Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch]


Verzug.

1 Der Verzug macht's faul, wenn's zeitig ist.

2 Ein geringer Verzug bringt oft grossen Vortheil.

3 Eine viertelstunde verzug bringt offt eins Jar Aufschub. - Lehmann, 803, 18 u. 919, 12; Simrock, 10950; Sailer, 62; Körte, 6295.

Lat.: Tolle moras, semper nocuit differe paratis.

4 Mit langem Verzug werden die Bösen erlöst. - Graf, 426, 229.

Das lange Hinausziehen der Processe geschieht meist nur zum Vortheil des schlimmern Theils, wie es auch meist in Rechtskniffen und Ränken seine Quelle hat.

Holl.: Die bose werden verlost mit lange vertrec. (Holl. Sachsenspiegel, 24.)

5 Mit Verzug vnd gemach fahren, kan man vilen sachen helffen vnd rathen. - Henisch, 1482, 10.

6 Unnöthiger Verzug bringt keinen Vortheil. - Simrock, 10931.

It.: L'indugio spesso induce oizio.

Ung.: Csupan csak az itelet tetelben hasznos a' kesedelmesseg. (Gaal, 1616.)

7 Verzug bringt ehr. - Henisch, 816, 68; Petri, II, 570.

8 Verzug bringt Gefahr mit.

9 Verzug hat offt grossen nutzen vnnd offt grossen schaden. - Lehmann, 803, 14.

10 Verzug ist offt vor vnglück gut. - Lehmann, 803, 17.

Lat.: Saepe mora remedium est mali. (Binder II, 2995; Lehmann, 803, 17.)

11 Verzug macht witzig.

Lat.: Mora omnis odio est, sed facit sapientiam. (Philippi, I, 255.)

12 Verzug thut selten klug.


Verzweifeln.

1 Verzweifeln schneidet alle Hoffnung auf Besseres ab. - (Körte2, 7910.)

Frz.: Vertu croist en desespoir.

Lat.: Auget desperatio virtutem. (Bovill, II, 16.)

2 Verzweifelt wird verteufelt.

Treibe niemand bis zum Aeussersten, öffne dem Feinde die Thür, baue ihm Brücken.

3 Verzweifle nicht, mein frommer Christ, bevor du nicht (oder: wenn du auch schon) gehangen bist. - Körte, 6296; Simrock, 10952; Braun, I, 4776.

"Verzwiefle ne, mein frummer Christ, bevöar do ne gehangen bist." (Schlingmann, 1389.) Weil selbst dann, wenn jemand der Strick um den Hals gelegt, noch Rettung möglich ist.

*4 Da verzweifelt der Bettelstab an der Wand.

Es geht sehr armselig zu.

*5 Schier verzweifeln vnd durch die Erde fallen wollen. - Mathesy, 69a.

Für eine verzweiflungsvolle Lage hatten die Alten folgende Ausdrücke und Redensarten: Actum est. Ad restem res rediit? Ad porcellum da mihi mutuo tres drachmas. A quinque scopulis desilire in fluctus. Capiti capillos evellere. Femur ferire. Nulla spes. Nullus sum. Non sum apud me. Omnibus armis praesidiisque destitutus. Periunt bona. Quid moraris emori? Quod periit. Suspendio deligenda arbor. (Zubrodt, S. 165-167.)


Verzweifelter.

Der mit verzweifelten sol streiten, hat gefehrlich zu arbeiten. - Petri, II, 91.


Verzweiflung.

1 Verzweiflung macht Münch. - Petri, II, 570.

Dän.: Fortvilelse gjör munk, eller laege, eller soldat. (Prov. dan., 188.)

Lat.: Desperatio facit tria M: Monachum, Medicum, Militem.

*2 In heller Verzweiflung.


Ves.

Zwischen Ves und Va ist klein Differenzia, sprach der Pfaff, so dem Bischof für die Weihe hundert ova brachte und hundert oves versprochen hatte. - Eiselein, 620.


Vesper.

1 De Viesper äs häinjder der Prädich. (Siebenbürg.-sächs.) - Schuster, 897.

2 De Viesper äs lenker wä de Kerch. (Siebenbürg.-sächs.) - Schuster, 360.

Wenn die Unterkleider hervorhängen und sichtbar werden.

3 Die Vesper wohl eingeläutet, ist schon halb gesungen. - Klosterspiegel, 14, 11.

[Spaltenumbruch] 4 Ein Vesper, wol an vnd eingelitten, ist schon halb gesungen vnd vberstritten. - Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 463.

