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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870.

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[Spaltenumbruch] 108 Schlecht geschoren Haar trägt zweier Leute Schande baar.

Dän.: Ilde skaaret haar er tvende maends skam. (Prov. dan., 265.)

109 Schönes Haar und rothe Wangen sind gar bald vergangen.

Holl.: Schoon haar an wel te zingen zijn vergankelijke dingen. (Harrebomee, I, 270.)

110 Schwarzes Haar und rother Bart - Teufelsart (oder: Zeichen einer bösen Art). - Körte, 2496 u. 3088.

Den Sprichwörtern, welche gegen das rothe Haar zu Felde ziehen, geht es, wie allen Regeln, die von einzelnen Fällen abgezogen und aufs Allgemeine übergetragen worden, sie werden unwahr, ungerecht. (Vgl. Weckherlin's Paragraphen, I, 151 fg.) Das Vorurtheil gegen Rothköpfe kann mit starken Autoritäten bekämpft werden. Ich erinnere hier nur an den gewiss redlichen Sokrates, an den, sobald es nicht Krieg galt, sanften Pyrrhus, an den braven Aristides. Römer und Griechen zeigen Helden, Gesetzgeber und Weise mit rothem Haar, die kein böses Haar an sich hatten. - Bei Fischart (Prakt.) findet sich statt "Teufelsart" - "Buhlerart". Schwarze Haare und weisser Bart scheinen aber auch angefochten zu werden. Der Dichter St.-Amant (geboren 1593, gestorben 1660) sagte zu einem, der das Schwarzweiss ia der Art trug: "Es scheint, sie haben mehr mit den Kinnbacken als mit dem Hirn gearbeitet." (S. Larve.)

It.: Barba rossa, e capelliera nera sono indizii di perfida natura. (Pazzaglia, 240, 1.)

111 Verworrenes Haar rauft jeder Kamm.

112 Viel Haare geben eine Bürste.

Holl.: Veel haartjes maken eenen borstel. (Harrebomee, I, 270.)

113 Was in Haren steckt, kan man wol abschneiden, aber es wechst doch vber nacht wider. - Lehmann, 175, 11.

114 Welcher Haar hat, den kann man rüpffen, das kan man keinem Kahlkopff thun. - Lehmann, 681, 11.

115 Wem de Hoe greis wärde, da ess en Essel as. (Bedburg.)

116 Wem man das Haar bürsten soll, der muss selber dabei sein.

117 Wem seine Haare lieb sind, der muss keine Händel anfangen.

Die Russen: Sich in Streit begeben, heisst seine Haare nicht schonen. (Kiesewetter, 18.)

118 Wenn das Haar abgeschnitten ist, achtet man's nicht mehr.

119 Wenn die Haare geschoren sind, tanzen die Läuse auf den Stoppeln.

Ist das Vermögen weg, springen die Gläubiger aus ihrer Haut.

Holl.: Als de haren geschoren zijn, dan dansen de luizen op de stoppelen. (Harrebomee, I, 268.)

120 Wenn man das Haar wil zu klein kloben, so zureisst mans. - Petri, II, 662.

121 Wenn man ein Haar auszieht, wird das andere locker.

Dän.: Et haar borte, giör et andet haar blot. (Prov. dan., 265.)

122 Wenn man Haar vnd Bart schon abschert, es wechst doch wider. - Lehmann, 542, 93.

123 Wenn's in den Haaren steckt, so kann man's abschneiden, aber es wächst über Nacht wieder.

124 Wer blonde Haare hat, will sie auch noch gekräuselt haben. - Gartenlaube (Leipzig 1866), Nr. 4.

Dän.: Hvo der har et guult haar, vil have et kruset. (Prov. dan., 265.)

125 Wer die Haare selten kämmt, der rauft sich desto mehr.

Holl.: Wie zelden de haren kamt, doet het niet dan met pijn. (Harrebomee, I, 270.)

