Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873.Elsass und Lothringen noch nicht zurückerworben; aber es war wol schon gross genug, um beiden Arbeiten nebeneinander Raum zu gewähren, und man durfte dem Publikum ausreichend Urtheil zutrauen, die bessere Arbeit aus den beiden herauszufinden. Nach diesem Grundsatz haben alle andern Verfasser von Schriften dieses Zweiges gehandelt, keinem derselben ist meine Arbeit, wie der meinigen keine andere im Wege gewesen; sie waren im Gegentheil alle davon überzeugt, dass ein Mittelpunkt für die sprichwörtliche Literatur noththue, und dadurch gerade die Bearbeitung einzelner Zweige ihre Förderung erhalte. So sandte mir Herr Lehrer Frischbier in Königsberg seine Sammlung, die inzwischen eine zweite Auflage erlebt hat, noch bevor sie gedruckt war, handschriftlich und ohne Bedenken zur Benutzung; dasselbe that Herr J. Franck in Annweiler, der ein Vierteljahrhundert hindurch die Literatur sprichwörtlich ausgebeutet hatte und ein grosses Literaturwerk vorbereitet; auch er stellte mir sein Manuscript zur Verfügung, ohne für sein Werk Beklemmungen zu bekommen. Und Herr Dr. Konst. von Wurzbach sagt in der Einleitung zu seinem Glimpf und Schimpf (S. 10): "Das unvergleichliche und in jeder Beziehung vortreffliche Deutsche Sprichwörter-Lexikon von Wander kann meine Arbeit nicht beeinträchtigen." Von dieser Ansicht sind alle Schriftsteller dieses Feldes - ich will nur noch an Herrn Prof. Baumgarten in Kremsmünster, Herrn Dr. Zingerle in Innsbruck und Herrn Prof. Birlinger in Bonn erinnern - geleitet worden. Nur das freiherrlich von Reinsberg-Düringsfeld'sche Schriftstellerpaar glaubte keinen Raum für seine Arbeit zu finden und fürchtete, das deutsche Volk würde nicht eigenes Urtheil genug besitzen, den unterschiedlichen Werth zweier Arbeiten selbst zu erkennen. Es wurde daher jede Gelegenheit ergriffen und benutzt, meine Arbeit in den Augen des Publikums herabzusetzen, so z. B. eine literarische Anzeige im Magazin für die Literatur des Auslandes (1869, Nr. 14), um für das deutsche Volk die Offenbarung einzuschmuggeln, dass mein Deutsches Sprichwörter-Lexikon "für die Wissenschaft ganz werthlos sei"; als wenn der Freih. von Reinsberg ein Mandat hätte, die Wissenschaft zu vertreten. Jos. Lehmann, der kürzlich verstorbene Herausgeber des Magazins, bedauerte die ohne seine Kenntniss erfolgte Aufnahme dieses Artikels um so mehr, als in seiner Zeitschrift schon früher (1865, Nr. 43, s. u.) der Werth des Deutschen Sprichwörter-Lexikon hervorgehoben worden war, und erbot sich sofort zur Aufnahme einer Entgegnung, die in Nr. 19 (1869) erfolgte. Das Verfahren, mein Deutsches Sprichwörter-Lexikon zu überwinden, hätte für den Freih. von Reinsberg sehr nahe gelegen, er hätte nur ein besseres Werk liefern dürfen, was ihm bei seiner Vielzüngigkeit und da er in Compagnie arbeitet, um so leichter sein konnte. Aber er zog den Weg der Herabsetzung vor. Nicht vom Standpunkte des strengen Kritikers besprach er das Werk; er ging in demselben als Kammerjäger herum, um auf dessen Blättern Insekten abzulesen, die er dann, wenn er eine Menge beisammen hatte, fürs Publikum ausstellte. Eine solche Ausstellung ist neulich wieder in den Grenzboten veranstaltet worden, und zwar meist in wiederholt ausgestellten und längst abgestorbenen Exemplaren. Es beeinträchtigt den "wissenschaftlichen Werth" des Freih. von Reinsberg-Düringsfeld, dass sich im deutschen Texte fremde Sprichwörter und "selbstgemachte" befinden. Diesen Ausstellungen, die dem Kenner ja sofort als Schminke für die eigentlichen Gründe, aus denen sie flossen, erscheinen, wurden, obgleich in der Vorrede zum ersten Bande die Veranlassung dazu dargelegt ist, von dem Freih. von Reinsberg in der Vorrede zu seinem germanisch-romanischen Opus, dem mein Deutsches Sprichwörter-Lexikon im Wege steht, wiederholt, wo es heisst: "Desto mehr bedauern wir, das mundartlich so reiche Material, welches dem Wander'schen Sprichwörter-Lexikon zugeflossen ist, gänzlich beiseite lassen zu müssen, weil wir schon aus der ersten Lieferung desselben ersehen, dass es zur wissenschaftlichen Benutzung völlig unbrauchbar ist." Weil in der ersten Lieferung meines Deutschen Sprichwörter-Lexikon fremde und angeblich selbstgemachte Sprichwörter stehen, deshalb soll das meinem Werke mundartlich so reich zugeflossene Material zur "wissenschaftlichen Benutzung unbrauchbar" sein. Diese freiherrliche Compagnieweisheit liegt jenseit der Grenze meines Verständnisses. Als mir der aus längst wiederholt zurückgewiesenen und mit Moos bewachsenen Ausstellungen, aus völliger Unkenntniss entsprungene, aus falschen oder gefälschten Citaten, von wirklichen, aber mehr erfundenen Druckfehlern u. s. w. zusammengesetzte Artikel zuging, stellte ich Material zur Berichtigung zusammen, sandte es der Verlagshandlung mit der Ermächtigung ein, nach Massgabe davon Gebrauch zu machen oder die Redaction Gebrauch machen zu lassen; aber der jetzige Redacteur der Grenzboten, Dr. Hans Blum, wies die Aufnahme jeder, ihm zur Auswahl sogar völlig überlassenen, Berichtigung zurück. Ich wandte mich selbst an ihn, sprach mein Befremden über ein solches Verfahren gegen einen alten langjährigen, persönlichen und literarischen Freund seines Vaters aus und bat um Aufnahme einer kurzen Erklärung von etwa sechs bis acht Zeilen gegen einen Angriff von sieben Seiten. Aber ich erhielt als Antwort1 die witzige Mittheilung: "dass die Grenzboten nicht dazu da seien, ihre Mitarbeiter in denselben 1 Also doch eine Antwort! Wie ich soeben aus der Neuen freien Presse (Nr. 3153) ersehe, hat er eine von K. Gutzkow eingesandte Berichtigung weder beantwortet noch aufgenommen. Dieser schreibt dort: "Natürlich ist nach dem ungeschliffenen Brauche der meisten deutschen Journale ein Abdruck meiner Berichtigung nicht erfolgt. Wie könnte sich auch eine Zeitschrift auf so schmählichen Unwahrheiten vor ihren Lesern ertappen lassen."
