Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.
bens oder vielmehr in der Kunst, gänzlich zu entgei- sten und langsam zu tödten mit vieler Selbstge- nugsamkeit prahlte. Nichts war ihr ein angeneh- meres Schauspiel, als thierisch wollüstige Handlun- gen von Menschen oder Vieh verrichtet; sahe sie der- gleichen bei der letztern Gattung, so nahm sie alle- zeit Beweiß davon, daß die Natur selbst dem Heim- lichthun und dem verschämten Zwang bei der Be- gattung widerspräche; doch beklagte sie die Thiere, daß sie zu dumm wären, um auf mehr als eine ein- zige einförmige Art beim gegenseitigen Genuß rafi- niren zu können, und zu träge, um ihn oft zu wie- derholen. Mit solchen Talenten und einer so liebens- würdigen Freiheit im Denken versehn, war nun freilich Rike die Person, welche zur Beherrschung eines Liebhabers ihrer Art Recht hatte. Wie viel lernte ich nicht von ihr, was ich vorhin nicht wuß- te! welch Vergnügen verschafte sie mir! Es würde billig gewesen sein, ihre Verdienste um mich durch Millionen zu belohnen, wenn ich ein großer Fürst gewesen wäre, und sie hätte diese immer nach Lust und Belieben verschwenden können, die Einkünfte des Staats hätten ihr zum Ersatz doch wieder zu Gebote stehn müssen. Gewiß wäre dann auch Rike mir immer ergeben geblieben, ja sie hätte mir groß- müthigerweise der Freuden manche, außer denen die sie mir selbst gegeben, erlaubt und selbst verschafft. Jch war aber kein großer Fürst, also hatte sie weislich beschlossen, mir so lange hold und gewär- tig zu bleiben, als was von mir zu ziehn war. Es fügte
bens oder vielmehr in der Kunſt, gaͤnzlich zu entgei- ſten und langſam zu toͤdten mit vieler Selbſtge- nugſamkeit prahlte. Nichts war ihr ein angeneh- meres Schauſpiel, als thieriſch wolluͤſtige Handlun- gen von Menſchen oder Vieh verrichtet; ſahe ſie der- gleichen bei der letztern Gattung, ſo nahm ſie alle- zeit Beweiß davon, daß die Natur ſelbſt dem Heim- lichthun und dem verſchaͤmten Zwang bei der Be- gattung widerſpraͤche; doch beklagte ſie die Thiere, daß ſie zu dumm waͤren, um auf mehr als eine ein- zige einfoͤrmige Art beim gegenſeitigen Genuß rafi- niren zu koͤnnen, und zu traͤge, um ihn oft zu wie- derholen. Mit ſolchen Talenten und einer ſo liebens- wuͤrdigen Freiheit im Denken verſehn, war nun freilich Rike die Perſon, welche zur Beherrſchung eines Liebhabers ihrer Art Recht hatte. Wie viel lernte ich nicht von ihr, was ich vorhin nicht wuß- te! welch Vergnuͤgen verſchafte ſie mir! Es wuͤrde billig geweſen ſein, ihre Verdienſte um mich durch Millionen zu belohnen, wenn ich ein großer Fuͤrſt geweſen waͤre, und ſie haͤtte dieſe immer nach Luſt und Belieben verſchwenden koͤnnen, die Einkuͤnfte des Staats haͤtten ihr zum Erſatz doch wieder zu Gebote ſtehn muͤſſen. Gewiß waͤre dann auch Rike mir immer ergeben geblieben, ja ſie haͤtte mir groß- muͤthigerweiſe der Freuden manche, außer denen die ſie mir ſelbſt gegeben, erlaubt und ſelbſt verſchafft. Jch war aber kein großer Fuͤrſt, alſo hatte ſie weislich beſchloſſen, mir ſo lange hold und gewaͤr- tig zu bleiben, als was von mir zu ziehn war. Es fuͤgte
