseligen Mund und antwortete, indem er die Hände in die Hosentaschen steckte, mit sehr accentuirtem Tone:</p> <lg type="poem"> <l>„Eur minne ist mir worden laid,</l><lb/> <l>ich hab in meinem Sinne:</l><lb/> <l>fraw Venus, edle fraw so zart!</l><lb/> <l>ir seind ain teufelinne.“</l><lb/> </lg> <p>Hierüber entsetzte sich die Herzogin nur um so mehr, so daß sie unwillkürlich ein Kreuz schlug, was sie seit dem Einzug der Alliirten in Paris nicht mehr gethan hatte. Tödtlich wäre es der Herzogin gewesen, ihren Schnapphahnski zu verlieren; hätte sie nicht ihren kahlen Kopf gefürchtet, sie würde die Perrücke vor Verzweiflung unter die Decke geschleudert haben. Mit den Zähnen konnte sie ebenfalls nicht knirschen, denn, wie unsern Lesern bekannt ist, waren sie mehr ein Produkt des Zahnarztes als der Mutter </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [214/0220]
„Danhäuser, nit reden also!
ir tund euch nit wol besinnen;
so gen wir in ain kemerlein
und spilen der edlen minne!“
Die Herzogin lispelte diese Worte gerade so verführerisch, wie sie einst Frau Venus gesprochen haben mag. Der Ritter schien aber wenig davon erbaut zu sein; er schüttelte mit dem schönen schwarzlockigen Kopfe und ohne von den Thränen Notiz zu nehmen, die aus den Augen der hohen Dame in den rothen Kaschmirshawl rieselten, öffnete er zum zweiten Male den holdseligen Mund und antwortete, indem er die Hände in die Hosentaschen steckte, mit sehr accentuirtem Tone:
„Eur minne ist mir worden laid,
ich hab in meinem Sinne:
fraw Venus, edle fraw so zart!
ir seind ain teufelinne.“
Hierüber entsetzte sich die Herzogin nur um so mehr, so daß sie unwillkürlich ein Kreuz schlug, was sie seit dem Einzug der Alliirten in Paris nicht mehr gethan hatte. Tödtlich wäre es der Herzogin gewesen, ihren Schnapphahnski zu verlieren; hätte sie nicht ihren kahlen Kopf gefürchtet, sie würde die Perrücke vor Verzweiflung unter die Decke geschleudert haben. Mit den Zähnen konnte sie ebenfalls nicht knirschen, denn, wie unsern Lesern bekannt ist, waren sie mehr ein Produkt des Zahnarztes als der Mutter
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2013-01-04T15:10:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitätsbibliothek Frankfurt am Main: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-01-04T15:10:31Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Faksimile 0150)
(2013-01-04T15:10:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-01-04T15:10:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |