Das Verfahren, um die Kappen zu zeichnen, ist in der Fig. 404 genau bei dem mittleren Gewölbe angegeben; hiernach liegt die Basis des großen Grundkreises noch unter der Durchfahrtsohle. Die Länge der Radien ergeben sich nach Fig. 398, wenn man auf der Diagonale des mittleren Feldes die Pfeilhöhe ( 1/5 --1/12 der Spann- weite) absteckt und in je drei zusammengehörigen Punkten (zwei Diagonalendpunkte und Scheitelpunkt) den Kreisradius sucht.
Bei diesem Beispiele sind die oberen Gänge mit preußischen Kappen- gewölben eingewölbt worden, um, zumal bei der großen Breite der Gänge, die Langwände vom Gewölbeschub zu befreien.
Auch der 4m breite Eingang des St. Getraudt-Stiftes (ent- worfen von Koch) in Berlin ist mit böhmischen Kappen überwölbt (Fig. 405, Längenschnitt nach x y im Grundriß).
Um den Gewölbeschub aufzufangen, sind an den Längenwänden schmale Tonnengewölbe angelegt und daneben die Gurten für die böhmischen Kappen gestellt worden. Der Raum zerfällt dann in drei Felder, von denen das mittlere am größten und quadratisch ist, während die seitlichen Kappen eine längliche Grundform haben. Die zusammengehörigen Anläufe zweier nachbarlicher Räume liegen in gleicher Höhe. Die Corridore C C sind theilweise mit flachen Kreuz- gewölben bedeckt.
Eine häufige Verwendung haben die böhmischen Kappen von ver- schiedenen Formen in der Sophien-Realschule zu Berlin gefunden (Fig. 406 und 407). Die Grundrisse des Einganges und des Treppen- hauses, um den sich weite Corridore gruppiren, veranschaulicht die Fig. 406; es bedeutet A Kellergeschoß, B Erdgeschoß, C I. Stock, D II. Stock. Das Kellergeschoß ist mit preußischen Kappengewölben überdeckt und hat an dieser Stelle für uns keine weitere Bedeutung, das Erdgeschoß und der I. Stock sind ganz gleichartig mit flachen preußischen Platzeln überwölbt und der II. Stock (D) hat böhmische oder Platzel- gewölbe. Die Treppe, welche mit dem Fußboden des II. Stockwerks aufhört, ist dreiarmig; in der Mitte steigt nur ein Arm hinauf und rechts und links gehen zwei andere Arme zur Etage. Die unteren Treppenarme werden von einer Mauer getrennt. Die Podeste sind mit preußischen Platzeln unterstützt.
In dem Vorraum vor der Treppe ruhen die Gurten auf sechs eisernen Säulen und sind drei größere im Grundriß fast quadratisch ge- staltete (g) Kappen, sechs kleine längliche Kappen vorhanden, und zwar
Verwendung und Beiſpiele der böhmiſchen Kappe.
Das Verfahren, um die Kappen zu zeichnen, iſt in der Fig. 404 genau bei dem mittleren Gewölbe angegeben; hiernach liegt die Baſis des großen Grundkreiſes noch unter der Durchfahrtſohle. Die Länge der Radien ergeben ſich nach Fig. 398, wenn man auf der Diagonale des mittleren Feldes die Pfeilhöhe (⅕—1/12 der Spann- weite) abſteckt und in je drei zuſammengehörigen Punkten (zwei Diagonalendpunkte und Scheitelpunkt) den Kreisradius ſucht.
Bei dieſem Beiſpiele ſind die oberen Gänge mit preußiſchen Kappen- gewölben eingewölbt worden, um, zumal bei der großen Breite der Gänge, die Langwände vom Gewölbeſchub zu befreien.
Auch der 4m breite Eingang des St. Getraudt-Stiftes (ent- worfen von Koch) in Berlin iſt mit böhmiſchen Kappen überwölbt (Fig. 405, Längenſchnitt nach x y im Grundriß).
Um den Gewölbeſchub aufzufangen, ſind an den Längenwänden ſchmale Tonnengewölbe angelegt und daneben die Gurten für die böhmiſchen Kappen geſtellt worden. Der Raum zerfällt dann in drei Felder, von denen das mittlere am größten und quadratiſch iſt, während die ſeitlichen Kappen eine längliche Grundform haben. Die zuſammengehörigen Anläufe zweier nachbarlicher Räume liegen in gleicher Höhe. Die Corridore C C ſind theilweiſe mit flachen Kreuz- gewölben bedeckt.
