Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 5. Leipzig, 1880.[Spaltenumbruch] aufzukündigen; und so sprach schon Luther von einer Lügend von St. Chrysostomus. Daraus ward bald eine Lug- Ente; und war man so weit, so ward auch die Ente allein als Lüge verstanden. Nicht das Untertauchen und Wiederhervortauchen allein, sondern das leere Geschnatter ist dabei als mitwirkend zu dem Misverständniss anzusehen." - Wurzbach (II, 85) sucht die Bezeichnung aus dem fortwährenden enten- artigen Wiederauftauchen einer Nachricht in verschiedenen Zeitungen, unbekümmert darum, ob sie wahr oder erdichtet ist, zu erklären. Er bemerkt, ein Schreiner, Kreischer u. s. w. sei früher "Antenmayer" genannt worden. - Nach neuern Erfahrungen sollen aber auch die wirklichen Enten eine Lebenszähigkeit besitzen, wie man sie bisher nur an den Zeitungsenten gekannt hat. Wenn es nicht ebenfalls eine solche ist, soll nach der Brünner Zeitung vom Jahre 1862 in Mährisch-Weisskirchen eine Ente in einen unterirdischen Abzugsstollen gerathen sein, in dem es nicht nur an allem Licht, sondern auch an athembarer Luft fehlte; nach länger als einem Jahre soll man sie kürzlich (1863) bei einer Oeffnung des Kanals noch am Leben gefunden und auch darin erhalten haben. (Breslauer Zeitung, 1863, Nr. 511, 1. Beil., S. 2677.) - In Frankreich werden gedruckte Flugblätter, die auf der Strasse verkauft werden, canards, Enten, genannt, und donner des canards a quelqu'un heisst: Jemand etwas weiss machen. Zeitungsliebe. * Es ist nur Zeitungsliebe. Was sich oft in öffentlichen Blättern als Lobpreisung für Personen in einflussreichen Stellungen kundgibt. "Und wer die Liebe der Völker zu ihren Regenten bemessen will, der beurtheile sie ja nicht nach fliegenden Blättern; sie ist oft nur Zeitungsliebe." (Kornmann VI, 192.) Zeitungsschreiber. Der Zeitungsschreiber ist ein Mensch, der seinen Beruf verfehlt hat. Dieser in neuerer Zeit in den Volksmund gekommene Ausspruch wird dem Fürsten Bismarck zugeschrieben, der ihn aber in dieser Form nicht gethan hat. Am 10. November 1862 empfing der König Abgeordnete aus Rügen, welche den Auftrag hatten, ihm die Ergebenheit ihrer Auftraggeber auszusprechen. Ein paar Tage vorher hatten sie dem Ministerpräsidenten von Bismarck ihre Aufwartung gemacht, wobei dieser, nach dem Kreisblatt der Insel Rügen, äusserte: "Die Regierung werde alles aufbieten, ein Verständniss mit dem Hause der Abgeordneten herbeizuführen, aber die oppositionelle Presse wirke diesem Streben zu sehr entgegen, indem sie zum grossen Theil in Händen von Juden und Unzufriedenen, ihren Lebensberuf verfehlt habenden Leuten sich befinde." (Vgl. Büchmann, 10. Aufl., S. 330.) Zeitungssinger. Zeitungs-Singer sind des Teuffels Nasstücher, womit er den Hindern schneutzt. - Simplic., I, 495. Es sind damit die Bänkelsänger gemeint. Zeitvertreib. 1 Dat is 'n schönen Teitverdriv, söa de Jong bi 'n Wurstkettel. - Frommann, II, 538; Schlingmann, 720; Bueren, 349; Eichwald, 1929; Kern, 1005. 2 Zum Zeitvertreib schlug der Mann das Weib. Holl.: Om tijdverdrijf sloeg de man zijn wijf. (Harrebomee, II, 334b.) Zelem. * Der Zelem Elokim liegt uf'n. - Tendlau, 533. Elokim für Elohim (1 Mos. 1, 27), weil der fromme Jude den Namen Gottes, besonders im Hebräischen, nicht gern im gemeinen Leben in der vollen Form ausspricht. Die Redensart wird satirisch gebraucht, um bei jemand den typisch- jüdischen Ausdruck im Gesicht zu bezeichnen. Zelle. 1 Die Zelle macht den Mönch nicht. (S. Kleid 27, Kutte 1.) Frz.: L'habit ne fait pas le religieux, mais la bonne conscience. (Leroux, I, 24.) 