126 Wer einem die Haare schneiden will, dem muss man sich nicht in den Schos legen.

Erklärt sich aus der biblischen Erzählung von Simson.

Dän.: Betroe dig ei udi deus skied, som vil afklippe dig dit haar. (Prov. dan., 69.)

127 Wer Haare hat, den rupft man dran, bei einem Kahlkopf geht's nicht an.

128 Wer sich ein Haar krümmen lässt, dem krümmt man bald den Rücken.

In den deutschen Sprichwörtern von 1541 heisst es: "Lass dich den Feind nicht fassen, noch in Schlaf [Spaltenumbruch] bringen! Lässt du dir heut einen Span deines Feldes überackern oder deine guten Gedanken dir versperren, so prakticirt man dich morgen um mehr und jagt dich aus deinem Gute und aus dir selbst hinaus."

129 Wer wenig Haare hat, der pflegt sie wohl.

Mag wol oft der Fall sein, wenn der äussere Kopf unordentlich ist und er nur als Abbild vom innern erscheint. Aussen verworren, innen verworren. - Die Russen: Die letzten sieben Haare kämmt man sehr sorgfältig. (Altmann VI.)

130 Wie das Haar, so der Mensch.

131 Wie leiht (leicht) könt net en Hor en de Botter! (Aachen.) - Firmenich, I, 494, 160; hochdeutsch bei Simrock, 4163.

132 Wo kein Haar ist, was will man kämmen? - Eiselein, 267.

Holl.: Het is kwaad kammen, daar geen haar is. (Harrebomee, I, 2; Bohn I, 324.)

Lat.: Quid pectunt qui non habent capillos. (Eiselein, 267.)

133 Wo weder Haare sind noch Federn, da ist bös (schwer) rupfen. - Gaal, 1329; Körte, 2505; Braun, I, 1024.

Engl.: It is very hard to shave an egg. (Gaal, 1324.)

Lat.: Nolo pilos trahere cum toto pilo carente. (Gaal, 1329.)

134 Zeugt man dich mit den Haaren hinauff, so zeugt man dich mit den Füssen wider herab. - Gruter, III, 118; Lehmann, II, 904, 4.

*135 A hätt mich bei am Hoare über a Haufen geschtaussen. (Schles.) - Frommann, III, 245, 122.

*136 A hot's ok ze holbe Hoaren gemacht. (Schles.) - Frommann, III, 413, 504.

Flüchtig, oberflächlich, ungenügend.

*137 A ward doch missen Hoare lussen, wenn's derzu kimt. (Schles.) - Frommann, III, 408, 326; Gomolcke, 246.

*138 An di is ken Haor gods. (Altmark.) - Danneil, 77.

*139 Auf ein Haar schiessen (treffen). - Braun, I, 1018.

*140 Aufs Haar! - Eiselein, 266.

Lat.: Ad amussim. - Ad unguem. (Eiselein, 266.)

*141 Aus einem Haar einen Mastbaum machen. - Winckler, XI, 61.

*142 Begehrt unser Haar. - Schottel, 1116b.

*143 Bei den Haaren dazu gezogen sein (werden).

*144 Bei einem Haare wär' er gefallen (oder: vom Pferde gestürzt).

Es fehlte nicht viel.

*145 Bey einem Hor het e mich getruffen. - Gomolcke, 286.

*146 Bist du der Haar? - Simplic., 64.

*147 D' Hoa senn ma dapai ge Pea gstign. (Steiermark.) - Firmenich, II, 767, 74.

Die Haare sind mir dabei zu Berge gestiegen.

*148 Dar is ken got Har an em. - Eichwald, 685; Schütze, II, 85.

Es ist ein durchaus schlechter Mensch.

*149 Darüber sind mir schier nahe grawe haer gewachssen. - Franck, Paradoxa, 124b.

*150 Darum geb' ich kein Haar.

Holl.: Ik geef daarvoor geen haar van mijn hoofd. (Harrebomee, I, 269b.)

