Wedekind, Frank: Erdgeist. Paris; Leipzig, 1895. Schigolch (ihr das Knie streichelnd). Wie geht's dir denn? Treibst du immer noch Französisch? Lulu. Ich liege und schlafe. Schigolch. Das ist vornehm. Das sieht immer nach so was aus. Und weiter? Lulu. Und strecke mich -- bis es knackt. Schigolch. Und wenn es geknackt hat? Lulu. Was interessiert dich das! Schigolch. Was mich das interessiert? Was mich das interessiert? Ich wollte lieber bis zur jüngsten Posaune leben und auf alle himmlischen Freuden Verzicht leisten, als meine Lulu hinieden in Kon- flikten lassen. Was mich das interessiert? Es ist mein Mitgefühl. Ich bin ja mit meinem besseren Ich schon verklärt. Aber ich habe noch das Ver- ständnis für diese Welt. Lulu. Ich nicht. Schigolch (ihr das Knie ſtreichelnd). Wie geht’s dir denn? Treibſt du immer noch Franzöſiſch? Lulu. Ich liege und ſchlafe. Schigolch. Das iſt vornehm. Das ſieht immer nach ſo was aus. Und weiter? Lulu. Und ſtrecke mich — bis es knackt. Schigolch. Und wenn es geknackt hat? Lulu. Was intereſſiert dich das! Schigolch. Was mich das intereſſiert? Was mich das intereſſiert? Ich wollte lieber bis zur jüngſten Poſaune leben und auf alle himmliſchen Freuden Verzicht leiſten, als meine Lulu hinieden in Kon- flikten laſſen. Was mich das intereſſiert? Es iſt mein Mitgefühl. Ich bin ja mit meinem beſſeren Ich ſchon verklärt. Aber ich habe noch das Ver- ſtändnis für dieſe Welt. Lulu. Ich nicht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0085" n="79"/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schigolch</hi> </speaker> <stage>(ihr das Knie ſtreichelnd).</stage><lb/> <p>Wie geht’s dir denn? Treibſt du immer noch<lb/> Franzöſiſch?</p> </sp><lb/> <sp who="#LUL"> <speaker> <hi rendition="#b">Lulu.</hi> </speaker><lb/> <p>Ich liege und ſchlafe.</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schigolch.</hi> </speaker><lb/> <p>Das iſt vornehm. Das ſieht immer nach ſo was<lb/> aus. Und weiter?</p> </sp><lb/> <sp who="#LUL"> <speaker> <hi rendition="#b">Lulu.</hi> </speaker><lb/> <p>Und ſtrecke mich — bis es knackt.</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schigolch.</hi> </speaker><lb/> <p>Und wenn es geknackt hat?</p> </sp><lb/> <sp who="#LUL"> <speaker> <hi rendition="#b">Lulu.</hi> </speaker><lb/> <p>Was intereſſiert dich das!</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schigolch.</hi> </speaker><lb/> <p>Was mich das intereſſiert? Was mich das<lb/> intereſſiert? Ich wollte lieber bis zur jüngſten<lb/> Poſaune leben und auf alle himmliſchen Freuden<lb/> Verzicht leiſten, als meine Lulu hinieden in Kon-<lb/> flikten laſſen. Was mich das intereſſiert? Es iſt<lb/> mein Mitgefühl. Ich bin ja mit meinem beſſeren<lb/> Ich ſchon verklärt. Aber ich habe noch das Ver-<lb/> ſtändnis für dieſe Welt.</p> </sp><lb/> <sp who="#LUL"> <speaker> <hi rendition="#b">Lulu.</hi> </speaker><lb/> <p>Ich nicht.</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [79/0085]
Schigolch (ihr das Knie ſtreichelnd).
Wie geht’s dir denn? Treibſt du immer noch
Franzöſiſch?
Lulu.
Ich liege und ſchlafe.
Schigolch.
Das iſt vornehm. Das ſieht immer nach ſo was
aus. Und weiter?
Lulu.
Und ſtrecke mich — bis es knackt.
Schigolch.
Und wenn es geknackt hat?
Lulu.
Was intereſſiert dich das!
Schigolch.
Was mich das intereſſiert? Was mich das
intereſſiert? Ich wollte lieber bis zur jüngſten
Poſaune leben und auf alle himmliſchen Freuden
Verzicht leiſten, als meine Lulu hinieden in Kon-
flikten laſſen. Was mich das intereſſiert? Es iſt
mein Mitgefühl. Ich bin ja mit meinem beſſeren
Ich ſchon verklärt. Aber ich habe noch das Ver-
ſtändnis für dieſe Welt.
Lulu.
Ich nicht.
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