Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

Namen beißen mußte, weil er Sie beleidigt hatte.
Sie selbst konnten dem Mann, auf den Sie böse
waren, nicht ankommen, also mußte ich ihn ins
Bein beißen; ich war auf den Bauer böse, konnte
ihm aber ankommen, und schoß ich ihn selbst ins Bein;
sehen Sie, ich handle nach Jhrem Beispiel Mam-
machen, nun sagen Sie nicht mehr, daß ich Jh-
nen nicht folgte.

Meine Mutter drohte mir mit dem Finger,
aber sie lächelte dazu, und sagte dann: es ist recht,
boshafte Leute muß man züchtigen, nur nicht so
unbehutsam, wie du hier gethan, sonst kommt man
ja in Verantwortung; doch du wirst mit der Zeit
hierinnen schon selbst klug werden.

Als die Geschichte mit dem Bauer vorsiel,
hatte ich bereits einen neuen Hofmeister, es war der
Sohn eines Dorfschneiders, von dem seinem Vater
geträumt hatte, er habe viel Kopf und müsse, wenn
er Theologie studirte, einer der ersten Geistlichen im
Lande werden. Adam Pelz war also auf Schulen
und auf eine Universität geschickt worden, hatte
aber nichts gelernt, und sich auch keine sonderliche
Mühe darum gegeben, sondern die Zeit, in der er
auf der Universität hauste, in Bierhäusern, Tanz-
stuben und lüderlichen Häusern zugebracht. Der
Vater konnte ihm zu Ausführung dieser luxuriösen

Lebens-
L 3

Namen beißen mußte, weil er Sie beleidigt hatte.
Sie ſelbſt konnten dem Mann, auf den Sie boͤſe
waren, nicht ankommen, alſo mußte ich ihn ins
Bein beißen; ich war auf den Bauer boͤſe, konnte
ihm aber ankommen, und ſchoß ich ihn ſelbſt ins Bein;
ſehen Sie, ich handle nach Jhrem Beiſpiel Mam-
machen, nun ſagen Sie nicht mehr, daß ich Jh-
nen nicht folgte.

Meine Mutter drohte mir mit dem Finger,
aber ſie laͤchelte dazu, und ſagte dann: es iſt recht,
boshafte Leute muß man zuͤchtigen, nur nicht ſo
unbehutſam, wie du hier gethan, ſonſt kommt man
ja in Verantwortung; doch du wirſt mit der Zeit
hierinnen ſchon ſelbſt klug werden.

Als die Geſchichte mit dem Bauer vorſiel,
hatte ich bereits einen neuen Hofmeiſter, es war der
Sohn eines Dorfſchneiders, von dem ſeinem Vater
getraͤumt hatte, er habe viel Kopf und muͤſſe, wenn
er Theologie ſtudirte, einer der erſten Geiſtlichen im
Lande werden. Adam Pelz war alſo auf Schulen
und auf eine Univerſitaͤt geſchickt worden, hatte
aber nichts gelernt, und ſich auch keine ſonderliche
Muͤhe darum gegeben, ſondern die Zeit, in der er
auf der Univerſitaͤt hauſte, in Bierhaͤuſern, Tanz-
ſtuben und luͤderlichen Haͤuſern zugebracht. Der
Vater konnte ihm zu Ausfuͤhrung dieſer luxurioͤſen

