Walter, Marie: Das Frauenstimmrecht. Zürich, 1913.Stillens der Kinder bildeten für die Frau von allem Anfang an Hatte im alten kommunistischen Haushalt für Mann und Jn dieser geschlossenen Hauswirtschaft sind Art und Maß Zu höchster Ausbildung gelangte die römische Groß-Familie. Die Frau aber wurde in eine unwürdige Lage herabgedrückt. Stillens der Kinder bildeten für die Frau von allem Anfang an Hatte im alten kommunistischen Haushalt für Mann und Jn dieser geschlossenen Hauswirtschaft sind Art und Maß Zu höchster Ausbildung gelangte die römische Groß-Familie. Die Frau aber wurde in eine unwürdige Lage herabgedrückt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0008" n="8"/> Stillens der Kinder bildeten für die Frau von allem Anfang an<lb/> Hemmnisse in ihrer Bewegungs- und Lebensfreiheit. Die zeit-<lb/> weilig hilflose Lage wies sie hin auf den Schutz des Mannes, so-<lb/> bald jener enge Gemeinsinn unter der Blutsverwandtschaft sich<lb/> zu lockern begann. Der an physischer Kraft Ueberlegene gewöhnte<lb/> sich leicht ein in die Rolle des Beschützers und leitete daraus be-<lb/> wußt und unbewußt für sich das Recht ab des Besitzes über sein<lb/> wertvollstes Eigentum, das Weib. Die Unterordnung unter eine<lb/> mächtigere Gewalt, unter einen fremden Willen, wurde von<lb/> diesem erst mehr als eine ihm erwiesene Guttat denn als lästige<lb/> Fessel empfunden.</p><lb/> <p>Hatte im alten kommunistischen Haushalt für Mann und<lb/> Weib die Pflicht bestanden, Tag um Tag die Nahrung für den<lb/> Lebensunterhalt neu zu beschaffen, so trat mit der Zähmung der<lb/> Haustiere und der Bildung von Herden eine wesentliche Erleich-<lb/> terung ein. Milch und Fleisch waren jetzt reichlich vorhanden.<lb/> Ja, das Vieh vermehrte sich viel rascher als die Familie. Zu<lb/> seiner Wartung wurden immer mehr Leute benötigt. Die mensch-<lb/> liche Arbeitskraft erlangte daher eine zunehmend höhere Wertung.<lb/> Die Menschenfresserei, als eine Folge der andauernden Unsicher-<lb/> heit der Nahrungsquellen, verschwindet. Die Haltung von Sklaven,<lb/> von Unfreien kommt auf. Wiederum ist es der Mann, der sich<lb/> dieses Arbeitsmittels bemächtigt. Damit ist der Grund gelegt zu<lb/> einem neuen gesellschaftlichen Organismus: der patriarchalischen<lb/> Groß-Familie. Jhr Wesenszug ist die Zusammenfassung von<lb/> freien und unfreien Personen, von Weib, Kindern und Sklaven,<lb/> oder Leibeigenen, Hörigen im Mittelalter zu einer wirtschaftlichen<lb/> Einheit, zu einer Familie unter der väterlichen Gewalt des Fa-<lb/> milienhauptes.</p><lb/> <p>Jn dieser geschlossenen Hauswirtschaft sind Art und Maß<lb/> der Produktion durch den Verbrauchsbedarf der Hausangehörigen<lb/> bestimmt. Gütererzeugung und Güterkonsumtion bilden einen<lb/> einzigen ununterbrochenen und ununterscheidbaren Vorgang.<lb/> Nicht nur dem Boden sind die Gaben abzugewinnen. Alle benö-<lb/> tigten Werkzeuge, Geräte, Bedarfsgegenstände werden von den<lb/> Familienzugehörigen selbsttätig hergestellt, die Rohprodukte um-<lb/> geformt und veredelt, bis sie zum Gebrauche hergerichtet sind.</p><lb/> <p>Zu höchster Ausbildung gelangte die römische Groß-Familie.<lb/> Weite Strecken des Grundbesitzes wurden im Privatinteresse des<lb/> Familienhauptes durch Scharen von Sklaven bewirtschaftet. Diese<lb/> übten in Abteilungen unter der Aufsicht von Aufsehern alle Be-<lb/> rufe aus.</p><lb/> <p>Die Frau aber wurde in eine unwürdige Lage herabgedrückt.<lb/> Bei manchen Völkern bewirkten die Nachklänge des alten Mutter-<lb/> rechtes eine verhältnismäßig freiere Stellung des weiblichen Ge-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [8/0008]
