gewölbte Decke wird getragen von vier Säulen. Dem Eingange gegenüber befindet sich eine halbkreisförmige Chornische.
Die Säulen stehen von den Ecken ganz gleich weit ab und die von Säule zu Säule reichenden halbkreisförmigen Gurtbögen zer- legen die Decke in neun Felder, von denen das mittlere quadratisch und 5,75m weit ist, die vier kleinen quadratischen Eckfelder 2,75m Seite haben und die vier äußeren rechteckigen Felder 2,75m breit und 5,75m lang sind. Alle neun Felder wurden mittelst Platzelgewölben, denen verschieden große Halbkugeln zu Grunde liegen, geschlossen.
Die Länge der Radien r und r' zu diesen Halbkugeln ergiebt sich nach der bei Fig. 391 gezeigten Methode. Die Basen sämmtlicher Halbkugeln müssen in einer horizontalen Ebene liegen, damit die Schildbögen zweier neben einander befindlicher Gewölbe sich voll- ständig gleich werden. Die Fig. 396 macht diese Beschreibung noch besser verständlich.
Erwähnt sei, daß der Querschnitt ebenso ist wie der Längenschnitt jedoch mit Hinweglassung der Chornische und Eingangsthür.
Ueber die befolgte Construktion und Wahl der Materialien wird bemerkt, daß die Umfassungsmauern von Bruchsteinen (Grauwacken- schiefer) aufgeführt sind. Da dieses Bruchsteinmaterial jedoch keine künstlerische Bearbeitung zuließ, so sind die Haupt- und Fußgesimse, die Thür- und Fenstereinfassungen, Beplattungen, Treppen, Säulen etc. von Werkstücken hergestellt. Zu den vier Säulen, welche das Ge- wölbe im Innern unterstützen, zu den vier Säulen der Vorhalle, sämmtlich Monolithen, und zu den Thür- und Fenster-Einfassungen ist namentlich das vortreffliche Sandstein-Material verwendet, welches in einem neu eröffneten Bruche bei Steinbockenheim, unfern von Bingen zwischen der Nahe und dem Rheine, gewonnen worden ist. Zu den Hauptgesimsen dagegen sind die vulkanischen Tuffe von Bell und Weibern, im Kreise Mayen, ihrer leichten Bearbeitung und ge- ringen Kosten wegen in Anwendung gekommen, während zu den der Abnutzung mehr unterworfenen Beplattungen, Treppen und Deck- platten auf der Brüstungsmauer der Vorhalle die weit bekannten Basaltlava-Brüche zu Niedermending das geeignete Material geliefert haben. Die Wölbungen im Innern (böhmische Platzeln zwischen Gurten) sind von den dazu vorzugsweise geeigneten sogenannten Bendorfer Sandsteinen (Bimsteinglomerat) ausgeführt. Mit Rücksicht auf den Charakter des Gebäudes hat es angemessen geschienen, statt des
Die Verwendung der böhmiſchen Gewölbe.
gewölbte Decke wird getragen von vier Säulen. Dem Eingange gegenüber befindet ſich eine halbkreisförmige Chorniſche.
Die Säulen ſtehen von den Ecken ganz gleich weit ab und die von Säule zu Säule reichenden halbkreisförmigen Gurtbögen zer- legen die Decke in neun Felder, von denen das mittlere quadratiſch und 5,75m weit iſt, die vier kleinen quadratiſchen Eckfelder 2,75m Seite haben und die vier äußeren rechteckigen Felder 2,75m breit und 5,75m lang ſind. Alle neun Felder wurden mittelſt Platzelgewölben, denen verſchieden große Halbkugeln zu Grunde liegen, geſchloſſen.
Die Länge der Radien r und r' zu dieſen Halbkugeln ergiebt ſich nach der bei Fig. 391 gezeigten Methode. Die Baſen ſämmtlicher Halbkugeln müſſen in einer horizontalen Ebene liegen, damit die Schildbögen zweier neben einander befindlicher Gewölbe ſich voll- ſtändig gleich werden. Die Fig. 396 macht dieſe Beſchreibung noch beſſer verſtändlich.
Erwähnt ſei, daß der Querſchnitt ebenſo iſt wie der Längenſchnitt jedoch mit Hinweglaſſung der Chorniſche und Eingangsthür.
