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Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878.

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Zweites Kapitel. Die Gewölbe.
die Verticale sich an einen unterhalb der Kuppelfenster angeordneten
vollen Mauerring viermal, stets oberhalb der Vierungsbögen mit
einer den statischen Verhältnissen entsprechenden größeren Stärke als
in den benachbarten über den Vierungspfeilern befindlichen Theilen
stützen. Oberhalb dieses Mauerringes steigt der Kuppelbau mit
zwölf senkrechten Pfeilern im gegliederten Systeme auf und trägt die
überhöhte von einer steinernen Kegelspitze belastete Mittelkuppel.
Durch diese Strucktur (welche wir hier des geringen Raumes wegen
nicht wiedergeben können, und daher auf das betreffende Blatt in dem
genannten Specialwerke verweisen müssen) gelang es auf sehr sinnreiche
Weise, den Zwickelring, welcher die Zwickelgewölbe abschließt und den
inneren Umgang trägt, von der Last des Kuppelbaues zu befreien, zu-
mal in der Detailausführung des Mauerwerks auf die Richtung des
Druckes bei Anordnung der Lagerfugen im Mauerwerk möglichst Rück-
sicht genommen wurde. Da aber in derselben Höhe der Abschluß des
Vierungsquadrats, welches als Unterbau der Kuppel außen sichtbar
gemacht worden ist, überwölbt werden mußte, um die nothwendige
Abpflasterung zu tragen, so wurde über jeden Vierungspfeiler den
vorgenannten drei geneigten Pfeilern ein vierter senkrechter hinzuge-
fügt und zwischen diesem und den drei übrigen entsprechende Gewölbe
eingespannt. Wegen der Complizirtheit dieser Anlage und der Schwie-
rigkeit, Lehrbögen anzubringen, mußte dieser Gewölbebau freihändig
und nach specieller Anlage durch die besten Arbeiter erfolgen. Zu-
letzt wurden ähnliche flachgespannte schiefe Tonnengewölbe (g) zwischen
den inneren Pfeilern erforderlich, um den gewünschten Umgang mit
seiner Gittergallerie in etwas geringerer Höhe, dicht über dem Kuppel-
kranze herzustellen.

Weniger Arbeit verursachte die Kuppel-Construktion selbst; die
zwölf nach Innen vortretenden Tambourpfeiler sind über den Fenstern
durch Wölbung verbunden, und tragen einen homogenen gemauerten
Ring, welcher die Basis der Kuppel bildet. Die Querschnittsform
des Kuppelgewölbes ist ein Spitzbogen aus zwei Kreissegmenten ge-
bildet, welche so gewählt sind, daß der Winkel zwischen den sich schnei-
denden Kreisbögen dem Gewichte der im Scheitel aufgeführten stei-
nernen Kegelspitze entspricht. Zu den vier Kuppelpfeilern verwendete
man die besten Rathenower Ziegel, hingegen sind die Vierungsbögen
von Freienwalder Ziegeln, und die Kuppel von Greppiner porösen
Ziegeln hergestellt worden.

Zweites Kapitel. Die Gewölbe.
die Verticale ſich an einen unterhalb der Kuppelfenſter angeordneten
vollen Mauerring viermal, ſtets oberhalb der Vierungsbögen mit
einer den ſtatiſchen Verhältniſſen entſprechenden größeren Stärke als
in den benachbarten über den Vierungspfeilern befindlichen Theilen
ſtützen. Oberhalb dieſes Mauerringes ſteigt der Kuppelbau mit
zwölf ſenkrechten Pfeilern im gegliederten Syſteme auf und trägt die
überhöhte von einer ſteinernen Kegelſpitze belaſtete Mittelkuppel.
Durch dieſe Strucktur (welche wir hier des geringen Raumes wegen
nicht wiedergeben können, und daher auf das betreffende Blatt in dem
genannten Specialwerke verweiſen müſſen) gelang es auf ſehr ſinnreiche
Weiſe, den Zwickelring, welcher die Zwickelgewölbe abſchließt und den
inneren Umgang trägt, von der Laſt des Kuppelbaues zu befreien, zu-
mal in der Detailausführung des Mauerwerks auf die Richtung des
Druckes bei Anordnung der Lagerfugen im Mauerwerk möglichſt Rück-
ſicht genommen wurde. Da aber in derſelben Höhe der Abſchluß des
Vierungsquadrats, welches als Unterbau der Kuppel außen ſichtbar
gemacht worden iſt, überwölbt werden mußte, um die nothwendige
Abpflaſterung zu tragen, ſo wurde über jeden Vierungspfeiler den
vorgenannten drei geneigten Pfeilern ein vierter ſenkrechter hinzuge-
fügt und zwiſchen dieſem und den drei übrigen entſprechende Gewölbe
eingeſpannt. Wegen der Complizirtheit dieſer Anlage und der Schwie-
rigkeit, Lehrbögen anzubringen, mußte dieſer Gewölbebau freihändig
und nach ſpecieller Anlage durch die beſten Arbeiter erfolgen. Zu-
letzt wurden ähnliche flachgeſpannte ſchiefe Tonnengewölbe (g) zwiſchen
den inneren Pfeilern erforderlich, um den gewünſchten Umgang mit
ſeiner Gittergallerie in etwas geringerer Höhe, dicht über dem Kuppel-
kranze herzuſtellen.