Elsass und Lothringen noch nicht zurückerworben; aber es war wol schon gross genug, um beiden Arbeiten nebeneinander Raum zu gewähren, und man durfte dem Publikum ausreichend Urtheil zutrauen, die bessere Arbeit aus den beiden herauszufinden. Nach diesem Grundsatz haben alle andern Verfasser von Schriften dieses Zweiges gehandelt, keinem derselben ist meine Arbeit, wie der meinigen keine andere im Wege gewesen; sie waren im Gegentheil alle davon überzeugt, dass ein Mittelpunkt für die sprichwörtliche Literatur noththue, und dadurch gerade die Bearbeitung einzelner Zweige ihre Förderung erhalte. So sandte mir Herr Lehrer Frischbier in Königsberg seine Sammlung, die inzwischen eine zweite Auflage erlebt hat, noch bevor sie gedruckt war, handschriftlich und ohne Bedenken zur Benutzung; dasselbe that Herr J. Franck in Annweiler, der ein Vierteljahrhundert hindurch die Literatur sprichwörtlich ausgebeutet hatte und ein grosses Literaturwerk vorbereitet; auch er stellte mir sein Manuscript zur Verfügung, ohne für sein Werk Beklemmungen zu bekommen. Und Herr Dr. Konst. von Wurzbach sagt in der Einleitung zu seinem Glimpf und Schimpf (S. 10): „Das unvergleichliche und in jeder Beziehung vortreffliche Deutsche Sprichwörter-Lexikon von Wander kann meine Arbeit nicht beeinträchtigen.“ Von dieser Ansicht sind alle Schriftsteller dieses Feldes – ich will nur noch an Herrn Prof. Baumgarten in Kremsmünster, Herrn Dr. Zingerle in Innsbruck und Herrn Prof. Birlinger in Bonn erinnern – geleitet worden. Nur das freiherrlich von Reinsberg-Düringsfeld'sche Schriftstellerpaar glaubte keinen Raum für seine Arbeit zu finden und fürchtete, das deutsche Volk würde nicht eigenes Urtheil genug besitzen, den unterschiedlichen Werth zweier Arbeiten selbst zu erkennen. Es wurde daher jede Gelegenheit ergriffen und benutzt, meine Arbeit in den Augen des Publikums herabzusetzen, so z. B. eine literarische Anzeige im Magazin für die Literatur des Auslandes (1869, Nr. 14), um für das deutsche Volk die Offenbarung einzuschmuggeln, dass mein Deutsches Sprichwörter-Lexikon „für die Wissenschaft ganz werthlos sei“; als wenn der Freih. von Reinsberg ein Mandat hätte, die Wissenschaft zu vertreten. Jos. Lehmann, der kürzlich verstorbene Herausgeber des Magazins, bedauerte die ohne seine Kenntniss erfolgte Aufnahme dieses Artikels um so mehr, als in seiner Zeitschrift schon früher (1865, Nr. 43, s. u.) der Werth des Deutschen Sprichwörter-Lexikon hervorgehoben worden war, und erbot sich sofort zur Aufnahme einer Entgegnung, die in Nr. 19 (1869) erfolgte. Das Verfahren, mein Deutsches Sprichwörter-Lexikon zu überwinden, hätte für den Freih. von Reinsberg sehr nahe gelegen, er hätte nur ein besseres Werk liefern dürfen, was ihm bei seiner Vielzüngigkeit und da er in Compagnie arbeitet, um so leichter sein konnte. Aber er zog den Weg der Herabsetzung vor. Nicht vom Standpunkte des strengen Kritikers besprach er das Werk; er ging in demselben als Kammerjäger herum, um auf dessen Blättern Insekten abzulesen, die er dann, wenn er eine Menge beisammen hatte, fürs Publikum ausstellte. Eine solche Ausstellung ist neulich wieder in den Grenzboten veranstaltet worden, und zwar meist in wiederholt ausgestellten und längst abgestorbenen Exemplaren. Es beeinträchtigt den „wissenschaftlichen Werth“ des Freih. von Reinsberg-Düringsfeld, dass sich im deutschen Texte fremde Sprichwörter und „selbstgemachte“ befinden. Diesen Ausstellungen, die dem Kenner ja sofort als Schminke für die eigentlichen