5 Zu einer Vesper soll man keine Geiss aufwecken. (Tirol.)

Als über dies in Alpach vorkommende Sprichwort ein junger Geistlicher in Zorn entbrannte, beschwichtigte ihn ein dortiger Bauer mit der Bemerkung: "Nun, nun, ihr habt es nur nicht recht aufgepackt; man soll keine Geiss aufwecken, weil eine Geiss bei der Vesper nichts zu thun hat." (Morgenblatt zur Bairischen Zeitung, München 1865, S. 970.)

*6 Das ist eine sicilische Vesper. - Hesekiel, 30.

Holl.: Het is de Siciliaansche vesper. (Harrebomee, II, 375b.)

*7 Es währt von der Vesper bis zum Hühneraufsitzen. - Simrock, 10950; Braun, I, 4778.

"Von der Vesper, on alles triegen, bis der Hausshan pflegt auffzufliegen." (Waldis, IV, 75.) Von etwas, das nicht lange dauert, das wenig Bestand hat.

*8 Mit jemand sicilische Vesper spielen.

Sicilische Vesper nennt man den am 30. März 1282, Ostermontag, in der Stunde der Vesper erfolgten Volksaufstand zu Palermo, bei welchem alle in Palermo befindlichen Franzosen mit Weibern und Kindern niedergemetzelt wurden.


Vespern.

* Sie vespern.

Das Wort bedeutet in Tirol nicht nur halblaut beten, murmeln und flüstern, sondern auch zanken, schelten, weil bei der Vesper oder dem Nachmittagsgottesdienste auf dem Lande die Psalmen vom Ortsgeistlichen und vom Chor wechselsweise gesungen werden, sodass es dem Bauer, der nicht lateinisch versteht, vorkommt, als ob Geistlicher und Chor sich stritten. (Westermann, 25, 620.)


Vestigium.

Vestigia terrent, sagte der Fuchs und kaute still bewegt an seiner Feder. - Schles. Morgenblatt (Breslau 1867), Nr. 37, 4.


Vestis.

1 Im faulen veste niemand tractatur honeste. - Fischart, Gesch., in Kloster, 201.

2 In vestimentis nit ist sapientia mentis. - Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 201.


Vesuv.

Wenn der Vesuv raucht, zittert Neapel. - Breslauer Zeitung, 1563, Nr. 9.


Vetsum, s. Fatsum.

Vettel.

1 Du seist Vettel oder Dieb, hast du Geld, so bist du lieb.

2 Ein Vettel, die noch tantzen wil, macht dem Tod ein frewdenspiel. - Gruter, III, 30; Lehmann, II, 151, 78.

3 Ein Vettel ist alt vnd vngestalt, tregt Neid vnd Hass im Hertzen; ein Greiss ist alt vnd vngestalt, kan immer frölich schertzen. - Petri, III, 5.

4 Von alten Vetteln vngestalt, von weichen Eyern, von jungen kindern thut man gar selten einen finden, er sey auch, wie er wol geflissen, dass er von jhm kam unbeschissen. - Zinkgref, IV, 347.


Vetter.

1 Arme Vettern gelten wenig.

Dän.: Fattige fraender faae liden haeder. (Prov. dan., 160.)

Lat.: Non placet ex genere qui jacet in cinere. (Reuterdahl, 588.)

Schwed.: Ther aer litith at köni tha knaen liggia i askonne. (Reuterdahl, 588.)

2 Arme Vettern sitzen hinter dem Ofen.

Von der Zurücksetzung armer Verwandten. In Warschau sagt man jüdisch-deutsch: Urme Krojwien (Verwandte) sitzen hinter'n Ojwim (Ofen). Bei feierlichen Gelegenheiten müssen arme Verwandte oft mit einem Platz fürlieb nehmen, wo sie nicht bemerkt werden.

3 Den Vettern ist am wenigsten zu trauen, sagte der Fuchs zum Hunde.

Lat.: Vulpes fert catulis pare pelle sibi rubicundis: Vir ferus est tribui quae sit egena sui. (Reuterdahl, 1086.)

Schwed.: Fraendher aeru wslum waerst, saghdhe raeff til röda hunda. (Reuterdahl, 1086.)

4 E Vetter u nid Frünt ist nünt. - Sutermeister, 115.

5 Ein treuer Vetter ist besser als ein falscher Freund.

Dän.: Frender som de elsker, og venner some de synes. (Prov. dan., 198.)

[Spaltenumbruch]


Verzug.