Eine häufige Verwendung haben die böhmiſchen Kappen von ver- ſchiedenen Formen in der Sophien-Realſchule zu Berlin gefunden (Fig. 406 und 407). Die Grundriſſe des Einganges und des Treppen- hauſes, um den ſich weite Corridore gruppiren, veranſchaulicht die Fig. 406; es bedeutet A Kellergeſchoß, B Erdgeſchoß, C I. Stock, D II. Stock. Das Kellergeſchoß iſt mit preußiſchen Kappengewölben überdeckt und hat an dieſer Stelle für uns keine weitere Bedeutung, das Erdgeſchoß und der I. Stock ſind ganz gleichartig mit flachen preußiſchen Platzeln überwölbt und der II. Stock (D) hat böhmiſche oder Platzel- gewölbe. Die Treppe, welche mit dem Fußboden des II. Stockwerks aufhört, iſt dreiarmig; in der Mitte ſteigt nur ein Arm hinauf und rechts und links gehen zwei andere Arme zur Etage. Die unteren Treppenarme werden von einer Mauer getrennt. Die Podeſte ſind mit preußiſchen Platzeln unterſtützt.
In dem Vorraum vor der Treppe ruhen die Gurten auf ſechs eiſernen Säulen und ſind drei größere im Grundriß faſt quadratiſch ge- ſtaltete (g) Kappen, ſechs kleine längliche Kappen vorhanden, und zwar
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Verwendung und Beiſpiele der böhmiſchen Kappe.
Das Verfahren, um die Kappen zu zeichnen, iſt in der Fig. 404
genau bei dem mittleren Gewölbe angegeben; hiernach liegt die
Baſis des großen Grundkreiſes noch unter der Durchfahrtſohle. Die
Länge der Radien ergeben ſich nach Fig. 398, wenn man auf der
Diagonale des mittleren Feldes die Pfeilhöhe (⅕—1/12 der Spann-
weite) abſteckt und in je drei zuſammengehörigen Punkten (zwei
Diagonalendpunkte und Scheitelpunkt) den Kreisradius ſucht.
Bei dieſem Beiſpiele ſind die oberen Gänge mit preußiſchen Kappen-
gewölben eingewölbt worden, um, zumal bei der großen Breite der
Gänge, die Langwände vom Gewölbeſchub zu befreien.
Auch der 4m breite Eingang des St. Getraudt-Stiftes (ent-
worfen von Koch) in Berlin iſt mit böhmiſchen Kappen überwölbt
(Fig. 405, Längenſchnitt nach x y im Grundriß).
Um den Gewölbeſchub aufzufangen, ſind an den Längenwänden
ſchmale Tonnengewölbe angelegt und daneben die Gurten für die
böhmiſchen Kappen geſtellt worden. Der Raum zerfällt dann in drei
Felder, von denen das mittlere am größten und quadratiſch iſt,
während die ſeitlichen Kappen eine längliche Grundform haben. Die
zuſammengehörigen Anläufe zweier nachbarlicher Räume liegen in
gleicher Höhe. Die Corridore C C ſind theilweiſe mit flachen Kreuz-
gewölben bedeckt.
Eine häufige Verwendung haben die böhmiſchen Kappen von ver-
ſchiedenen Formen in der Sophien-Realſchule zu Berlin gefunden
(Fig. 406 und 407). Die Grundriſſe des Einganges und des Treppen-
hauſes, um den ſich weite Corridore gruppiren, veranſchaulicht die
Fig. 406; es bedeutet A Kellergeſchoß, B Erdgeſchoß, C I. Stock,
D II. Stock. Das Kellergeſchoß iſt mit preußiſchen Kappengewölben
überdeckt und hat an dieſer Stelle für uns keine weitere Bedeutung, das
Erdgeſchoß und der I. Stock ſind ganz gleichartig mit flachen preußiſchen
Platzeln überwölbt und der II. Stock (D) hat böhmiſche oder Platzel-
gewölbe. Die Treppe, welche mit dem Fußboden des II. Stockwerks
aufhört, iſt dreiarmig; in der Mitte ſteigt nur ein Arm hinauf und
rechts und links gehen zwei andere Arme zur Etage. Die unteren
Treppenarme werden von einer Mauer getrennt. Die Podeſte ſind
mit preußiſchen Platzeln unterſtützt.
In dem Vorraum vor der Treppe ruhen die Gurten auf ſechs
eiſernen Säulen und ſind drei größere im Grundriß faſt quadratiſch ge-
ſtaltete (g) Kappen, ſechs kleine längliche Kappen vorhanden, und zwar
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Wanderleys "Handbuch" erschien bereits 1872 in zw… [mehr]
Wanderleys "Handbuch" erschien bereits 1872 in zwei Bänden. Die Ausgabe von 1877/1878 ist die 2., gänzlich umgearbarbeitete und sehr vermehrte Auflage und wurde aufgrund der besseren verfügbarkeit für das DTA digitalisiert.
Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/409>, abgerufen am 22.11.2024.
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