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Wedekind, Frank: Frühlings Erwachen. Zürich, 1891.

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Hänschen Rilow. Da ist er!
Melchior. Blaß wie ein Handtuch.
(Moritz kommt in äußerster Aufregung.)
Lämmermeier. Moritz, Moritz, was du gethan hast!
Moritz. -- -- Nichts -- -- nichts -- -- --
Robert. Du fieberst!
Moritz. -- Vor Glück -- vor Seligkeit -- vor Herzens-
jubel --
Otto. Du bist erwischt worden?!
Moritz. Ich bin promovirt! -- Melchior, ich bin pro-
movirt! -- O jetzt kann die Welt untergehn! -- Ich bin pro-
movirt! -- Wer hätte geglaubt, daß ich promovirt werde! --
Ich faß' es noch nicht! -- Zwanzig Mal hab' ich's gelesen! --
Ich kann's nicht glauben -- du großer Gott, es blieb! -- Es
blieb! Ich bin promovirt! -- (lächelnd) Ich weiß nicht -- so
sonderbar ist mir -- der Boden dreht sich ... Melchior, Melchior,
wüßtest du, was ich durchgemacht!
Hänschen Rilow. Ich gratulire, Moritz. -- Sei nur
froh, daß du so weggekommen!
Moritz. Du weißt nicht, Hänschen, du ahnst nicht, was
auf dem Spiel stand. Seit drei Wochen schleiche ich an der Thür
vorbei wie am Höllenschlund. Da sehe ich heute, sie ist ange-
lehnt. Ich glaube, wenn man mir eine Million geboten hätte
-- nichts, o nichts hätte mich zu halten vermocht! -- Ich stehe
mitten im Zimmer -- ich schlage das Protocoll auf -- blättere
-- finde -- -- und während all der Zeit ... Mir schaudert --
Melchior. ... während all der Zeit?
Moritz. Während all der Zeit steht die Thür hinter mir
sperrangelweit offen. -- Wie ich heraus ... wie ich die Treppe
heruntergekommen, weiß ich nicht.
Wedekind, Frühlings-Erwachen 2
Hänschen Rilow. Da iſt er!
Melchior. Blaß wie ein Handtuch.
(Moritz kommt in äußerſter Aufregung.)
Lämmermeier. Moritz, Moritz, was du gethan haſt!
Moritz. — — Nichts — — nichts — — —
Robert. Du fieberſt!
Moritz. — Vor Glück — vor Seligkeit — vor Herzens-
jubel —
Otto. Du biſt erwiſcht worden?!
Moritz. Ich bin promovirt! — Melchior, ich bin pro-
movirt! — O jetzt kann die Welt untergehn! — Ich bin pro-
movirt! — Wer hätte geglaubt, daß ich promovirt werde! —
Ich faß' es noch nicht! — Zwanzig Mal hab' ich's geleſen! —
Ich kann's nicht glauben — du großer Gott, es blieb! — Es
blieb! Ich bin promovirt! — (lächelnd) Ich weiß nicht — ſo
ſonderbar iſt mir — der Boden dreht ſich … Melchior, Melchior,
wüßteſt du, was ich durchgemacht!
Hänschen Rilow. Ich gratulire, Moritz. — Sei nur
froh, daß du ſo weggekommen!
Moritz. Du weißt nicht, Hänschen, du ahnſt nicht, was
auf dem Spiel ſtand. Seit drei Wochen ſchleiche ich an der Thür
vorbei wie am Höllenſchlund. Da ſehe ich heute, ſie iſt ange-
lehnt. Ich glaube, wenn man mir eine Million geboten hätte
— nichts, o nichts hätte mich zu halten vermocht! — Ich ſtehe
mitten im Zimmer — ich ſchlage das Protocoll auf — blättere
— finde — — und während all der Zeit … Mir ſchaudert —
Melchior. … während all der Zeit?
Moritz. Während all der Zeit ſteht die Thür hinter mir
ſperrangelweit offen. — Wie ich heraus … wie ich die Treppe
heruntergekommen, weiß ich nicht.
Wedekind, Frühlings-Erwachen 2
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[17/0033] Hänschen Rilow. Da iſt er! Melchior. Blaß wie ein Handtuch. (Moritz kommt in äußerſter Aufregung.) Lämmermeier. Moritz, Moritz, was du gethan haſt! Moritz. — — Nichts — — nichts — — — Robert. Du fieberſt! Moritz. — Vor Glück — vor Seligkeit — vor Herzens- jubel — Otto. Du biſt erwiſcht worden?! Moritz. Ich bin promovirt! — Melchior, ich bin pro- movirt! — O jetzt kann die Welt untergehn! — Ich bin pro- movirt! — Wer hätte geglaubt, daß ich promovirt werde! — Ich faß' es noch nicht! — Zwanzig Mal hab' ich's geleſen! — Ich kann's nicht glauben — du großer Gott, es blieb! — Es blieb! Ich bin promovirt! — (lächelnd) Ich weiß nicht — ſo ſonderbar iſt mir — der Boden dreht ſich … Melchior, Melchior, wüßteſt du, was ich durchgemacht! Hänschen Rilow. Ich gratulire, Moritz. — Sei nur froh, daß du ſo weggekommen! Moritz. Du weißt nicht, Hänschen, du ahnſt nicht, was auf dem Spiel ſtand. Seit drei Wochen ſchleiche ich an der Thür vorbei wie am Höllenſchlund. Da ſehe ich heute, ſie iſt ange- lehnt. Ich glaube, wenn man mir eine Million geboten hätte — nichts, o nichts hätte mich zu halten vermocht! — Ich ſtehe mitten im Zimmer — ich ſchlage das Protocoll auf — blättere — finde — — und während all der Zeit … Mir ſchaudert — Melchior. … während all der Zeit? Moritz. Während all der Zeit ſteht die Thür hinter mir ſperrangelweit offen. — Wie ich heraus … wie ich die Treppe heruntergekommen, weiß ich nicht. Wedekind, Frühlings-Erwachen 2

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Zitationshilfe: Wedekind, Frank: Frühlings Erwachen. Zürich, 1891, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wedekind_erwachen_1891/33>, abgerufen am 23.11.2024.