2 Man schafft nit allwegn guts in den zellen. - Granatapffel, 74a, 2. Zellwegerli. * Er ist nicht ein Zellwegerli werth. Im Jahre 1373 verpfändete das Kloster Reichenau sein Münzrecht zwei Bürgern in Ratolfszell und gab es noch vor dem Schluss desselben Jahrhunderts dem Hans Grullinger daselbst in Pacht, von welcher Zeit an es in der Stadt blieb. Daher der Name Zellwegerli für die frühern Heller. Zelter. 1 Lass den Zelter gon, auf und davon. - Fischart. 2 Ob was im zelten nicht gut ist, villeicht jhm nichts zum traben bringt. Lat.: Aptetur reliquo, qui non est aptus in uno. (Loci comm., 80.) [Spaltenumbruch] *3 Den zelter einhertrotten. - Franck, II, 33b. *4 Den Zelter laufen lassen. - Eiselein, 658. Zensaus. * 'S wuor a langer Zensoas. (Sprottau.) - Firmenich, II, 298, 6. Ein langer Zug, auch eine lange Rede. Man hört: zendoas, zandsoas, zengsoas, zengsnoas, zendstnoas, zengstnoas. Wol eine Zusammenziehung aus: von Anfang bis zu dem Ende hinaus - Zuend(s)naus. Das eingeschobene s kein organisches, sondern ein verbindendes. Nach Jarisch (Harfensaiten, S. 35) heisst in Böhmen ein grosser hagerer Mann ein "langer Zensaus", auch eine lange Hejgeiche, ein Langinus, wie ein dicker mittelgrosser Mann ein Rempel, ein Mensch, der gern lacht, Lachkunze genannt wird. Zenterklos. Zenterklos setzt de Daag op de Mess. (Aachen.) Wegen des herannahenden kürzesten Tages. Zenterklos = St. Nikolas. Zenter vor Namen ist soviel als St. = Saint. Zentner. 1 Ich nehme lieber einen Zentner als ein Pfund, sagte der Geizhals. Die Russen: Vierzig Pfund sind mir lieber als ein Pud, sagte der Geizhals. (Altmann VI, 388.) 2 Wenn du einen Zentner und ein Loth tragen kannst, so nimm das Loth. Zentnerlast. * Er hat Zentnerlast zu tragen. Lat.: Onus Aetna gravius sustinet. (Cicero.) (Binder II, 2422.) Zentnerwort. *1 Ein Zentnerwort oder zwei hinzuthun. - Schottel, 1119a. *2 'S sein olles Zentnerwurte bei da Loiten. (Schles.) - Frommann, IV, 410, 375. Zephyrgänger. * Er ist ein Zephyrgänger. Mit diesem poetischen Namen bezeichnet die Gaunersprache die Morgendiebe in Gasthöfen, da sie so leise auftreten, wie der säuselnde Wind. (Oesterr.-Ungarische Gasthofzeitung, 2. Jg., Nr. 15.) Zerackern. * Sich mit einem zerackern müssen. - Frischbier, II, 2994. Bis zur völligen Erschöpfung abmühen. Zerbläuen. * Er ist derb zerbläut worden. Namentlich von denen, die in irgendeiner Schenke derb Prügel bekommen haben. Zerbrechen. 1 Mancher zerbricht mit den füssen, was er mit den Händen bawt. - Henisch, 205, 24. 2 Was zerbrochen ist, wird nicht wieder ganz. "Was solt ich mich bekümmern, was zerbrochen ist, wird nit wieder gantz werden." (Conradin, Vgolini.) *3 Er zerbricht Fenster und nennt es Musik. Wer seine Sache schlecht verrichtet, sich aber dann so anstellt, als ob er sie gut besorgt hätte. *4 Zerbrochen ke Chejresch hanischber. Zerbrochen wie ein zerbrochen Gefäss. Von sehr gebrechlichen, hinfälligen Menschen. Zerbrechlich. * Zerbrechlicher als das Haus der Spinne. - Burckhardt, 722. Zerbst. * Er ist wol von Zerbst. (Köthen.) Wenn jemand bei vorhandenem Bürgersteige (Trottoir) auf dem Strassendamme, wie ehedem den breiten Steinwegen geht. Zerfahren. * Es zerfährt wie Tschusche. (Nordberg.) Wie mürbes Gebäck im Munde. Zerfetzt. Je zerfetzter, desto schöner. Von den Fahnen der Krieger. It.: Quanto piu lacera, tanto piu bella. (Giani, 194.) Zerfliessen. * Ma mechte zerflissen, su warm is em. (Schles.) - Frommann, III, 243, 40. Zergehen. *1 Das zergeht wie ein Schneeball. Zu einer geschwängerten Person, welche meint, die Folgen würden nicht hervortreten, die Anschwellung werde sich wol wieder verlieren.
