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Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878.

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Allgemeine Betrachtungen.
entscheiden, und wird es in der Regel aus ökonomischen Rücksichten
nicht vortheilhaft sein, über die zum Tragen der Last erforderliche
Dicke hinauszugehen. Hierzu kommt noch der Umstand, daß Räume
mit übermäßig starken Mauern, namentlich während der Uebergangs-
periode vom Sommer zum Winter und vom Winter zum Sommer
als Entstehungsstätten von Erkältungen anzusehen sind und den Voll-
zug der natürlichen Ventilation (Porenventilation) verhindern. Daß
nämlich auch die Poren der Mauern hindurch ein Luftwechsel statt-
findet, beweist der von Pettenkofer angestellte Versuch, durch eine
11/2' (0,45m) dicke Mauer ein Licht auszublasen. Bei sehr schwachen
Mauern kann dagegen die unverhältnißmäßige Abkühlung, welche
durch das Eindringen der kalten Luft von Außen entsteht, durch Be-
kleben der Wände mit Tapeten wesentlich gemildert werden. *)

Sowohl die inneren, als auch die äußeren Wände müssen den
statischen Gesetzen entsprechen; hierbei sind maßgebend:

1. die Güte und Art des Baumaterials,
2. die Höhe und Anzahl der Stockwerke und
3. die Belastung, welche einestheils durch das Eigengewicht der
Mauermassen, anderntheils durch die Balkenlagen (Zwi-
schendecken) und das Dachwerk entsteht.

Die Höhe der Etagen schwankt meistens zwischen 3 -- 5m und
ergiebt sich aus der Benutzungsweise der Räume (Etagenhöhe der
bürgerlichen Gebäude beträgt im Lichten 3,25 -- 3,75m).

*) Indem wir hier die Hauptergebnisse, welche Herr Weiß durch seine Berech-
nungen gewinnt, im Auszuge wiedergaben, können wir doch nicht umhin, die beiden
letzten Sätze etwas zu ergänzen; nämlich, erstens: die Porenventilation hört
sofort auf, wenn die Poren geschlossen sind; dies geschieht am meisten durch das in
die Fugen dringende Regenwasser, wie die umfangreichen Untersuchungen von
Dr. Märcker in Göttingen bewiesen haben; immerhin sollte man auch auf die nur
periodisch wirkende Porenventilation nie Verzicht leisten; zweitens: Wände unter
11/2 Stein halten wir für verwerflich, nicht weil die Luft, sondern weil die Nässe
durch sie dringt; denn Verfasser hat sich öfters überzeugt, daß bei exponirt stehenden
Gebäuden die scharfen Nord- und Ostwinde, öfters auch die Westwinde, den Regen
mit größter Gewalt so durch die Steine und Fugen pressen, daß das durchgeschlagene
Wasser im Inneren an den Wänden hinabtriefelt! Man bedenke, daß die Ziegel
öfters nur mittelmäßig sind, und die Maurer die Fugen meistens (leider!) nur in-
wendig mit Kalkmörtel bestreichen. Wände unter 11/2 Stein müssen stets aus
bestem Material hergestellt und mit einem äußerlichen Putze -- am besten aus
Cement -- versehen werden.

Allgemeine Betrachtungen.
entſcheiden, und wird es in der Regel aus ökonomiſchen Rückſichten
nicht vortheilhaft ſein, über die zum Tragen der Laſt erforderliche
Dicke hinauszugehen. Hierzu kommt noch der Umſtand, daß Räume
mit übermäßig ſtarken Mauern, namentlich während der Uebergangs-
periode vom Sommer zum Winter und vom Winter zum Sommer
als Entſtehungsſtätten von Erkältungen anzuſehen ſind und den Voll-
zug der natürlichen Ventilation (Porenventilation) verhindern. Daß
nämlich auch die Poren der Mauern hindurch ein Luftwechſel ſtatt-
findet, beweiſt der von Pettenkofer angeſtellte Verſuch, durch eine
1½′ (0,45m) dicke Mauer ein Licht auszublaſen. Bei ſehr ſchwachen
Mauern kann dagegen die unverhältnißmäßige Abkühlung, welche
durch das Eindringen der kalten Luft von Außen entſteht, durch Be-
kleben der Wände mit Tapeten weſentlich gemildert werden. *)

Sowohl die inneren, als auch die äußeren Wände müſſen den
ſtatiſchen Geſetzen entſprechen; hierbei ſind maßgebend:

1. die Güte und Art des Baumaterials,
2. die Höhe und Anzahl der Stockwerke und
3. die Belaſtung, welche einestheils durch das Eigengewicht der
Mauermaſſen, anderntheils durch die Balkenlagen (Zwi-
ſchendecken) und das Dachwerk entſteht.

Die Höhe der Etagen ſchwankt meiſtens zwiſchen 3 — 5m und
ergiebt ſich aus der Benutzungsweiſe der Räume (Etagenhöhe der
bürgerlichen Gebäude beträgt im Lichten 3,25 — 3,75m).