*151 Das geht vber sein Haar hinauss. - Herberger, I, 173.

*152 Das Har muss ich zu dem rauffen darleihen. - Franck, II, 81a.

"Das har müssen herleihen." (Aventin, LXXXVIIb.)

*153 Das ist gegen die Haare.

Gegen den Strich oder Stachel, wider den Strom oder Wind.

*154 Das ist, ums Haar sich auszuraufen.

"Das ist ums Haar sich auszuraufen und an den Wänden hinaufzulaufen." (Das enthüllte Preussen, Winterthur 1845, S. 379.) Die angeführten Stellen sind Worte Valentins in Goethe's Faust 1. Th., Hempel'sche Ausg., XVI, 117.

*155 Das kann einem die Haare wol grau machen.

*156 Das krümmt mir kein Haar.

Holl.: Het krenkt mij geen haar op mijn hoofd. (Harrebomee, I, 269a.)

*157 Das sol mir kein grawe har machen. - Franck, II, 23b; Eiselein, 266; Körte, 2503; Braun, I, 1022.

Um zu sagen: Das berührt mich gar nicht, geht mich nichts an. Franck drückt dadurch die lateinische Redensart aus: Non est curae Hippoclidi; indem er sie mit folgenden sinnverwandten zusammenstellt: Da wechsst mir kein bart von. Was geht das graf Ego an. Da fragt Contz onsorg vil darnach. Es fragen die von

[Spaltenumbruch] 108 Schlecht geschoren Haar trägt zweier Leute Schande baar.

Dän.: Ilde skaaret haar er tvende mænds skam. (Prov. dan., 265.)

109 Schönes Haar und rothe Wangen sind gar bald vergangen.

Holl.: Schoon haar an wel te zingen zijn vergankelijke dingen. (Harrebomée, I, 270.)

110 Schwarzes Haar und rother Bart – Teufelsart (oder: Zeichen einer bösen Art).Körte, 2496 u. 3088.

Den Sprichwörtern, welche gegen das rothe Haar zu Felde ziehen, geht es, wie allen Regeln, die von einzelnen Fällen abgezogen und aufs Allgemeine übergetragen worden, sie werden unwahr, ungerecht. (Vgl. Weckherlin's Paragraphen, I, 151 fg.) Das Vorurtheil gegen Rothköpfe kann mit starken Autoritäten bekämpft werden. Ich erinnere hier nur an den gewiss redlichen Sokrates, an den, sobald es nicht Krieg galt, sanften Pyrrhus, an den braven Aristides. Römer und Griechen zeigen Helden, Gesetzgeber und Weise mit rothem Haar, die kein böses Haar an sich hatten. – Bei Fischart (Prakt.) findet sich statt „Teufelsart“ – „Buhlerart“. Schwarze Haare und weisser Bart scheinen aber auch angefochten zu werden. Der Dichter St.-Amant (geboren 1593, gestorben 1660) sagte zu einem, der das Schwarzweiss ia der Art trug: „Es scheint, sie haben mehr mit den Kinnbacken als mit dem Hirn gearbeitet.“ (S. Larve.)

It.: Barba rossa, e capelliera nera sono indizii di perfida natura. (Pazzaglia, 240, 1.)

111 Verworrenes Haar rauft jeder Kamm.

112 Viel Haare geben eine Bürste.

Holl.: Veel haartjes maken eenen borstel. (Harrebomée, I, 270.)

113 Was in Haren steckt, kan man wol abschneiden, aber es wechst doch vber nacht wider.Lehmann, 175, 11.

114 Welcher Haar hat, den kann man rüpffen, das kan man keinem Kahlkopff thun.Lehmann, 681, 11.

115 Wem de Hoe grîs wärde, da ess en Essel âs. (Bedburg.)

116 Wem man das Haar bürsten soll, der muss selber dabei sein.

117 Wem seine Haare lieb sind, der muss keine Händel anfangen.

Die Russen: Sich in Streit begeben, heisst seine Haare nicht schonen. (Kiesewetter, 18.)