Gründe, aus denen sie flossen, erscheinen, wurden, obgleich in der Vorrede zum ersten Bande die Veranlassung dazu dargelegt ist, von dem Freih. von Reinsberg in der Vorrede zu seinem germanisch-romanischen Opus, dem mein Deutsches Sprichwörter-Lexikon im Wege steht, wiederholt, wo es heisst: „Desto mehr bedauern wir, das mundartlich so reiche Material, welches dem Wander'schen Sprichwörter-Lexikon zugeflossen ist, gänzlich beiseite lassen zu müssen, weil wir schon aus der ersten Lieferung desselben ersehen, dass es zur wissenschaftlichen Benutzung völlig unbrauchbar ist.“ Weil in der ersten Lieferung meines Deutschen Sprichwörter-Lexikon fremde und angeblich selbstgemachte Sprichwörter stehen, deshalb soll das meinem Werke mundartlich so reich zugeflossene Material zur „wissenschaftlichen Benutzung unbrauchbar“ sein. Diese freiherrliche Compagnieweisheit liegt jenseit der Grenze meines Verständnisses. Als mir der aus längst wiederholt zurückgewiesenen und mit Moos bewachsenen Ausstellungen, aus völliger Unkenntniss entsprungene, aus falschen oder gefälschten Citaten, von wirklichen, aber mehr erfundenen Druckfehlern u. s. w. zusammengesetzte Artikel zuging, stellte ich Material zur Berichtigung zusammen, sandte es der Verlagshandlung mit der Ermächtigung ein, nach Massgabe davon Gebrauch zu machen oder die Redaction Gebrauch machen zu lassen; aber der jetzige Redacteur der Grenzboten, Dr. Hans Blum, wies die Aufnahme jeder, ihm zur Auswahl sogar völlig überlassenen, Berichtigung zurück. Ich wandte mich selbst an ihn, sprach mein Befremden über ein solches Verfahren gegen einen alten langjährigen, persönlichen und literarischen Freund seines Vaters aus und bat um Aufnahme einer kurzen Erklärung von etwa sechs bis acht Zeilen gegen einen Angriff von sieben Seiten. Aber ich erhielt als Antwort1 die witzige Mittheilung: „dass die Grenzboten nicht dazu da seien, ihre Mitarbeiter in denselben 1 Also doch eine Antwort! Wie ich soeben aus der Neuen freien Presse (Nr. 3153) ersehe, hat er eine von K. Gutzkow eingesandte Berichtigung weder beantwortet noch aufgenommen. Dieser schreibt dort: „Natürlich ist nach dem ungeschliffenen Brauche der meisten deutschen Journale ein Abdruck meiner Berichtigung nicht erfolgt. Wie könnte sich auch eine Zeitschrift auf so schmählichen Unwahrheiten vor ihren Lesern ertappen lassen.“
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Diesen Ausstellungen, die dem Kenner ja sofort als Schminke für die eigentlichen Gründe, aus denen sie flossen, erscheinen, wurden, obgleich in der Vorrede zum ersten Bande die Veranlassung dazu dargelegt ist, von dem Freih. <hi rendition="#i">von Reinsberg</hi> in der Vorrede zu seinem germanisch-romanischen Opus, dem mein <hi rendition="#i">Deutsches Sprichwörter-Lexikon</hi> im Wege steht, wiederholt, wo es heisst: „Desto mehr bedauern wir, das mundartlich so reiche Material, welches dem <hi rendition="#i">Wander'schen Sprichwörter-Lexikon</hi> zugeflossen ist, gänzlich beiseite lassen zu müssen, weil wir schon aus der ersten Lieferung desselben ersehen, dass es zur wissenschaftlichen Benutzung völlig unbrauchbar ist.“</p><lb/> <p>Weil in der ersten Lieferung meines <hi rendition="#i">Deutschen Sprichwörter-Lexikon</hi> fremde und angeblich selbstgemachte Sprichwörter stehen, deshalb soll das meinem Werke mundartlich so reich zugeflossene Material zur „wissenschaftlichen Benutzung unbrauchbar“ sein. 