*) Indem wir hier die Hauptergebniſſe, welche Herr Weiß durch ſeine Berech-
nungen gewinnt, im Auszuge wiedergaben, können wir doch nicht umhin, die beiden
letzten Sätze etwas zu ergänzen; nämlich, erſtens: die Porenventilation hört
ſofort auf, wenn die Poren geſchloſſen ſind; dies geſchieht am meiſten durch das in
die Fugen dringende Regenwaſſer, wie die umfangreichen Unterſuchungen von
Dr. Märcker in Göttingen bewieſen haben; immerhin ſollte man auch auf die nur
periodiſch wirkende Porenventilation nie Verzicht leiſten; zweitens: Wände unter
1½ Stein halten wir für verwerflich, nicht weil die Luft, ſondern weil die Näſſe
durch ſie dringt; denn Verfaſſer hat ſich öfters überzeugt, daß bei exponirt ſtehenden
Gebäuden die ſcharfen Nord- und Oſtwinde, öfters auch die Weſtwinde, den Regen
mit größter Gewalt ſo durch die Steine und Fugen preſſen, daß das durchgeſchlagene
Waſſer im Inneren an den Wänden hinabtriefelt! Man bedenke, daß die Ziegel
öfters nur mittelmäßig ſind, und die Maurer die Fugen meiſtens (leider!) nur in-
wendig mit Kalkmörtel beſtreichen. Wände unter 1½ Stein müſſen ſtets aus
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Cement — verſehen werden.
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[183/0199] Allgemeine Betrachtungen. entſcheiden, und wird es in der Regel aus ökonomiſchen Rückſichten nicht vortheilhaft ſein, über die zum Tragen der Laſt erforderliche Dicke hinauszugehen. Hierzu kommt noch der Umſtand, daß Räume mit übermäßig ſtarken Mauern, namentlich während der Uebergangs- periode vom Sommer zum Winter und vom Winter zum Sommer als Entſtehungsſtätten von Erkältungen anzuſehen ſind und den Voll- zug der natürlichen Ventilation (Porenventilation) verhindern. Daß nämlich auch die Poren der Mauern hindurch ein Luftwechſel ſtatt- findet, beweiſt der von Pettenkofer angeſtellte Verſuch, durch eine 1½′ (0,45m) dicke Mauer ein Licht auszublaſen. Bei ſehr ſchwachen Mauern kann dagegen die unverhältnißmäßige Abkühlung, welche durch das Eindringen der kalten Luft von Außen entſteht, durch Be- kleben der Wände mit Tapeten weſentlich gemildert werden. *) Sowohl die inneren, als auch die äußeren Wände müſſen den ſtatiſchen Geſetzen entſprechen; hierbei ſind maßgebend: 1. die Güte und Art des Baumaterials, 2. die Höhe und Anzahl der Stockwerke und 3. die Belaſtung, welche einestheils durch das Eigengewicht der Mauermaſſen, anderntheils durch die Balkenlagen (Zwi- ſchendecken) und das Dachwerk entſteht. Die Höhe der Etagen ſchwankt meiſtens zwiſchen 3 — 5m und ergiebt ſich aus der Benutzungsweiſe der Räume (Etagenhöhe der bürgerlichen Gebäude beträgt im Lichten 3,25 — 3,75m). *) Indem wir hier die Hauptergebniſſe, welche Herr Weiß durch ſeine Berech- nungen gewinnt, im Auszuge wiedergaben, können wir doch nicht umhin, die beiden letzten Sätze etwas zu ergänzen; nämlich, erſtens: die Porenventilation hört ſofort auf, wenn die Poren geſchloſſen ſind; dies geſchieht am meiſten durch das in die Fugen dringende Regenwaſſer, wie die umfangreichen Unterſuchungen von Dr. Märcker in Göttingen bewieſen haben; immerhin ſollte man auch auf die nur periodiſch wirkende Porenventilation nie Verzicht leiſten; zweitens: Wände unter 1½ Stein halten wir für verwerflich, nicht weil die Luft, ſondern weil die Näſſe durch ſie dringt; denn Verfaſſer hat ſich öfters überzeugt, daß bei exponirt ſtehenden Gebäuden die ſcharfen Nord- und Oſtwinde, öfters auch die Weſtwinde, den Regen mit größter Gewalt ſo durch die Steine und Fugen preſſen, daß das durchgeſchlagene Waſſer im Inneren an den Wänden hinabtriefelt! Man bedenke, daß die Ziegel öfters nur mittelmäßig ſind, und die Maurer die Fugen meiſtens (leider!) nur in- wendig mit Kalkmörtel beſtreichen. Wände unter 1½ Stein müſſen ſtets aus beſtem Material hergeſtellt und mit einem äußerlichen Putze — am beſten aus Cement — verſehen werden.

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Zitationshilfe: Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/199>, abgerufen am 22.11.2024.