118 Wenn das Haar abgeschnitten ist, achtet man's nicht mehr.

119 Wenn die Haare geschoren sind, tanzen die Läuse auf den Stoppeln.

Ist das Vermögen weg, springen die Gläubiger aus ihrer Haut.

Holl.: Als de haren geschoren zijn, dan dansen de luizen op de stoppelen. (Harrebomée, I, 268.)

120 Wenn man das Haar wil zu klein kloben, so zureisst mans.Petri, II, 662.

121 Wenn man ein Haar auszieht, wird das andere locker.

Dän.: Et haar borte, giør et andet haar blot. (Prov. dan., 265.)

122 Wenn man Haar vnd Bart schon abschert, es wechst doch wider.Lehmann, 542, 93.

123 Wenn's in den Haaren steckt, so kann man's abschneiden, aber es wächst über Nacht wieder.

124 Wer blonde Haare hat, will sie auch noch gekräuselt haben.Gartenlaube (Leipzig 1866), Nr. 4.

Dän.: Hvo der har et guult haar, vil have et kruset. (Prov. dan., 265.)

125 Wer die Haare selten kämmt, der rauft sich desto mehr.

Holl.: Wie zelden de haren kamt, doet het niet dan met pijn. (Harrebomée, I, 270.)

126 Wer einem die Haare schneiden will, dem muss man sich nicht in den Schos legen.

Erklärt sich aus der biblischen Erzählung von Simson.

Dän.: Betroe dig ei udi deus skied, som vil afklippe dig dit haar. (Prov. dan., 69.)

127 Wer Haare hat, den rupft man dran, bei einem Kahlkopf geht's nicht an.

128 Wer sich ein Haar krümmen lässt, dem krümmt man bald den Rücken.

In den deutschen Sprichwörtern von 1541 heisst es: „Lass dich den Feind nicht fassen, noch in Schlaf [Spaltenumbruch] bringen! Lässt du dir heut einen Span deines Feldes überackern oder deine guten Gedanken dir versperren, so prakticirt man dich morgen um mehr und jagt dich aus deinem Gute und aus dir selbst hinaus.“

129 Wer wenig Haare hat, der pflegt sie wohl.

Mag wol oft der Fall sein, wenn der äussere Kopf unordentlich ist und er nur als Abbild vom innern erscheint. Aussen verworren, innen verworren. – Die Russen: Die letzten sieben Haare kämmt man sehr sorgfältig. (Altmann VI.)

130 Wie das Haar, so der Mensch.

131 Wie lîht (leicht) könt net en Hôr ên de Botter! (Aachen.) – Firmenich, I, 494, 160; hochdeutsch bei Simrock, 4163.

132 Wo kein Haar ist, was will man kämmen?Eiselein, 267.

Holl.: Het is kwaad kammen, daar geen haar is. (Harrebomée, I, 2; Bohn I, 324.)

Lat.: Quid pectunt qui non habent capillos. (Eiselein, 267.)

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Lat.: Nolo pilos trahere cum toto pilo carente. (Gaal, 1329.)

134 Zeugt man dich mit den Haaren hinauff, so zeugt man dich mit den Füssen wider herab.Gruter, III, 118; Lehmann, II, 904, 4.

*135 A hätt mich bei am Hoare über a Haufen geschtûssen. (Schles.) – Frommann, III, 245, 122.

*136 A hot's ok ze holbe Hoaren gemacht. (Schles.) – Frommann, III, 413, 504.

Flüchtig, oberflächlich, ungenügend.

*137 A ward doch missen Hoare lussen, wenn's derzu kimt. (Schles.) – Frommann, III, 408, 326; Gomolcke, 246.

*138 An di is kên Haor gôds. (Altmark.) – Danneil, 77.

*139 Auf ein Haar schiessen (treffen).Braun, I, 1018.