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Ich wandte mich selbst an ihn, sprach mein Befremden über ein solches Verfahren gegen einen alten langjährigen, persönlichen und literarischen Freund seines Vaters aus und bat um Aufnahme einer kurzen Erklärung von etwa sechs bis acht Zeilen gegen einen Angriff von sieben Seiten. Aber ich erhielt als Antwort<note place="foot" n="1">Also doch eine Antwort! Wie ich soeben aus der <hi rendition="#i">Neuen freien Presse</hi> (Nr. 3153) ersehe, hat er eine von <hi rendition="#i">K. Gutzkow</hi> eingesandte Berichtigung weder beantwortet noch aufgenommen. Dieser schreibt dort: „Natürlich ist nach dem ungeschliffenen Brauche der meisten deutschen Journale ein Abdruck meiner Berichtigung nicht erfolgt. Wie könnte sich auch eine Zeitschrift auf so schmählichen Unwahrheiten vor ihren Lesern ertappen lassen.“</note> die witzige Mittheilung: „dass die <hi rendition="#i">Grenzboten</hi> nicht dazu da seien, ihre Mitarbeiter in denselben </p> </div> </front> </text> </TEI> [VIII/0006]
Elsass und Lothringen noch nicht zurückerworben; aber es war wol schon gross genug, um beiden Arbeiten nebeneinander Raum zu gewähren, und man durfte dem Publikum ausreichend Urtheil zutrauen, die bessere Arbeit aus den beiden herauszufinden. Nach diesem Grundsatz haben alle andern Verfasser von Schriften dieses Zweiges gehandelt, keinem derselben ist meine Arbeit, wie der meinigen keine andere im Wege gewesen; sie waren im Gegentheil alle davon überzeugt, dass ein Mittelpunkt für die sprichwörtliche Literatur noththue, und dadurch gerade die Bearbeitung einzelner Zweige ihre Förderung erhalte. So sandte mir Herr Lehrer Frischbier in Königsberg seine Sammlung, die inzwischen eine zweite Auflage erlebt hat, noch bevor sie gedruckt war, handschriftlich und ohne Bedenken zur Benutzung; dasselbe that Herr J. Franck in Annweiler, der ein Vierteljahrhundert hindurch die Literatur sprichwörtlich ausgebeutet hatte und ein grosses Literaturwerk vorbereitet; auch er stellte mir sein Manuscript zur Verfügung, ohne für sein Werk Beklemmungen zu bekommen. Und Herr Dr. Konst. von Wurzbach sagt in der Einleitung zu seinem Glimpf und Schimpf (S. 10): „Das unvergleichliche und in jeder Beziehung vortreffliche Deutsche Sprichwörter-Lexikon von Wander kann meine Arbeit nicht beeinträchtigen.“ Von dieser Ansicht sind alle Schriftsteller dieses Feldes – ich will nur noch an Herrn Prof. Baumgarten in Kremsmünster, Herrn Dr. Zingerle in Innsbruck und Herrn Prof. Birlinger in Bonn erinnern – geleitet worden. Nur das freiherrlich von Reinsberg-Düringsfeld'sche Schriftstellerpaar glaubte keinen Raum für seine Arbeit zu finden und fürchtete, das deutsche Volk würde nicht eigenes Urtheil genug besitzen, den unterschiedlichen Werth zweier Arbeiten selbst zu erkennen. Es wurde daher jede Gelegenheit ergriffen und benutzt, meine Arbeit in den Augen des Publikums herabzusetzen, so z. B. eine literarische Anzeige im Magazin für die Literatur des Auslandes (1869, Nr. 14), um für das deutsche Volk die Offenbarung einzuschmuggeln, dass mein Deutsches Sprichwörter-Lexikon „für die Wissenschaft ganz werthlos sei“; als wenn der Freih. von Reinsberg ein Mandat hätte, die Wissenschaft zu vertreten. Jos. Lehmann, der kürzlich verstorbene Herausgeber des Magazins, bedauerte die ohne seine Kenntniss erfolgte Aufnahme dieses Artikels um so mehr, als in seiner Zeitschrift schon früher (1865, Nr. 43, s. u.) der Werth des Deutschen Sprichwörter-Lexikon hervorgehoben worden war, und erbot sich sofort zur Aufnahme einer Entgegnung, die in Nr. 19 (1869) erfolgte.
