Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669.Tag und Nacht alle krumme Strassen / daß sie nicht abstiegen biß auff den dritten Tag/ derhalben sie Krafft und Mattloß waren sampt den Rossen/ eileten nur dem Strom des Wassers zu/ und kamen also in einen wilden Wald/ hart am Meer gelegen/ da stiegen sie ab/ und schlugen ihre Roß ins Graß/ und nahmen auch ihre Speise/ satzten sich nieder / aßen und truncken/ so gut als sie es hetten. Wie sie nun gessen hatten/ kam der schönen Jungfrau Leonora ein Schlaff in ihre zarte Augen/ daß sie sich des nicht erwehren kunte/ und sprach: Ach mein Herr Heinrich/ ich bitt/ jhr wolt mirs ja nicht verargen/ ich muß ein klein wenig ruhen/ oder schlaffen. Der Edle Herr nahm seinen Mantel/ legte jhn der Jungfrau unter Jhr Haupt und sprach: Ach hertzliebe Jungfrau/ schlaffet gar wol ohn alle Sorgen und Gefahr / ich wil euer Gnaden treuer Hüter seyn. In dem entschlieff die Jungfrau. Der Kitter gieng zu dem Rossen/ darnach zur Jungfrau und wieder zu den Rossen / endlich als er sahe daß sie so gar sanffte schlief/ gieng er angestat des Meers in gar schweren Gedancken/ wie denn einem/ der was grosses vor sich hat / pfleget zu geschehen/ sonderlich in unruhigen Sachen/ und sahe also in das hohe Meer und dachte: Ach wenn wir nur bald auffs Wasser kommen könten/ so solte mirs Hertz schon nicht so schwer seyn/ da stund ein kleines Schiflein / das gehörte den Fischern Tag und Nacht alle krumme Strassen / daß sie nicht abstiegen biß auff den dritten Tag/ derhalben sie Krafft und Mattloß waren sampt den Rossen/ eileten nur dem Strom des Wassers zu/ und kamen also in einen wilden Wald/ hart am Meer gelegen/ da stiegen sie ab/ und schlugen ihre Roß ins Graß/ und nahmen auch ihre Speise/ satzten sich nieder / aßen und truncken/ so gut als sie es hetten. Wie sie nun gessen hatten/ kam der schönen Jungfrau Leonora ein Schlaff in ihre zarte Augen/ daß sie sich des nicht erwehren kunte/ und sprach: Ach mein Herr Heinrich/ ich bitt/ jhr wolt mirs ja nicht verargen/ ich muß ein klein wenig ruhen/ oder schlaffen. Der Edle Herr nahm seinen Mantel/ legte jhn der Jungfrau unter Jhr Haupt und sprach: Ach hertzliebe Jungfrau/ schlaffet gar wol ohn alle Sorgen und Gefahr / ich wil euer Gnaden treuer Hüter seyn. In dem entschlieff die Jungfrau. Der Kitter gieng zu dem Rossen/ darnach zur Jungfrau und wieder zu den Rossen / endlich als er sahe daß sie so gar sanffte schlief/ gieng er angestat des Meers in gar schweren Gedancken/ wie denn einem/ der was grosses vor sich hat / pfleget zu geschehen/ sonderlich in unruhigen Sachen/ und sahe also in das hohe Meer und dachte: Ach wenn wir nur bald auffs Wasser kommen könten/ so solte mirs Hertz schon nicht so schwer seyn/ da stund ein kleines Schiflein / das gehörte den Fischern <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0152" n="132"/> Tag und Nacht alle krumme Strassen / daß sie nicht abstiegen biß auff den dritten Tag/ derhalben sie Krafft und Mattloß waren sampt den Rossen/ eileten nur dem Strom des Wassers zu/ und kamen also in einen wilden Wald/ hart am Meer gelegen/ da stiegen sie ab/ und schlugen ihre Roß ins Graß/ und nahmen auch ihre Speise/ satzten sich nieder / aßen und truncken/ so gut als sie es hetten. Wie sie nun gessen hatten/ kam der schönen Jungfrau Leonora ein Schlaff in ihre zarte Augen/ daß sie sich des nicht erwehren kunte/ und sprach: Ach mein Herr Heinrich/ ich bitt/ jhr wolt mirs ja nicht verargen/ ich muß ein klein wenig ruhen/ oder schlaffen. Der Edle Herr nahm seinen Mantel/ legte jhn der Jungfrau unter Jhr Haupt und sprach: Ach hertzliebe Jungfrau/ schlaffet gar wol ohn alle Sorgen und Gefahr / ich wil euer Gnaden treuer Hüter seyn. In dem entschlieff die Jungfrau. Der Kitter gieng zu dem Rossen/ darnach zur Jungfrau und wieder zu den Rossen / endlich als er sahe daß sie so gar sanffte schlief/ gieng er angestat des Meers in gar schweren Gedancken/ wie denn einem/ der was grosses vor sich hat / pfleget zu geschehen/ sonderlich in unruhigen Sachen/ und sahe also in das hohe Meer und dachte: Ach wenn wir nur bald auffs Wasser kommen könten/ so solte mirs Hertz schon nicht so schwer seyn/ da stund ein kleines Schiflein / das gehörte den Fischern </p> </div> </body> </text> </TEI> [132/0152]
Tag und Nacht alle krumme Strassen / daß sie nicht abstiegen biß auff den dritten Tag/ derhalben sie Krafft und Mattloß waren sampt den Rossen/ eileten nur dem Strom des Wassers zu/ und kamen also in einen wilden Wald/ hart am Meer gelegen/ da stiegen sie ab/ und schlugen ihre Roß ins Graß/ und nahmen auch ihre Speise/ satzten sich nieder / aßen und truncken/ so gut als sie es hetten. Wie sie nun gessen hatten/ kam der schönen Jungfrau Leonora ein Schlaff in ihre zarte Augen/ daß sie sich des nicht erwehren kunte/ und sprach: Ach mein Herr Heinrich/ ich bitt/ jhr wolt mirs ja nicht verargen/ ich muß ein klein wenig ruhen/ oder schlaffen. Der Edle Herr nahm seinen Mantel/ legte jhn der Jungfrau unter Jhr Haupt und sprach: Ach hertzliebe Jungfrau/ schlaffet gar wol ohn alle Sorgen und Gefahr / ich wil euer Gnaden treuer Hüter seyn. In dem entschlieff die Jungfrau. Der Kitter gieng zu dem Rossen/ darnach zur Jungfrau und wieder zu den Rossen / endlich als er sahe daß sie so gar sanffte schlief/ gieng er angestat des Meers in gar schweren Gedancken/ wie denn einem/ der was grosses vor sich hat / pfleget zu geschehen/ sonderlich in unruhigen Sachen/ und sahe also in das hohe Meer und dachte: Ach wenn wir nur bald auffs Wasser kommen könten/ so solte mirs Hertz schon nicht so schwer seyn/ da stund ein kleines Schiflein / das gehörte den Fischern
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/walther_tempe_1669 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/walther_tempe_1669/152 |
Zitationshilfe: | Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/walther_tempe_1669/152>, abgerufen am 16.02.2025. |