[Spaltenumbruch] aufzukündigen; und so sprach schon Luther von einer Lügend von St. Chrysostomus. Daraus ward bald eine Lug- Ente; und war man so weit, so ward auch die Ente allein als Lüge verstanden. Nicht das Untertauchen und Wiederhervortauchen allein, sondern das leere Geschnatter ist dabei als mitwirkend zu dem Misverständniss anzusehen.“ – Wurzbach (II, 85) sucht die Bezeichnung aus dem fortwährenden enten- artigen Wiederauftauchen einer Nachricht in verschiedenen Zeitungen, unbekümmert darum, ob sie wahr oder erdichtet ist, zu erklären. Er bemerkt, ein Schreiner, Kreischer u. s. w. sei früher „Antenmayer“ genannt worden. – Nach neuern Erfahrungen sollen aber auch die wirklichen Enten eine Lebenszähigkeit besitzen, wie man sie bisher nur an den Zeitungsenten gekannt hat. 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Der Zeitungsschreiber ist ein Mensch, der seinen Beruf verfehlt hat. Dieser in neuerer Zeit in den Volksmund gekommene Ausspruch wird dem Fürsten Bismarck zugeschrieben, der ihn aber in dieser Form nicht gethan hat. Am 10. November 1862 empfing der König Abgeordnete aus Rügen, welche den Auftrag hatten, ihm die Ergebenheit ihrer Auftraggeber auszusprechen. Ein paar Tage vorher hatten sie dem Ministerpräsidenten von Bismarck ihre Aufwartung gemacht, wobei dieser, nach dem Kreisblatt der Insel Rügen, äusserte: „Die Regierung werde alles aufbieten, ein Verständniss mit dem Hause der Abgeordneten herbeizuführen, aber die oppositionelle Presse wirke diesem Streben zu sehr entgegen, indem sie zum grossen Theil in Händen von Juden und Unzufriedenen, ihren Lebensberuf verfehlt habenden Leuten sich befinde.“ (Vgl. Büchmann, 10. Aufl., S. 330.) Zeitungssinger. Zeitungs-Singer sind des Teuffels Nasstücher, womit er den Hindern schneutzt. – Simplic., I, 495. 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aufzukündigen; und so sprach schon Luther von einer Lügend von St. Chrysostomus. Daraus ward bald eine Lug- Ente; und war man so weit, so ward auch die Ente allein als Lüge verstanden. Nicht das Untertauchen und Wiederhervortauchen allein, sondern das leere Geschnatter ist dabei als mitwirkend zu dem Misverständniss anzusehen.“ – Wurzbach (II, 85) sucht die Bezeichnung aus dem fortwährenden enten- artigen Wiederauftauchen einer Nachricht in verschiedenen Zeitungen, unbekümmert darum, ob sie wahr oder erdichtet ist, zu erklären. Er bemerkt, ein Schreiner, Kreischer u. s. w. sei früher „Antenmayer“ genannt worden. – Nach neuern Erfahrungen sollen aber auch die wirklichen Enten eine Lebenszähigkeit besitzen, wie man sie bisher nur an den Zeitungsenten gekannt hat. Wenn es nicht ebenfalls eine solche ist, soll nach der Brünner Zeitung vom Jahre 1862 in Mährisch-Weisskirchen eine Ente in einen unterirdischen Abzugsstollen gerathen sein, in dem es nicht nur an allem Licht, sondern auch an athembarer Luft fehlte; nach länger als einem Jahre soll man sie kürzlich (1863) bei einer Oeffnung des Kanals noch am Leben gefunden und auch darin erhalten haben. (Breslauer Zeitung, 1863, Nr. 511, 1. Beil., S. 2677.) – In Frankreich werden gedruckte Flugblätter, die auf der Strasse verkauft werden, canards, Enten, genannt, und donner des canards à quelqu'un heisst: Jemand etwas weiss machen.