*140 Aufs Haar!Eiselein, 266.

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*141 Aus einem Haar einen Mastbaum machen.Winckler, XI, 61.

*142 Begehrt unser Haar.Schottel, 1116b.

*143 Bei den Haaren dazu gezogen sein (werden).

*144 Bei einem Haare wär' er gefallen (oder: vom Pferde gestürzt).

Es fehlte nicht viel.

*145 Bey einem Hor het e mich getruffen.Gomolcke, 286.

*146 Bist du der Haar?Simplic., 64.

*147 D' Hoa senn ma dapai ge Pea gstign. (Steiermark.) – Firmenich, II, 767, 74.

Die Haare sind mir dabei zu Berge gestiegen.

*148 Dar is kên gôt Hâr an em.Eichwald, 685; Schütze, II, 85.

Es ist ein durchaus schlechter Mensch.

*149 Darüber sind mir schier nahe grawe haer gewachssen.Franck, Paradoxa, 124b.

*150 Darum geb' ich kein Haar.

Holl.: Ik geef daarvoor geen haar van mijn hoofd. (Harrebomée, I, 269b.)

*151 Das geht vber sein Haar hinauss.Herberger, I, 173.

*152 Das Har muss ich zu dem rauffen darleihen.Franck, II, 81a.

„Das har müssen herleihen.“ (Aventin, LXXXVIIb.)

*153 Das ist gegen die Haare.

Gegen den Strich oder Stachel, wider den Strom oder Wind.

*154 Das ist, ums Haar sich auszuraufen.

„Das ist ums Haar sich auszuraufen und an den Wänden hinaufzulaufen.“ (Das enthüllte Preussen, Winterthur 1845, S. 379.) Die angeführten Stellen sind Worte Valentins in Goethe's Faust 1. Th., Hempel'sche Ausg., XVI, 117.

*155 Das kann einem die Haare wol grau machen.

*156 Das krümmt mir kein Haar.

Holl.: Het krenkt mij geen haar op mijn hoofd. (Harrebomée, I, 269a.)

*157 Das sol mir kein grawe har machen.Franck, II, 23b; Eiselein, 266; Körte, 2503; Braun, I, 1022.

Um zu sagen: Das berührt mich gar nicht, geht mich nichts an. Franck drückt dadurch die lateinische Redensart aus: Non est curae Hippoclidi; indem er sie mit folgenden sinnverwandten zusammenstellt: Da wechsst mir kein bart von. Was geht das graf Ego an. Da fragt Contz onsorg vil darnach. Es fragen die von

