Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.
er ihre Eroberung gemacht, durch das Spiel fort- zusetzen im Stande gewesen wäre. Da aber doch dies Metier seine Leute oft stecken ließ, so hätte es ihm solider geschienen, sich durch Heirath zu berei- chern. Diese Nachrichten, welche mit satyrischen Aus- fällen auf unsere Dame und ihre geführte Lebensart begleitet waren, stürzten diese in Verzweiflung, nie gewohnt, ihren Einfällen nur einen Gran Ueberle- gung entgegen zu setzen, wie wir, die mit Leib, Seel und Geist blos an Glück und Wollust hängen, und wenn dies den Rücken kehrt, nichts mehr kennen, was uns entschädigen könnte, dies alle nicht ge- lernt haben, so faßte sie ein Messer und stieß sich sel- biges, ehe es verhindert werden konnte, in die Sei- te. Sie starb nicht gleich, wäre vielleicht gar da- von gekommen, weil der Stich nicht gerade ins Herz getroffen hatte; aber ihre Raserei machte Heilung unmöglich; oft rief sie in derselben aus: o Bonitz, Bonitz, hätte ich dir gefolgt und einen schlicht ehr- lichen braven Mann geheirathet! hätte ich doch die Augen über meine Lebensweise eher geöffnet, jetzt geschieht es zu meiner noch mehrern Folter! Doch das waren Fantasien einer Kranken, wohl behielt sie selbige bis zum letzten Athemzug bei, und sentimentalische Leute wußten daraus viel gute Leh- ren E 4
er ihre Eroberung gemacht, durch das Spiel fort- zuſetzen im Stande geweſen waͤre. Da aber doch dies Metier ſeine Leute oft ſtecken ließ, ſo haͤtte es ihm ſolider geſchienen, ſich durch Heirath zu berei- chern. Dieſe Nachrichten, welche mit ſatyriſchen Aus- faͤllen auf unſere Dame und ihre gefuͤhrte Lebensart begleitet waren, ſtuͤrzten dieſe in Verzweiflung, nie gewohnt, ihren Einfaͤllen nur einen Gran Ueberle- gung entgegen zu ſetzen, wie wir, die mit Leib, Seel und Geiſt blos an Gluͤck und Wolluſt haͤngen, und wenn dies den Ruͤcken kehrt, nichts mehr kennen, was uns entſchaͤdigen koͤnnte, dies alle nicht ge- lernt haben, ſo faßte ſie ein Meſſer und ſtieß ſich ſel- biges, ehe es verhindert werden konnte, in die Sei- te. Sie ſtarb nicht gleich, waͤre vielleicht gar da- von gekommen, weil der Stich nicht gerade ins Herz getroffen hatte; aber ihre Raſerei machte Heilung unmoͤglich; oft rief ſie in derſelben aus: o Bonitz, Bonitz, haͤtte ich dir gefolgt und einen ſchlicht ehr- lichen braven Mann geheirathet! haͤtte ich doch die Augen uͤber meine Lebensweiſe eher geoͤffnet, jetzt geſchieht es zu meiner noch mehrern Folter! Doch das waren Fantaſien einer Kranken, wohl behielt ſie ſelbige bis zum letzten Athemzug bei, und ſentimentaliſche Leute wußten daraus viel gute Leh- ren E 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#SUS"> <p><pb facs="#f0075" n="71"/> er ihre Eroberung gemacht, durch das Spiel fort-<lb/> zuſetzen im Stande geweſen waͤre. Da aber doch<lb/> dies Metier ſeine Leute oft ſtecken ließ, ſo haͤtte es<lb/> ihm ſolider geſchienen, ſich durch Heirath zu berei-<lb/> chern.</p><lb/> <p>Dieſe Nachrichten, welche mit ſatyriſchen Aus-<lb/> faͤllen auf unſere Dame und ihre gefuͤhrte Lebensart<lb/> begleitet waren, ſtuͤrzten dieſe in Verzweiflung, nie<lb/> gewohnt, ihren Einfaͤllen nur einen Gran Ueberle-<lb/> gung entgegen zu ſetzen, wie wir, die mit Leib, Seel<lb/> und Geiſt blos an Gluͤck und Wolluſt haͤngen, und<lb/> wenn dies den Ruͤcken kehrt, nichts mehr kennen,<lb/> was uns entſchaͤdigen koͤnnte, dies alle nicht ge-<lb/> lernt haben, ſo faßte ſie ein Meſſer und ſtieß ſich ſel-<lb/> biges, ehe es verhindert werden konnte, in die Sei-<lb/> te. Sie ſtarb nicht gleich, waͤre vielleicht gar da-<lb/> von gekommen, weil der Stich nicht gerade ins Herz<lb/> getroffen hatte; aber ihre Raſerei machte Heilung<lb/> unmoͤglich; oft rief ſie in derſelben aus: o Bonitz,<lb/> Bonitz, haͤtte ich dir gefolgt und einen ſchlicht ehr-<lb/> lichen braven Mann geheirathet! haͤtte ich doch die<lb/> Augen uͤber meine Lebensweiſe eher geoͤffnet, jetzt<lb/> geſchieht es zu meiner noch mehrern Folter!</p><lb/> <p>Doch das waren Fantaſien einer Kranken, wohl<lb/> behielt ſie ſelbige bis zum letzten Athemzug bei, und<lb/> ſentimentaliſche Leute wußten daraus viel gute Leh-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">E 4</fw><fw place="bottom" type="catch">ren</fw><lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [71/0075]
er ihre Eroberung gemacht, durch das Spiel fort-
zuſetzen im Stande geweſen waͤre. Da aber doch
dies Metier ſeine Leute oft ſtecken ließ, ſo haͤtte es
ihm ſolider geſchienen, ſich durch Heirath zu berei-
chern.
Dieſe Nachrichten, welche mit ſatyriſchen Aus-
faͤllen auf unſere Dame und ihre gefuͤhrte Lebensart
begleitet waren, ſtuͤrzten dieſe in Verzweiflung, nie
gewohnt, ihren Einfaͤllen nur einen Gran Ueberle-
gung entgegen zu ſetzen, wie wir, die mit Leib, Seel
und Geiſt blos an Gluͤck und Wolluſt haͤngen, und
wenn dies den Ruͤcken kehrt, nichts mehr kennen,
was uns entſchaͤdigen koͤnnte, dies alle nicht ge-
lernt haben, ſo faßte ſie ein Meſſer und ſtieß ſich ſel-
biges, ehe es verhindert werden konnte, in die Sei-
te. Sie ſtarb nicht gleich, waͤre vielleicht gar da-
von gekommen, weil der Stich nicht gerade ins Herz
getroffen hatte; aber ihre Raſerei machte Heilung
unmoͤglich; oft rief ſie in derſelben aus: o Bonitz,
Bonitz, haͤtte ich dir gefolgt und einen ſchlicht ehr-
lichen braven Mann geheirathet! haͤtte ich doch die
Augen uͤber meine Lebensweiſe eher geoͤffnet, jetzt
geſchieht es zu meiner noch mehrern Folter!
Doch das waren Fantaſien einer Kranken, wohl
behielt ſie ſelbige bis zum letzten Athemzug bei, und
ſentimentaliſche Leute wußten daraus viel gute Leh-
ren
E 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |