Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669.alles deine Schuld. Das war ihm gar leid/ und gedacht ihm: Ich wil an Gott nicht verzweiffeln. Vnd ging wieder in den Wald in seine Zelle/ und nahm ihn eine Busse für/ und gedacht ihm: Gottes Barmhertzigkeit ist grösser denn meine Sünde. Vnd sprach: Herr/ empfahe die Busse gnädiglich von mir auff. Denn ich will auff Händen und Füssen gehen/ biß ich deine Gnad erwerde/ und wenn ich meine Sünde gebüsset habe/ so laß mich das innen werden von deinen Gnaden. Vnd kroche zu Hand auff allen Vieren/ als ein Thier in dem Walde/ und wenn er ruhen wolt/ so kroch er in seine Zelle/ und kroch manches Jahr nach seiner Nahrung/ daß er sich nich auffrichtet/ und sein Gewand verfaulet schier von ihm/ und ward rauch überall an seinem Leibe/ daß ihn niemand erkennen mochte. Da er nun funffzehen Jahr in dem Walde gewesen war/ da gewann die Käyserin ein Kind/ der der Wind eine Tochter hingeführet hatte/ und da man dasselbige Kind täuffen wolte/ da sande der Keyser nach dem Pabst/ und nach vielen Bischoffen / und da der Pabst und die Bischoffe und ein groß Gesinde darkam/ und das Kind tauffen wolte/ da nahm der Pabst das Kind auff die Hand/ da sprach das Kind: Ich wil von dir nicht getaufft werden. Da sprach der Pabst: Thue mir kunt deinen Willen/ ob ich dich tauffen soll[unleserliches Material] Da sprach das Kind a- alles deine Schuld. Das war ihm gar leid/ und gedacht ihm: Ich wil an Gott nicht verzweiffeln. Vnd ging wieder in den Wald in seine Zelle/ und nahm ihn eine Busse für/ und gedacht ihm: Gottes Barmhertzigkeit ist grösser denn meine Sünde. Vnd sprach: Herr/ empfahe die Busse gnädiglich von mir auff. Denn ich will auff Händen und Füssen gehen/ biß ich deine Gnad erwerde/ und wenn ich meine Sünde gebüsset habe/ so laß mich das innen werden von deinen Gnaden. Vnd kroche zu Hand auff allen Vieren/ als ein Thier in dem Walde/ und wenn er ruhen wolt/ so kroch er in seine Zelle/ und kroch manches Jahr nach seiner Nahrung/ daß er sich nich auffrichtet/ und sein Gewand verfaulet schier von ihm/ und ward rauch überall an seinem Leibe/ daß ihn niemand erkennen mochte. Da er nun funffzehen Jahr in dem Walde gewesen war/ da gewann die Käyserin ein Kind/ der der Wind eine Tochter hingeführet hatte/ und da man dasselbige Kind täuffen wolte/ da sande der Keyser nach dem Pabst/ und nach vielen Bischoffen / und da der Pabst und die Bischoffe und ein groß Gesinde darkam/ und das Kind tauffen wolte/ da nahm der Pabst das Kind auff die Hand/ da sprach das Kind: Ich wil von dir nicht getaufft werden. Da sprach der Pabst: Thue mir kunt deinen Willen/ ob ich dich tauffen soll[unleserliches Material] Da sprach das Kind a- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0182" n="162"/> alles deine Schuld. Das war ihm gar leid/ und gedacht ihm: Ich wil an Gott nicht verzweiffeln. Vnd ging wieder in den Wald in seine Zelle/ und nahm ihn eine Busse für/ und gedacht ihm: Gottes Barmhertzigkeit ist grösser denn meine Sünde. Vnd sprach: Herr/ empfahe die Busse gnädiglich von mir auff. Denn ich will auff Händen und Füssen gehen/ biß ich deine Gnad erwerde/ und wenn ich meine Sünde gebüsset habe/ so laß mich das innen werden von deinen Gnaden. Vnd kroche zu Hand auff allen Vieren/ als ein Thier in dem Walde/ und wenn er ruhen wolt/ so kroch er in seine Zelle/ und kroch manches Jahr nach seiner Nahrung/ daß er sich nich auffrichtet/ und sein Gewand verfaulet schier von ihm/ und ward rauch überall an seinem Leibe/ daß ihn niemand erkennen mochte.</p> <p>Da er nun funffzehen Jahr in dem Walde gewesen war/ da gewann die Käyserin ein Kind/ der der Wind eine Tochter hingeführet hatte/ und da man dasselbige Kind täuffen wolte/ da sande der Keyser nach dem Pabst/ und nach vielen Bischoffen / und da der Pabst und die Bischoffe und ein groß Gesinde darkam/ und das Kind tauffen wolte/ da nahm der Pabst das Kind auff die Hand/ da sprach das Kind: Ich wil von dir nicht getaufft werden. Da sprach der Pabst: Thue mir kunt deinen Willen/ ob ich dich tauffen soll<gap reason="illegible"/> Da sprach das Kind a- </p> </div> </body> </text> </TEI> [162/0182]
alles deine Schuld. Das war ihm gar leid/ und gedacht ihm: Ich wil an Gott nicht verzweiffeln. Vnd ging wieder in den Wald in seine Zelle/ und nahm ihn eine Busse für/ und gedacht ihm: Gottes Barmhertzigkeit ist grösser denn meine Sünde. Vnd sprach: Herr/ empfahe die Busse gnädiglich von mir auff. Denn ich will auff Händen und Füssen gehen/ biß ich deine Gnad erwerde/ und wenn ich meine Sünde gebüsset habe/ so laß mich das innen werden von deinen Gnaden. Vnd kroche zu Hand auff allen Vieren/ als ein Thier in dem Walde/ und wenn er ruhen wolt/ so kroch er in seine Zelle/ und kroch manches Jahr nach seiner Nahrung/ daß er sich nich auffrichtet/ und sein Gewand verfaulet schier von ihm/ und ward rauch überall an seinem Leibe/ daß ihn niemand erkennen mochte.
Da er nun funffzehen Jahr in dem Walde gewesen war/ da gewann die Käyserin ein Kind/ der der Wind eine Tochter hingeführet hatte/ und da man dasselbige Kind täuffen wolte/ da sande der Keyser nach dem Pabst/ und nach vielen Bischoffen / und da der Pabst und die Bischoffe und ein groß Gesinde darkam/ und das Kind tauffen wolte/ da nahm der Pabst das Kind auff die Hand/ da sprach das Kind: Ich wil von dir nicht getaufft werden. Da sprach der Pabst: Thue mir kunt deinen Willen/ ob ich dich tauffen soll_ Da sprach das Kind a-
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Zitationshilfe: | Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/walther_tempe_1669/182>, abgerufen am 16.07.2024. |