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Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669.

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Vber zwey Stunden höreten die betrübten Eltern ein groß Gerausche in einer Kammer über ihnen/ und den Knaben bitterlich weinen.

Als sie hinauf giengen und die Kammer. Thür so wohl verwahret/ mit dem Schlüssel eröffneten/ funden sie den Knaben in so elenden Zustande/ daß es sehr erbärmlich anzuschauen war.

Denn über das/ daß seine Kleider gantz zerrissen/ war sein Gesichte/ die Hände / und fast der gantze Leib zerstochen und zerritzet/ als wie mit Dornen: Er war so verstellet und verwirret/ daß er dieselbe gantze Nacht nicht kunte zu sich selbst kommen.

Die Eltern thäten alles/ was sie vermeinten dienlich zu seyn/ ihn zu erquicken: Als sie aber folgen des Tages sahen/ daß er etlicher massen zu sich selber kommen/ fragten sie jhn/ was sich vergangene Nacht mit ihm begeben hätte?

Antwortete er/ als er wäre im Hofe gewesen/ da wären sehr grosse/ scheußliche / und erschreckliche Männer zu ihm kommen/ die hätten ihn ohne eintziges Wort genommen/ und in die Lufft geführet/ mit einer ungläubigen Geschwindigkeit: Darnach hätten sie ihn gebracht auff Berge/ die voller Dornen gestanden/ durch dieselben hätten sie ihn geschleiffet/ und also zugericht/ wie sie jhm hätten funden. Vnd endlich hätten sie ihn wohl gar ertödtet/ wenn er sich nicht in seinen Gedancken dem lieben Gott

Vber zwey Stunden höreten die betrübten Eltern ein groß Gerausche in einer Kammer über ihnen/ und den Knaben bitterlich weinen.

Als sie hinauf giengen und die Kammer. Thür so wohl verwahret/ mit dem Schlüssel eröffneten/ funden sie den Knaben in so elenden Zustande/ daß es sehr erbärmlich anzuschauen war.

Denn über das/ daß seine Kleider gantz zerrissen/ war sein Gesichte/ die Hände / und fast der gantze Leib zerstochen und zerritzet/ als wie mit Dornen: Er war so verstellet und verwirret/ daß er dieselbe gantze Nacht nicht kunte zu sich selbst kommen.

Die Eltern thäten alles/ was sie vermeinten dienlich zu seyn/ ihn zu erquicken: Als sie aber folgen des Tages sahen/ daß er etlicher massen zu sich selber kommen/ fragten sie jhn/ was sich vergangene Nacht mit ihm begeben hätte?

Antwortete er/ als er wäre im Hofe gewesen/ da wären sehr grosse/ scheußliche / und erschreckliche Männer zu ihm kommen/ die hätten ihn ohne eintziges Wort genommen/ und in die Lufft geführet/ mit einer ungläubigen Geschwindigkeit: Darnach hätten sie ihn gebracht auff Berge/ die voller Dornen gestanden/ durch dieselben hätten sie ihn geschleiffet/ und also zugericht/ wie sie jhm hätten funden. Vnd endlich hätten sie ihn wohl gar ertödtet/ wenn er sich nicht in seinen Gedancken dem lieben Gott

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[869/0889] Vber zwey Stunden höreten die betrübten Eltern ein groß Gerausche in einer Kammer über ihnen/ und den Knaben bitterlich weinen. Als sie hinauf giengen und die Kammer. Thür so wohl verwahret/ mit dem Schlüssel eröffneten/ funden sie den Knaben in so elenden Zustande/ daß es sehr erbärmlich anzuschauen war. Denn über das/ daß seine Kleider gantz zerrissen/ war sein Gesichte/ die Hände / und fast der gantze Leib zerstochen und zerritzet/ als wie mit Dornen: Er war so verstellet und verwirret/ daß er dieselbe gantze Nacht nicht kunte zu sich selbst kommen. Die Eltern thäten alles/ was sie vermeinten dienlich zu seyn/ ihn zu erquicken: Als sie aber folgen des Tages sahen/ daß er etlicher massen zu sich selber kommen/ fragten sie jhn/ was sich vergangene Nacht mit ihm begeben hätte? Antwortete er/ als er wäre im Hofe gewesen/ da wären sehr grosse/ scheußliche / und erschreckliche Männer zu ihm kommen/ die hätten ihn ohne eintziges Wort genommen/ und in die Lufft geführet/ mit einer ungläubigen Geschwindigkeit: Darnach hätten sie ihn gebracht auff Berge/ die voller Dornen gestanden/ durch dieselben hätten sie ihn geschleiffet/ und also zugericht/ wie sie jhm hätten funden. Vnd endlich hätten sie ihn wohl gar ertödtet/ wenn er sich nicht in seinen Gedancken dem lieben Gott

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Zitationshilfe: Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669, S. 869. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/walther_tempe_1669/889>, abgerufen am 16.07.2024.