Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.[Spaltenumbruch] als einen Theil des Gottesdienstes, als ein Gebot betrachtet wissen, durch welche dem Volke beigebrachte Lehre es ihnen gelang, auch die weltlichen Sachen vor die geistlichen Gerichte zu ziehen. Den weltlichen Richter wies man ab, weil er, wie man ihm bemerkte, in gottesdienstlichen Sachen nichts zu sagen habe. 24 Wer schlecht schwört, fällt von der Sache. - Graf, 469, 601. Dem altdeutschen Rechtsverfahren lag der Glaube zu Grunde, dass Gott keinen Meineid zu Stande kommen lasse oder er bezeichne doch denselben; daher die feierlichen Formen beim Schwören und die Folgen des Eidfalls. Die Männer stiessen das Schwert in die Erde, die Frauen fassten den rechten Zopf und die linke Brust. In der christlichen Zeit legte man die Hand auf einen Heiligenschrein oder ein Kreuz, zu welchem man bisweilen unter dem Gerichtstisch durchkriechen musste (vgl. Grimm, Weisth., II, 344), und sprach die vorgesprochenen Worte nach. Bei Markstreitigkeiten mussten die Bauern zum Eide, an manchem Orte bis aufs Hemde entkleidet, in einer ellentiefen Grube knien und einen Erdkloss auf dem Kopfe halten. (Teschner, Weisthum; Weingarten, III, 326, 5.) Der Jude stand auf einer Schweinshaut, die Hand bis zum Ellenbogen entblösst, den Daumen auf der Bibel und sprach eine schaurige Eidesformel. (Lichner, 115, 195.) Wurde nun vom Schwörenden dabei das geringste Versehen gemacht, stotterte er oder verrückte die Hand vom Heiligen, so fiel er vom Eide und von der Sache. (S. Eid 6, Jungfrau 25 und Weib.) Holl.: Die qualyken swert, die valt van der saeke. (Mieris, I, 232, 488.) 25 Wer schwört ein falschen eid, versagt jhm selbst die seligkeit. - Henisch, 823, 33. 26 Wer schwört, er will nicht eher in die Schüssel langen, bis er wird zu seinem Recht gelangen, dem kann vorm Verhungern bangen. 27 Wer viel schwört, bricht auch viel Schwüre. 28 Wer viel schwört, dem ist auf sein Wort nicht viel zu trauen. It.: Distrugge la sua fede chi spesso giura. (Pazzaglia, 152, 1.) 29 Wer viel schwört, der lügt viel. It.: Chi giura, e bugiardo. (Bohn I, 81.) - Sovente giurare fa sovente spergiurare. *30 A schwört Sten vnd Ben. - Robinson, 312; Gomolcke, 217. Bei Frommann (III, 246, 175) mit dem Zusatz: dass nich woar is. *31 Das heisst nicht hoch geschworen. - Braun, I, 4057. *32 Er schweret, lieget vnnd trieget, dass wol möchten die Balcken biegen. - Mathesy, 172a. *33 Er schwert nit thewer, jm ist nit ernst. - Franck, II, 131a; Gruter, I, 29; Egenolff, 143; Eyering, II, 424. Es ist ihm nicht Ernst. Lat.: Deos absentes testes facit. (Binder I, 303; II, 742; Philippi, I, 115; Seybold, 119.) *34 Er schwört beim Schwein des heiligen Antonius. Holl.: Hij zweert bij den tand van Sint Pleun. (Harrebomee, II, 269b.) - Hij zweert bij Sint Anthonies zwijn. (Harrebomee, II, 267a.) *35 Er schwört Bocksdarm und Bockslung. "Ich schwür bocksdarm vnd auch bockslung, der prediger hat eine falsche zung." (Murner, Schelm., 2, in Kloster, I, 829.) Holl.: Hij zweert bij kris en kras. ( Harrebomee, I, 451.) *36 Er schwört das Blaue vom Himmel herunter. Lat.: Per solis radios, Tarpejaque fulmina jura. (Juvenal.) (Philippi, II, 93.) *37 Er schwört, dass der