Das Verfahren, mein Deutsches Sprichwörter-Lexikon zu überwinden, hätte für den Freih. von Reinsberg sehr nahe gelegen, er hätte nur ein besseres Werk liefern dürfen, was ihm bei seiner Vielzüngigkeit und da er in Compagnie arbeitet, um so leichter sein konnte. Aber er zog den Weg der Herabsetzung vor. Nicht vom Standpunkte des strengen Kritikers besprach er das Werk; er ging in demselben als Kammerjäger herum, um auf dessen Blättern Insekten abzulesen, die er dann, wenn er eine Menge beisammen hatte, fürs Publikum ausstellte. Eine solche Ausstellung ist neulich wieder in den Grenzboten veranstaltet worden, und zwar meist in wiederholt ausgestellten und längst abgestorbenen Exemplaren. Es beeinträchtigt den „wissenschaftlichen Werth“ des Freih. von Reinsberg-Düringsfeld, dass sich im deutschen Texte fremde Sprichwörter und „selbstgemachte“ befinden. Diesen Ausstellungen, die dem Kenner ja sofort als Schminke für die eigentlichen Gründe, aus denen sie flossen, erscheinen, wurden, obgleich in der Vorrede zum ersten Bande die Veranlassung dazu dargelegt ist, von dem Freih. von Reinsberg in der Vorrede zu seinem germanisch-romanischen Opus, dem mein Deutsches Sprichwörter-Lexikon im Wege steht, wiederholt, wo es heisst: „Desto mehr bedauern wir, das mundartlich so reiche Material, welches dem Wander'schen Sprichwörter-Lexikon zugeflossen ist, gänzlich beiseite lassen zu müssen, weil wir schon aus der ersten Lieferung desselben ersehen, dass es zur wissenschaftlichen Benutzung völlig unbrauchbar ist.“
Weil in der ersten Lieferung meines Deutschen Sprichwörter-Lexikon fremde und angeblich selbstgemachte Sprichwörter stehen, deshalb soll das meinem Werke mundartlich so reich zugeflossene Material zur „wissenschaftlichen Benutzung unbrauchbar“ sein. Diese freiherrliche Compagnieweisheit liegt jenseit der Grenze meines Verständnisses.
Als mir der aus längst wiederholt zurückgewiesenen und mit Moos bewachsenen Ausstellungen, aus völliger Unkenntniss entsprungene, aus falschen oder gefälschten Citaten, von wirklichen, aber mehr erfundenen Druckfehlern u. s. w. zusammengesetzte Artikel zuging, stellte ich Material zur Berichtigung zusammen, sandte es der Verlagshandlung mit der Ermächtigung ein, nach Massgabe davon Gebrauch zu machen oder die Redaction Gebrauch machen zu lassen; aber der jetzige Redacteur der Grenzboten, Dr. Hans Blum, wies die Aufnahme jeder, ihm zur Auswahl sogar völlig überlassenen, Berichtigung zurück. Ich wandte mich selbst an ihn, sprach mein Befremden über ein solches Verfahren gegen einen alten langjährigen, persönlichen und literarischen Freund seines Vaters aus und bat um Aufnahme einer kurzen Erklärung von etwa sechs bis acht Zeilen gegen einen Angriff von sieben Seiten. Aber ich erhielt als Antwort 1 die witzige Mittheilung: „dass die Grenzboten nicht dazu da seien, ihre Mitarbeiter in denselben
1 Also doch eine Antwort! Wie ich soeben aus der Neuen freien Presse (Nr. 3153) ersehe, hat er eine von K. Gutzkow eingesandte Berichtigung weder beantwortet noch aufgenommen. Dieser schreibt dort: „Natürlich ist nach dem ungeschliffenen Brauche der meisten deutschen Journale ein Abdruck meiner Berichtigung nicht erfolgt. Wie könnte sich auch eine Zeitschrift auf so schmählichen Unwahrheiten vor ihren Lesern ertappen lassen.“
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