1 Der Verzug macht's faul, wenn's zeitig ist.

2 Ein geringer Verzug bringt oft grossen Vortheil.

3 Eine viertelstunde verzug bringt offt eins Jar Aufschub.Lehmann, 803, 18 u. 919, 12; Simrock, 10950; Sailer, 62; Körte, 6295.

Lat.: Tolle moras, semper nocuit differe paratis.

4 Mit langem Verzug werden die Bösen erlöst.Graf, 426, 229.

Das lange Hinausziehen der Processe geschieht meist nur zum Vortheil des schlimmern Theils, wie es auch meist in Rechtskniffen und Ränken seine Quelle hat.

Holl.: Die bose werden verlost mit lange vertrec. (Holl. Sachsenspiegel, 24.)

5 Mit Verzug vnd gemach fahren, kan man vilen sachen helffen vnd rathen.Henisch, 1482, 10.

6 Unnöthiger Verzug bringt keinen Vortheil.Simrock, 10931.

It.: L'indugio spesso induce oizio.

Ung.: Csúpán csak az itélet tételben hasznos a' késedelmesség. (Gaal, 1616.)

7 Verzug bringt ehr.Henisch, 816, 68; Petri, II, 570.

8 Verzug bringt Gefahr mit.

9 Verzug hat offt grossen nutzen vnnd offt grossen schaden.Lehmann, 803, 14.

10 Verzug ist offt vor vnglück gut.Lehmann, 803, 17.

Lat.: Saepe mora remedium est mali. (Binder II, 2995; Lehmann, 803, 17.)

11 Verzug macht witzig.

Lat.: Mora omnis odio est, sed facit sapientiam. (Philippi, I, 255.)

12 Verzug thut selten klug.


Verzweifeln.

1 Verzweifeln schneidet alle Hoffnung auf Besseres ab. – (Körte2, 7910.)

Frz.: Vertu croist en desespoir.

Lat.: Auget desperatio virtutem. (Bovill, II, 16.)

2 Verzweifelt wird verteufelt.

Treibe niemand bis zum Aeussersten, öffne dem Feinde die Thür, baue ihm Brücken.

3 Verzweifle nicht, mein frommer Christ, bevor du nicht (oder: wenn du auch schon) gehangen bist.Körte, 6296; Simrock, 10952; Braun, I, 4776.

„Verzwiefle ne, mîn frummer Christ, bevöar do ne gehangen bist.“ (Schlingmann, 1389.) Weil selbst dann, wenn jemand der Strick um den Hals gelegt, noch Rettung möglich ist.

*4 Da verzweifelt der Bettelstab an der Wand.

Es geht sehr armselig zu.

*5 Schier verzweifeln vnd durch die Erde fallen wollen.Mathesy, 69a.

Für eine verzweiflungsvolle Lage hatten die Alten folgende Ausdrücke und Redensarten: Actum est. Ad restem res rediit? Ad porcellum da mihi mutuo tres drachmas. A quinque scopulis desilire in fluctus. Capiti capillos evellere. Femur ferire. Nulla spes. Nullus sum. Non sum apud me. Omnibus armis praesidiisque destitutus. Periunt bona. Quid moraris emori? Quod periit. Suspendio deligenda arbor. (Zubrodt, S. 165-167.)


Verzweifelter.

Der mit verzweifelten sol streiten, hat gefehrlich zu arbeiten.Petri, II, 91.


Verzweiflung.

1 Verzweiflung macht Münch.Petri, II, 570.

Dän.: Fortvilelse gjør munk, eller læge, eller soldat. (Prov. dan., 188.)

Lat.: Desperatio facit tria M: Monachum, Medicum, Militem.

*2 In heller Verzweiflung.


Ves.

Zwischen Ves und Va ist klein Differenzia, sprach der Pfaff, so dem Bischof für die Weihe hundert ova brachte und hundert oves versprochen hatte.Eiselein, 620.


Vesper.

1 De Viésper äs häinjder der Prädich. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 897.

2 De Viésper äs lenker wä de Kerch. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 360.

Wenn die Unterkleider hervorhängen und sichtbar werden.

3 Die Vesper wohl eingeläutet, ist schon halb gesungen.Klosterspiegel, 14, 11.

[Spaltenumbruch] 4 Ein Vesper, wol an vnd eingelitten, ist schon halb gesungen vnd vberstritten.Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 463.