Zeitungsliebe.
* Es ist nur Zeitungsliebe.
Was sich oft in öffentlichen Blättern als Lobpreisung für Personen in einflussreichen Stellungen kundgibt. „Und wer die Liebe der Völker zu ihren Regenten bemessen will, der beurtheile sie ja nicht nach fliegenden Blättern; sie ist oft nur Zeitungsliebe.“ (Kornmann VI, 192.)
Zeitungsschreiber.
Der Zeitungsschreiber ist ein Mensch, der seinen Beruf verfehlt hat.
Dieser in neuerer Zeit in den Volksmund gekommene Ausspruch wird dem Fürsten Bismarck zugeschrieben, der ihn aber in dieser Form nicht gethan hat. Am 10. November 1862 empfing der König Abgeordnete aus Rügen, welche den Auftrag hatten, ihm die Ergebenheit ihrer Auftraggeber auszusprechen. Ein paar Tage vorher hatten sie dem Ministerpräsidenten von Bismarck ihre Aufwartung gemacht, wobei dieser, nach dem Kreisblatt der Insel Rügen, äusserte: „Die Regierung werde alles aufbieten, ein Verständniss mit dem Hause der Abgeordneten herbeizuführen, aber die oppositionelle Presse wirke diesem Streben zu sehr entgegen, indem sie zum grossen Theil in Händen von Juden und Unzufriedenen, ihren Lebensberuf verfehlt habenden Leuten sich befinde.“ (Vgl. Büchmann, 10. Aufl., S. 330.)
Zeitungssinger.
Zeitungs-Singer sind des Teuffels Nasstücher, womit er den Hindern schneutzt. – Simplic., I, 495.
Es sind damit die Bänkelsänger gemeint.
Zeitvertreib.
1 Dat is 'n schönen Tîtverdriv, söa de Jong bi 'n Wurstkettel. – Frommann, II, 538; Schlingmann, 720; Bueren, 349; Eichwald, 1929; Kern, 1005.
2 Zum Zeitvertreib schlug der Mann das Weib.
Holl.: Om tijdverdrijf sloeg de man zijn wijf. (Harrebomée, II, 334b.)
Zelem.
* Der Zelem Elokim liegt uf'n. – Tendlau, 533.
Elokim für Elohim (1 Mos. 1, 27), weil der fromme Jude den Namen Gottes, besonders im Hebräischen, nicht gern im gemeinen Leben in der vollen Form ausspricht. Die Redensart wird satirisch gebraucht, um bei jemand den typisch- jüdischen Ausdruck im Gesicht zu bezeichnen.
Zelle.
1 Die Zelle macht den Mönch nicht. (S. Kleid 27, Kutte 1.)
Frz.: L'habit ne fait pas le religieux, mais la bonne conscience. (Leroux, I, 24.)
2 Man schafft nit allwegn guts in den zellen. – Granatapffel, 74a, 2.
Zellwegerli.
* Er ist nicht ein Zellwegerli werth.
Im Jahre 1373 verpfändete das Kloster Reichenau sein Münzrecht zwei Bürgern in Ratolfszell und gab es noch vor dem Schluss desselben Jahrhunderts dem Hans Grullinger daselbst in Pacht, von welcher Zeit an es in der Stadt blieb. Daher der Name Zellwegerli für die frühern Heller.
Zelter.
1 Lass den Zelter gon, auf und davon. – Fischart.
2 Ob was im zelten nicht gut ist, villeicht jhm nichts zum traben bringt.
Lat.: Aptetur reliquo, qui non est aptus in uno. (Loci comm., 80.)
