Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.Frau von Treff wünschte, da sie wieder frei war, sobald als möglich einen andern Namen an- zunehmen. Sie hatte dem jungen Herrn von Bo- nitz, eben den, der, wie wir gehört, von ihr un- terhalten worden war, das Glück zugedacht, an ih- rer werthen Hand das Leben dahin zu spatzieren, dieser aber war so unerkenntlich, es nicht anzu- nehmen. Jn der Zeit des Prozesses zwischen dem Tref- fischen Ehepaar, ward er zu einem reichen Verwand- ten berufen, der unter die Geistmenschen gehörte. Dieser liebte seinen Neveu, und wußte, daß er noch nicht von Grund aus verdorben war, deshalb spar- re er nichts, ihm in den letzten Augenblicken sei- nes Lebens die Unordnung der bisherigen Lebensart nicht nur zu verweisen, sondern auch so verderblich und aller Achtung unwürdig zu schildern, als es Leuten seiner Art vorkommt. Er starb und hinter- ließ dem jungen Mann ein ansehnliches Vermögen; dieser hatte ein weiches Herz -- noch war er zu kurze Zeit in den Händen der heroischen Seelen, wie ich sie so oft hier geschildert, und zu denen ich selbst gehörte, gewesen, um standhaft auf der Bahn unserer Tugenden fortzuwandeln -- also machte die Predigt des sterbenden Oheims und die Dankbar- keit auf einmal einen ganz andern Menschen aus ihm.
Frau von Treff wuͤnſchte, da ſie wieder frei war, ſobald als moͤglich einen andern Namen an- zunehmen. Sie hatte dem jungen Herrn von Bo- nitz, eben den, der, wie wir gehoͤrt, von ihr un- terhalten worden war, das Gluͤck zugedacht, an ih- rer werthen Hand das Leben dahin zu ſpatzieren, dieſer aber war ſo unerkenntlich, es nicht anzu- nehmen. Jn der Zeit des Prozeſſes zwiſchen dem Tref- fiſchen Ehepaar, ward er zu einem reichen Verwand- ten berufen, der unter die Geiſtmenſchen gehoͤrte. Dieſer liebte ſeinen Neveu, und wußte, daß er noch nicht von Grund aus verdorben war, deshalb ſpar- re er nichts, ihm in den letzten Augenblicken ſei- nes Lebens die Unordnung der bisherigen Lebensart nicht nur zu verweiſen, ſondern auch ſo verderblich und aller Achtung unwuͤrdig zu ſchildern, als es Leuten ſeiner Art vorkommt. Er ſtarb und hinter- ließ dem jungen Mann ein anſehnliches Vermoͤgen; dieſer hatte ein weiches Herz — noch war er zu kurze Zeit in den Haͤnden der heroiſchen Seelen, wie ich ſie ſo oft hier geſchildert, und zu denen ich ſelbſt gehoͤrte, geweſen, um ſtandhaft auf der Bahn unſerer Tugenden fortzuwandeln — alſo machte die Predigt des ſterbenden Oheims und die Dankbar- keit auf einmal einen ganz andern Menſchen aus ihm.
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Frau von Treff wuͤnſchte, da ſie wieder frei
war, ſobald als moͤglich einen andern Namen an-
zunehmen. Sie hatte dem jungen Herrn von Bo-
nitz, eben den, der, wie wir gehoͤrt, von ihr un-
terhalten worden war, das Gluͤck zugedacht, an ih-
rer werthen Hand das Leben dahin zu ſpatzieren,
dieſer aber war ſo unerkenntlich, es nicht anzu-
nehmen.
Jn der Zeit des Prozeſſes zwiſchen dem Tref-
fiſchen Ehepaar, ward er zu einem reichen Verwand-
ten berufen, der unter die Geiſtmenſchen gehoͤrte.
Dieſer liebte ſeinen Neveu, und wußte, daß er noch
nicht von Grund aus verdorben war, deshalb ſpar-
re er nichts, ihm in den letzten Augenblicken ſei-
nes Lebens die Unordnung der bisherigen Lebensart
nicht nur zu verweiſen, ſondern auch ſo verderblich
und aller Achtung unwuͤrdig zu ſchildern, als es
Leuten ſeiner Art vorkommt. Er ſtarb und hinter-
ließ dem jungen Mann ein anſehnliches Vermoͤgen;
dieſer hatte ein weiches Herz — noch war er zu
kurze Zeit in den Haͤnden der heroiſchen Seelen,
wie ich ſie ſo oft hier geſchildert, und zu denen ich
ſelbſt gehoͤrte, geweſen, um ſtandhaft auf der Bahn
unſerer Tugenden fortzuwandeln — alſo machte die
Predigt des ſterbenden Oheims und die Dankbar-
keit auf einmal einen ganz andern Menſchen aus
ihm.
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