Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669.so weit habe einführen lassen/ und betriegen durch eine umbschweiffende Fantasey der Liebe/ und bloß gesehen auff den Schatten der Schönheit/ der doch nicht länger wehret/ als eine liebe Blume. Als er das gesagt/ wolt er weiter fortfahren/ das Weibliche Geschlecht zu schmehen und zu vernichten. Der Lügner aber fiel ihm ins Wort / und sagte: Wo es Ew. Gnaden gefällig/ wolle dieselbe auff den Abend umb zehen Vhr in den Garten/ so hinten am Hofe des Lionati, der Jungfrau Vater gelegen / sich verfügen/ und allde sich an einen Orth verbergen/ biß Ew. Gnaden alle Sachen gewiß und Augenscheinlich selbst sehen werden/ sol mir sehr wohl gefallen. Auff solchen Beschluß nahmen sie Abschied/ und gieng ein jeder an seinen Orth. Als der Ritter aber solches erfuhr/ wuste er nicht/ wie er seinen ehrlichen Legaten genugsam danekbar seyn solte/ staffirte auch ferner auff diesen Rath und Angeben einen Diener mit güldenen Ketten/ Federbüschen und andern trefflichen Kleidern also aus/ daß es sich ansehen ließ/ Er were einer von den fürnehmsten Junckern des gantzen Sicilia, gab dem auch gnugsam bericht / wie und was er sich verhalten solte. Der traurige Graf zog ihm diese Dinge so hoch zu Gemüthe/ und ward in seinem Hertzen so geängstiget/ daß er an keinem Ort nicht bleiben könte/ achtet auch weder Gesellschafft/ Essen oder Trincken / sondern er- so weit habe einführen lassen/ und betriegen durch eine umbschweiffende Fantasey der Liebe/ und bloß gesehen auff den Schatten der Schönheit/ der doch nicht länger wehret/ als eine liebe Blume. Als er das gesagt/ wolt er weiter fortfahren/ das Weibliche Geschlecht zu schmehen und zu vernichten. Der Lügner aber fiel ihm ins Wort / und sagte: Wo es Ew. Gnaden gefällig/ wolle dieselbe auff den Abend umb zehen Vhr in den Garten/ so hinten am Hofe des Lionati, der Jungfrau Vater gelegen / sich verfügen/ und allde sich an einen Orth verbergen/ biß Ew. Gnaden alle Sachen gewiß und Augenscheinlich selbst sehen werden/ sol mir sehr wohl gefallen. Auff solchen Beschluß nahmen sie Abschied/ und gieng ein jeder an seinen Orth. Als der Ritter aber solches erfuhr/ wuste er nicht/ wie er seinen ehrlichen Legaten genugsam danekbar seyn solte/ staffirte auch ferner auff diesen Rath und Angeben einen Diener mit güldenen Ketten/ Federbüschen und andern trefflichen Kleidern also aus/ daß es sich ansehen ließ/ Er were einer von den fürnehmsten Junckern des gantzen Sicilia, gab dem auch gnugsam bericht / wie und was er sich verhalten solte. Der traurige Graf zog ihm diese Dinge so hoch zu Gemüthe/ und ward in seinem Hertzen so geängstiget/ daß er an keinem Ort nicht bleiben könte/ achtet auch weder Gesellschafft/ Essen oder Trincken / sondern er- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0089" n="69"/> so weit habe einführen lassen/ und betriegen durch eine umbschweiffende Fantasey der Liebe/ und bloß gesehen auff den Schatten der Schönheit/ der doch nicht länger wehret/ als eine liebe Blume. Als er das gesagt/ wolt er weiter fortfahren/ das Weibliche Geschlecht zu schmehen und zu vernichten. Der Lügner aber fiel ihm ins Wort / und sagte: Wo es Ew. Gnaden gefällig/ wolle dieselbe auff den Abend umb zehen Vhr in den Garten/ so hinten am Hofe des Lionati, der Jungfrau Vater gelegen / sich verfügen/ und allde sich an einen Orth verbergen/ biß Ew. Gnaden alle Sachen gewiß und Augenscheinlich selbst sehen werden/ sol mir sehr wohl gefallen. Auff solchen Beschluß nahmen sie Abschied/ und gieng ein jeder an seinen Orth. Als der Ritter aber solches erfuhr/ wuste er nicht/ wie er seinen ehrlichen Legaten genugsam danekbar seyn solte/ staffirte auch ferner auff diesen Rath und Angeben einen Diener mit güldenen Ketten/ Federbüschen und andern trefflichen Kleidern also aus/ daß es sich ansehen ließ/ Er were einer von den fürnehmsten Junckern des gantzen Sicilia, gab dem auch gnugsam bericht / wie und was er sich verhalten solte. Der traurige Graf zog ihm diese Dinge so hoch zu Gemüthe/ und ward in seinem Hertzen so geängstiget/ daß er an keinem Ort nicht bleiben könte/ achtet auch weder Gesellschafft/ Essen oder Trincken / sondern er- </p> </div> </body> </text> </TEI> [69/0089]
so weit habe einführen lassen/ und betriegen durch eine umbschweiffende Fantasey der Liebe/ und bloß gesehen auff den Schatten der Schönheit/ der doch nicht länger wehret/ als eine liebe Blume. Als er das gesagt/ wolt er weiter fortfahren/ das Weibliche Geschlecht zu schmehen und zu vernichten. Der Lügner aber fiel ihm ins Wort / und sagte: Wo es Ew. Gnaden gefällig/ wolle dieselbe auff den Abend umb zehen Vhr in den Garten/ so hinten am Hofe des Lionati, der Jungfrau Vater gelegen / sich verfügen/ und allde sich an einen Orth verbergen/ biß Ew. Gnaden alle Sachen gewiß und Augenscheinlich selbst sehen werden/ sol mir sehr wohl gefallen. Auff solchen Beschluß nahmen sie Abschied/ und gieng ein jeder an seinen Orth. Als der Ritter aber solches erfuhr/ wuste er nicht/ wie er seinen ehrlichen Legaten genugsam danekbar seyn solte/ staffirte auch ferner auff diesen Rath und Angeben einen Diener mit güldenen Ketten/ Federbüschen und andern trefflichen Kleidern also aus/ daß es sich ansehen ließ/ Er were einer von den fürnehmsten Junckern des gantzen Sicilia, gab dem auch gnugsam bericht / wie und was er sich verhalten solte. Der traurige Graf zog ihm diese Dinge so hoch zu Gemüthe/ und ward in seinem Hertzen so geängstiget/ daß er an keinem Ort nicht bleiben könte/ achtet auch weder Gesellschafft/ Essen oder Trincken / sondern er-
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Zitationshilfe: | Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/walther_tempe_1669/89>, abgerufen am 21.06.2024. |