Himmel sich aufthun möchte. Frz.: Il jure comme un marinier qui est engrave. (Kritzinger, 273a.) *38 Er schwört, dass die Balken brechen. *39 Er schwört, dass einem die Haare zu Berge stehen. Lat.: Phocensium execratio. (Erasm., 282; Philippi, II, 94.) *40 Er schwört dem Teufel ein Ohr ab. - Eiselein, 589. Engl.: He'll swear a dagger out of sheath. - He'll swear the devil out of hell. - He'll swear through an inch board. - He'll swear till he's black in the face. (Bohn II, 179.) Holl.: Hij zal zweren, dat de duivel Henrik heet. (Harrebomee, II, 165b.) *41 Er schwört des Henckers Grossmutter ein Bein ab. - Grimmelshausen, Vogelnest, I. Dän.: Svaer saa meget at ingen troer ham. (Prov. dan., 557.) *42 Er schwört, es regne Brennholz. - Gottsched, Beiträge, Hft. 13, S. 235. [Spaltenumbruch] *43 Er schwört um ein Stück Butterbrot. - Tendlau, 325. *44 Er schwört wie ein alter Soldat. - Dove, 738. *45 Er schwört wie ein Landsknecht. Frz.: Il jure comme un chartier embourbe. (Kritzinger, 126b.) *46 Er schwört wie ein Spieler. Holl.: Hij zweert als een Turk. (Harrebomee, II, 349a.) - Zweren als een schaker. (Harrebomee, II, 242a.) *47 Er schwüre einen Eid um eine Taube, wenn ihm auch der Schwanz aus dem Aermel hervorguckte. *48 Har schwärt Schtän un Bän. - Lohrengel, II, 316. *49 Hi swaret ham a Ers üb't Haad. (Nordfries.) *50 Ich schwer be-Nekitas-Chephez. (Jüd.-deutsch.) Ich schwöre bei dem Kleinode, das ich in der Hand habe. Es ist dies ein sehr feierlicher Schwur, bei welchem der Schwörende etwas besonders Werthgehaltenes, z. B. eine Thorarolle oder die Phylacterien zur Hand nimmt. (Tract. Schewuos, 38.) *51 Ich schwör's bei meiner grossen Zehe. Die Zehe ist dem Haupte entgegengestellt und somit wird das Haupt durch diesen scherzhaften Schwur parodirt. Moritz Haupt in Neidhart (Anm. zu S. 44) theilt auch einen Beleg mit, nach welchem es heisst: "Des han ich gesworn bei meinem schuo." *52 Ich will es schwören bei der Weide. - Liedersaal. *53 Schwören als ein Ketzer. - Stritzerius, 66b. *54 Unt wenn e schweirt, dass ich (euch) de Ogen blutten, so gleb ich's nich. (Schles.) - Frommann, III, 243, 43; Keller, 169b; Gomolcke, 1036; Robinson, 59. *55 Wenn's bei ihm zum Schwören kommt, so verliert der Teufel ein Ohr. Schwudern. * S' schwaudert, oass wänn s' vo ar Scholöast'r g'frassa hätte. (Oesterr.-Schles.) - Peter, I, 444. Sie schwatzt als wenn sie von einer Elster gegessen hätte. Schwulibus. * In Schwulibus (Schwulität) kommen. Schwulst. Schwulst ist keine Kraft. Schwulstfresser. * Er ist ein Schwulstfresser. - Frischbier2, 3457. Zur Bezeichnung eines Vielfrasses. Schwulstig. Wer an sich schon schwulstig ist, dem soll man den Kopf nicht noch grösser machen. Schwulstling. Es seynd grosse Schwulstlinge, denen der Kopf für übriger Weisheit zu enge ist. - Schottel, 1117a. Schwungfeder. *1 Dam seein de Schwongfadern ausg'rössen. (Böhmisch-Friedland.) Er ist um Hab und Gut gekommen, der Mittel zu seinem Bestehen und Wirken beraubt, Kraft und Muth sind ihm entzogen. *2 Einem die Schwungfedern ausrupfen. In Schlesien: Ma muss'n die Schwungfadern a wing oasrefen. (Gomolcke, 754.) Ihm Muth und Mittel nehmen oder lähmen, irgendetwas zu erstreben. "Aber unsere Länder tragen und bringen uns so viel nicht, so werden uns die Schwungfedern also wol ausgezogen, dass wir allhier so hoch nicht kommen." (Coler, 262a.) "Da ... mit unumstösslichen Gründen solchen hochfahrenden Criticis ziemlich die Schwungfedern ausgerupft." (Keller, 136b.) Schwur. 