ihn auszuüben gewonnen hätte. Dies ließ sie denen, die das Glück hatten ihre Unterthanen zu sein, mit Nachdruck empfinden, gewiß hatten sie noch keine Herrschaft gehabt, die ihnen so aufmerksam Respekt gelehrt, und sie so von oben herab behandelt hätte. Sie machte zugleich die strengste Gerichtsfrau, und gab überhaupt in allen Stücken zu erkennen, daß sie solches Volk der Milderung ihres Schicksals, wo das etwa nöthig gewesen wäre, der Schonung und Nachsicht nicht werth achtete. Der Gerichts- halter hatte sonst für streng gegolten, jetzt aber war er der Bauern Schutz, und hatte vollauf zu thun, um der Gerichtsfrau begreiflich zu machen, daß diese Leute auch Menschen wären und ihre Rechte hätten.
Demnach kam es bald dahin, daß sie von allen Bewohnern des Dorfes aus Herzensgrund gehaßt wurde, daß es beständig Streitigkeiten gab, und es zuweilen zu Zänkereien zwischen ihnen und ihrer Gebietherinn kam, bei welchen die letzte ihre Würde vergaß, und sich wie weiland Frau Suschen, oder vielmehr so betrug, wie sie es von dem lermendsten Grenadierweibe in ihrer Jugend gehört hatte, sie bewies dann, wie immer, daß sie sich die Stärke der Ausdrücke einer solchen Frau bei Gelegenheit ei- nes Streits ganz zu eigen gemacht hatte.
Eben
ihn auszuuͤben gewonnen haͤtte. Dies ließ ſie denen, die das Gluͤck hatten ihre Unterthanen zu ſein, mit Nachdruck empfinden, gewiß hatten ſie noch keine Herrſchaft gehabt, die ihnen ſo aufmerkſam Reſpekt gelehrt, und ſie ſo von oben herab behandelt haͤtte. Sie machte zugleich die ſtrengſte Gerichtsfrau, und gab uͤberhaupt in allen Stuͤcken zu erkennen, daß ſie ſolches Volk der Milderung ihres Schickſals, wo das etwa noͤthig geweſen waͤre, der Schonung und Nachſicht nicht werth achtete. Der Gerichts- halter hatte ſonſt fuͤr ſtreng gegolten, jetzt aber war er der Bauern Schutz, und hatte vollauf zu thun, um der Gerichtsfrau begreiflich zu machen, daß dieſe Leute auch Menſchen waͤren und ihre Rechte haͤtten.
Demnach kam es bald dahin, daß ſie von allen Bewohnern des Dorfes aus Herzensgrund gehaßt wurde, daß es beſtaͤndig Streitigkeiten gab, und es zuweilen zu Zaͤnkereien zwiſchen ihnen und ihrer Gebietherinn kam, bei welchen die letzte ihre Wuͤrde vergaß, und ſich wie weiland Frau Suschen, oder vielmehr ſo betrug, wie ſie es von dem lermendſten Grenadierweibe in ihrer Jugend gehoͤrt hatte, ſie bewies dann, wie immer, daß ſie ſich die Staͤrke der Ausdruͤcke einer ſolchen Frau bei Gelegenheit ei- nes Streits ganz zu eigen gemacht hatte.
Eben
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ihn auszuuͤben gewonnen haͤtte. Dies ließ ſie denen,
die das Gluͤck hatten ihre Unterthanen zu ſein, mit
Nachdruck empfinden, gewiß hatten ſie noch keine
Herrſchaft gehabt, die ihnen ſo aufmerkſam Reſpekt
gelehrt, und ſie ſo von oben herab behandelt haͤtte.
Sie machte zugleich die ſtrengſte Gerichtsfrau, und
gab uͤberhaupt in allen Stuͤcken zu erkennen, daß
ſie ſolches Volk der Milderung ihres Schickſals,
wo das etwa noͤthig geweſen waͤre, der Schonung
und Nachſicht nicht werth achtete. Der Gerichts-
halter hatte ſonſt fuͤr ſtreng gegolten, jetzt aber war
er der Bauern Schutz, und hatte vollauf zu thun,
um der Gerichtsfrau begreiflich zu machen, daß dieſe
Leute auch Menſchen waͤren und ihre Rechte
haͤtten.
Demnach kam es bald dahin, daß ſie von allen
Bewohnern des Dorfes aus Herzensgrund gehaßt
wurde, daß es beſtaͤndig Streitigkeiten gab, und
es zuweilen zu Zaͤnkereien zwiſchen ihnen und ihrer
Gebietherinn kam, bei welchen die letzte ihre Wuͤrde
vergaß, und ſich wie weiland Frau Suschen, oder
vielmehr ſo betrug, wie ſie es von dem lermendſten
Grenadierweibe in ihrer Jugend gehoͤrt hatte, ſie
bewies dann, wie immer, daß ſie ſich die Staͤrke
der Ausdruͤcke einer ſolchen Frau bei Gelegenheit ei-
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/189>, abgerufen am 24.11.2024.
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