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[[112]/0118] 108 Schlecht geschoren Haar trägt zweier Leute Schande baar. Dän.: Ilde skaaret haar er tvende mænds skam. (Prov. dan., 265.) 109 Schönes Haar und rothe Wangen sind gar bald vergangen. Holl.: Schoon haar an wel te zingen zijn vergankelijke dingen. (Harrebomée, I, 270.) 110 Schwarzes Haar und rother Bart – Teufelsart (oder: Zeichen einer bösen Art). – Körte, 2496 u. 3088. Den Sprichwörtern, welche gegen das rothe Haar zu Felde ziehen, geht es, wie allen Regeln, die von einzelnen Fällen abgezogen und aufs Allgemeine übergetragen worden, sie werden unwahr, ungerecht. (Vgl. Weckherlin's Paragraphen, I, 151 fg.) Das Vorurtheil gegen Rothköpfe kann mit starken Autoritäten bekämpft werden. Ich erinnere hier nur an den gewiss redlichen Sokrates, an den, sobald es nicht Krieg galt, sanften Pyrrhus, an den braven Aristides. Römer und Griechen zeigen Helden, Gesetzgeber und Weise mit rothem Haar, die kein böses Haar an sich hatten. – Bei Fischart (Prakt.) findet sich statt „Teufelsart“ – „Buhlerart“. Schwarze Haare und weisser Bart scheinen aber auch angefochten zu werden. Der Dichter St.-Amant (geboren 1593, gestorben 1660) sagte zu einem, der das Schwarzweiss ia der Art trug: „Es scheint, sie haben mehr mit den Kinnbacken als mit dem Hirn gearbeitet.“ (S. Larve.) It.: Barba rossa, e capelliera nera sono indizii di perfida natura. (Pazzaglia, 240, 1.) 111 Verworrenes Haar rauft jeder Kamm. 112 Viel Haare geben eine Bürste. Holl.: Veel haartjes maken eenen borstel. (Harrebomée, I, 270.) 113 Was in Haren steckt, kan man wol abschneiden, aber es wechst doch vber nacht wider. – Lehmann, 175, 11. 114 Welcher Haar hat, den kann man rüpffen, das kan man keinem Kahlkopff thun. – Lehmann, 681, 11. 115 Wem de Hoe grîs wärde, da ess en Essel âs. (Bedburg.) 116 Wem man das Haar bürsten soll, der muss selber dabei sein. 117 Wem seine Haare lieb sind, der muss keine Händel anfangen. Die Russen: Sich in Streit begeben, heisst seine Haare nicht schonen. (Kiesewetter, 18.) 118 Wenn das Haar abgeschnitten ist, achtet man's nicht mehr. 119 Wenn die Haare geschoren sind, tanzen die Läuse auf den Stoppeln. Ist das Vermögen weg, springen die Gläubiger aus ihrer Haut. Holl.: Als de haren geschoren zijn, dan dansen de luizen op de stoppelen. (Harrebomée, I, 268.) 120 Wenn man das Haar wil zu klein kloben, so zureisst mans. – Petri, II, 662. 121 Wenn man ein Haar auszieht, wird das andere locker. Dän.: Et haar borte, giør et andet haar blot. (Prov. dan., 265.) 122 Wenn man Haar vnd Bart schon abschert, es wechst doch wider. – Lehmann, 542, 93. 123 Wenn's in den Haaren steckt, so kann man's abschneiden, aber es wächst über Nacht wieder. 124 Wer blonde Haare hat, will sie auch noch gekräuselt haben. – Gartenlaube (Leipzig 1866), Nr. 4. Dän.: Hvo der har et guult haar, vil have et kruset. (Prov. dan., 265.) 125 Wer die Haare selten kämmt, der rauft sich desto mehr. Holl.: Wie zelden de haren kamt, doet het niet dan met pijn. (Harrebomée, I, 270.) 126 Wer einem die Haare schneiden will, dem muss man sich nicht in den Schos legen. Erklärt sich aus der biblischen Erzählung von Simson. Dän.: Betroe dig ei udi deus skied, som vil afklippe dig dit haar. (Prov. dan., 69.) 127 Wer Haare hat, den rupft man dran, bei einem Kahlkopf geht's nicht an. 128 Wer sich ein Haar krümmen lässt, dem krümmt man bald den Rücken. In den deutschen Sprichwörtern von 1541 heisst es: „Lass dich den Feind nicht fassen, noch in Schlaf bringen! Lässt du dir heut einen Span deines Feldes überackern oder deine guten Gedanken dir versperren, so prakticirt man dich morgen um mehr und jagt dich aus deinem Gute und aus dir selbst hinaus.