1 Auf die Schwüre der Liebenden (Verliebten) ist nicht viel zu bauen. Span.: Juras del que ama muger, no se han de creer. (Bohn I, 225.) 2 Dem Schwur eines Spielers und eines Verliebten ist nicht zu trauen. Frz.: Serment de joueur, serment d'amant, autant en emporte le vent. (Lendroy, 1370.) 3 Der Schwur gilt so viel wie der Mann, nicht der Mann so viel als der Schwur. - Seybold, 267. 4 Hohe Schwüre haben die Lüge vor der Thüre. 5 Mit kleinen Schwüren fängt man an und steigt zu grossen so hinan. Dän.: Den som begynder med smaat eeder, kand omsider de store udenad. (Prov. dan., 135.)
[Spaltenumbruch] als einen Theil des Gottesdienstes, als ein Gebot betrachtet wissen, durch welche dem Volke beigebrachte Lehre es ihnen gelang, auch die weltlichen Sachen vor die geistlichen Gerichte zu ziehen. Den weltlichen Richter wies man ab, weil er, wie man ihm bemerkte, in gottesdienstlichen Sachen nichts zu sagen habe. 24 Wer schlecht schwört, fällt von der Sache. – Graf, 469, 601. Dem altdeutschen Rechtsverfahren lag der Glaube zu Grunde, dass Gott keinen Meineid zu Stande kommen lasse oder er bezeichne doch denselben; daher die feierlichen Formen beim Schwören und die Folgen des Eidfalls. Die Männer stiessen das Schwert in die Erde, die Frauen fassten den rechten Zopf und die linke Brust. In der christlichen Zeit legte man die Hand auf einen Heiligenschrein oder ein Kreuz, zu welchem man bisweilen unter dem Gerichtstisch durchkriechen musste (vgl. Grimm, Weisth., II, 344), und sprach die vorgesprochenen Worte nach. Bei Markstreitigkeiten mussten die Bauern zum Eide, an manchem Orte bis aufs Hemde entkleidet, in einer ellentiefen Grube knien und einen Erdkloss auf dem Kopfe halten. (Teschner, Weisthum; Weingarten, III, 326, 5.) Der Jude stand auf einer Schweinshaut, die Hand bis zum Ellenbogen entblösst, den Daumen auf der Bibel und sprach eine schaurige Eidesformel. (Lichner, 115, 195.) Wurde nun vom Schwörenden dabei das geringste Versehen gemacht, stotterte er oder verrückte die Hand vom Heiligen, so fiel er vom Eide und von der Sache. (S. Eid 6, Jungfrau 25 und Weib.) Holl.: Die qualyken swert, die valt van der saeke. (Mieris, I, 232, 488.) 25 Wer schwört ein falschen eid, versagt jhm selbst die seligkeit. – Henisch, 823, 33. 26 Wer schwört, er will nicht eher in die Schüssel langen, bis er wird zu seinem Recht gelangen, dem kann vorm Verhungern bangen. 27 Wer viel schwört, bricht auch viel Schwüre. 28 Wer viel schwört, dem ist auf sein Wort nicht viel zu trauen. It.: Distrugge la sua fede chi spesso giura. (Pazzaglia, 152, 1.) 