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Weber, Max: Wissenschaft als Beruf. In: Geistige Arbeit als Beruf. Vier Vorträge vor dem Freistudentischen Bund. Erster Vortrag. München, 1919.

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Denn Jhr kommt notwendig zu diesen und diesen letzten inneren
sinnhaften Konsequenzen, wenn Jhr Euch treu bleibt. Das
läßt sich, im Prinzip wenigstens, leisten. Die Fachdißiplin
der Philosophie und die dem Wesen nach philosophischen
prinzipiellen Erörterungen der Einzeldißiplinen versuchen das
zu leisten. Wir können so, wenn wir unsere Sache verstehen
(was hier einmal vorausgesetzt werden muß), den einzelnen
nötigen, oder wenigstens ihm dabei helfen, sich selbst Rechen-
schaft zu geben über den letzten Sinn seines
eigenen Tuns
. Es scheint mir das nicht so sehr wenig zu
sein, auch für das rein persönliche Leben. Jch bin auch hier
versucht, wenn einem Lehrer das gelingt, zu sagen: er stehe
im Dienst "sittlicher" Mächte: der Pflicht, Klarheit und Ver-
antwortungsgefühl zu schaffen, und ich glaube, er wird dieser
Leistung um so eher fähig sein, je gewissenhafter er es ver-
meidet, seinerseits dem Zuhörer eine Stellungnahme auf-
oktroyieren oder ansuggerieren zu wollen.

Überall freilich geht diese Annahme, die ich Jhnen hier vor-
trage, aus von dem einen Grundsachverhalt: daß das Leben,
so lange es in sich selbst beruht und aus sich selbst verstanden
wird, nur den ewigen Kampf jener Götter miteinander kennt,
- unbildlich gesprochen: die Unvereinbarkeit und also die Un-
austragbarkeit des Kampfes der letzten überhaupt möglichen
Standpunkte zum Leben, die Notwendigkeit also: zwischen
ihnen sich zu entscheiden. Ob unter solchen Verhältnissen
die Wissenschaft wert ist, für jemand ein "Beruf" zu werden
und ob sie selbst einen objektiv wertvollen "Beruf" hat - das
ist wieder ein Werturteil, über welches im Hörsaal nichts aus-
zusagen ist. Denn für die Lehre dort ist die Bejahung Vor-
aussetzung
. Jch persönlich bejahe schon durch meine eigene
Arbeit die Frage. Und zwar auch und gerade für den Stand-
punkt, der den Jntellektualismus, wie es heute die Jugend tut
oder - und meist - zu tun nur sich einbildet, als den schlimm-
sten Teufel haßt. Denn dann gilt für sie das Wort: "Be-
denkt, der Teufel, der ist alt, so werdet alt ihn zu verstehen."
Das ist nicht im Sinne der Geburtsurkunde gemeint, sondern
in dem Sinn: daß man auch vor diesem Teufel, wenn man

Denn Jhr kommt notwendig zu dieſen und dieſen letzten inneren
ſinnhaften Konſequenzen, wenn Jhr Euch treu bleibt. Das
läßt ſich, im Prinzip wenigſtens, leiſten. Die Fachdiſziplin
der Philoſophie und die dem Weſen nach philoſophiſchen
prinzipiellen Erörterungen der Einzeldiſziplinen verſuchen das
zu leiſten. Wir können ſo, wenn wir unſere Sache verſtehen
(was hier einmal vorausgeſetzt werden muß), den einzelnen
nötigen, oder wenigſtens ihm dabei helfen, ſich ſelbſt Rechen-
ſchaft zu geben über den letzten Sinn ſeines
eigenen Tuns
. Es ſcheint mir das nicht ſo ſehr wenig zu
ſein, auch für das rein perſönliche Leben. Jch bin auch hier
verſucht, wenn einem Lehrer das gelingt, zu ſagen: er ſtehe
im Dienſt „sittlicher“ Mächte: der Pflicht, Klarheit und Ver-
antwortungsgefühl zu ſchaffen, und ich glaube, er wird dieſer
Leiſtung um ſo eher fähig ſein, je gewiſſenhafter er es ver-
meidet, ſeinerſeits dem Zuhörer eine Stellungnahme auf-
oktroyieren oder anſuggerieren zu wollen.

