deren vier Tangenten die Kasette einschließen. In ähnlicher Weise verfährt man, um die verticale Projection s r des zweiten Steges zu bestimmen. Die angenommene Stegbreite ist x y'; man construire wieder den Kreis i c f b, und ziehe hieran die Tangente M X' und M y'. Wird derselbe Kreis in der Verticalprojection tangirend an M' o ge- zogen, so wird der Durchschnitt der oberen Tangente M' n mit der Gewölbefläche die obere Kante r des Steges bestimmen.
Durch Wiederholung des vorgeführten Verfahrens erhält man die Punkte l und v u. s. w., bis die Kasetten so klein werden, daß ihre Anlage kleinlich erscheinen würde. Der Scheitel des Gewölbes bleibt alsdann platt, oder er wird, wie beim Pantheon, mit einem Oberlicht versehen, oder man schließt diese Durchbrechung mit einer zurück- gesetzten flachen Kuppel, welche zur Aufnahme eines Gemäldes die- nen kann.
Vorstehende Construktion beruht auf dem Gesetze: betrachtet man M e und M d als die Risse zweier Meridianebenen, welche eine auf- steigende Reihe Kasetten einschließen, so berühren die Tangenten alle Kegel, welche man in die Kugel wegd in verschiedener Lage zu ziehen vermag, vorausgesetzt daß ihr Mittelpunkt in der Senkrechten I, II bleibt. Da die Durchschnittslinie dieser Kegel mit dem Indrados der Gewölbefläche Kreise bilden, die in M e und M d berührt werden, so muß eine stetige Verjüngung derselben gegen den Gewölbescheitel stattfinden.
Sehr beachtenswerth ist noch die erst vor zehn Jahren (1867 vollendete) erbaute Kuppel der Thomaskirche in Berlin (ausgeführt vom Baurath Adler); auf dem lithographirten Blatt III haben wir den oberen Theil der Kuppel (nach dem Specialwerk: Die Thomaskirche von Adler, Berlin, Ernst & Korn) dargestellt. Dem Text entnehmen wir folgende Be- schreibung im Auszuge:
Durch die Aufführung von zwölf starken, unterhalb durchbrochenen, oben durch kleine, nach Außen ansteigende Tonnengewölbe t verbun- dene Wandpfeiler, ist ein Umgang gewonnen worden, welcher vom Kirchendachbodenraum aus bequem zugänglich ist und den auf andere Weise im Innern nicht leicht zu gewinnenden Zugang zu der Vierungs- kuppel zweckmäßig vermittelt. Denn eine vertical gestellte eiserne Steigleiter innerhalb einer der südwestlichen Pfeilernischen führt leicht und unmittelbar zu der Zwerggallerie (z) der Kuppel und von dort durch Wandthüren in den Bodenraum des Zeltdaches, auf die Kuppel-
Zweites Kapitel. Die Gewölbe.
deren vier Tangenten die Kaſette einſchließen. In ähnlicher Weiſe verfährt man, um die verticale Projection s r des zweiten Steges zu beſtimmen. Die angenommene Stegbreite iſt x y'; man conſtruire wieder den Kreis i c f b, und ziehe hieran die Tangente M X' und M y'. Wird derſelbe Kreis in der Verticalprojection tangirend an M' o ge- zogen, ſo wird der Durchſchnitt der oberen Tangente M' n mit der Gewölbefläche die obere Kante r des Steges beſtimmen.
Durch Wiederholung des vorgeführten Verfahrens erhält man die Punkte l und v u. ſ. w., bis die Kaſetten ſo klein werden, daß ihre Anlage kleinlich erſcheinen würde. Der Scheitel des Gewölbes bleibt alsdann platt, oder er wird, wie beim Pantheon, mit einem Oberlicht verſehen, oder man ſchließt dieſe Durchbrechung mit einer zurück- geſetzten flachen Kuppel, welche zur Aufnahme eines Gemäldes die- nen kann.
Vorſtehende Conſtruktion beruht auf dem Geſetze: betrachtet man M e und M d als die Riſſe zweier Meridianebenen, welche eine auf- ſteigende Reihe Kaſetten einſchließen, ſo berühren die Tangenten alle Kegel, welche man in die Kugel wegd in verſchiedener Lage zu ziehen vermag, vorausgeſetzt daß ihr Mittelpunkt in der Senkrechten I, II bleibt. Da die Durchſchnittslinie dieſer Kegel mit dem Indrados der Gewölbefläche Kreiſe bilden, die in M e und M d berührt werden, ſo muß eine ſtetige Verjüngung derſelben gegen den Gewölbeſcheitel ſtattfinden.
Sehr beachtenswerth iſt noch die erſt vor zehn Jahren (1867 vollendete) erbaute Kuppel der Thomaskirche in Berlin (ausgeführt vom Baurath Adler); auf dem lithographirten Blatt III haben wir den oberen Theil der Kuppel (nach dem Specialwerk: Die Thomaskirche von Adler, Berlin, Ernſt & Korn) dargeſtellt. Dem Text entnehmen wir folgende Be- ſchreibung im Auszuge:
Durch die Aufführung von zwölf ſtarken, unterhalb durchbrochenen, oben durch kleine, nach Außen anſteigende Tonnengewölbe t verbun- dene Wandpfeiler, iſt ein Umgang gewonnen worden, welcher vom Kirchendachbodenraum aus bequem zugänglich iſt und den auf andere Weiſe im Innern nicht leicht zu gewinnenden Zugang zu der Vierungs- kuppel zweckmäßig vermittelt. Denn eine vertical geſtellte eiſerne Steigleiter innerhalb einer der ſüdweſtlichen Pfeilerniſchen führt leicht und unmittelbar zu der Zwerggallerie (z) der Kuppel und von dort durch Wandthüren in den Bodenraum des Zeltdaches, auf die Kuppel-
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Zweites Kapitel. Die Gewölbe.
deren vier Tangenten die Kaſette einſchließen. In ähnlicher Weiſe
verfährt man, um die verticale Projection s r des zweiten Steges zu
beſtimmen. Die angenommene Stegbreite iſt x y'; man conſtruire
wieder den Kreis i c f b, und ziehe hieran die Tangente M X' und M y'.
Wird derſelbe Kreis in der Verticalprojection tangirend an M' o ge-
zogen, ſo wird der Durchſchnitt der oberen Tangente M' n mit der
Gewölbefläche die obere Kante r des Steges beſtimmen.
Durch Wiederholung des vorgeführten Verfahrens erhält man die
Punkte l und v u. ſ. w., bis die Kaſetten ſo klein werden, daß ihre
Anlage kleinlich erſcheinen würde. Der Scheitel des Gewölbes bleibt
alsdann platt, oder er wird, wie beim Pantheon, mit einem Oberlicht
verſehen, oder man ſchließt dieſe Durchbrechung mit einer zurück-
geſetzten flachen Kuppel, welche zur Aufnahme eines Gemäldes die-
nen kann.
Vorſtehende Conſtruktion beruht auf dem Geſetze: betrachtet man
M e und M d als die Riſſe zweier Meridianebenen, welche eine auf-
ſteigende Reihe Kaſetten einſchließen, ſo berühren die Tangenten alle
Kegel, welche man in die Kugel wegd in verſchiedener Lage zu ziehen
vermag, vorausgeſetzt daß ihr Mittelpunkt in der Senkrechten I, II
bleibt. Da die Durchſchnittslinie dieſer Kegel mit dem Indrados
der Gewölbefläche Kreiſe bilden, die in M e und M d berührt werden,
ſo muß eine ſtetige Verjüngung derſelben gegen den Gewölbeſcheitel
ſtattfinden.
Sehr beachtenswerth iſt noch die erſt vor zehn Jahren (1867 vollendete)
erbaute Kuppel der Thomaskirche in Berlin (ausgeführt vom Baurath
Adler); auf dem lithographirten Blatt III haben wir den oberen Theil der
Kuppel (nach dem Specialwerk: Die Thomaskirche von Adler, Berlin,
Ernſt & Korn) dargeſtellt. Dem Text entnehmen wir folgende Be-
ſchreibung im Auszuge:
Durch die Aufführung von zwölf ſtarken, unterhalb durchbrochenen,
oben durch kleine, nach Außen anſteigende Tonnengewölbe t verbun-
dene Wandpfeiler, iſt ein Umgang gewonnen worden, welcher vom
Kirchendachbodenraum aus bequem zugänglich iſt und den auf andere
Weiſe im Innern nicht leicht zu gewinnenden Zugang zu der Vierungs-
kuppel zweckmäßig vermittelt. Denn eine vertical geſtellte eiſerne
Steigleiter innerhalb einer der ſüdweſtlichen Pfeilerniſchen führt leicht
und unmittelbar zu der Zwerggallerie (z) der Kuppel und von dort
durch Wandthüren in den Bodenraum des Zeltdaches, auf die Kuppel-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Wanderleys "Handbuch" erschien bereits 1872 in zw… [mehr]
Wanderleys "Handbuch" erschien bereits 1872 in zwei Bänden. Die Ausgabe von 1877/1878 ist die 2., gänzlich umgearbarbeitete und sehr vermehrte Auflage und wurde aufgrund der besseren verfügbarkeit für das DTA digitalisiert.
Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/380>, abgerufen am 23.07.2024.
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