29 Wer viel schwört, der lügt viel. It.: Chi giura, è bugiardo. (Bohn I, 81.) – Sovente giurare fa sovente spergiurare. *30 A schwört Stên vnd Bên. – Robinson, 312; Gomolcke, 217. Bei Frommann (III, 246, 175) mit dem Zusatz: dass nich woar is. *31 Das heisst nicht hoch geschworen. – Braun, I, 4057. *32 Er schweret, lieget vnnd trieget, dass wol möchten die Balcken biegen. – Mathesy, 172a. *33 Er schwert nit thewer, jm ist nit ernst. – Franck, II, 131a; Gruter, I, 29; Egenolff, 143; Eyering, II, 424. Es ist ihm nicht Ernst. Lat.: Deos absentes testes facit. (Binder I, 303; II, 742; Philippi, I, 115; Seybold, 119.) *34 Er schwört beim Schwein des heiligen Antonius. Holl.: Hij zweert bij den tand van Sint Pleun. (Harrebomée, II, 269b.) – Hij zweert bij Sint Anthonies zwijn. (Harrebomée, II, 267a.) *35 Er schwört Bocksdarm und Bockslung. „Ich schwür bocksdarm vnd auch bockslung, der prediger hat eine falsche zung.“ (Murner, Schelm., 2, in Kloster, I, 829.) Holl.: Hij zweert bij kris en kras. ( Harrebomée, I, 451.) *36 Er schwört das Blaue vom Himmel herunter. Lat.: Per solis radios, Tarpejaque fulmina jura. (Juvenal.) (Philippi, II, 93.) *37 Er schwört, dass der Himmel sich aufthun möchte. Frz.: Il jure comme un marinier qui est engravé. (Kritzinger, 273a.) *38 Er schwört, dass die Balken brechen. *39 Er schwört, dass einem die Haare zu Berge stehen. Lat.: Phocensium execratio. (Erasm., 282; Philippi, II, 94.) *40 Er schwört dem Teufel ein Ohr ab. – Eiselein, 589. Engl.: He'll swear a dagger out of sheath. – He'll swear the devil out of hell. – He'll swear through an inch board. – He'll swear till he's black in the face. (Bohn II, 179.) Holl.: Hij zal zweren, dat de duivel Henrik heet. (Harrebomée, II, 165b.) *41 Er schwört des Henckers Grossmutter ein Bein ab. – Grimmelshausen, Vogelnest, I. Dän.: Svær saa meget at ingen troer ham. (Prov. dan., 557.) *42 Er schwört, es regne Brennholz. – Gottsched, Beiträge, Hft. 13, S. 235. [Spaltenumbruch] *43 Er schwört um ein Stück Butterbrot. – Tendlau, 325. *44 Er schwört wie ein alter Soldat. – Dove, 738. *45 Er schwört wie ein Landsknecht. Frz.: Il jure comme un chartier embourbé. (Kritzinger, 126b.) *46 Er schwört wie ein Spieler. Holl.: Hij zweert als een Turk. (Harrebomée, II, 349a.) – Zweren als een schaker. (Harrebomée, II, 242a.) *47 Er schwüre einen Eid um eine Taube, wenn ihm auch der Schwanz aus dem Aermel hervorguckte. *48 Har schwärt Schtän un Bän. – Lohrengel, II, 316. *49 Hi swaret ham a Êrs üb't Haad. (Nordfries.) *50 Ich schwer be-Nekitas-Chephez. (Jüd.-deutsch.) Ich schwöre bei dem Kleinode, das ich in der Hand habe. Es ist dies ein sehr feierlicher Schwur, bei welchem der Schwörende etwas besonders Werthgehaltenes, z. B. eine Thorarolle oder die Phylacterien zur Hand nimmt. (Tract. Schewuos, 38.) *51 Ich schwör's bei meiner grossen Zehe. Die Zehe ist dem Haupte entgegengestellt und somit wird das Haupt durch diesen scherzhaften Schwur parodirt. Moritz Haupt in Neidhart (Anm. zu S. 44) theilt auch einen Beleg mit, nach welchem es heisst: „Des han ich gesworn bî mînem schuo.“ *52 Ich will es schwören bei der Weide. – Liedersaal. *53 Schwören als ein Ketzer. – Stritzerius, 66b. *54 Unt wenn e schwîrt, dass ich (euch) de Ôgen blutten, so glêb ich's nich. (Schles.) – Frommann, III, 243, 43; Keller, 169b; Gomolcke, 1036; Robinson, 59. *55 Wenn's bei ihm zum Schwören kommt, so verliert der Teufel ein Ohr. Schwudern. * S' schwûdert, oass wänn s' vô ar Scholöast'r g'frassa hätte. (Oesterr.