hätte, wollte ich ihn so zu prellen suchen, daß ich Casse genug hätte, um in die weite Welt zu gehn, irgendwo unter andern Nahmen eine Bank anzule- gen, mich reich zu spielen, dann eine Frau mit Ver- mögen, wer und wie sie auch sein möchte zu heira- then, übrigens Speculationen aller Art zu machen, um die Erbschaft des Oncle entbehren zu können.
Jch traf ihn zu Hause und war willkommen. Die Geschichte, welche ich ihm, meine Mutter (die ich schon todt sein ließ) und den Verlust ihres Ver- mögens betreffend, auftischen wollte, war schon zu- sammengesetzt, ich konnte sie also ohne Anstoß vor- tragen. Die Treff-Dame ward nicht geschont, unter Wehklagen, ja mit Thränen erzählte ich, daß schon Baron Treff viel von dem Vermögen verthan und heimlich seinen Verwandten zugesteckt hätte; daß nach seinem Tode der schlechte Kerl Hieronimus Schlupfloch, der meiner Mutter Buhler gewesen, sie vollends um alles gebracht; daß er dieses, da sie sich dem Trunk ergeben und selten bei Verstande gewe- sen, auch leicht gekonnt, und dann zuletzt mit Hab und Guth in Gesellschaft einer lüderlichen Weibsper- son davon gelaufen sei etc. Oncle Peter erstannte und betrübte sich, sogar sah ich, daß er Mitleid mit mir hatte. Er ließ es aber nicht wi[r]klich aus, son- dern ging einige Zeit stillschweigend und Kopfschüt- telnd umher, ich konnte überhaupt einige Tage lang, während welchen mir nichts abging, wenig mehr errathen, als daß er überlegte, auf welche Art er mir forthelfen sollte. Als er hierüber mit sich einig
war,
haͤtte, wollte ich ihn ſo zu prellen ſuchen, daß ich Caſſe genug haͤtte, um in die weite Welt zu gehn, irgendwo unter andern Nahmen eine Bank anzule- gen, mich reich zu ſpielen, dann eine Frau mit Ver- moͤgen, wer und wie ſie auch ſein moͤchte zu heira- then, uͤbrigens Speculationen aller Art zu machen, um die Erbſchaft des Oncle entbehren zu koͤnnen.
Jch traf ihn zu Hauſe und war willkommen. Die Geſchichte, welche ich ihm, meine Mutter (die ich ſchon todt ſein ließ) und den Verluſt ihres Ver- moͤgens betreffend, auftiſchen wollte, war ſchon zu- ſammengeſetzt, ich konnte ſie alſo ohne Anſtoß vor- tragen. Die Treff-Dame ward nicht geſchont, unter Wehklagen, ja mit Thraͤnen erzaͤhlte ich, daß ſchon Baron Treff viel von dem Vermoͤgen verthan und heimlich ſeinen Verwandten zugeſteckt haͤtte; daß nach ſeinem Tode der ſchlechte Kerl Hieronimus Schlupfloch, der meiner Mutter Buhler geweſen, ſie vollends um alles gebracht; daß er dieſes, da ſie ſich dem Trunk ergeben und ſelten bei Verſtande gewe- ſen, auch leicht gekonnt, und dann zuletzt mit Hab und Guth in Geſellſchaft einer luͤderlichen Weibsper- ſon davon gelaufen ſei ꝛc. Oncle Peter erſtannte und betruͤbte ſich, ſogar ſah ich, daß er Mitleid mit mir hatte. Er ließ es aber nicht wi[r]klich aus, ſon- dern ging einige Zeit ſtillſchweigend und Kopfſchuͤt- telnd umher, ich konnte uͤberhaupt einige Tage lang, waͤhrend welchen mir nichts abging, wenig mehr errathen, als daß er uͤberlegte, auf welche Art er mir forthelfen ſollte. Als er hieruͤber mit ſich einig
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haͤtte, wollte ich ihn ſo zu prellen ſuchen, daß ich
Caſſe genug haͤtte, um in die weite Welt zu gehn,
irgendwo unter andern Nahmen eine Bank anzule-
gen, mich reich zu ſpielen, dann eine Frau mit Ver-
moͤgen, wer und wie ſie auch ſein moͤchte zu heira-
then, uͤbrigens Speculationen aller Art zu machen,
um die Erbſchaft des Oncle entbehren zu koͤnnen.
Jch traf ihn zu Hauſe und war willkommen.
Die Geſchichte, welche ich ihm, meine Mutter (die
ich ſchon todt ſein ließ) und den Verluſt ihres Ver-
moͤgens betreffend, auftiſchen wollte, war ſchon zu-
ſammengeſetzt, ich konnte ſie alſo ohne Anſtoß vor-
tragen. Die Treff-Dame ward nicht geſchont, unter
Wehklagen, ja mit Thraͤnen erzaͤhlte ich, daß ſchon
Baron Treff viel von dem Vermoͤgen verthan und
heimlich ſeinen Verwandten zugeſteckt haͤtte; daß
nach ſeinem Tode der ſchlechte Kerl Hieronimus
Schlupfloch, der meiner Mutter Buhler geweſen, ſie
vollends um alles gebracht; daß er dieſes, da ſie ſich
dem Trunk ergeben und ſelten bei Verſtande gewe-
ſen, auch leicht gekonnt, und dann zuletzt mit Hab
und Guth in Geſellſchaft einer luͤderlichen Weibsper-
ſon davon gelaufen ſei ꝛc. Oncle Peter erſtannte
und betruͤbte ſich, ſogar ſah ich, daß er Mitleid mit
mir hatte. Er ließ es aber nicht wirklich aus, ſon-
dern ging einige Zeit ſtillſchweigend und Kopfſchuͤt-
telnd umher, ich konnte uͤberhaupt einige Tage lang,
waͤhrend welchen mir nichts abging, wenig mehr
errathen, als daß er uͤberlegte, auf welche Art er
mir forthelfen ſollte. Als er hieruͤber mit ſich einig
war,
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 459. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/463>, abgerufen am 22.11.2024.
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