“ 129 Wer wenig Haare hat, der pflegt sie wohl. Mag wol oft der Fall sein, wenn der äussere Kopf unordentlich ist und er nur als Abbild vom innern erscheint. Aussen verworren, innen verworren. – Die Russen: Die letzten sieben Haare kämmt man sehr sorgfältig. (Altmann VI.) 130 Wie das Haar, so der Mensch. 131 Wie lîht (leicht) könt net en Hôr ên de Botter! (Aachen.) – Firmenich, I, 494, 160; hochdeutsch bei Simrock, 4163. 132 Wo kein Haar ist, was will man kämmen? – Eiselein, 267. Holl.: Het is kwaad kammen, daar geen haar is. (Harrebomée, I, 2; Bohn I, 324.) Lat.: Quid pectunt qui non habent capillos. (Eiselein, 267.) 133 Wo weder Haare sind noch Federn, da ist bös (schwer) rupfen. – Gaal, 1329; Körte, 2505; Braun, I, 1024. Engl.: It is very hard to shave an egg. (Gaal, 1324.) Lat.: Nolo pilos trahere cum toto pilo carente. (Gaal, 1329.) 134 Zeugt man dich mit den Haaren hinauff, so zeugt man dich mit den Füssen wider herab. – Gruter, III, 118; Lehmann, II, 904, 4. *135 A hätt mich bei am Hoare über a Haufen geschtûssen. (Schles.) – Frommann, III, 245, 122. *136 A hot's ok ze holbe Hoaren gemacht. (Schles.) – Frommann, III, 413, 504. Flüchtig, oberflächlich, ungenügend. *137 A ward doch missen Hoare lussen, wenn's derzu kimt. (Schles.) – Frommann, III, 408, 326; Gomolcke, 246. *138 An di is kên Haor gôds. (Altmark.) – Danneil, 77. *139 Auf ein Haar schiessen (treffen). – Braun, I, 1018. *140 Aufs Haar! – Eiselein, 266. Lat.: Ad amussim. – Ad unguem. (Eiselein, 266.) *141 Aus einem Haar einen Mastbaum machen. – Winckler, XI, 61. *142 Begehrt unser Haar. – Schottel, 1116b. *143 Bei den Haaren dazu gezogen sein (werden). *144 Bei einem Haare wär' er gefallen (oder: vom Pferde gestürzt). Es fehlte nicht viel. *145 Bey einem Hor het e mich getruffen. – Gomolcke, 286. *146 Bist du der Haar? – Simplic., 64. *147 D' Hoa senn ma dapai ge Pea gstign. (Steiermark.) – Firmenich, II, 767, 74. Die Haare sind mir dabei zu Berge gestiegen. *148 Dar is kên gôt Hâr an em. – Eichwald, 685; Schütze, II, 85. Es ist ein durchaus schlechter Mensch. *149 Darüber sind mir schier nahe grawe haer gewachssen. – Franck, Paradoxa, 124b. *150 Darum geb' ich kein Haar. Holl.: Ik geef daarvoor geen haar van mijn hoofd. (Harrebomée, I, 269b.) *151 Das geht vber sein Haar hinauss. – Herberger, I, 173. *152 Das Har muss ich zu dem rauffen darleihen. – Franck, II, 81a. „Das har müssen herleihen.“ (Aventin, LXXXVIIb.) *153 Das ist gegen die Haare. Gegen den Strich oder Stachel, wider den Strom oder Wind. *154 Das ist, ums Haar sich auszuraufen. „Das ist ums Haar sich auszuraufen und an den Wänden hinaufzulaufen.“ (Das enthüllte Preussen, Winterthur 1845, S. 379.) Die angeführten Stellen sind Worte Valentins in Goethe's Faust 1. Th., Hempel'sche Ausg., XVI, 117. *155 Das kann einem die Haare wol grau machen. *156 Das krümmt mir kein Haar. Holl.: Het krenkt mij geen haar op mijn hoofd. (Harrebomée, I, 269a.) *157 Das sol mir kein grawe har machen. – Franck, II, 23b; Eiselein, 266; Körte, 2503; Braun, I, 1022. Um zu sagen: Das berührt mich gar nicht, geht mich nichts an. Franck drückt dadurch die lateinische Redensart aus: Non est curae Hippoclidi; indem er sie mit folgenden sinnverwandten zusammenstellt: Da wechsst mir kein bart von. Was geht das graf Ego an. Da fragt Contz onsorg vil darnach. Es fragen die von

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870, S. [112]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon02_1870/118>, abgerufen am 23.11.2024.