Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878.Die schiefen Tonnengewölbe. günstig auf die Widerlager vertheilt werden. Herr Sarazzin be-gründet die Vortheile seiner Construktion folgendermaßen: Der Druck im Gewölbe wird auf dem kürzesten Wege, in der Richtung des nor- malen Querschnittes, auf die Widerlager übertragen, gleichgiltig, ob das Gewölbe als normales oder schiefes ausgeführt ist. Nur in den Endzwickeln des schiefen Gewölbes trifft der Gesammtdruck an der stumpfen Ecke einen Theil a b (Fig. 304) des Widerlagers an der spitzen Ecke theoretisch diese Ecke selbst, resp. es findet hier, wenn die Kräfte in Thätigkeit treten, eine Verbreiterung des Druckes statt. Die Drucklinien werden also in der Abwickelung annähernd Radien um einen Mittelpunkt o sein, welcher in der Verlängerung der Stirn- linie über die spitze Ecke des Widerlagers hinausliegt. Die Lager- fugen müssen demnach um diesen Mittelpunkt construirt werden, wenn sie normal zum Drucke stehen sollen. Durch dieses Verfahren ist man dann im Stande, den regelrechten Verband stets einhaltend, die schiefe Wölbung aufzugeben und dagegen die normale anzu- nehmen. Das Austragen der Lagerfugen in den schief zu wölbenden Theilen geschah bei Gewölben von geringer Spannweite auf einer, aus zusammengeklebtem Ellenpapier hergestellten Fläche in natürlicher Größe, und übertrug man den Riß direct auf die Schalung in der Weise, daß in Abständen von 0,3m kleine Nägel eingeschlagen wurden, nachdem das Papier vorher in diesen Punkten durchlocht worden war, um es noch für andere Gewölbe nochmals benutzen zu können. Die so markirten Punkte wurden alsdann auf der Schalung mit langen elastischen Linealen (1,5--2m im Quadrat stark aus gerad- faserigem Kiefernholze) verbunden. Bei größeren Gewölbspannweiten kann man die Lagerfugen direct Hat das Gewölbe nur eine geringe schiefe Lage, dann lassen sich 19*
Die ſchiefen Tonnengewölbe. günſtig auf die Widerlager vertheilt werden. Herr Sarazzin be-gründet die Vortheile ſeiner Conſtruktion folgendermaßen: Der Druck im Gewölbe wird auf dem kürzeſten Wege, in der Richtung des nor- malen Querſchnittes, auf die Widerlager übertragen, gleichgiltig, ob das Gewölbe als normales oder ſchiefes ausgeführt iſt. Nur in den Endzwickeln des ſchiefen Gewölbes trifft der Geſammtdruck an der ſtumpfen Ecke einen Theil a b (Fig. 304) des Widerlagers an der ſpitzen Ecke theoretiſch dieſe Ecke ſelbſt, reſp. es findet hier, wenn die Kräfte in Thätigkeit treten, eine Verbreiterung des Druckes ſtatt. Die Drucklinien werden alſo in der Abwickelung annähernd Radien um einen Mittelpunkt o ſein, welcher in der Verlängerung der Stirn- linie über die ſpitze Ecke des Widerlagers hinausliegt. Die Lager- fugen müſſen demnach um dieſen Mittelpunkt conſtruirt werden, wenn ſie normal zum Drucke ſtehen ſollen. Durch dieſes Verfahren iſt man dann im Stande, den regelrechten Verband ſtets einhaltend, die ſchiefe Wölbung aufzugeben und dagegen die normale anzu- nehmen. Das Austragen der Lagerfugen in den ſchief zu wölbenden Theilen geſchah bei Gewölben von geringer Spannweite auf einer, aus zuſammengeklebtem Ellenpapier hergeſtellten Fläche in natürlicher Größe, und übertrug man den Riß direct auf die Schalung in der Weiſe, daß in Abſtänden von 0,3m kleine Nägel eingeſchlagen wurden, nachdem das Papier vorher in dieſen Punkten durchlocht worden war, um es noch für andere Gewölbe nochmals benutzen zu können. Die ſo markirten Punkte wurden alsdann auf der Schalung mit langen elaſtiſchen Linealen (1,5—2m im Quadrat ſtark aus gerad- faſerigem Kiefernholze) verbunden. Bei größeren Gewölbſpannweiten kann man die Lagerfugen direct Hat das Gewölbe nur eine geringe ſchiefe Lage, dann laſſen ſich 19*
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Die ſchiefen Tonnengewölbe.
günſtig auf die Widerlager vertheilt werden. Herr Sarazzin be-
gründet die Vortheile ſeiner Conſtruktion folgendermaßen: Der Druck
im Gewölbe wird auf dem kürzeſten Wege, in der Richtung des nor-
malen Querſchnittes, auf die Widerlager übertragen, gleichgiltig, ob
das Gewölbe als normales oder ſchiefes ausgeführt iſt. Nur in den
Endzwickeln des ſchiefen Gewölbes trifft der Geſammtdruck an der
ſtumpfen Ecke einen Theil a b (Fig. 304) des Widerlagers an der
ſpitzen Ecke theoretiſch dieſe Ecke ſelbſt, reſp. es findet hier, wenn die
Kräfte in Thätigkeit treten, eine Verbreiterung des Druckes ſtatt.
Die Drucklinien werden alſo in der Abwickelung annähernd Radien
um einen Mittelpunkt o ſein, welcher in der Verlängerung der Stirn-
linie über die ſpitze Ecke des Widerlagers hinausliegt. Die Lager-
fugen müſſen demnach um dieſen Mittelpunkt conſtruirt werden,
wenn ſie normal zum Drucke ſtehen ſollen. Durch dieſes Verfahren
iſt man dann im Stande, den regelrechten Verband ſtets einhaltend,
die ſchiefe Wölbung aufzugeben und dagegen die normale anzu-
nehmen. Das Austragen der Lagerfugen in den ſchief zu wölbenden
Theilen geſchah bei Gewölben von geringer Spannweite auf einer,
aus zuſammengeklebtem Ellenpapier hergeſtellten Fläche in natürlicher
Größe, und übertrug man den Riß direct auf die Schalung in der
Weiſe, daß in Abſtänden von 0,3m kleine Nägel eingeſchlagen wurden,
nachdem das Papier vorher in dieſen Punkten durchlocht worden
war, um es noch für andere Gewölbe nochmals benutzen zu können.
Die ſo markirten Punkte wurden alsdann auf der Schalung mit
langen elaſtiſchen Linealen (1,5—2m im Quadrat ſtark aus gerad-
faſerigem Kiefernholze) verbunden.
Bei größeren Gewölbſpannweiten kann man die Lagerfugen direct
auf der Schalung angeben, wenn die dazu erforderlichen Maße in den
radialen Schnitten vorher berechnet und die Fugentheilung auf dieſe
Radien vermerkt worden ſind (Fig. 305). Auch kann man parallel
zu den Widerlagern, etwa im Scheitel, noch eine Theilung vornehmen,
wenn die Fig. 305 ſtark ausgezogenen Maße für jeden Theil be-
rechnet worden.
Hat das Gewölbe nur eine geringe ſchiefe Lage, dann laſſen ſich
die Kreisbögen direct mit dem Schwunglineal ausziehen, wobei die
Fugentheilung des geraden Gewölbetheils als Lehre dient und man
am Ende des Schwunglineals ein kurzes Brettſtück ganz normal
befeſtigen muß; dreht man das Lineal x y z (Fig. 304) ſo, daß das
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