Sache des Polierers ist es auch, dafür zu sorgen, daß die Mauern rechtzeitig fertig sind, wenn die Zimmerleute die Balken für die Zwischendecken und das Dachgebälk heranschaffen und verlegen wollen. Die Zimmerer dürfen an der Arbeit nicht gestört werden, aber gleich- zeitig müssen die auf dem Bau vorhandenen Maurergesellen hin- reichend beschäftigt sein. In solchen Fällen kommen die Maurer meistens nach den Giebeln, während die Zimmerleute die Balken auf die Langseiten verlegen. Wenn eine Mauer aus irgend einem Grunde nicht mit aufgeführt werden soll, so läßt man am besten in der anderen Quermauer, an der Stelle, wo die liegenbleibende Mauer später ein- greifen soll, die Lochverzahnung (Schmatzen) stehen.
Bezüglich der Leistungsfähigkeit der Maurergesellen nimmt man allgemein an, daß ein guter Geselle bei Accordarbeit 800 Ziegel von 25 zm Länge in einem Tage vermauert, wenn die Wände stark sind und keine Oeffnungen enthalten; ferner nur 700 Ziegel bei mehreren Ecken und Oeffnungen, 500 Ziegel bei vielen Oeffnungen, Vorlagen und gewölbten Bögen u. s. w.
Um die Anzahl der anzustellenden Gesellen und Arbeitsleute zu bestimmen, befolgt man den Erfahrungssatz:
auf 2 bis 3 Maurer gehört 1 Arbeiter (Handlanger) zum Heran- bringen des Kalkes und der Steine;
auf 8 bis 12 Maurer rechnet man 1 Kalkschläger zur Bearbei- tung des Mörtels;
auf 15 bis 20 Gesellen rechnet man 1 Polierer.
Ist der Bau nicht weitläufig, so kann ein tüchtiger und umsichtiger Polierer 30 Gesellen beaufsichtigen und für die nöthigen Anlagen, die Eintheilungen, Lehrgerüste u. s. w. vorbereiten.
Wenn beispielsweise ein Gebäude von zwei Stockwerken und Keller- geschoß mit etwa 800,000 Steinen hergestellt werden soll und ein Maurer täglich 550 Ziegel vermauert, so sind im Ganzen annähernd 1500 Tagewerke für die Herstellung der Mauern erforderlich. Voraus- gesetzt, daß das Gebäude contractlich in 4 Monaten, vom 1. April bis 1. August, unter Dach zu bringen wäre, so ist ein Zeitraum von rund 100 Tagen zur Erfüllung des Contractes gelassen und müssen demnach 15 Maurergesellen, 5 -- 7 Stein- und Kalkträger, 1 Kalk- schläger zur Bereitung des Kalkes (welchem noch die Kalkträger ab- wechselnd mithelfen) und 1 Polierer, der gleichzeitig etwas mitarbeitet, ununterbrochen beschäftigt sein.
Die Herſtellung des Mauerwerks.
Sache des Polierers iſt es auch, dafür zu ſorgen, daß die Mauern rechtzeitig fertig ſind, wenn die Zimmerleute die Balken für die Zwiſchendecken und das Dachgebälk heranſchaffen und verlegen wollen. Die Zimmerer dürfen an der Arbeit nicht geſtört werden, aber gleich- zeitig müſſen die auf dem Bau vorhandenen Maurergeſellen hin- reichend beſchäftigt ſein. In ſolchen Fällen kommen die Maurer meiſtens nach den Giebeln, während die Zimmerleute die Balken auf die Langſeiten verlegen. Wenn eine Mauer aus irgend einem Grunde nicht mit aufgeführt werden ſoll, ſo läßt man am beſten in der anderen Quermauer, an der Stelle, wo die liegenbleibende Mauer ſpäter ein- greifen ſoll, die Lochverzahnung (Schmatzen) ſtehen.
Bezüglich der Leiſtungsfähigkeit der Maurergeſellen nimmt man allgemein an, daß ein guter Geſelle bei Accordarbeit 800 Ziegel von 25 zm Länge in einem Tage vermauert, wenn die Wände ſtark ſind und keine Oeffnungen enthalten; ferner nur 700 Ziegel bei mehreren Ecken und Oeffnungen, 500 Ziegel bei vielen Oeffnungen, Vorlagen und gewölbten Bögen u. ſ. w.
Um die Anzahl der anzuſtellenden Geſellen und Arbeitsleute zu beſtimmen, befolgt man den Erfahrungsſatz:
auf 2 bis 3 Maurer gehört 1 Arbeiter (Handlanger) zum Heran- bringen des Kalkes und der Steine;
auf 8 bis 12 Maurer rechnet man 1 Kalkſchläger zur Bearbei- tung des Mörtels;
auf 15 bis 20 Geſellen rechnet man 1 Polierer.
Iſt der Bau nicht weitläufig, ſo kann ein tüchtiger und umſichtiger Polierer 30 Geſellen beaufſichtigen und für die nöthigen Anlagen, die Eintheilungen, Lehrgerüſte u. ſ. w. vorbereiten.
Wenn beiſpielsweiſe ein Gebäude von zwei Stockwerken und Keller- geſchoß mit etwa 800,000 Steinen hergeſtellt werden ſoll und ein Maurer täglich 550 Ziegel vermauert, ſo ſind im Ganzen annähernd 1500 Tagewerke für die Herſtellung der Mauern erforderlich. Voraus- geſetzt, daß das Gebäude contractlich in 4 Monaten, vom 1. April bis 1. Auguſt, unter Dach zu bringen wäre, ſo iſt ein Zeitraum von rund 100 Tagen zur Erfüllung des Contractes gelaſſen und müſſen demnach 15 Maurergeſellen, 5 — 7 Stein- und Kalkträger, 1 Kalk- ſchläger zur Bereitung des Kalkes (welchem noch die Kalkträger ab- wechſelnd mithelfen) und 1 Polierer, der gleichzeitig etwas mitarbeitet, ununterbrochen beſchäftigt ſein.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0183"n="167"/><fwplace="top"type="header">Die Herſtellung des Mauerwerks.</fw><lb/><p>Sache des Polierers iſt es auch, dafür zu ſorgen, daß die Mauern<lb/>
rechtzeitig fertig ſind, wenn die Zimmerleute die Balken für die<lb/>
Zwiſchendecken und das Dachgebälk heranſchaffen und verlegen wollen.<lb/>
Die Zimmerer dürfen an der Arbeit nicht geſtört werden, aber gleich-<lb/>
zeitig müſſen die auf dem Bau vorhandenen Maurergeſellen hin-<lb/>
reichend beſchäftigt ſein. In ſolchen Fällen kommen die Maurer<lb/>
meiſtens nach den Giebeln, während die Zimmerleute die Balken auf<lb/>
die Langſeiten verlegen. Wenn eine Mauer aus irgend einem Grunde<lb/>
nicht mit aufgeführt werden ſoll, ſo läßt man am beſten in der anderen<lb/>
Quermauer, an der Stelle, wo die liegenbleibende Mauer ſpäter ein-<lb/>
greifen ſoll, die Lochverzahnung (Schmatzen) ſtehen.</p><lb/><p>Bezüglich der Leiſtungsfähigkeit der Maurergeſellen nimmt man<lb/>
allgemein an, daß ein guter Geſelle bei Accordarbeit 800 Ziegel von<lb/>
25 <hirendition="#sup"><hirendition="#aq">zm</hi></hi> Länge in einem Tage vermauert, wenn die Wände ſtark ſind<lb/>
und keine Oeffnungen enthalten; ferner nur 700 Ziegel bei mehreren<lb/>
Ecken und Oeffnungen, 500 Ziegel bei vielen Oeffnungen, Vorlagen<lb/>
und gewölbten Bögen u. ſ. w.</p><lb/><p>Um die Anzahl der anzuſtellenden Geſellen und Arbeitsleute zu<lb/>
beſtimmen, befolgt man den Erfahrungsſatz:</p><lb/><list><item>auf 2 bis 3 Maurer gehört 1 Arbeiter (Handlanger) zum Heran-<lb/>
bringen des Kalkes und der Steine;</item><lb/><item>auf 8 bis 12 Maurer rechnet man 1 Kalkſchläger zur Bearbei-<lb/>
tung des Mörtels;</item><lb/><item>auf 15 bis 20 Geſellen rechnet man 1 Polierer.</item></list><lb/><p>Iſt der Bau nicht weitläufig, ſo kann ein tüchtiger und umſichtiger<lb/>
Polierer 30 Geſellen beaufſichtigen und für die nöthigen Anlagen,<lb/>
die Eintheilungen, Lehrgerüſte u. ſ. w. vorbereiten.</p><lb/><p>Wenn beiſpielsweiſe ein Gebäude von zwei Stockwerken und Keller-<lb/>
geſchoß mit etwa 800,000 Steinen hergeſtellt werden ſoll und ein<lb/>
Maurer täglich 550 Ziegel vermauert, ſo ſind im Ganzen annähernd<lb/>
1500 Tagewerke für die Herſtellung der Mauern erforderlich. Voraus-<lb/>
geſetzt, daß das Gebäude contractlich in 4 Monaten, vom 1. April<lb/>
bis 1. Auguſt, unter Dach zu bringen wäre, ſo iſt ein Zeitraum von<lb/>
rund 100 Tagen zur Erfüllung des Contractes gelaſſen und müſſen<lb/>
demnach 15 Maurergeſellen, 5 — 7 Stein- und Kalkträger, 1 Kalk-<lb/>ſchläger zur Bereitung des Kalkes (welchem noch die Kalkträger ab-<lb/>
wechſelnd mithelfen) und 1 Polierer, der gleichzeitig etwas mitarbeitet,<lb/>
ununterbrochen beſchäftigt ſein.</p><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[167/0183]
Die Herſtellung des Mauerwerks.