Weniger Arbeit verurſachte die Kuppel-Conſtruktion ſelbſt; die
zwölf nach Innen vortretenden Tambourpfeiler ſind über den Fenſtern
durch Wölbung verbunden, und tragen einen homogenen gemauerten
Ring, welcher die Baſis der Kuppel bildet. Die Querſchnittsform
des Kuppelgewölbes iſt ein Spitzbogen aus zwei Kreisſegmenten ge-
bildet, welche ſo gewählt ſind, daß der Winkel zwiſchen den ſich ſchnei-
denden Kreisbögen dem Gewichte der im Scheitel aufgeführten ſtei-
nernen Kegelſpitze entſpricht. Zu den vier Kuppelpfeilern verwendete
man die beſten Rathenower Ziegel, hingegen ſind die Vierungsbögen
von Freienwalder Ziegeln, und die Kuppel von Greppiner poröſen
Ziegeln hergeſtellt worden.

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[366/0382] Zweites Kapitel. Die Gewölbe. die Verticale ſich an einen unterhalb der Kuppelfenſter angeordneten vollen Mauerring viermal, ſtets oberhalb der Vierungsbögen mit einer den ſtatiſchen Verhältniſſen entſprechenden größeren Stärke als in den benachbarten über den Vierungspfeilern befindlichen Theilen ſtützen. Oberhalb dieſes Mauerringes ſteigt der Kuppelbau mit zwölf ſenkrechten Pfeilern im gegliederten Syſteme auf und trägt die überhöhte von einer ſteinernen Kegelſpitze belaſtete Mittelkuppel. Durch dieſe Strucktur (welche wir hier des geringen Raumes wegen nicht wiedergeben können, und daher auf das betreffende Blatt in dem genannten Specialwerke verweiſen müſſen) gelang es auf ſehr ſinnreiche Weiſe, den Zwickelring, welcher die Zwickelgewölbe abſchließt und den inneren Umgang trägt, von der Laſt des Kuppelbaues zu befreien, zu- mal in der Detailausführung des Mauerwerks auf die Richtung des Druckes bei Anordnung der Lagerfugen im Mauerwerk möglichſt Rück- ſicht genommen wurde. Da aber in derſelben Höhe der Abſchluß des Vierungsquadrats, welches als Unterbau der Kuppel außen ſichtbar gemacht worden iſt, überwölbt werden mußte, um die nothwendige Abpflaſterung zu tragen, ſo wurde über jeden Vierungspfeiler den vorgenannten drei geneigten Pfeilern ein vierter ſenkrechter hinzuge- fügt und zwiſchen dieſem und den drei übrigen entſprechende Gewölbe eingeſpannt. Wegen der Complizirtheit dieſer Anlage und der Schwie- rigkeit, Lehrbögen anzubringen, mußte dieſer Gewölbebau freihändig und nach ſpecieller Anlage durch die beſten Arbeiter erfolgen. Zu- letzt wurden ähnliche flachgeſpannte ſchiefe Tonnengewölbe (g) zwiſchen den inneren Pfeilern erforderlich, um den gewünſchten Umgang mit ſeiner Gittergallerie in etwas geringerer Höhe, dicht über dem Kuppel- kranze herzuſtellen. Weniger Arbeit verurſachte die Kuppel-Conſtruktion ſelbſt; die zwölf nach Innen vortretenden Tambourpfeiler ſind über den Fenſtern durch Wölbung verbunden, und tragen einen homogenen gemauerten Ring, welcher die Baſis der Kuppel bildet. Die Querſchnittsform des Kuppelgewölbes iſt ein Spitzbogen aus zwei Kreisſegmenten ge- bildet, welche ſo gewählt ſind, daß der Winkel zwiſchen den ſich ſchnei- denden Kreisbögen dem Gewichte der im Scheitel aufgeführten ſtei- nernen Kegelſpitze entſpricht. Zu den vier Kuppelpfeilern verwendete man die beſten Rathenower Ziegel, hingegen ſind die Vierungsbögen von Freienwalder Ziegeln, und die Kuppel von Greppiner poröſen Ziegeln hergeſtellt worden.

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Zitationshilfe: Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/382>, abgerufen am 17.05.2024.