5 Zu einer Vesper soll man keine Geiss aufwecken. (Tirol.)

Als über dies in Alpach vorkommende Sprichwort ein junger Geistlicher in Zorn entbrannte, beschwichtigte ihn ein dortiger Bauer mit der Bemerkung: „Nun, nun, ihr habt es nur nicht recht aufgepackt; man soll keine Geiss aufwecken, weil eine Geiss bei der Vesper nichts zu thun hat.“ (Morgenblatt zur Bairischen Zeitung, München 1865, S. 970.)

*6 Das ist eine sicilische Vesper.Hesekiel, 30.

Holl.: Het is de Siciliaansche vesper. (Harrebomée, II, 375b.)

*7 Es währt von der Vesper bis zum Hühneraufsitzen.Simrock, 10950; Braun, I, 4778.

„Von der Vesper, on alles triegen, bis der Hausshan pflegt auffzufliegen.“ (Waldis, IV, 75.) Von etwas, das nicht lange dauert, das wenig Bestand hat.

*8 Mit jemand sicilische Vesper spielen.

Sicilische Vesper nennt man den am 30. März 1282, Ostermontag, in der Stunde der Vesper erfolgten Volksaufstand zu Palermo, bei welchem alle in Palermo befindlichen Franzosen mit Weibern und Kindern niedergemetzelt wurden.


Vespern.

* Sie vespern.

Das Wort bedeutet in Tirol nicht nur halblaut beten, murmeln und flüstern, sondern auch zanken, schelten, weil bei der Vesper oder dem Nachmittagsgottesdienste auf dem Lande die Psalmen vom Ortsgeistlichen und vom Chor wechselsweise gesungen werden, sodass es dem Bauer, der nicht lateinisch versteht, vorkommt, als ob Geistlicher und Chor sich stritten. (Westermann, 25, 620.)


Vestigium.

Vestigia terrent, sagte der Fuchs und kaute still bewegt an seiner Feder.Schles. Morgenblatt (Breslau 1867), Nr. 37, 4.


Vestis.

1 Im faulen veste niemand tractatur honeste.Fischart, Gesch., in Kloster, 201.

2 In vestimentis nit ist sapientia mentis.Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 201.


Vesuv.

Wenn der Vesuv raucht, zittert Neapel.Breslauer Zeitung, 1563, Nr. 9.


Vetsum, s. Fatsum.

Vettel.

1 Du seist Vettel oder Dieb, hast du Geld, so bist du lieb.

2 Ein Vettel, die noch tantzen wil, macht dem Tod ein frewdenspiel.Gruter, III, 30; Lehmann, II, 151, 78.

3 Ein Vettel ist alt vnd vngestalt, tregt Neid vnd Hass im Hertzen; ein Greiss ist alt vnd vngestalt, kan immer frölich schertzen.Petri, III, 5.

4 Von alten Vetteln vngestalt, von weichen Eyern, von jungen kindern thut man gar selten einen finden, er sey auch, wie er wol geflissen, dass er von jhm kam unbeschissen.Zinkgref, IV, 347.


Vetter.

1 Arme Vettern gelten wenig.

Dän.: Fattige frænder faae liden hæder. (Prov. dan., 160.)

Lat.: Non placet ex genere qui jacet in cinere. (Reuterdahl, 588.)

Schwed.: Ther aer litith at köni tha knaen liggia i askonne. (Reuterdahl, 588.)

2 Arme Vettern sitzen hinter dem Ofen.

Von der Zurücksetzung armer Verwandten. In Warschau sagt man jüdisch-deutsch: Urme Krojwien (Verwandte) sitzen hinter'n Ojwim (Ofen). Bei feierlichen Gelegenheiten müssen arme Verwandte oft mit einem Platz fürlieb nehmen, wo sie nicht bemerkt werden.

3 Den Vettern ist am wenigsten zu trauen, sagte der Fuchs zum Hunde.

Lat.: Vulpes fert catulis pare pelle sibi rubicundis: Vir ferus est tribui quae sit egena sui. (Reuterdahl, 1086.)

Schwed.: Fraendher aeru wslum waerst, saghdhe raeff til röda hunda. (Reuterdahl, 1086.)

4 E Vetter u nid Frünt ist nünt.Sutermeister, 115.

5 Ein treuer Vetter ist besser als ein falscher Freund.

Dän.: Frender som de elsker, og venner some de synes. (Prov. dan., 198.)

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p>
            <pb facs="#f0819" n="[813]"/>
            <cb n="1625"/>
          </p><lb/>
          <p/><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Verzug.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">1 Der Verzug macht's faul, wenn's zeitig ist.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">2 Ein geringer Verzug bringt oft grossen Vortheil.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 Eine viertelstunde verzug bringt offt eins Jar Aufschub.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 803, 18 u. 919, 12; Simrock, 10950; Sailer, 62; Körte, 6295.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Tolle moras, semper nocuit differe paratis.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">4 Mit langem Verzug werden die Bösen erlöst.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 426, 229.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Das lange Hinausziehen der Processe geschieht meist nur zum Vortheil des schlimmern Theils, wie es auch meist in Rechtskniffen und Ränken seine Quelle hat.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Die bose werden verlost mit lange vertrec. (<hi rendition="#i">Holl. Sachsenspiegel, 24.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">5 Mit Verzug vnd gemach fahren, kan man vilen sachen helffen vnd rathen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Henisch, 1482, 10.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">6 Unnöthiger Verzug bringt keinen Vortheil.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Simrock, 10931.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: L'indugio spesso induce oizio.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Ung.</hi>: Csúpán csak az itélet tételben hasznos a' késedelmesség. (<hi rendition="#i">Gaal, 1616.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">7 Verzug bringt ehr.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Henisch, 816, 68; Petri, II, 570.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">8 Verzug bringt Gefahr mit.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">9 Verzug hat offt grossen nutzen vnnd offt grossen schaden.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 803, 14.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">10 Verzug ist offt vor vnglück gut.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 803, 17.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Saepe mora remedium est mali. (<hi rendition="#i">Binder II, 2995; Lehmann, 803, 17.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">11 Verzug macht witzig.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Mora omnis odio est, sed facit sapientiam. (<hi rendition="#i">Philippi, I, 255.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">12 Verzug thut selten klug.</hi> </p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Verzweifeln.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Verzweifeln schneidet alle Hoffnung auf Besseres ab.</hi> &#x2013; (<hi rendition="#i">Körte<hi rendition="#sup">2</hi>, 7910.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Vertu croist en desespoir.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Auget desperatio virtutem. (<hi rendition="#i">Bovill, II, 16.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">2 Verzweifelt wird verteufelt.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Treibe niemand bis zum Aeussersten, öffne dem Feinde die Thür, baue ihm Brücken.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 Verzweifle nicht, mein frommer Christ, bevor du nicht (oder: wenn du auch schon) gehangen bist.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Körte, 6296; Simrock, 10952; Braun, I, 4776.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">&#x201E;Verzwiefle ne, mîn frummer Christ, bevöar do ne gehangen bist.&#x201C; (<hi rendition="#i">Schlingmann, 1389.</hi>) Weil selbst dann, wenn jemand der Strick um den Hals gelegt, noch Rettung möglich ist.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*4 Da verzweifelt der Bettelstab an der Wand.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Es geht sehr armselig zu.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*5 Schier verzweifeln vnd durch die Erde fallen wollen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Mathesy, 69<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Für eine verzweiflungsvolle Lage hatten die Alten folgende Ausdrücke und Redensarten: Actum est. Ad restem res rediit? Ad porcellum da mihi mutuo tres drachmas. A quinque scopulis desilire in fluctus. Capiti capillos evellere. Femur ferire. Nulla spes. Nullus sum. Non sum apud me. Omnibus armis praesidiisque destitutus. Periunt bona. Quid moraris emori? Quod periit. Suspendio deligenda arbor. (<hi rendition="#i">Zubrodt, S. 165-167.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Verzweifelter.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Der mit verzweifelten sol streiten, hat gefehrlich zu arbeiten.