*3 Den zelter einhertrotten. – Franck, II, 33b.
*4 Den Zelter laufen lassen. – Eiselein, 658.
Zensaus.
* 'S wuor a langer Zensoas. (Sprottau.) – Firmenich, II, 298, 6.
Ein langer Zug, auch eine lange Rede. Man hört: zendoas, zandsoas, zengsoas, zengsnoas, zendstnoas, zengstnoas. Wol eine Zusammenziehung aus: von Anfang bis zu dem Ende hinaus – Zuend(s)naus. Das eingeschobene s kein organisches, sondern ein verbindendes. Nach Jarisch (Harfensaiten, S. 35) heisst in Böhmen ein grosser hagerer Mann ein „langer Zensaus“, auch eine lange Hejgeiche, ein Langinus, wie ein dicker mittelgrosser Mann ein Rempel, ein Mensch, der gern lacht, Lachkunze genannt wird.
Zenterklos.
Zenterklos setzt de Daag op de Mess. (Aachen.)
Wegen des herannahenden kürzesten Tages. Zenterklos = St. Nikolas. Zenter vor Namen ist soviel als St. = Saint.
Zentner.
1 Ich nehme lieber einen Zentner als ein Pfund, sagte der Geizhals.
Die Russen: Vierzig Pfund sind mir lieber als ein Pud, sagte der Geizhals. (Altmann VI, 388.)
2 Wenn du einen Zentner und ein Loth tragen kannst, so nimm das Loth.
Zentnerlast.
* Er hat Zentnerlast zu tragen.
Lat.: Onus Aetna gravius sustinet. (Cicero.) (Binder II, 2422.)
Zentnerwort.
*1 Ein Zentnerwort oder zwei hinzuthun. – Schottel, 1119a.
*2 'S sein olles Zentnerwurte bei da Loiten. (Schles.) – Frommann, IV, 410, 375.
Zephyrgänger.
* Er ist ein Zephyrgänger.
Mit diesem poetischen Namen bezeichnet die Gaunersprache die Morgendiebe in Gasthöfen, da sie so leise auftreten, wie der säuselnde Wind. (Oesterr.-Ungarische Gasthofzeitung, 2. Jg., Nr. 15.)
Zerackern.
* Sich mit einem zerackern müssen. – Frischbier, II, 2994.
Bis zur völligen Erschöpfung abmühen.
Zerbläuen.
* Er ist derb zerbläut worden.
Namentlich von denen, die in irgendeiner Schenke derb Prügel bekommen haben.
Zerbrechen.
1 Mancher zerbricht mit den füssen, was er mit den Händen bawt. – Henisch, 205, 24.
2 Was zerbrochen ist, wird nicht wieder ganz.
„Was solt ich mich bekümmern, was zerbrochen ist, wird nit wieder gantz werden.“ (Conradin, Vgolini.)
*3 Er zerbricht Fenster und nennt es Musik.
Wer seine Sache schlecht verrichtet, sich aber dann so anstellt, als ob er sie gut besorgt hätte.
*4 Zerbrochen ke Chejresch hanischber.
Zerbrochen wie ein zerbrochen Gefäss. Von sehr gebrechlichen, hinfälligen Menschen.
Zerbrechlich.
* Zerbrechlicher als das Haus der Spinne. – Burckhardt, 722.
Zerbst.
* Er ist wol von Zerbst. (Köthen.)
Wenn jemand bei vorhandenem Bürgersteige (Trottoir) auf dem Strassendamme, wie ehedem den breiten Steinwegen geht.
Zerfahren.
* Es zerfährt wie Tschusche. (Nordberg.)
Wie mürbes Gebäck im Munde.
Zerfetzt.
Je zerfetzter, desto schöner.
Von den Fahnen der Krieger.
It.: Quanto più lacera, tanto più bella. (Giani, 194.)
Zerfliessen.
* Ma mechte zerflissen, su warm is êm. (Schles.) – Frommann, III, 243, 40.
Zergehen.
*1 Das zergeht wie ein Schneeball.
Zu einer geschwängerten Person, welche meint, die Folgen würden nicht hervortreten, die Anschwellung werde sich wol wieder verlieren.
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