Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.
seine Krankheit sehr bekümmert. Sie war sei- ne einzige Wärterinn, und besonders sehr auf- merksam auf das, was der Arzt für schädlich er- klärte, um es unvermerkt dem Kranken mitun- ter geben zu können; auch vergriff sie sich zu- weilen, wenn sie ihm die Mediein gab, das war aber auch alles, was sie jetzt zur Beförderung sei- nes seligen Endes beitrug. Es mußte, wie sichs täglich mehr zeigte, nicht sehr weit mehr entfernt sein, deswegen wollte sie ihn auch nicht länger mit dem Verlangen quälen, den Gasthof zu verpachten, oder gar zu verkäufen, und in das Privathaus zu ziehen. Nur einmal hatte sie diesen Wunsch geäußert, aber Johann Jacob hatte sie aufs liebreichste gebeten, ihn in dem Hau- se, wo er gebohren wäre, sterben zu lassen, so be- schloß sie nun, diese Bitte zu erfüllen. Jhre Güte, oder vielmehr ihre Vorsicht gieng noch weiter, sie nahm gegen Madelon völlig die Rolle der zärtlichen Mutter an, und stellte sich we- gen meiner Unarten äußerst besorgt, erzählte zuwei- len Vater Jacob selbst einen meiner Streiche, wor- über sie mich allein, um ihm nicht Aergerniß zu machen, nachdrücklich gezüchtigt, worauf ich ihr denn wehmüthig Abbitte gethan, auch Gehorsam versprochen hätte. Ein andermal ersann sie hinge- gen
ſeine Krankheit ſehr bekuͤmmert. Sie war ſei- ne einzige Waͤrterinn, und beſonders ſehr auf- merkſam auf das, was der Arzt fuͤr ſchaͤdlich er- klaͤrte, um es unvermerkt dem Kranken mitun- ter geben zu koͤnnen; auch vergriff ſie ſich zu- weilen, wenn ſie ihm die Mediein gab, das war aber auch alles, was ſie jetzt zur Befoͤrderung ſei- nes ſeligen Endes beitrug. Es mußte, wie ſichs taͤglich mehr zeigte, nicht ſehr weit mehr entfernt ſein, deswegen wollte ſie ihn auch nicht laͤnger mit dem Verlangen quaͤlen, den Gaſthof zu verpachten, oder gar zu verkaͤufen, und in das Privathaus zu ziehen. Nur einmal hatte ſie dieſen Wunſch geaͤußert, aber Johann Jacob hatte ſie aufs liebreichſte gebeten, ihn in dem Hau- ſe, wo er gebohren waͤre, ſterben zu laſſen, ſo be- ſchloß ſie nun, dieſe Bitte zu erfuͤllen. Jhre Guͤte, oder vielmehr ihre Vorſicht gieng noch weiter, ſie nahm gegen Madelon voͤllig die Rolle der zaͤrtlichen Mutter an, und ſtellte ſich we- gen meiner Unarten aͤußerſt beſorgt, erzaͤhlte zuwei- len Vater Jacob ſelbſt einen meiner Streiche, wor- uͤber ſie mich allein, um ihm nicht Aergerniß zu machen, nachdruͤcklich gezuͤchtigt, worauf ich ihr denn wehmuͤthig Abbitte gethan, auch Gehorſam verſprochen haͤtte. Ein andermal erſann ſie hinge- gen
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ſeine Krankheit ſehr bekuͤmmert. Sie war ſei-
ne einzige Waͤrterinn, und beſonders ſehr auf-
merkſam auf das, was der Arzt fuͤr ſchaͤdlich er-
klaͤrte, um es unvermerkt dem Kranken mitun-
ter geben zu koͤnnen; auch vergriff ſie ſich zu-
weilen, wenn ſie ihm die Mediein gab, das war
aber auch alles, was ſie jetzt zur Befoͤrderung ſei-
nes ſeligen Endes beitrug.
Es mußte, wie ſichs taͤglich mehr zeigte, nicht
ſehr weit mehr entfernt ſein, deswegen wollte ſie ihn
auch nicht laͤnger mit dem Verlangen quaͤlen, den
Gaſthof zu verpachten, oder gar zu verkaͤufen, und
in das Privathaus zu ziehen. Nur einmal hatte
ſie dieſen Wunſch geaͤußert, aber Johann Jacob
hatte ſie aufs liebreichſte gebeten, ihn in dem Hau-
ſe, wo er gebohren waͤre, ſterben zu laſſen, ſo be-
ſchloß ſie nun, dieſe Bitte zu erfuͤllen.
Jhre Guͤte, oder vielmehr ihre Vorſicht gieng
noch weiter, ſie nahm gegen Madelon voͤllig die
Rolle der zaͤrtlichen Mutter an, und ſtellte ſich we-
gen meiner Unarten aͤußerſt beſorgt, erzaͤhlte zuwei-
len Vater Jacob ſelbſt einen meiner Streiche, wor-
uͤber ſie mich allein, um ihm nicht Aergerniß zu
machen, nachdruͤcklich gezuͤchtigt, worauf ich ihr
denn wehmuͤthig Abbitte gethan, auch Gehorſam
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