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#JCH"> <p><pb facs="#f0438" n="434"/> bens oder vielmehr in der Kunſt, gaͤnzlich zu entgei-<lb/> ſten und langſam zu toͤdten mit vieler Selbſtge-<lb/> nugſamkeit prahlte. Nichts war ihr ein angeneh-<lb/> meres Schauſpiel, als thieriſch wolluͤſtige Handlun-<lb/> gen von Menſchen oder Vieh verrichtet; ſahe ſie der-<lb/> gleichen bei der letztern Gattung, ſo nahm ſie alle-<lb/> zeit Beweiß davon, daß die Natur ſelbſt dem Heim-<lb/> lichthun und dem verſchaͤmten Zwang bei der Be-<lb/> gattung widerſpraͤche; doch beklagte ſie die Thiere,<lb/> daß ſie zu dumm waͤren, um auf mehr als eine ein-<lb/> zige einfoͤrmige Art beim gegenſeitigen Genuß rafi-<lb/> niren zu koͤnnen, und zu traͤge, um ihn oft zu wie-<lb/> derholen.</p><lb/> <p>Mit ſolchen Talenten und einer ſo liebens-<lb/> wuͤrdigen Freiheit im Denken verſehn, war nun<lb/> freilich Rike die Perſon, welche zur Beherrſchung<lb/> eines Liebhabers ihrer Art Recht hatte. Wie viel<lb/> lernte ich nicht von ihr, was ich vorhin nicht wuß-<lb/> te! welch Vergnuͤgen verſchafte ſie mir! Es wuͤrde<lb/> billig geweſen ſein, ihre Verdienſte um mich durch<lb/> Millionen zu belohnen, wenn ich ein großer Fuͤrſt<lb/> geweſen waͤre, und ſie haͤtte dieſe immer nach Luſt<lb/> und Belieben verſchwenden koͤnnen, die Einkuͤnfte<lb/> des Staats haͤtten ihr zum Erſatz doch wieder zu<lb/> Gebote ſtehn muͤſſen. Gewiß waͤre dann auch Rike<lb/> mir immer ergeben geblieben, ja ſie haͤtte mir groß-<lb/> muͤthigerweiſe der Freuden manche, außer denen<lb/> die ſie mir ſelbſt gegeben, erlaubt und ſelbſt verſchafft.</p><lb/> <p>Jch war aber kein großer Fuͤrſt, alſo hatte ſie<lb/> weislich beſchloſſen, mir ſo lange hold und gewaͤr-<lb/> tig zu bleiben, als was von mir zu ziehn war. Es<lb/> <fw place="bottom" type="catch">fuͤgte</fw><lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [434/0438]
bens oder vielmehr in der Kunſt, gaͤnzlich zu entgei-
ſten und langſam zu toͤdten mit vieler Selbſtge-
nugſamkeit prahlte. Nichts war ihr ein angeneh-
meres Schauſpiel, als thieriſch wolluͤſtige Handlun-
gen von Menſchen oder Vieh verrichtet; ſahe ſie der-
gleichen bei der letztern Gattung, ſo nahm ſie alle-
zeit Beweiß davon, daß die Natur ſelbſt dem Heim-
lichthun und dem verſchaͤmten Zwang bei der Be-
gattung widerſpraͤche; doch beklagte ſie die Thiere,
daß ſie zu dumm waͤren, um auf mehr als eine ein-
zige einfoͤrmige Art beim gegenſeitigen Genuß rafi-
niren zu koͤnnen, und zu traͤge, um ihn oft zu wie-
derholen.
Mit ſolchen Talenten und einer ſo liebens-
wuͤrdigen Freiheit im Denken verſehn, war nun
freilich Rike die Perſon, welche zur Beherrſchung
eines Liebhabers ihrer Art Recht hatte. Wie viel
lernte ich nicht von ihr, was ich vorhin nicht wuß-
te! welch Vergnuͤgen verſchafte ſie mir! Es wuͤrde
billig geweſen ſein, ihre Verdienſte um mich durch
Millionen zu belohnen, wenn ich ein großer Fuͤrſt
geweſen waͤre, und ſie haͤtte dieſe immer nach Luſt
und Belieben verſchwenden koͤnnen, die Einkuͤnfte
des Staats haͤtten ihr zum Erſatz doch wieder zu
Gebote ſtehn muͤſſen. Gewiß waͤre dann auch Rike
mir immer ergeben geblieben, ja ſie haͤtte mir groß-
muͤthigerweiſe der Freuden manche, außer denen
die ſie mir ſelbſt gegeben, erlaubt und ſelbſt verſchafft.
Jch war aber kein großer Fuͤrſt, alſo hatte ſie
weislich beſchloſſen, mir ſo lange hold und gewaͤr-
tig zu bleiben, als was von mir zu ziehn war. Es
fuͤgte
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/438 |
Zitationshilfe: | Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/438>, abgerufen am 16.07.2024. |