ganten Frau hatte, nicht geschickt, wenn sie sich selbst damit eingelassen hätte, nun aber konnte sie sich mit ihrer Krankheit entschuldigen, die ihr nicht zugelassen hätte, sich um etwas zu bekümmern, konn- te über den einfältigen Peter, der alles nach den Fuß der alten Welt machte, spotten, wenn sie nach der Zeit von dem Begräbniß sprach, und zugleich war manches erspart.
Peter that ihr den Gefallen, zwei Tage nach demselben wieder abzureisen, und ihr Freiheit zu lassen, sich und uns Kinder in statieuse Trauer zu werfen; denn bei seiner Anwesenheit besorgte sie nur das nothwendigste, für sich selbst aber gar nichts, da sie noch immer die Kranke machte und bettlägrig blieb. Der Herr Schwager hatte sie überhaupt in vielen Stücken genirt, außer dem Zwang, traurig und krank zu thun, mußte sie, weil er es wollte, meine Schwester beständig um sich dulden, und die gütige Mutter gegen sie machen. Madelon verließ freilich das Zimmer ihrer Mutter immer, wenn der Oncle weggieng, denn da setzte es allezeit Schelde, oder sie ward gar ans Bette gerufen, um unter dem Vorwand, daß dies oder jenes an ihrem An- zug verdorben wäre, Ohrfeigen zu empfangen; wenn sie aber Peter bei den Domestiquen in einem Win- kel sitzen, oder sonst einsam herumirren sah, führte
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ganten Frau hatte, nicht geſchickt, wenn ſie ſich ſelbſt damit eingelaſſen haͤtte, nun aber konnte ſie ſich mit ihrer Krankheit entſchuldigen, die ihr nicht zugelaſſen haͤtte, ſich um etwas zu bekuͤmmern, konn- te uͤber den einfaͤltigen Peter, der alles nach den Fuß der alten Welt machte, ſpotten, wenn ſie nach der Zeit von dem Begraͤbniß ſprach, und zugleich war manches erſpart.
Peter that ihr den Gefallen, zwei Tage nach demſelben wieder abzureiſen, und ihr Freiheit zu laſſen, ſich und uns Kinder in ſtatieuſe Trauer zu werfen; denn bei ſeiner Anweſenheit beſorgte ſie nur das nothwendigſte, fuͤr ſich ſelbſt aber gar nichts, da ſie noch immer die Kranke machte und bettlaͤgrig blieb. Der Herr Schwager hatte ſie uͤberhaupt in vielen Stuͤcken genirt, außer dem Zwang, traurig und krank zu thun, mußte ſie, weil er es wollte, meine Schweſter beſtaͤndig um ſich dulden, und die guͤtige Mutter gegen ſie machen. Madelon verließ freilich das Zimmer ihrer Mutter immer, wenn der Oncle weggieng, denn da ſetzte es allezeit Schelde, oder ſie ward gar ans Bette gerufen, um unter dem Vorwand, daß dies oder jenes an ihrem An- zug verdorben waͤre, Ohrfeigen zu empfangen; wenn ſie aber Peter bei den Domeſtiquen in einem Win- kel ſitzen, oder ſonſt einſam herumirren ſah, fuͤhrte
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ganten Frau hatte, nicht geſchickt, wenn ſie ſich
ſelbſt damit eingelaſſen haͤtte, nun aber konnte ſie
ſich mit ihrer Krankheit entſchuldigen, die ihr nicht
zugelaſſen haͤtte, ſich um etwas zu bekuͤmmern, konn-
te uͤber den einfaͤltigen Peter, der alles nach den
Fuß der alten Welt machte, ſpotten, wenn ſie nach
der Zeit von dem Begraͤbniß ſprach, und zugleich
war manches erſpart.
Peter that ihr den Gefallen, zwei Tage nach
demſelben wieder abzureiſen, und ihr Freiheit zu
laſſen, ſich und uns Kinder in ſtatieuſe Trauer zu
werfen; denn bei ſeiner Anweſenheit beſorgte ſie
nur das nothwendigſte, fuͤr ſich ſelbſt aber gar nichts,
da ſie noch immer die Kranke machte und bettlaͤgrig
blieb. Der Herr Schwager hatte ſie uͤberhaupt in
vielen Stuͤcken genirt, außer dem Zwang, traurig
und krank zu thun, mußte ſie, weil er es wollte,
meine Schweſter beſtaͤndig um ſich dulden, und die
guͤtige Mutter gegen ſie machen. Madelon verließ
freilich das Zimmer ihrer Mutter immer, wenn der
Oncle weggieng, denn da ſetzte es allezeit Schelde,
oder ſie ward gar ans Bette gerufen, um unter
dem Vorwand, daß dies oder jenes an ihrem An-
zug verdorben waͤre, Ohrfeigen zu empfangen; wenn
ſie aber Peter bei den Domeſtiquen in einem Win-
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/87>, abgerufen am 16.02.2025.
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