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 91.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Verzweiflung.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Verzweiflung macht Münch.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 570.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Fortvilelse gjør munk, eller læge, eller soldat. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 188.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Desperatio facit tria M: Monachum, Medicum, Militem.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*2 In heller Verzweiflung.</hi> </p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Ves.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Zwischen Ves und Va ist klein Differenzia, sprach der Pfaff, so dem Bischof für die Weihe hundert ova brachte und hundert oves versprochen hatte.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eiselein, 620.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Vesper.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 De Viésper äs häinjder der Prädich.</hi> (<hi rendition="#i">Siebenbürg.-sächs.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Schuster, 897.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 De Viésper äs lenker wä de Kerch.</hi> (<hi rendition="#i">Siebenbürg.-sächs.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Schuster, 360.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Wenn die Unterkleider hervorhängen und sichtbar werden.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 Die Vesper wohl eingeläutet, ist schon halb gesungen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Klosterspiegel, 14, 11.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger"><cb n="1626"/>
4 Ein Vesper, wol an vnd eingelitten, ist schon halb gesungen vnd vberstritten.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 463.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">5 Zu einer Vesper soll man keine Geiss aufwecken.</hi> (<hi rendition="#i">Tirol.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Als über dies in Alpach vorkommende Sprichwort ein junger Geistlicher in Zorn entbrannte, beschwichtigte ihn ein dortiger Bauer mit der Bemerkung: &#x201E;Nun, nun, ihr habt es nur nicht recht aufgepackt; man soll keine Geiss aufwecken, weil eine Geiss bei der Vesper nichts zu thun hat.&#x201C; (<hi rendition="#i">Morgenblatt zur Bairischen Zeitung, München 1865, S. 970.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*6 Das ist eine sicilische Vesper.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Hesekiel, 30.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Het is de Siciliaansche vesper. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 375<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*7 Es währt von der Vesper bis zum Hühneraufsitzen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Simrock, 10950; Braun, I, 4778.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">&#x201E;Von der Vesper, on alles triegen, bis der Hausshan pflegt auffzufliegen.&#x201C; (<hi rendition="#i">Waldis, IV, 75.</hi>) Von etwas, das nicht lange dauert, das wenig Bestand hat.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*8 Mit jemand sicilische Vesper spielen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Sicilische Vesper nennt man den am 30. März 1282, Ostermontag, in der Stunde der Vesper erfolgten Volksaufstand zu Palermo, bei welchem alle in Palermo befindlichen Franzosen mit Weibern und Kindern niedergemetzelt wurden.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Vespern.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">* Sie vespern.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Das Wort bedeutet in Tirol nicht nur halblaut beten, murmeln und flüstern, sondern auch zanken, schelten, weil bei der Vesper oder dem Nachmittagsgottesdienste auf dem Lande die Psalmen vom Ortsgeistlichen und vom Chor wechselsweise gesungen werden, sodass es dem Bauer, der nicht lateinisch versteht, vorkommt, als ob Geistlicher und Chor sich stritten. (<hi rendition="#i">Westermann, 25, 620.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Vestigium.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Vestigia terrent, sagte der Fuchs und kaute still bewegt an seiner Feder.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Schles. Morgenblatt (Breslau 1867), Nr. 37, 4.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Vestis.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Im faulen veste niemand tractatur honeste.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Fischart, Gesch., in Kloster, 201.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 In vestimentis nit ist sapientia mentis.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 201.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Vesuv.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Wenn der Vesuv raucht, zittert Neapel.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Breslauer Zeitung, 1563, Nr. 9.