-Schles.) – Peter, I, 444. Sie schwatzt als wenn sie von einer Elster gegessen hätte. Schwulibus. * In Schwulibus (Schwulität) kommen. Schwulst. Schwulst ist keine Kraft. Schwulstfresser. * Er ist ein Schwulstfresser. – Frischbier2, 3457. Zur Bezeichnung eines Vielfrasses. Schwulstig. Wer an sich schon schwulstig ist, dem soll man den Kopf nicht noch grösser machen. Schwulstling. Es seynd grosse Schwulstlinge, denen der Kopf für übriger Weisheit zu enge ist. – Schottel, 1117a. Schwungfeder. *1 Dam seîn de Schwongfâdern ausg'rössen. (Böhmisch-Friedland.) Er ist um Hab und Gut gekommen, der Mittel zu seinem Bestehen und Wirken beraubt, Kraft und Muth sind ihm entzogen. *2 Einem die Schwungfedern ausrupfen. In Schlesien: Ma muss'n die Schwungfadern a wing oasrefen. (Gomolcke, 754.) Ihm Muth und Mittel nehmen oder lähmen, irgendetwas zu erstreben. „Aber unsere Länder tragen und bringen uns so viel nicht, so werden uns die Schwungfedern also wol ausgezogen, dass wir allhier so hoch nicht kommen.“ (Coler, 262a.) „Da ... mit unumstösslichen Gründen solchen hochfahrenden Criticis ziemlich die Schwungfedern ausgerupft.“ (Keller, 136b.) Schwur. 1 Auf die Schwüre der Liebenden (Verliebten) ist nicht viel zu bauen. Span.: Juras del que ama muger, no se han de creer. (Bohn I, 225.) 2 Dem Schwur eines Spielers und eines Verliebten ist nicht zu trauen. Frz.: Serment de joueur, serment d'amant, autant en emporte le vent. (Lendroy, 1370.) 3 Der Schwur gilt so viel wie der Mann, nicht der Mann so viel als der Schwur. – Seybold, 267. 4 Hohe Schwüre haben die Lüge vor der Thüre. 5 Mit kleinen Schwüren fängt man an und steigt zu grossen so hinan. Dän.: Den som begynder med smaat eeder, kand omsider de store udenad. (Prov. dan., 135.)
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als einen Theil des Gottesdienstes, als ein Gebot betrachtet wissen, durch welche dem Volke beigebrachte Lehre es ihnen gelang, auch die weltlichen Sachen vor die geistlichen Gerichte zu ziehen. Den weltlichen Richter wies man ab, weil er, wie man ihm bemerkte, in gottesdienstlichen Sachen nichts zu sagen habe.
24 Wer schlecht schwört, fällt von der Sache. – Graf, 469, 601.
Dem altdeutschen Rechtsverfahren lag der Glaube zu Grunde, dass Gott keinen Meineid zu Stande kommen lasse oder er bezeichne doch denselben; daher die feierlichen Formen beim Schwören und die Folgen des Eidfalls. Die Männer stiessen das Schwert in die Erde, die Frauen fassten den rechten Zopf und die linke Brust. In der christlichen Zeit legte man die Hand auf einen Heiligenschrein oder ein Kreuz, zu welchem man bisweilen unter dem Gerichtstisch durchkriechen musste (vgl. Grimm, Weisth., II, 344), und sprach die vorgesprochenen Worte nach. Bei Markstreitigkeiten mussten die Bauern zum Eide, an manchem Orte bis aufs Hemde entkleidet, in einer ellentiefen Grube knien und einen Erdkloss auf dem Kopfe halten. (Teschner, Weisthum; Weingarten, III, 326, 5.) Der Jude stand auf einer Schweinshaut, die Hand bis zum Ellenbogen entblösst, den Daumen auf der Bibel und sprach eine schaurige Eidesformel. (Lichner, 115, 195.) Wurde nun vom Schwörenden dabei das geringste Versehen gemacht, stotterte er oder verrückte die Hand vom Heiligen, so fiel er vom Eide und von der Sache. (S. Eid 6, Jungfrau 25 und Weib.)
