Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite
zu denen er schreiten wollte, und lachte seiner Dro-
hungen, die sie ihm auszuüben freistellte, da er
schlecht genug wäre, sie ihr verzeihen zu wollen,
wenn sie ihn zum Herrn des Jhrigen machte. Sie
wollte nicht eingestehen, daß sie Unrecht hätte, ei-
nen andern guten Freund zu begünstigen, da er ihr
ja die größte Untreue bewies, wenigstens, sagte sie,
wird doch den Leuten mein Geschmack nicht so
schlecht und lächerlich vorkommen, als derjenige,
da du es mit dem abgeschmackten Weibe, der Wir-
thinn, hältst, die dich zu deiner Schande so ein-
genommen hat, daß du ihr alles giebst, und die-
ser H ... am liebsten auch das Meinige auf-
opfern möchtest.

Meine Mutter stand vor der Thür und hatte
ihre Lobrede vernommen; das war nicht zum Dul-
den, sie fuhr hinein, und ohne Mäßigung schimpfte
sie die gnädige Frau wieder. Diese war aufgebracht
und wies ihr die Thür; aber Suschen gieng nicht,
sie behauptete, daß die Frau Baronin kein Recht
hätte, sie in ihren eigenen vier Pfählen irgendwo
gehen zu heißen, ergriff ihr Thema wieder und
setzte den Zank so lange fort, bis alles, was sie
von Jhr Gnaden wußte, heraus war. Jhr Gna-
den lachten zwar dazu, aber mitten unter diesem
Gleichgültigthun erzählte sie doch hinwieder einer
ihrer
zu denen er ſchreiten wollte, und lachte ſeiner Dro-
hungen, die ſie ihm auszuuͤben freiſtellte, da er
ſchlecht genug waͤre, ſie ihr verzeihen zu wollen,
wenn ſie ihn zum Herrn des Jhrigen machte. Sie
wollte nicht eingeſtehen, daß ſie Unrecht haͤtte, ei-
nen andern guten Freund zu beguͤnſtigen, da er ihr
ja die groͤßte Untreue bewies, wenigſtens, ſagte ſie,
wird doch den Leuten mein Geſchmack nicht ſo
ſchlecht und laͤcherlich vorkommen, als derjenige,
da du es mit dem abgeſchmackten Weibe, der Wir-
thinn, haͤltſt, die dich zu deiner Schande ſo ein-
genommen hat, daß du ihr alles giebſt, und die-
ſer H ... am liebſten auch das Meinige auf-
opfern moͤchteſt.

Meine Mutter ſtand vor der Thuͤr und hatte
ihre Lobrede vernommen; das war nicht zum Dul-
den, ſie fuhr hinein, und ohne Maͤßigung ſchimpfte
ſie die gnaͤdige Frau wieder. Dieſe war aufgebracht
und wies ihr die Thuͤr; aber Suschen gieng nicht,
ſie behauptete, daß die Frau Baronin kein Recht
haͤtte, ſie in ihren eigenen vier Pfaͤhlen irgendwo
gehen zu heißen, ergriff ihr Thema wieder und
ſetzte den Zank ſo lange fort, bis alles, was ſie
von Jhr Gnaden wußte, heraus war. Jhr Gna-
den lachten zwar dazu, aber mitten unter dieſem
Gleichguͤltigthun erzaͤhlte ſie doch hinwieder einer
ihrer
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#SUS">
          <p><pb facs="#f0061" n="57"/>
zu denen er &#x017F;chreiten wollte, und lachte &#x017F;einer Dro-<lb/>
hungen, die &#x017F;ie ihm auszuu&#x0364;ben frei&#x017F;tellte, da er<lb/>
&#x017F;chlecht genug wa&#x0364;re, &#x017F;ie ihr verzeihen zu wollen,<lb/>
wenn &#x017F;ie ihn zum Herrn des Jhrigen machte. Sie<lb/>
