Wedekind, Frank: Erdgeist. Paris; Leipzig, 1895. Schön. Seit ihrem zwölften Jahr. Schwarz. Davon hat sie mir nichts gesagt. Schön. Sie verkaufte Blumen vor dem Alhambra-Cafe. Sie drückte sich barfuß zwischen den Gästen durch, jeden Abend zwischen zwölf und zwei. Schwarz. Davon hat sie mir nichts gesagt. Schön. Daran hat sie recht gethan. Ich sage es, damit du siehst, daß du es nicht mit moralischer Ver- kommenheit zu thun hast. Das Mädchen ist außer- gewöhnlich gut veranlagt. Schwarz. Sie sagte, sie sei bei einer Tante aufgewachsen. Schön. Das war die Frau, der ich sie übergab. Sie war die beste Schülerin. Die Mütter stellten sie ihren Kindern als Vorbild hin. Sie besitzt Pflicht- gefühl. Es ist einzig und allein dein Versehen, wenn du bis jetzt versäumt hast, sie bei ihren besten Seiten zu nehmen. Schön. Seit ihrem zwölften Jahr. Schwarz. Davon hat ſie mir nichts geſagt. Schön. Sie verkaufte Blumen vor dem Alhambra-Café. Sie drückte ſich barfuß zwiſchen den Gäſten durch, jeden Abend zwiſchen zwölf und zwei. Schwarz. Davon hat ſie mir nichts geſagt. Schön. Daran hat ſie recht gethan. Ich ſage es, damit du ſiehſt, daß du es nicht mit moraliſcher Ver- kommenheit zu thun haſt. Das Mädchen iſt außer- gewöhnlich gut veranlagt. Schwarz. Sie ſagte, ſie ſei bei einer Tante aufgewachſen. Schön. Das war die Frau, der ich ſie übergab. Sie war die beſte Schülerin. Die Mütter ſtellten ſie ihren Kindern als Vorbild hin. Sie beſitzt Pflicht- gefühl. Es iſt einzig und allein dein Verſehen, wenn du bis jetzt verſäumt haſt, ſie bei ihren beſten Seiten zu nehmen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0104" n="98"/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schön.</hi> </speaker><lb/> <p>Seit ihrem zwölften Jahr.</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schwarz.</hi> </speaker><lb/> <p>Davon hat ſie mir nichts geſagt.</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schön.</hi> </speaker><lb/> <p>Sie verkaufte Blumen vor dem Alhambra-Caf<hi rendition="#aq">é</hi>.<lb/> Sie drückte ſich barfuß zwiſchen den Gäſten durch,<lb/> jeden Abend zwiſchen zwölf und zwei.</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schwarz.</hi> </speaker><lb/> <p>Davon hat ſie mir nichts geſagt.</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schön.</hi> </speaker><lb/> <p>Daran hat ſie recht gethan. Ich ſage es, damit<lb/> du ſiehſt, daß du es nicht mit moraliſcher Ver-<lb/> kommenheit zu thun haſt. Das Mädchen iſt außer-<lb/> gewöhnlich gut veranlagt.</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schwarz.</hi> </speaker><lb/> <p>Sie ſagte, ſie ſei bei einer Tante aufgewachſen.</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schön.</hi> </speaker><lb/> <p>Das war die Frau, der ich ſie übergab. Sie<lb/> war die beſte Schülerin. Die Mütter ſtellten ſie<lb/> ihren Kindern als Vorbild hin. Sie beſitzt Pflicht-<lb/> gefühl. Es iſt einzig und allein dein Verſehen,<lb/> wenn du bis jetzt verſäumt haſt, ſie bei ihren<lb/> beſten Seiten zu nehmen.</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [98/0104]
Schön.
Seit ihrem zwölften Jahr.
Schwarz.
Davon hat ſie mir nichts geſagt.
Schön.
Sie verkaufte Blumen vor dem Alhambra-Café.
Sie drückte ſich barfuß zwiſchen den Gäſten durch,
jeden Abend zwiſchen zwölf und zwei.
Schwarz.
Davon hat ſie mir nichts geſagt.
Schön.
Daran hat ſie recht gethan. Ich ſage es, damit
du ſiehſt, daß du es nicht mit moraliſcher Ver-
kommenheit zu thun haſt. Das Mädchen iſt außer-
gewöhnlich gut veranlagt.
Schwarz.
Sie ſagte, ſie ſei bei einer Tante aufgewachſen.
Schön.
Das war die Frau, der ich ſie übergab. Sie
war die beſte Schülerin. Die Mütter ſtellten ſie
ihren Kindern als Vorbild hin. Sie beſitzt Pflicht-
gefühl. Es iſt einzig und allein dein Verſehen,
wenn du bis jetzt verſäumt haſt, ſie bei ihren
beſten Seiten zu nehmen.
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Zitationshilfe: | Wedekind, Frank: Erdgeist. Paris; Leipzig, 1895, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wedekind_erdgeist_1895/104>, abgerufen am 27.07.2024. |