Stillens der Kinder bildeten für die Frau von allem Anfang an
Hemmnisse in ihrer Bewegungs- und Lebensfreiheit. Die zeit-
weilig hilflose Lage wies sie hin auf den Schutz des Mannes, so-
bald jener enge Gemeinsinn unter der Blutsverwandtschaft sich
zu lockern begann. Der an physischer Kraft Ueberlegene gewöhnte
sich leicht ein in die Rolle des Beschützers und leitete daraus be-
wußt und unbewußt für sich das Recht ab des Besitzes über sein
wertvollstes Eigentum, das Weib. Die Unterordnung unter eine
mächtigere Gewalt, unter einen fremden Willen, wurde von
diesem erst mehr als eine ihm erwiesene Guttat denn als lästige
Fessel empfunden.
Hatte im alten kommunistischen Haushalt für Mann und
Weib die Pflicht bestanden, Tag um Tag die Nahrung für den
Lebensunterhalt neu zu beschaffen, so trat mit der Zähmung der
Haustiere und der Bildung von Herden eine wesentliche Erleich-
terung ein. Milch und Fleisch waren jetzt reichlich vorhanden.
Ja, das Vieh vermehrte sich viel rascher als die Familie. Zu
seiner Wartung wurden immer mehr Leute benötigt. Die mensch-
liche Arbeitskraft erlangte daher eine zunehmend höhere Wertung.
Die Menschenfresserei, als eine Folge der andauernden Unsicher-
heit der Nahrungsquellen, verschwindet. Die Haltung von Sklaven,
von Unfreien kommt auf. Wiederum ist es der Mann, der sich
dieses Arbeitsmittels bemächtigt. Damit ist der Grund gelegt zu
einem neuen gesellschaftlichen Organismus: der patriarchalischen
Groß-Familie. Jhr Wesenszug ist die Zusammenfassung von
freien und unfreien Personen, von Weib, Kindern und Sklaven,
oder Leibeigenen, Hörigen im Mittelalter zu einer wirtschaftlichen
Einheit, zu einer Familie unter der väterlichen Gewalt des Fa-
milienhauptes.
Jn dieser geschlossenen Hauswirtschaft sind Art und Maß
der Produktion durch den Verbrauchsbedarf der Hausangehörigen
bestimmt. Gütererzeugung und Güterkonsumtion bilden einen
einzigen ununterbrochenen und ununterscheidbaren Vorgang.
Nicht nur dem Boden sind die Gaben abzugewinnen. Alle benö-
tigten Werkzeuge, Geräte, Bedarfsgegenstände werden von den
Familienzugehörigen selbsttätig hergestellt, die Rohprodukte um-
geformt und veredelt, bis sie zum Gebrauche hergerichtet sind.
Zu höchster Ausbildung gelangte die römische Groß-Familie.
Weite Strecken des Grundbesitzes wurden im Privatinteresse des
Familienhauptes durch Scharen von Sklaven bewirtschaftet. Diese
übten in Abteilungen unter der Aufsicht von Aufsehern alle Be-
rufe aus.
Die Frau aber wurde in eine unwürdige Lage herabgedrückt.
Bei manchen Völkern bewirkten die Nachklänge des alten Mutter-
rechtes eine verhältnismäßig freiere Stellung des weiblichen Ge-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription.
(2018-04-10T14:18:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-04-10T14:18:39Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |