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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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eben befanden, erkannt wurde. Jhre Eltern hatten
unsere Flucht bereits an die nächsten Verwandten
gemeldet, es war also natürlich, daß der Herr Vet-
ter sie aufhielt und sich sogleich mit ihr nach un-
serm Logis begab, wo er auch mich, der nicht mit
ihr, sondern, um Reiseanstalten zu machen, be-
sonders ausgegangen war, erwartete.

Jch wäre auch richtig in seine Hände gefallen,
wenn nicht mein Bedienter ein Mensch, den ich
unterweges aufgerafft hatte, mit Hannchen gegan-
gen und also Zeuge von dem unvermutheten Zusam-
mentreffen des guten Mädchens mit ihrem Ver-
wandten gewesen wäre. Er hatte sich, als er aus
Hanchens Erschrecken und der rauchen Begrüßung
des Vetters schloß, daß seine Erscheinung auch
nicht nach meinem Sinne sein werde, davon ge-
macht, und jener, welcher nicht wissen konnte, daß
dieser Bediente zu seiner Nichte gehörte, ließ ihn
ungehindert gehn. Mein Glück wollte, daß ich ihm
begegnen sollte, er hatte mir nicht so bald gemel-
det, was vorgefallen, war, als ich beschloß, alles
im Stiche zu lassen und mich aus dem Staube zu
machen; diese Entschließung mußte ich um so schnel-
ser fassen, da Johann mir hinterbrachte, der bö-
se harte Mann hätte nach mir gefragt, und das
mit Ausdrücken, die sehr wohl errathen liessen,
welche Züchtigung mir bevorstünde Jch besaß in-
dessen Gegenwart des Geistes genug, um dem Jo-
hann meine Bestürzung nicht merken zu lassen.
"Hätt er mich doch mit seinem ängstlich thun bald
erschreckt, sagte ich, dacht ich nicht Wunder was es
gäbe! Nun ich kenne den alten Herrn schon, er wird

wohl
G g 2

eben befanden, erkannt wurde. Jhre Eltern hatten
unſere Flucht bereits an die naͤchſten Verwandten
gemeldet, es war alſo natuͤrlich, daß der Herr Vet-
ter ſie aufhielt und ſich ſogleich mit ihr nach un-
ſerm Logis begab, wo er auch mich, der nicht mit
ihr, ſondern, um Reiſeanſtalten zu machen, be-
ſonders ausgegangen war, erwartete.

Jch waͤre auch richtig in ſeine Haͤnde gefallen,
wenn nicht mein Bedienter ein Menſch, den ich
unterweges aufgerafft hatte, mit Hannchen gegan-
gen und alſo Zeuge von dem unvermutheten Zuſam-
mentreffen des guten Maͤdchens mit ihrem Ver-
wandten geweſen waͤre. Er hatte ſich, als er aus
Hanchens Erſchrecken und der rauchen Begruͤßung
des Vetters ſchloß, daß ſeine Erſcheinung auch
nicht nach meinem Sinne ſein werde, davon ge-
macht, und jener, welcher nicht wiſſen konnte, daß
dieſer Bediente zu ſeiner Nichte gehoͤrte, ließ ihn
ungehindert gehn. Mein Gluͤck wollte, daß ich ihm
begegnen ſollte, er hatte mir nicht ſo bald gemel-
det, was vorgefallen, war, als ich beſchloß, alles
im Stiche zu laſſen und mich aus dem Staube zu
machen; dieſe Entſchließung mußte ich um ſo ſchnel-
ſer faſſen, da Johann mir hinterbrachte, der boͤ-
ſe harte Mann haͤtte nach mir gefragt, und das
mit Ausdruͤcken, die ſehr wohl errathen lieſſen,
welche Zuͤchtigung mir bevorſtuͤnde Jch beſaß in-
deſſen Gegenwart des Geiſtes genug, um dem Jo-
hann meine Beſtuͤrzung nicht merken zu laſſen.
„Haͤtt er mich doch mit ſeinem aͤngſtlich thun bald
erſchreckt, ſagte ich, dacht ich nicht Wunder was es
gaͤbe! Nun ich kenne den alten Herrn ſchon, er wird

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[467/0471] eben befanden, erkannt wurde. Jhre Eltern hatten unſere Flucht bereits an die naͤchſten Verwandten gemeldet, es war alſo natuͤrlich, daß der Herr Vet- ter ſie aufhielt und ſich ſogleich mit ihr nach un- ſerm Logis begab, wo er auch mich, der nicht mit ihr, ſondern, um Reiſeanſtalten zu machen, be- ſonders ausgegangen war, erwartete. Jch waͤre auch richtig in ſeine Haͤnde gefallen, wenn nicht mein Bedienter ein Menſch, den ich unterweges aufgerafft hatte, mit Hannchen gegan- gen und alſo Zeuge von dem unvermutheten Zuſam- mentreffen des guten Maͤdchens mit ihrem Ver- wandten geweſen waͤre. Er hatte ſich, als er aus Hanchens Erſchrecken und der rauchen Begruͤßung des Vetters ſchloß, daß ſeine Erſcheinung auch nicht nach meinem Sinne ſein werde, davon ge- macht, und jener, welcher nicht wiſſen konnte, daß dieſer Bediente zu ſeiner Nichte gehoͤrte, ließ ihn ungehindert gehn. Mein Gluͤck wollte, daß ich ihm begegnen ſollte, er hatte mir nicht ſo bald gemel- det, was vorgefallen, war, als ich beſchloß, alles im Stiche zu laſſen und mich aus dem Staube zu machen; dieſe Entſchließung mußte ich um ſo ſchnel- ſer faſſen, da Johann mir hinterbrachte, der boͤ- ſe harte Mann haͤtte nach mir gefragt, und das mit Ausdruͤcken, die ſehr wohl errathen lieſſen, welche Zuͤchtigung mir bevorſtuͤnde Jch beſaß in- deſſen Gegenwart des Geiſtes genug, um dem Jo- hann meine Beſtuͤrzung nicht merken zu laſſen. „Haͤtt er mich doch mit ſeinem aͤngſtlich thun bald erſchreckt, ſagte ich, dacht ich nicht Wunder was es gaͤbe! Nun ich kenne den alten Herrn ſchon, er wird wohl G g 2

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/471>, abgerufen am 25.11.2024.