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head><hi rendition="#b">Vetsum,</hi> s.  Fatsum.</head><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Vettel.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">1 Du seist Vettel oder Dieb, hast du Geld, so bist du lieb.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Ein Vettel, die noch tantzen wil, macht dem Tod ein frewdenspiel.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Gruter, III, 30; Lehmann, II, 151, 78.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 Ein Vettel ist alt vnd vngestalt, tregt Neid vnd Hass im Hertzen; ein Greiss ist alt vnd vngestalt, kan immer frölich schertzen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, III, 5.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">4 Von alten Vetteln vngestalt, von weichen Eyern, von jungen kindern thut man gar selten einen finden, er sey auch, wie er wol geflissen, dass er von jhm kam unbeschissen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Zinkgref, IV, 347.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Vetter.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">1 Arme Vettern gelten wenig.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Fattige frænder faae liden hæder. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 160.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Non placet ex genere qui jacet in cinere. (<hi rendition="#i">Reuterdahl, 588.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Schwed.</hi>: Ther aer litith at köni tha knaen liggia i askonne. (<hi rendition="#i">Reuterdahl, 588.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">2 Arme Vettern sitzen hinter dem Ofen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Von der Zurücksetzung armer Verwandten. In Warschau sagt man jüdisch-deutsch: Urme Krojwien (Verwandte) sitzen hinter'n Ojwim (Ofen). Bei feierlichen Gelegenheiten müssen arme Verwandte oft mit einem Platz fürlieb nehmen, wo sie nicht bemerkt werden.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">3 Den Vettern ist am wenigsten zu trauen, sagte der Fuchs zum Hunde.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Vulpes fert catulis pare pelle sibi rubicundis: Vir ferus est tribui quae sit egena sui. (<hi rendition="#i">Reuterdahl, 1086.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Schwed.</hi>: Fraendher aeru wslum waerst, saghdhe raeff til röda hunda. (<hi rendition="#i">Reuterdahl, 1086.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">4 E Vetter u nid Frünt ist nünt.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Sutermeister, 115.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">5 Ein treuer Vetter ist besser als ein falscher Freund.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Frender som de elsker, og venner some de synes. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 198.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">
</hi> </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[813]/0819] Verzug. 1 Der Verzug macht's faul, wenn's zeitig ist. 2 Ein geringer Verzug bringt oft grossen Vortheil. 3 Eine viertelstunde verzug bringt offt eins Jar Aufschub. – Lehmann, 803, 18 u. 919, 12; Simrock, 10950; Sailer, 62; Körte, 6295. Lat.: Tolle moras, semper nocuit differe paratis. 4 Mit langem Verzug werden die Bösen erlöst. – Graf, 426, 229. Das lange Hinausziehen der Processe geschieht meist nur zum Vortheil des schlimmern Theils, wie es auch meist in Rechtskniffen und Ränken seine Quelle hat. Holl.: Die bose werden verlost mit lange vertrec. (Holl. Sachsenspiegel, 24.) 5 Mit Verzug vnd gemach fahren, kan man vilen sachen helffen vnd rathen. – Henisch, 1482, 10. 6 Unnöthiger Verzug bringt keinen Vortheil. – Simrock, 10931. It.: L'indugio spesso induce oizio. Ung.: Csúpán csak az itélet tételben hasznos a' késedelmesség. (Gaal, 1616.) 7 Verzug bringt ehr. – Henisch, 816, 68; Petri, II, 570. 8 Verzug bringt Gefahr mit. 9 Verzug hat offt grossen nutzen vnnd offt grossen schaden. – Lehmann, 803, 14. 10 Verzug ist offt vor vnglück gut. – Lehmann, 803, 17. Lat.: Saepe mora remedium est mali. (Binder II, 2995; Lehmann, 803, 17.) 11 Verzug macht witzig. Lat.: Mora omnis odio est, sed facit sapientiam. (Philippi, I, 255.) 12 Verzug thut selten klug. Verzweifeln. 1 Verzweifeln schneidet alle Hoffnung auf Besseres ab. – (Körte2, 7910.) Frz.: Vertu croist en desespoir. Lat.: Auget desperatio virtutem. (Bovill, II, 16.) 2 Verzweifelt wird verteufelt. Treibe niemand bis zum Aeussersten, öffne dem Feinde die Thür, baue ihm Brücken. 3 Verzweifle nicht, mein frommer Christ, bevor du nicht (oder: wenn du auch schon) gehangen bist. – Körte, 6296; Simrock, 10952; Braun, I, 4776. „Verzwiefle ne, mîn frummer Christ, bevöar do ne gehangen bist.