Lebens-
L 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0169" n="165"/>
Namen beißen mußte, weil er Sie beleidigt hatte.<lb/>
Sie &#x017F;elb&#x017F;t konnten dem Mann, auf den Sie bo&#x0364;&#x017F;e<lb/>
waren, nicht ankommen, al&#x017F;o mußte ich ihn ins<lb/>
Bein beißen; ich war auf den Bauer bo&#x0364;&#x017F;e, konnte<lb/>
ihm aber ankommen, und &#x017F;choß ich ihn &#x017F;elb&#x017F;t ins Bein;<lb/>
&#x017F;ehen Sie, ich handle nach Jhrem Bei&#x017F;piel Mam-<lb/>
machen, nun &#x017F;agen Sie nicht mehr, daß ich Jh-<lb/>
nen nicht folgte.</p><lb/>
        <p>Meine Mutter drohte mir mit dem Finger,<lb/>
aber &#x017F;ie la&#x0364;chelte dazu, und &#x017F;agte dann: es i&#x017F;t recht,<lb/>
boshafte Leute muß man zu&#x0364;chtigen, nur nicht &#x017F;o<lb/>
unbehut&#x017F;am, wie du hier gethan, &#x017F;on&#x017F;t kommt man<lb/>
ja in Verantwortung; doch du wir&#x017F;t mit der Zeit<lb/>
hierinnen &#x017F;chon &#x017F;elb&#x017F;t klug werden.</p><lb/>
        <p>Als die Ge&#x017F;chichte mit dem Bauer vor&#x017F;iel,<lb/>
hatte ich bereits einen neuen Hofmei&#x017F;ter, es war der<lb/>
Sohn eines Dorf&#x017F;chneiders, von dem &#x017F;einem Vater<lb/>
getra&#x0364;umt hatte, er habe viel Kopf und mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, wenn<lb/>
er Theologie &#x017F;tudirte, einer der er&#x017F;ten Gei&#x017F;tlichen im<lb/>
Lande werden. Adam Pelz war al&#x017F;o auf Schulen<lb/>
und auf eine Univer&#x017F;ita&#x0364;t ge&#x017F;chickt worden, hatte<lb/>
aber nichts gelernt, und &#x017F;ich auch keine &#x017F;onderliche<lb/>
Mu&#x0364;he darum gegeben, &#x017F;ondern die Zeit, in der er<lb/>
auf der Univer&#x017F;ita&#x0364;t hau&#x017F;te, in Bierha&#x0364;u&#x017F;ern, Tanz-<lb/>
&#x017F;tuben und lu&#x0364;derlichen Ha&#x0364;u&#x017F;ern zugebracht. Der<lb/>
Vater konnte ihm zu Ausfu&#x0364;hrung die&#x017F;er luxurio&#x0364;&#x017F;en<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L 3</fw><fw place="bottom" type="catch">Lebens-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[165/0169] Namen beißen mußte, weil er Sie beleidigt hatte. Sie ſelbſt konnten dem Mann, auf den Sie boͤſe waren, nicht ankommen, alſo mußte ich ihn ins Bein beißen; ich war auf den Bauer boͤſe, konnte ihm aber ankommen, und ſchoß ich ihn ſelbſt ins Bein; ſehen Sie, ich handle nach Jhrem Beiſpiel Mam- machen, nun ſagen Sie nicht mehr, daß ich Jh- nen nicht folgte. Meine Mutter drohte mir mit dem Finger, aber ſie laͤchelte dazu, und ſagte dann: es iſt recht, boshafte Leute muß man zuͤchtigen, nur nicht ſo unbehutſam, wie du hier gethan, ſonſt kommt man ja in Verantwortung; doch du wirſt mit der Zeit hierinnen ſchon ſelbſt klug werden. Als die Geſchichte mit dem Bauer vorſiel, hatte ich bereits einen neuen Hofmeiſter, es war der Sohn eines Dorfſchneiders, von dem ſeinem Vater getraͤumt hatte, er habe viel Kopf und muͤſſe, wenn er Theologie ſtudirte, einer der erſten Geiſtlichen im Lande werden. Adam Pelz war alſo auf Schulen und auf eine Univerſitaͤt geſchickt worden, hatte aber nichts gelernt, und ſich auch keine ſonderliche Muͤhe darum gegeben, ſondern die Zeit, in der er auf der Univerſitaͤt hauſte, in Bierhaͤuſern, Tanz- ſtuben und luͤderlichen Haͤuſern zugebracht. Der Vater konnte ihm zu Ausfuͤhrung dieſer luxurioͤſen Lebens- L 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/169
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/169>, abgerufen am 24.11.2024.