Sigismundus Freyberger [i. e. Wartmann, Sigismund Friedrich]: Germania Pertubata et Restaurata: Das ist [...] Theologo-Historica Politische Discursus, Vom Zustand deß gantzen Römischen Reichs. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1650.GERMANIAE PERTVRBATAE zu jhnen/ vnd darnach zu den Calixtinern/ verfolget aber die Picar-der/ (so in Franckreich die Waldenser sind/ weil sie sich in der Pi- cardey lang gehalten/ vnd endlich in Böhmen kommen) also daß die Vorsteher zu Prag in das Gefängnuß gehen müssen. Doch ver- glichen sich Zisca vnd Procopius, so offt Keyser Sigismund wi- der sie angezogen kam/ vnd stunden vor einen Mann. Weil nun mit Macht jhnen nichts war anzugewinnen/ hielte der Bapst ein Concilium zu Basel/ auf welchem die Böhmen diese vier Puncten begehrt. Erstlich/ solte der Kelch im Abendmahl Jdermänniglich ge- Fürs ander/ solte die Cleriscy nicht weltlich herrschen: Drittens/ solte man Gottes Wort frey lehren. Vierdtens/ solte man offentliche Sünden/ offentlich straf- Diese Puncten wurden jhnen frey gestelt/ Rokyzan, der Ab- der
GERMANIÆ PERTVRBATÆ zu jhnen/ vnd darnach zu den Calixtinern/ verfolget aber die Picar-der/ (ſo in Franckreich die Waldenſer ſind/ weil ſie ſich in der Pi- cardey lang gehalten/ vnd endlich in Boͤhmen kommen) alſo daß die Vorſteher zu Prag in das Gefaͤngnuß gehen muͤſſen. Doch ver- glichen ſich Ziſca vnd Procopius, ſo offt Keyſer Sigiſmund wi- der ſie angezogen kam/ vnd ſtunden vor einen Mann. Weil nun mit Macht jhnen nichts war anzugewinnen/ hielte der Bapſt ein Concilium zu Baſel/ auf welchem die Boͤhmen dieſe vier Puncten begehrt. Erſtlich/ ſolte der Kelch im Abendmahl Jdermaͤnniglich ge- Fuͤrs ander/ ſolte die Cleriſcy nicht weltlich herꝛſchen: Drittens/ ſolte man Gottes Wort frey lehren. Vierdtens/ ſolte man offentliche Suͤnden/ offentlich ſtraf- Dieſe Puncten wurden jhnen frey geſtelt/ Rokyzan, der Ab- der
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GERMANIÆ PERTVRBATÆ
zu jhnen/ vnd darnach zu den Calixtinern/ verfolget aber die Picar-
der/ (ſo in Franckreich die Waldenſer ſind/ weil ſie ſich in der Pi-
cardey lang gehalten/ vnd endlich in Boͤhmen kommen) alſo daß die
Vorſteher zu Prag in das Gefaͤngnuß gehen muͤſſen. Doch ver-
glichen ſich Ziſca vnd Procopius, ſo offt Keyſer Sigiſmund wi-
der ſie angezogen kam/ vnd ſtunden vor einen Mann. Weil nun
mit Macht jhnen nichts war anzugewinnen/ hielte der Bapſt ein
Concilium zu Baſel/ auf welchem die Boͤhmen dieſe vier Puncten
begehrt.
Erſtlich/ ſolte der Kelch im Abendmahl Jdermaͤnniglich ge-
reycht/ vnnd der Gottesdienſt in der Landſpraach verrichtet wer-
den.
Fuͤrs ander/ ſolte die Cleriſcy nicht weltlich herꝛſchen:
Drittens/ ſolte man Gottes Wort frey lehren.
Vierdtens/ ſolte man offentliche Suͤnden/ offentlich ſtraf-
fen.
Dieſe Puncten wurden jhnen frey geſtelt/ Rokyzan, der Ab-
geſanden einer zum Ertzbiſchoff gemacht/ vnd durch ſeine Vermit-
telung alles zu Ruhe gebracht. Doch hatten die eyfferige Tha-
boriten ein ſo groſſes Mißfallen an ſolcher Vermittelung/ daß ſie
im Jahr 1434. daruͤber zu offentlichem Schlagen gerahten. Weil
nun die Prager die Oberhand behalten/ wurd im folgenden Jahr
Rokyzan zum Ertzbiſchoff geſalbet/ fiel doch wider ab/ da jhn der
Keyſer daran hinderte. Georg Padiebrack hielt es mit jhm/ vnd
wurd Koͤnig/ vnnd bezwang endlich die Thaboriten; doch ergriff
Rokyzan derſelben Meynung vnnd Eyffer wider den Bapſt/ vnd
vnterſtund ſich/ die Griechiſche Kirch an ſich zuhaͤngen; an welche
man auff einem Reichstag wider deß Bapſts Bann/ Anno 1450.
appellierte. Aber Rokyzan wolte nicht recht zu der Reformation
verſtehen/ vnd erlangt zwar bey dem Koͤnig/ der ſelbſt dem Bapſt
viel nachgabe/ daß die Eyfferer ſich nach Kunwald in das Gebuͤrg/
auff der Schleſiſchen Seiten/ geleichſam auß der Welt gethan/
vnd weil ſie ein friedfertiges Leben fuͤhreten/ die Boͤhmiſche Bruͤ-
der
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