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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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für dich und mich nur übel ärger machen. Also
mußt du dich einzuschmeicheln suchen, damit man
dich gut und nicht so sclavisch hält, ich will es dir
schon nicht an Gelde fehlen lassen, daß du dir die
Leute zu Freunden machen kannst; verschwenden
mußt du freilich nichts, aber fehlen soll es dir auch
nicht, ich will es mir lieber selbst absparen.

Nach dieser gütigen Erklärung war die Erleich-
terung meines Schicksals nicht mühsam zu suchen,
und eben so leicht fiel es mir jetzt durch Politik da-
hin zu gelangen, denn da Mutter Suschen, seit ich
sie kannte, nichts als Pflichterfüllung oder aus Gut-
müthigkeit gethan hatte, und nur mit denen leid-
lich verfuhr, die ihren Leidenschaften opferten, so
waren alle Leute in unserm Hause, besonders meine
Herren Hofmeister, Null, Pelz und Confuselius,
dahin beflissen, ich hatte also Gelegenheit Politik
zu lernen, und wußte sie, sobald es nöthig war,
anzuwenden.

Als mein Stiefvater wieder abgereist war, ließ
ichs mein erstes sein, den Leuten, unter deren Auf-
sicht ich geblieben war, meine wohlgespickte Börse
zu zeigen, und gab der Familie sogleich einen
Schmauß, bei dem es sehr hoch herging. Frau
Elfenbein, meine Wirthinn, wollte zwar, da ich
ihr das Geld zum Einkauf gab, und meine Bestel-

lungen

fuͤr dich und mich nur uͤbel aͤrger machen. Alſo
mußt du dich einzuſchmeicheln ſuchen, damit man
dich gut und nicht ſo ſclaviſch haͤlt, ich will es dir
ſchon nicht an Gelde fehlen laſſen, daß du dir die
Leute zu Freunden machen kannſt; verſchwenden
mußt du freilich nichts, aber fehlen ſoll es dir auch
nicht, ich will es mir lieber ſelbſt abſparen.

Nach dieſer guͤtigen Erklaͤrung war die Erleich-
terung meines Schickſals nicht muͤhſam zu ſuchen,
und eben ſo leicht fiel es mir jetzt durch Politik da-
hin zu gelangen, denn da Mutter Suschen, ſeit ich
ſie kannte, nichts als Pflichterfuͤllung oder aus Gut-
muͤthigkeit gethan hatte, und nur mit denen leid-
lich verfuhr, die ihren Leidenſchaften opferten, ſo
waren alle Leute in unſerm Hauſe, beſonders meine
Herren Hofmeiſter, Null, Pelz und Confuſelius,
dahin befliſſen, ich hatte alſo Gelegenheit Politik
zu lernen, und wußte ſie, ſobald es noͤthig war,
anzuwenden.

Als mein Stiefvater wieder abgereiſt war, ließ
ichs mein erſtes ſein, den Leuten, unter deren Auf-
ſicht ich geblieben war, meine wohlgeſpickte Boͤrſe
zu zeigen, und gab der Familie ſogleich einen
Schmauß, bei dem es ſehr hoch herging. Frau
Elfenbein, meine Wirthinn, wollte zwar, da ich
ihr das Geld zum Einkauf gab, und meine Beſtel-

lungen
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[248/0252] fuͤr dich und mich nur uͤbel aͤrger machen. Alſo mußt du dich einzuſchmeicheln ſuchen, damit man dich gut und nicht ſo ſclaviſch haͤlt, ich will es dir ſchon nicht an Gelde fehlen laſſen, daß du dir die Leute zu Freunden machen kannſt; verſchwenden mußt du freilich nichts, aber fehlen ſoll es dir auch nicht, ich will es mir lieber ſelbſt abſparen. Nach dieſer guͤtigen Erklaͤrung war die Erleich- terung meines Schickſals nicht muͤhſam zu ſuchen, und eben ſo leicht fiel es mir jetzt durch Politik da- hin zu gelangen, denn da Mutter Suschen, ſeit ich ſie kannte, nichts als Pflichterfuͤllung oder aus Gut- muͤthigkeit gethan hatte, und nur mit denen leid- lich verfuhr, die ihren Leidenſchaften opferten, ſo waren alle Leute in unſerm Hauſe, beſonders meine Herren Hofmeiſter, Null, Pelz und Confuſelius, dahin befliſſen, ich hatte alſo Gelegenheit Politik zu lernen, und wußte ſie, ſobald es noͤthig war, anzuwenden. Als mein Stiefvater wieder abgereiſt war, ließ ichs mein erſtes ſein, den Leuten, unter deren Auf- ſicht ich geblieben war, meine wohlgeſpickte Boͤrſe zu zeigen, und gab der Familie ſogleich einen Schmauß, bei dem es ſehr hoch herging. Frau Elfenbein, meine Wirthinn, wollte zwar, da ich ihr das Geld zum Einkauf gab, und meine Beſtel- lungen

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/252>, abgerufen am 14.06.2024.