Ueber die befolgte Conſtruktion und Wahl der Materialien wird bemerkt, daß die Umfaſſungsmauern von Bruchſteinen (Grauwacken- ſchiefer) aufgeführt ſind. Da dieſes Bruchſteinmaterial jedoch keine künſtleriſche Bearbeitung zuließ, ſo ſind die Haupt- und Fußgeſimſe, die Thür- und Fenſtereinfaſſungen, Beplattungen, Treppen, Säulen ꝛc. von Werkſtücken hergeſtellt. Zu den vier Säulen, welche das Ge- wölbe im Innern unterſtützen, zu den vier Säulen der Vorhalle, ſämmtlich Monolithen, und zu den Thür- und Fenſter-Einfaſſungen iſt namentlich das vortreffliche Sandſtein-Material verwendet, welches in einem neu eröffneten Bruche bei Steinbockenheim, unfern von Bingen zwiſchen der Nahe und dem Rheine, gewonnen worden iſt. Zu den Hauptgeſimſen dagegen ſind die vulkaniſchen Tuffe von Bell und Weibern, im Kreiſe Mayen, ihrer leichten Bearbeitung und ge- ringen Koſten wegen in Anwendung gekommen, während zu den der Abnutzung mehr unterworfenen Beplattungen, Treppen und Deck- platten auf der Brüſtungsmauer der Vorhalle die weit bekannten Baſaltlava-Brüche zu Niedermending das geeignete Material geliefert haben. Die Wölbungen im Innern (böhmiſche Platzeln zwiſchen Gurten) ſind von den dazu vorzugsweiſe geeigneten ſogenannten Bendorfer Sandſteinen (Bimſteinglomerat) ausgeführt. Mit Rückſicht auf den Charakter des Gebäudes hat es angemeſſen geſchienen, ſtatt des
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Die Verwendung der böhmiſchen Gewölbe.
gewölbte Decke wird getragen von vier Säulen. Dem Eingange
gegenüber befindet ſich eine halbkreisförmige Chorniſche.
Die Säulen ſtehen von den Ecken ganz gleich weit ab und die
von Säule zu Säule reichenden halbkreisförmigen Gurtbögen zer-
legen die Decke in neun Felder, von denen das mittlere quadratiſch
und 5,75m weit iſt, die vier kleinen quadratiſchen Eckfelder 2,75m
Seite haben und die vier äußeren rechteckigen Felder 2,75m breit und
5,75m lang ſind. Alle neun Felder wurden mittelſt Platzelgewölben,
denen verſchieden große Halbkugeln zu Grunde liegen, geſchloſſen.
Die Länge der Radien r und r' zu dieſen Halbkugeln ergiebt ſich
nach der bei Fig. 391 gezeigten Methode. Die Baſen ſämmtlicher
Halbkugeln müſſen in einer horizontalen Ebene liegen, damit die
Schildbögen zweier neben einander befindlicher Gewölbe ſich voll-
ſtändig gleich werden. Die Fig. 396 macht dieſe Beſchreibung noch
beſſer verſtändlich.
Erwähnt ſei, daß der Querſchnitt ebenſo iſt wie der Längenſchnitt
jedoch mit Hinweglaſſung der Chorniſche und Eingangsthür.
Ueber die befolgte Conſtruktion und Wahl der Materialien wird
bemerkt, daß die Umfaſſungsmauern von Bruchſteinen (Grauwacken-
ſchiefer) aufgeführt ſind. Da dieſes Bruchſteinmaterial jedoch keine
künſtleriſche Bearbeitung zuließ, ſo ſind die Haupt- und Fußgeſimſe,
die Thür- und Fenſtereinfaſſungen, Beplattungen, Treppen, Säulen ꝛc.
von Werkſtücken hergeſtellt. Zu den vier Säulen, welche das Ge-
wölbe im Innern unterſtützen, zu den vier Säulen der Vorhalle,
ſämmtlich Monolithen, und zu den Thür- und Fenſter-Einfaſſungen
iſt namentlich das vortreffliche Sandſtein-Material verwendet, welches
in einem neu eröffneten Bruche bei Steinbockenheim, unfern von
Bingen zwiſchen der Nahe und dem Rheine, gewonnen worden iſt.
Zu den Hauptgeſimſen dagegen ſind die vulkaniſchen Tuffe von Bell
und Weibern, im Kreiſe Mayen, ihrer leichten Bearbeitung und ge-
ringen Koſten wegen in Anwendung gekommen, während zu den der
Abnutzung mehr unterworfenen Beplattungen, Treppen und Deck-
platten auf der Brüſtungsmauer der Vorhalle die weit bekannten
Baſaltlava-Brüche zu Niedermending das geeignete Material geliefert
haben. Die Wölbungen im Innern (böhmiſche Platzeln zwiſchen Gurten)
ſind von den dazu vorzugsweiſe geeigneten ſogenannten Bendorfer
Sandſteinen (Bimſteinglomerat) ausgeführt. Mit Rückſicht auf den
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Wanderleys "Handbuch" erschien bereits 1872 in zw… [mehr]
Wanderleys "Handbuch" erschien bereits 1872 in zwei Bänden. Die Ausgabe von 1877/1878 ist die 2., gänzlich umgearbarbeitete und sehr vermehrte Auflage und wurde aufgrund der besseren verfügbarkeit für das DTA digitalisiert.
Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/399>, abgerufen am 25.11.2024.
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