Holl.: Die qualyken swert, die valt van der saeke. (Mieris, I, 232, 488.)
25 Wer schwört ein falschen eid, versagt jhm selbst die seligkeit. – Henisch, 823, 33.
26 Wer schwört, er will nicht eher in die Schüssel langen, bis er wird zu seinem Recht gelangen, dem kann vorm Verhungern bangen.
27 Wer viel schwört, bricht auch viel Schwüre.
28 Wer viel schwört, dem ist auf sein Wort nicht viel zu trauen.
It.: Distrugge la sua fede chi spesso giura. (Pazzaglia, 152, 1.)
29 Wer viel schwört, der lügt viel.
It.: Chi giura, è bugiardo. (Bohn I, 81.) – Sovente giurare fa sovente spergiurare.
*30 A schwört Stên vnd Bên. – Robinson, 312; Gomolcke, 217.
Bei Frommann (III, 246, 175) mit dem Zusatz: dass nich woar is.
*31 Das heisst nicht hoch geschworen. – Braun, I, 4057.
*32 Er schweret, lieget vnnd trieget, dass wol möchten die Balcken biegen. – Mathesy, 172a.
*33 Er schwert nit thewer, jm ist nit ernst. – Franck, II, 131a; Gruter, I, 29; Egenolff, 143; Eyering, II, 424.
Es ist ihm nicht Ernst.
Lat.: Deos absentes testes facit. (Binder I, 303; II, 742; Philippi, I, 115; Seybold, 119.)
*34 Er schwört beim Schwein des heiligen Antonius.
Holl.: Hij zweert bij den tand van Sint Pleun. (Harrebomée, II, 269b.) – Hij zweert bij Sint Anthonies zwijn. (Harrebomée, II, 267a.)
*35 Er schwört Bocksdarm und Bockslung.
„Ich schwür bocksdarm vnd auch bockslung, der prediger hat eine falsche zung.“ (Murner, Schelm., 2, in Kloster, I, 829.)
Holl.: Hij zweert bij kris en kras. ( Harrebomée, I, 451.)
*36 Er schwört das Blaue vom Himmel herunter.
Lat.: Per solis radios, Tarpejaque fulmina jura. (Juvenal.) (Philippi, II, 93.)
*37 Er schwört, dass der Himmel sich aufthun möchte.
Frz.: Il jure comme un marinier qui est engravé. (Kritzinger, 273a.)
*38 Er schwört, dass die Balken brechen.
*39 Er schwört, dass einem die Haare zu Berge stehen.
Lat.: Phocensium execratio. (Erasm., 282; Philippi, II, 94.)
*40 Er schwört dem Teufel ein Ohr ab. – Eiselein, 589.
Engl.: He'll swear a dagger out of sheath. – He'll swear the devil out of hell. – He'll swear through an inch board. – He'll swear till he's black in the face. (Bohn II, 179.)
Holl.: Hij zal zweren, dat de duivel Henrik heet. (Harrebomée, II, 165b.)
*41 Er schwört des Henckers Grossmutter ein Bein ab. – Grimmelshausen, Vogelnest, I.
Dän.: Svær saa meget at ingen troer ham. (Prov. dan., 557.)
*42 Er schwört, es regne Brennholz. – Gottsched, Beiträge, Hft. 13, S. 235.
*43 Er schwört um ein Stück Butterbrot. – Tendlau, 325.
*44 Er schwört wie ein alter Soldat. – Dove, 738.
*45 Er schwört wie ein Landsknecht.
Frz.: Il jure comme un chartier embourbé. (Kritzinger, 126b.)
*46 Er schwört wie ein Spieler.
