Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.
Geld; die zweite wollte des Aufwands wegen keine Gäste haben. Unser Tisch ward täglich schlechter, nur mir ließ die liebe Mamma meist insgeheim ein apartes Gerichtchen oder ein Gebacknes machen. Confuselius war der Mensch im Hause, mit welchem mein Stiefvater am erträglichsten verfuhr, er hatte sich bei ihm beliebt zu machen verstanden, ward sogar oft zum Trinken eingeladen, und brach- te meiner Mutter sowohl als mir manche kleine Schonung zuwege; weshalb wir ihn sehr in Ehren hielten, ihn zu unserm Schutzpatron und Vertrau- ten machten, und er von allen Seiten seine klei- nen Vortheile zog. Meine Mutter sah ihrer Niederkunft mit vie- ler Betrübniß entgegen, sie konnte den Gedanken nicht ertragen, daß etwa ein Sohn kommen wür- de, der dann Baron, folglich mehr als ich wäre, und das Vermögen, das sie dem Vater verschrie- ben, ganz bekommen müßte; beide Uebel konnte sie nicht füglich heben. Eben so wenig durfte sie dar- an denken, auch mich adeln zu lassen, weil sie mußte, wie sehr Oncle Peter dagegen sein würde, sie mußte befürchten, mich, wenn sie es thäte, um seine Erbschaft zu bringen, die doch ein großer Trost für sie war. Sie durfte auch einen zweiten Sohn der Zukunft nicht füglich von ihrer eignen Erbschaft
Geld; die zweite wollte des Aufwands wegen keine Gaͤſte haben. Unſer Tiſch ward taͤglich ſchlechter, nur mir ließ die liebe Mamma meiſt insgeheim ein apartes Gerichtchen oder ein Gebacknes machen. Confuſelius war der Menſch im Hauſe, mit welchem mein Stiefvater am ertraͤglichſten verfuhr, er hatte ſich bei ihm beliebt zu machen verſtanden, ward ſogar oft zum Trinken eingeladen, und brach- te meiner Mutter ſowohl als mir manche kleine Schonung zuwege; weshalb wir ihn ſehr in Ehren hielten, ihn zu unſerm Schutzpatron und Vertrau- ten machten, und er von allen Seiten ſeine klei- nen Vortheile zog. Meine Mutter ſah ihrer Niederkunft mit vie- ler Betruͤbniß entgegen, ſie konnte den Gedanken nicht ertragen, daß etwa ein Sohn kommen wuͤr- de, der dann Baron, folglich mehr als ich waͤre, und das Vermoͤgen, das ſie dem Vater verſchrie- ben, ganz bekommen muͤßte; beide Uebel konnte ſie nicht fuͤglich heben. Eben ſo wenig durfte ſie dar- an denken, auch mich adeln zu laſſen, weil ſie mußte, wie ſehr Oncle Peter dagegen ſein wuͤrde, ſie mußte befuͤrchten, mich, wenn ſie es thaͤte, um ſeine Erbſchaft zu bringen, die doch ein großer Troſt fuͤr ſie war. Sie durfte auch einen zweiten Sohn der Zukunft nicht fuͤglich von ihrer eignen Erbſchaft
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#TUR"> <p><pb facs="#f0248" n="244"/> Geld; die zweite wollte des Aufwands wegen keine<lb/> Gaͤſte haben. Unſer Tiſch ward taͤglich ſchlechter,<lb/> nur mir ließ die liebe Mamma meiſt insgeheim<lb/> ein apartes Gerichtchen oder ein Gebacknes machen.</p><lb/> <p>Confuſelius war der Menſch im Hauſe, mit<lb/> welchem mein Stiefvater am ertraͤglichſten verfuhr,<lb/> er hatte ſich bei ihm beliebt zu machen verſtanden,<lb/> ward ſogar oft zum Trinken eingeladen, und brach-<lb/> te meiner Mutter ſowohl als mir manche kleine<lb/> Schonung zuwege; weshalb wir ihn ſehr in Ehren<lb/> hielten, ihn zu unſerm Schutzpatron und Vertrau-<lb/> ten machten, und er von allen Seiten ſeine klei-<lb/> nen Vortheile zog.</p><lb/> <p>Meine Mutter ſah ihrer Niederkunft mit vie-<lb/> ler Betruͤbniß entgegen, ſie konnte den Gedanken<lb/> nicht ertragen, daß etwa ein Sohn kommen wuͤr-<lb/> de, der dann Baron, folglich mehr als ich waͤre,<lb/> und das Vermoͤgen, das ſie dem Vater verſchrie-<lb/> ben, ganz bekommen muͤßte; beide Uebel konnte ſie<lb/> nicht fuͤglich heben. Eben ſo wenig durfte ſie dar-<lb/> an denken, auch mich adeln zu laſſen, weil ſie<lb/> mußte, wie ſehr Oncle Peter dagegen ſein wuͤrde,<lb/> ſie mußte befuͤrchten, mich, wenn ſie es thaͤte, um<lb/> ſeine Erbſchaft zu bringen, die doch ein großer<lb/> Troſt fuͤr ſie war. Sie durfte auch einen zweiten<lb/> Sohn der Zukunft nicht fuͤglich von ihrer eignen<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Erbſchaft</fw><lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [244/0248]
Geld; die zweite wollte des Aufwands wegen keine
Gaͤſte haben. Unſer Tiſch ward taͤglich ſchlechter,
nur mir ließ die liebe Mamma meiſt insgeheim
ein apartes Gerichtchen oder ein Gebacknes machen.
Confuſelius war der Menſch im Hauſe, mit
welchem mein Stiefvater am ertraͤglichſten verfuhr,
er hatte ſich bei ihm beliebt zu machen verſtanden,
ward ſogar oft zum Trinken eingeladen, und brach-
te meiner Mutter ſowohl als mir manche kleine
Schonung zuwege; weshalb wir ihn ſehr in Ehren
hielten, ihn zu unſerm Schutzpatron und Vertrau-
ten machten, und er von allen Seiten ſeine klei-
nen Vortheile zog.
Meine Mutter ſah ihrer Niederkunft mit vie-
ler Betruͤbniß entgegen, ſie konnte den Gedanken
nicht ertragen, daß etwa ein Sohn kommen wuͤr-
de, der dann Baron, folglich mehr als ich waͤre,
und das Vermoͤgen, das ſie dem Vater verſchrie-
ben, ganz bekommen muͤßte; beide Uebel konnte ſie
nicht fuͤglich heben. Eben ſo wenig durfte ſie dar-
an denken, auch mich adeln zu laſſen, weil ſie
mußte, wie ſehr Oncle Peter dagegen ſein wuͤrde,
ſie mußte befuͤrchten, mich, wenn ſie es thaͤte, um
ſeine Erbſchaft zu bringen, die doch ein großer
Troſt fuͤr ſie war. Sie durfte auch einen zweiten
Sohn der Zukunft nicht fuͤglich von ihrer eignen
Erbſchaft
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/248 |
Zitationshilfe: | Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/248>, abgerufen am 16.02.2025. |