Überall freilich geht dieſe Annahme, die ich Jhnen hier vor-
trage, aus von dem einen Grundſachverhalt: daß das Leben,
ſo lange es in ſich ſelbſt beruht und aus ſich ſelbſt verſtanden
wird, nur den ewigen Kampf jener Götter miteinander kennt,
– unbildlich geſprochen: die Unvereinbarkeit und alſo die Un-
austragbarkeit des Kampfes der letzten überhaupt möglichen
Standpunkte zum Leben, die Notwendigkeit alſo: zwiſchen
ihnen ſich zu entſcheiden. Ob unter ſolchen Verhältniſſen
die Wiſſenſchaft wert iſt, für jemand ein „Beruf“ zu werden
und ob ſie ſelbſt einen objektiv wertvollen „Beruf“ hat – das
iſt wieder ein Werturteil, über welches im Hörſaal nichts aus-
zuſagen iſt. Denn für die Lehre dort iſt die Bejahung Vor-
ausſetzung
. Jch perſönlich bejahe ſchon durch meine eigene
Arbeit die Frage. Und zwar auch und gerade für den Stand-
punkt, der den Jntellektualismus, wie es heute die Jugend tut
oder – und meiſt – zu tun nur ſich einbildet, als den ſchlimm-
ſten Teufel haßt. Denn dann gilt für ſie das Wort: „Be-
denkt, der Teufel, der iſt alt, ſo werdet alt ihn zu verſtehen.“
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[32/0031] Denn Jhr kommt notwendig zu dieſen und dieſen letzten inneren ſinnhaften Konſequenzen, wenn Jhr Euch treu bleibt. Das läßt ſich, im Prinzip wenigſtens, leiſten. Die Fachdiſziplin der Philoſophie und die dem Weſen nach philoſophiſchen prinzipiellen Erörterungen der Einzeldiſziplinen verſuchen das zu leiſten. Wir können ſo, wenn wir unſere Sache verſtehen (was hier einmal vorausgeſetzt werden muß), den einzelnen nötigen, oder wenigſtens ihm dabei helfen, ſich ſelbſt Rechen- ſchaft zu geben über den letzten Sinn ſeines eigenen Tuns. Es ſcheint mir das nicht ſo ſehr wenig zu ſein, auch für das rein perſönliche Leben. Jch bin auch hier verſucht, wenn einem Lehrer das gelingt, zu ſagen: er ſtehe im Dienſt „sittlicher“ Mächte: der Pflicht, Klarheit und Ver- antwortungsgefühl zu ſchaffen, und ich glaube, er wird dieſer Leiſtung um ſo eher fähig ſein, je gewiſſenhafter er es ver- meidet, ſeinerſeits dem Zuhörer eine Stellungnahme auf- oktroyieren oder anſuggerieren zu wollen. Überall freilich geht dieſe Annahme, die ich Jhnen hier vor- trage, aus von dem einen Grundſachverhalt: daß das Leben, ſo lange es in ſich ſelbſt beruht und aus ſich ſelbſt verſtanden wird, nur den ewigen Kampf jener Götter miteinander kennt, – unbildlich geſprochen: die Unvereinbarkeit und alſo die Un- austragbarkeit des Kampfes der letzten überhaupt möglichen Standpunkte zum Leben, die Notwendigkeit alſo: zwiſchen ihnen ſich zu entſcheiden. Ob unter ſolchen Verhältniſſen die Wiſſenſchaft wert iſt, für jemand ein „Beruf“ zu werden und ob ſie ſelbſt einen objektiv wertvollen „Beruf“ hat – das iſt wieder ein Werturteil, über welches im Hörſaal nichts aus- zuſagen iſt. Denn für die Lehre dort iſt die Bejahung Vor- ausſetzung. Jch perſönlich bejahe ſchon durch meine eigene Arbeit die Frage. Und zwar auch und gerade für den Stand- punkt, der den Jntellektualismus, wie es heute die Jugend tut oder – und meiſt – zu tun nur ſich einbildet, als den ſchlimm- ſten Teufel haßt. Denn dann gilt für ſie das Wort: „Be- denkt, der Teufel, der iſt alt, ſo werdet alt ihn zu verſtehen.“ Das iſt nicht im Sinne der Geburtsurkunde gemeint, ſondern in dem Sinn: daß man auch vor dieſem Teufel, wenn man

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Zitationshilfe: Weber, Max: Wissenschaft als Beruf. In: Geistige Arbeit als Beruf. Vier Vorträge vor dem Freistudentischen Bund. Erster Vortrag. München, 1919, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weber_wissenschaft_1919/31>, abgerufen am 29.11.2024.