Holl.: Hij zweert als een Turk. (Harrebomée, II, 349a.) – Zweren als een schaker. (Harrebomée, II, 242a.)
*47 Er schwüre einen Eid um eine Taube, wenn ihm auch der Schwanz aus dem Aermel hervorguckte.
*48 Har schwärt Schtän un Bän. – Lohrengel, II, 316.
*49 Hi swaret ham a Êrs üb't Haad. (Nordfries.)
*50 Ich schwer be-Nekitas-Chephez. (Jüd.-deutsch.)
Ich schwöre bei dem Kleinode, das ich in der Hand habe. Es ist dies ein sehr feierlicher Schwur, bei welchem der Schwörende etwas besonders Werthgehaltenes, z. B. eine Thorarolle oder die Phylacterien zur Hand nimmt. (Tract. Schewuos, 38.)
*51 Ich schwör's bei meiner grossen Zehe.
Die Zehe ist dem Haupte entgegengestellt und somit wird das Haupt durch diesen scherzhaften Schwur parodirt. Moritz Haupt in Neidhart (Anm. zu S. 44) theilt auch einen Beleg mit, nach welchem es heisst: „Des han ich gesworn bî mînem schuo.“
*52 Ich will es schwören bei der Weide. – Liedersaal.
*53 Schwören als ein Ketzer. – Stritzerius, 66b.
*54 Unt wenn e schwîrt, dass ich (euch) de Ôgen blutten, so glêb ich's nich. (Schles.) – Frommann, III, 243, 43; Keller, 169b; Gomolcke, 1036; Robinson, 59.
*55 Wenn's bei ihm zum Schwören kommt, so verliert der Teufel ein Ohr.
Schwudern.
* S' schwûdert, oass wänn s' vô ar Scholöast'r g'frassa hätte. (Oesterr.-Schles.) – Peter, I, 444.
Sie schwatzt als wenn sie von einer Elster gegessen hätte.
Schwulibus.
* In Schwulibus (Schwulität) kommen.
Schwulst.
Schwulst ist keine Kraft.
Schwulstfresser.
* Er ist ein Schwulstfresser. – Frischbier2, 3457.
Zur Bezeichnung eines Vielfrasses.
Schwulstig.
Wer an sich schon schwulstig ist, dem soll man den Kopf nicht noch grösser machen.
Schwulstling.
Es seynd grosse Schwulstlinge, denen der Kopf für übriger Weisheit zu enge ist. – Schottel, 1117a.
Schwungfeder.
*1 Dam seîn de Schwongfâdern ausg'rössen. (Böhmisch-Friedland.)
Er ist um Hab und Gut gekommen, der Mittel zu seinem Bestehen und Wirken beraubt, Kraft und Muth sind ihm entzogen.
*2 Einem die Schwungfedern ausrupfen.
In Schlesien: Ma muss'n die Schwungfadern a wing oasrefen. (Gomolcke, 754.) Ihm Muth und Mittel nehmen oder lähmen, irgendetwas zu erstreben. „Aber unsere Länder tragen und bringen uns so viel nicht, so werden uns die Schwungfedern also wol ausgezogen, dass wir allhier so hoch nicht kommen.“ (Coler, 262a.) „Da ... mit unumstösslichen Gründen solchen hochfahrenden Criticis ziemlich die Schwungfedern ausgerupft.“ (Keller, 136b.)
Schwur.
1 Auf die Schwüre der Liebenden (Verliebten) ist nicht viel zu bauen.
Span.: Juras del que ama muger, no se han de creer. (Bohn I, 225.)
2 Dem Schwur eines Spielers und eines Verliebten ist nicht zu trauen.
Frz.: Serment de joueur, serment d'amant, autant en emporte le vent. (Lendroy, 1370.)
3 Der Schwur gilt so viel wie der Mann, nicht der Mann so viel als der Schwur. – Seybold, 267.
4 Hohe Schwüre haben die Lüge vor der Thüre.
5 Mit kleinen Schwüren fängt man an und steigt zu grossen so hinan.
Dän.: Den som begynder med smaat eeder, kand omsider de store udenad. (Prov. dan., 135.)
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