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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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als stöhnen und leise seufzen, dann sagte sie mit
gebrochener Stimme, Gott! laß mich diesen Gräuel
nicht überleben. Mein Engel erwiederte ich, Sie
müssen leben, für mich leben! Vergessen Sie Jhren
bisherigen Liebhaber, auch Blasewitz liebt Sie, auch
in seinen Armen sollen Sie die Freuden des Lebens
genießen.

Jch bemerkte, daß sie die Hände faltete, Bla-
sewitz -- verrathen von meinem Bruder -- also die-
ser doch ein Bösewicht? -- Dieß alles sagte sie lang-
sam und leise, indem sie immer dazwischen inne hielt.
Mir wurde wirklich Angst, ich wünschte die That
nicht begangen zu haben, mein Mitleid mit dem lie-
ben Mädchen ging so weit, daß ich mir vornahm,
sie zu heirathen, mein Vater möchte dazu sagen, was
er wollte. Jch hatte jetzt Ehrfurcht für das dulden-
de sanfte Geschöpf und zitterte vor dem Gedanken,
daß der Tod sie mir entreißen würde. Alles sagte
ich ihr, alles, was diese Empfindungen ausdrücken
konnte und sie waren nicht geheuchelt. Allein sie
machten keinen Eindruck auf Madelon, ich hörte sie
gar nicht mehr, ergriff nur dann und wann ihre
Hand, die sie aber immer zurückzog. Endlich be-
merkte ich, daß sie Hitze bekam, mir ward immer
übler zu Muthe, ich bat den Kutscher zuzufahren,
damit wir die Station erlangten.

Als wir da vor dem Posthause ankamen, muß-
te ich Jhre Schwester aus dem Wagen heben. Sie
ließ es geschehn, und bat mich sie in ein Haus zu
bringen, wo sie sich zu Bette legen könnte, weil sie
nicht im Stande wär, länger aufzubleiben. Jch
fragte
C c 3
als ſtoͤhnen und leiſe ſeufzen, dann ſagte ſie mit
gebrochener Stimme, Gott! laß mich dieſen Graͤuel
nicht uͤberleben. Mein Engel erwiederte ich, Sie
muͤſſen leben, fuͤr mich leben! Vergeſſen Sie Jhren
bisherigen Liebhaber, auch Blaſewitz liebt Sie, auch
in ſeinen Armen ſollen Sie die Freuden des Lebens
genießen.

Jch bemerkte, daß ſie die Haͤnde faltete, Bla-
ſewitz — verrathen von meinem Bruder — alſo die-
ſer doch ein Boͤſewicht? — Dieß alles ſagte ſie lang-
ſam und leiſe, indem ſie immer dazwiſchen inne hielt.
Mir wurde wirklich Angſt, ich wuͤnſchte die That
nicht begangen zu haben, mein Mitleid mit dem lie-
ben Maͤdchen ging ſo weit, daß ich mir vornahm,
ſie zu heirathen, mein Vater moͤchte dazu ſagen, was
er wollte. Jch hatte jetzt Ehrfurcht fuͤr das dulden-
de ſanfte Geſchoͤpf und zitterte vor dem Gedanken,
daß der Tod ſie mir entreißen wuͤrde. Alles ſagte
ich ihr, alles, was dieſe Empfindungen ausdruͤcken
konnte und ſie waren nicht geheuchelt. Allein ſie
machten keinen Eindruck auf Madelon, ich hoͤrte ſie
gar nicht mehr, ergriff nur dann und wann ihre
Hand, die ſie aber immer zuruͤckzog. Endlich be-
merkte ich, daß ſie Hitze bekam, mir ward immer
uͤbler zu Muthe, ich bat den Kutſcher zuzufahren,
damit wir die Station erlangten.

Als wir da vor dem Poſthauſe ankamen, muß-
te ich Jhre Schweſter aus dem Wagen heben. Sie
ließ es geſchehn, und bat mich ſie in ein Haus zu
bringen, wo ſie ſich zu Bette legen koͤnnte, weil ſie
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[405/0409] als ſtoͤhnen und leiſe ſeufzen, dann ſagte ſie mit gebrochener Stimme, Gott! laß mich dieſen Graͤuel nicht uͤberleben. Mein Engel erwiederte ich, Sie muͤſſen leben, fuͤr mich leben! Vergeſſen Sie Jhren bisherigen Liebhaber, auch Blaſewitz liebt Sie, auch in ſeinen Armen ſollen Sie die Freuden des Lebens genießen. Jch bemerkte, daß ſie die Haͤnde faltete, Bla- ſewitz — verrathen von meinem Bruder — alſo die- ſer doch ein Boͤſewicht? — Dieß alles ſagte ſie lang- ſam und leiſe, indem ſie immer dazwiſchen inne hielt. Mir wurde wirklich Angſt, ich wuͤnſchte die That nicht begangen zu haben, mein Mitleid mit dem lie- ben Maͤdchen ging ſo weit, daß ich mir vornahm, ſie zu heirathen, mein Vater moͤchte dazu ſagen, was er wollte. Jch hatte jetzt Ehrfurcht fuͤr das dulden- de ſanfte Geſchoͤpf und zitterte vor dem Gedanken, daß der Tod ſie mir entreißen wuͤrde. Alles ſagte ich ihr, alles, was dieſe Empfindungen ausdruͤcken konnte und ſie waren nicht geheuchelt. Allein ſie machten keinen Eindruck auf Madelon, ich hoͤrte ſie gar nicht mehr, ergriff nur dann und wann ihre Hand, die ſie aber immer zuruͤckzog. Endlich be- merkte ich, daß ſie Hitze bekam, mir ward immer uͤbler zu Muthe, ich bat den Kutſcher zuzufahren, damit wir die Station erlangten. Als wir da vor dem Poſthauſe ankamen, muß- te ich Jhre Schweſter aus dem Wagen heben. Sie ließ es geſchehn, und bat mich ſie in ein Haus zu bringen, wo ſie ſich zu Bette legen koͤnnte, weil ſie nicht im Stande waͤr, laͤnger aufzubleiben. Jch fragte C c 3

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/409>, abgerufen am 23.11.2024.