Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669.mit Worten gleich noch zu gut vorgeben. Sie tragen allezeit den Religions Schall in Hertzen/ und ist unter ihnen nur der Vnterschied/ daß denselben einer besser als der andere zuverbergen weiß. 426. Der Todt schickt Bohten voran. ES lag einmal ein alter Mann kranck/ und als ihn der Todt jetzt holen wolt / bate ihn der Kranck/ er solte noch ein kleins verziehen/ nur biß er sein Testament hätt gemacht/ und sich/ wie zu einer solchen Reiß gehöret/ aller Dings bereitet. Der Todt sprach/ ey du Alter Vater/ hastu dich in so viel Jahren nicht bereiten können/ und hab ich dich so oft gemahnt? Der Alte antwortet: Ach lieber Todt/ wie kanstu das sagen/ ich weiß wol nicht/ daß du mich ein einzigmahl gemahnet hättest. So hör ich wol/ spricht der Todt/ können die Alten auch lügen. Ich hab dich wol viel hundert und tausentmahl ermahnt/ da ich nicht allein deines gleichen/ von denen kaum ein eintziger übrig/ sondern auch Jüngling/ Knaben/ Kinder/ in Angesicht deiner dahin gerissen/ darüber du selber erseufftzet. So mustu mir auch selber Zeugnüß geben/ du vergessener Tätel/ hab ich dich nicht treulich gemahnet/ da dir deine Augen fiengen an dunckel zu werden/ deine mit Worten gleich noch zu gut vorgeben. Sie tragen allezeit den Religions Schall in Hertzen/ und ist unter ihnen nur der Vnterschied/ daß denselben einer besser als der andere zuverbergen weiß. 426. Der Todt schickt Bohten voran. ES lag einmal ein alter Mann kranck/ und als ihn der Todt jetzt holen wolt / bate ihn der Kranck/ er solte noch ein kleins verziehen/ nur biß er sein Testament hätt gemacht/ und sich/ wie zu einer solchen Reiß gehöret/ aller Dings bereitet. Der Todt sprach/ ey du Alter Vater/ hastu dich in so viel Jahren nicht bereiten können/ und hab ich dich so oft gemahnt? Der Alte antwortet: Ach lieber Todt/ wie kanstu das sagen/ ich weiß wol nicht/ daß du mich ein einzigmahl gemahnet hättest. So hör ich wol/ spricht der Todt/ können die Alten auch lügen. Ich hab dich wol viel hundert und tausentmahl ermahnt/ da ich nicht allein deines gleichen/ von denen kaum ein eintziger übrig/ sondern auch Jüngling/ Knaben/ Kinder/ in Angesicht deiner dahin gerissen/ darüber du selber erseufftzet. So mustu mir auch selber Zeugnüß geben/ du vergessener Tätel/ hab ich dich nicht treulich gemahnet/ da dir deine Augen fiengen an dunckel zu werden/ deine <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0826" n="806"/> mit Worten gleich noch zu gut vorgeben. Sie tragen allezeit den Religions Schall in Hertzen/ und ist unter ihnen nur der Vnterschied/ daß denselben einer besser als der andere zuverbergen weiß.</p> <p>426.</p> <p>Der Todt schickt Bohten voran.</p> <p>ES lag einmal ein alter Mann kranck/ und als ihn der Todt jetzt holen wolt / bate ihn der Kranck/ er solte noch ein kleins verziehen/ nur biß er sein Testament hätt gemacht/ und sich/ wie zu einer solchen Reiß gehöret/ aller Dings bereitet. Der Todt sprach/ ey du Alter Vater/ hastu dich in so viel Jahren nicht bereiten können/ und hab ich dich so oft gemahnt? Der Alte antwortet: Ach lieber Todt/ wie kanstu das sagen/ ich weiß wol nicht/ daß du mich ein einzigmahl gemahnet hättest. So hör ich wol/ spricht der Todt/ können die Alten auch lügen. Ich hab dich wol viel hundert und tausentmahl ermahnt/ da ich nicht allein deines gleichen/ von denen kaum ein eintziger übrig/ sondern auch Jüngling/ Knaben/ Kinder/ in Angesicht deiner dahin gerissen/ darüber du selber erseufftzet. So mustu mir auch selber Zeugnüß geben/ du vergessener Tätel/ hab ich dich nicht treulich gemahnet/ da dir deine Augen fiengen an dunckel zu werden/ deine </p> </div> </body> </text> </TEI> [806/0826]
mit Worten gleich noch zu gut vorgeben. Sie tragen allezeit den Religions Schall in Hertzen/ und ist unter ihnen nur der Vnterschied/ daß denselben einer besser als der andere zuverbergen weiß.
426.
Der Todt schickt Bohten voran.
ES lag einmal ein alter Mann kranck/ und als ihn der Todt jetzt holen wolt / bate ihn der Kranck/ er solte noch ein kleins verziehen/ nur biß er sein Testament hätt gemacht/ und sich/ wie zu einer solchen Reiß gehöret/ aller Dings bereitet. Der Todt sprach/ ey du Alter Vater/ hastu dich in so viel Jahren nicht bereiten können/ und hab ich dich so oft gemahnt? Der Alte antwortet: Ach lieber Todt/ wie kanstu das sagen/ ich weiß wol nicht/ daß du mich ein einzigmahl gemahnet hättest. So hör ich wol/ spricht der Todt/ können die Alten auch lügen. Ich hab dich wol viel hundert und tausentmahl ermahnt/ da ich nicht allein deines gleichen/ von denen kaum ein eintziger übrig/ sondern auch Jüngling/ Knaben/ Kinder/ in Angesicht deiner dahin gerissen/ darüber du selber erseufftzet. So mustu mir auch selber Zeugnüß geben/ du vergessener Tätel/ hab ich dich nicht treulich gemahnet/ da dir deine Augen fiengen an dunckel zu werden/ deine
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/walther_tempe_1669 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/walther_tempe_1669/826 |
Zitationshilfe: | Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669, S. 806. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/walther_tempe_1669/826>, abgerufen am 16.07.2024. |