wollte nicht einge&#x017F;tehen, daß &#x017F;ie Unrecht ha&#x0364;tte, ei-<lb/>
nen andern guten Freund zu begu&#x0364;n&#x017F;tigen, da er ihr<lb/>
ja die gro&#x0364;ßte Untreue bewies, wenig&#x017F;tens, &#x017F;agte &#x017F;ie,<lb/>
wird doch den Leuten mein Ge&#x017F;chmack nicht &#x017F;o<lb/>
&#x017F;chlecht und la&#x0364;cherlich vorkommen, als derjenige,<lb/>
da du es mit dem abge&#x017F;chmackten Weibe, der Wir-<lb/>
thinn, ha&#x0364;lt&#x017F;t, die dich zu deiner Schande &#x017F;o ein-<lb/>
genommen hat, daß du ihr alles gieb&#x017F;t, und die-<lb/>
&#x017F;er H ... am lieb&#x017F;ten auch das Meinige auf-<lb/>
opfern mo&#x0364;chte&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Meine Mutter &#x017F;tand vor der Thu&#x0364;r und hatte<lb/>
ihre Lobrede vernommen; das war nicht zum Dul-<lb/>
den, &#x017F;ie fuhr hinein, und ohne Ma&#x0364;ßigung &#x017F;chimpfte<lb/>
&#x017F;ie die gna&#x0364;dige Frau wieder. Die&#x017F;e war aufgebracht<lb/>
und wies ihr die Thu&#x0364;r; aber Suschen gieng nicht,<lb/>
&#x017F;ie behauptete, daß die Frau Baronin kein Recht<lb/>
ha&#x0364;tte, &#x017F;ie in ihren eigenen vier Pfa&#x0364;hlen irgendwo<lb/>
gehen zu heißen, ergriff ihr Thema wieder und<lb/>
&#x017F;etzte den Zank &#x017F;o lange fort, bis alles, was &#x017F;ie<lb/>
von Jhr Gnaden wußte, heraus war. Jhr Gna-<lb/>
den lachten zwar dazu, aber mitten unter die&#x017F;em<lb/>
Gleichgu&#x0364;ltigthun erza&#x0364;hlte &#x017F;ie doch hinwieder einer<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ihrer</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[57/0061] zu denen er ſchreiten wollte, und lachte ſeiner Dro- hungen, die ſie ihm auszuuͤben freiſtellte, da er ſchlecht genug waͤre, ſie ihr verzeihen zu wollen, wenn ſie ihn zum Herrn des Jhrigen machte. Sie wollte nicht eingeſtehen, daß ſie Unrecht haͤtte, ei- nen andern guten Freund zu beguͤnſtigen, da er ihr ja die groͤßte Untreue bewies, wenigſtens, ſagte ſie, wird doch den Leuten mein Geſchmack nicht ſo ſchlecht und laͤcherlich vorkommen, als derjenige, da du es mit dem abgeſchmackten Weibe, der Wir- thinn, haͤltſt, die dich zu deiner Schande ſo ein- genommen hat, daß du ihr alles giebſt, und die- ſer H ... am liebſten auch das Meinige auf- opfern moͤchteſt. Meine Mutter ſtand vor der Thuͤr und hatte ihre Lobrede vernommen; das war nicht zum Dul- den, ſie fuhr hinein, und ohne Maͤßigung ſchimpfte ſie die gnaͤdige Frau wieder. Dieſe war aufgebracht und wies ihr die Thuͤr; aber Suschen gieng nicht, ſie behauptete, daß die Frau Baronin kein Recht haͤtte, ſie in ihren eigenen vier Pfaͤhlen irgendwo gehen zu heißen, ergriff ihr Thema wieder und ſetzte den Zank ſo lange fort, bis alles, was ſie von Jhr Gnaden wußte, heraus war. Jhr Gna- den lachten zwar dazu, aber mitten unter dieſem Gleichguͤltigthun erzaͤhlte ſie doch hinwieder einer ihrer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/61
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/61>, abgerufen am 24.11.2024.