Sache des Polierers iſt es auch, dafür zu ſorgen, daß die Mauern
rechtzeitig fertig ſind, wenn die Zimmerleute die Balken für die
Zwiſchendecken und das Dachgebälk heranſchaffen und verlegen wollen.
Die Zimmerer dürfen an der Arbeit nicht geſtört werden, aber gleich-
zeitig müſſen die auf dem Bau vorhandenen Maurergeſellen hin-
reichend beſchäftigt ſein. In ſolchen Fällen kommen die Maurer
meiſtens nach den Giebeln, während die Zimmerleute die Balken auf
die Langſeiten verlegen. Wenn eine Mauer aus irgend einem Grunde
nicht mit aufgeführt werden ſoll, ſo läßt man am beſten in der anderen
Quermauer, an der Stelle, wo die liegenbleibende Mauer ſpäter ein-
greifen ſoll, die Lochverzahnung (Schmatzen) ſtehen.
Bezüglich der Leiſtungsfähigkeit der Maurergeſellen nimmt man
allgemein an, daß ein guter Geſelle bei Accordarbeit 800 Ziegel von
25 zm Länge in einem Tage vermauert, wenn die Wände ſtark ſind
und keine Oeffnungen enthalten; ferner nur 700 Ziegel bei mehreren
Ecken und Oeffnungen, 500 Ziegel bei vielen Oeffnungen, Vorlagen
und gewölbten Bögen u. ſ. w.
Um die Anzahl der anzuſtellenden Geſellen und Arbeitsleute zu
beſtimmen, befolgt man den Erfahrungsſatz:
auf 2 bis 3 Maurer gehört 1 Arbeiter (Handlanger) zum Heran-
bringen des Kalkes und der Steine;
auf 8 bis 12 Maurer rechnet man 1 Kalkſchläger zur Bearbei-
tung des Mörtels;
auf 15 bis 20 Geſellen rechnet man 1 Polierer.
Iſt der Bau nicht weitläufig, ſo kann ein tüchtiger und umſichtiger
Polierer 30 Geſellen beaufſichtigen und für die nöthigen Anlagen,
die Eintheilungen, Lehrgerüſte u. ſ. w. vorbereiten.
Wenn beiſpielsweiſe ein Gebäude von zwei Stockwerken und Keller-
geſchoß mit etwa 800,000 Steinen hergeſtellt werden ſoll und ein
Maurer täglich 550 Ziegel vermauert, ſo ſind im Ganzen annähernd
1500 Tagewerke für die Herſtellung der Mauern erforderlich. Voraus-
geſetzt, daß das Gebäude contractlich in 4 Monaten, vom 1. April
bis 1. Auguſt, unter Dach zu bringen wäre, ſo iſt ein Zeitraum von
rund 100 Tagen zur Erfüllung des Contractes gelaſſen und müſſen
demnach 15 Maurergeſellen, 5 — 7 Stein- und Kalkträger, 1 Kalk-
ſchläger zur Bereitung des Kalkes (welchem noch die Kalkträger ab-
wechſelnd mithelfen) und 1 Polierer, der gleichzeitig etwas mitarbeitet,
ununterbrochen beſchäftigt ſein.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Wanderleys "Handbuch" erschien bereits 1872 in zw… [mehr]
Wanderleys "Handbuch" erschien bereits 1872 in zwei Bänden. Die Ausgabe von 1877/1878 ist die 2., gänzlich umgearbarbeitete und sehr vermehrte Auflage und wurde aufgrund der besseren verfügbarkeit für das DTA digitalisiert.
Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/183>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.