“ (Schlingmann, 1389.) Weil selbst dann, wenn jemand der Strick um den Hals gelegt, noch Rettung möglich ist. *4 Da verzweifelt der Bettelstab an der Wand. Es geht sehr armselig zu. *5 Schier verzweifeln vnd durch die Erde fallen wollen. – Mathesy, 69a. Für eine verzweiflungsvolle Lage hatten die Alten folgende Ausdrücke und Redensarten: Actum est. Ad restem res rediit? Ad porcellum da mihi mutuo tres drachmas. A quinque scopulis desilire in fluctus. Capiti capillos evellere. Femur ferire. Nulla spes. Nullus sum. Non sum apud me. Omnibus armis praesidiisque destitutus. Periunt bona. Quid moraris emori? Quod periit. Suspendio deligenda arbor. (Zubrodt, S. 165-167.) Verzweifelter. Der mit verzweifelten sol streiten, hat gefehrlich zu arbeiten. – Petri, II, 91. Verzweiflung. 1 Verzweiflung macht Münch. – Petri, II, 570. Dän.: Fortvilelse gjør munk, eller læge, eller soldat. (Prov. dan., 188.) Lat.: Desperatio facit tria M: Monachum, Medicum, Militem. *2 In heller Verzweiflung. Ves. Zwischen Ves und Va ist klein Differenzia, sprach der Pfaff, so dem Bischof für die Weihe hundert ova brachte und hundert oves versprochen hatte. – Eiselein, 620. Vesper. 1 De Viésper äs häinjder der Prädich. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 897. 2 De Viésper äs lenker wä de Kerch. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 360. Wenn die Unterkleider hervorhängen und sichtbar werden. 3 Die Vesper wohl eingeläutet, ist schon halb gesungen. – Klosterspiegel, 14, 11. 4 Ein Vesper, wol an vnd eingelitten, ist schon halb gesungen vnd vberstritten. – Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 463. 5 Zu einer Vesper soll man keine Geiss aufwecken. (Tirol.) Als über dies in Alpach vorkommende Sprichwort ein junger Geistlicher in Zorn entbrannte, beschwichtigte ihn ein dortiger Bauer mit der Bemerkung: „Nun, nun, ihr habt es nur nicht recht aufgepackt; man soll keine Geiss aufwecken, weil eine Geiss bei der Vesper nichts zu thun hat.“ (Morgenblatt zur Bairischen Zeitung, München 1865, S. 970.) *6 Das ist eine sicilische Vesper. – Hesekiel, 30. Holl.: Het is de Siciliaansche vesper. (Harrebomée, II, 375b.) *7 Es währt von der Vesper bis zum Hühneraufsitzen. – Simrock, 10950; Braun, I, 4778. „Von der Vesper, on alles triegen, bis der Hausshan pflegt auffzufliegen.“ (Waldis, IV, 75.) Von etwas, das nicht lange dauert, das wenig Bestand hat. *8 Mit jemand sicilische Vesper spielen. Sicilische Vesper nennt man den am 30. März 1282, Ostermontag, in der Stunde der Vesper erfolgten Volksaufstand zu Palermo, bei welchem alle in Palermo befindlichen Franzosen mit Weibern und Kindern niedergemetzelt wurden. Vespern. * Sie vespern. Das Wort bedeutet in Tirol nicht nur halblaut beten, murmeln und flüstern, sondern auch zanken, schelten, weil bei der Vesper oder dem Nachmittagsgottesdienste auf dem Lande die Psalmen vom Ortsgeistlichen und vom Chor wechselsweise gesungen werden, sodass es dem Bauer, der nicht lateinisch versteht, vorkommt, als ob Geistlicher und Chor sich stritten. (Westermann, 25, 620.) Vestigium. Vestigia terrent, sagte der Fuchs und kaute still bewegt an seiner Feder. – Schles. Morgenblatt (Breslau 1867), Nr. 37, 4. Vestis. 1 Im faulen veste niemand tractatur honeste. – Fischart, Gesch., in Kloster, 201. 2 In vestimentis nit ist sapientia mentis. – Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 201. Vesuv. Wenn der Vesuv raucht, zittert Neapel. – Breslauer Zeitung, 1563, Nr. 9. Vetsum, s. Fatsum. Vettel. 1 Du seist Vettel oder Dieb, hast du Geld, so bist du lieb. 2 Ein Vettel, die noch tantzen wil, macht dem Tod ein frewdenspiel. – Gruter, III, 30; Lehmann, II, 151, 78. 3 Ein Vettel ist alt vnd vngestalt, tregt Neid vnd Hass im Hertzen; ein Greiss ist alt vnd vngestalt, kan immer frölich schertzen. – Petri, III, 5. 4 Von alten Vetteln vngestalt, von weichen Eyern, von jungen kindern thut man gar selten einen finden, er sey auch, wie er wol geflissen, dass er von jhm kam unbeschissen. – Zinkgref, IV, 347. Vetter. 1 Arme Vettern gelten wenig. Dän.: Fattige frænder faae liden hæder. (Prov. dan., 160.) Lat.: Non placet ex genere qui jacet in cinere. (Reuterdahl, 588.) Schwed.: Ther aer litith at köni tha knaen liggia i askonne. (Reuterdahl, 588.) 2 Arme Vettern sitzen hinter dem Ofen. Von der Zurücksetzung armer Verwandten. In Warschau sagt man jüdisch-deutsch: Urme Krojwien (Verwandte) sitzen hinter'n Ojwim (Ofen). Bei feierlichen Gelegenheiten müssen arme Verwandte oft mit einem Platz fürlieb nehmen, wo sie nicht bemerkt werden. 3 Den Vettern ist am wenigsten zu trauen, sagte der Fuchs zum Hunde. Lat.: Vulpes fert catulis pare pelle sibi rubicundis: Vir ferus est tribui quae sit egena sui. (Reuterdahl, 1086.) Schwed.: Fraendher aeru wslum waerst, saghdhe raeff til röda hunda. (Reuterdahl, 1086.) 4 E Vetter u nid Frünt ist nünt. – Sutermeister, 115. 5 Ein treuer Vetter ist besser als ein falscher Freund. Dän.: Frender som de elsker, og venner some de synes. (Prov. dan., 198.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-18T08:39:19Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-18T08:39:19Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/819
Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876, S. [813]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/819>, abgerufen am 18.12.2024.