Namen beißen mußte, weil er Sie beleidigt hatte. Sie selbst konnten dem Mann, auf den Sie böse waren, nicht ankommen, also mußte ich ihn ins Bein beißen; ich war auf den Bauer böse, konnte ihm aber ankommen, und schoß ich ihn selbst ins Bein; sehen Sie, ich handle nach Jhrem Beispiel Mam- machen, nun sagen Sie nicht mehr, daß ich Jh- nen nicht folgte.
Meine Mutter drohte mir mit dem Finger, aber sie lächelte dazu, und sagte dann: es ist recht, boshafte Leute muß man züchtigen, nur nicht so unbehutsam, wie du hier gethan, sonst kommt man ja in Verantwortung; doch du wirst mit der Zeit hierinnen schon selbst klug werden.
Als die Geschichte mit dem Bauer vorsiel, hatte ich bereits einen neuen Hofmeister, es war der Sohn eines Dorfschneiders, von dem seinem Vater geträumt hatte, er habe viel Kopf und müsse, wenn er Theologie studirte, einer der ersten Geistlichen im Lande werden. Adam Pelz war also auf Schulen und auf eine Universität geschickt worden, hatte aber nichts gelernt, und sich auch keine sonderliche Mühe darum gegeben, sondern die Zeit, in der er auf der Universität hauste, in Bierhäusern, Tanz- stuben und lüderlichen Häusern zugebracht. Der Vater konnte ihm zu Ausführung dieser luxuriösen
Lebens-
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Namen beißen mußte, weil er Sie beleidigt hatte. Sie ſelbſt konnten dem Mann, auf den Sie boͤſe waren, nicht ankommen, alſo mußte ich ihn ins Bein beißen; ich war auf den Bauer boͤſe, konnte ihm aber ankommen, und ſchoß ich ihn ſelbſt ins Bein; ſehen Sie, ich handle nach Jhrem Beiſpiel Mam- machen, nun ſagen Sie nicht mehr, daß ich Jh- nen nicht folgte.
Meine Mutter drohte mir mit dem Finger, aber ſie laͤchelte dazu, und ſagte dann: es iſt recht, boshafte Leute muß man zuͤchtigen, nur nicht ſo unbehutſam, wie du hier gethan, ſonſt kommt man ja in Verantwortung; doch du wirſt mit der Zeit hierinnen ſchon ſelbſt klug werden.
Als die Geſchichte mit dem Bauer vorſiel, hatte ich bereits einen neuen Hofmeiſter, es war der Sohn eines Dorfſchneiders, von dem ſeinem Vater getraͤumt hatte, er habe viel Kopf und muͤſſe, wenn er Theologie ſtudirte, einer der erſten Geiſtlichen im Lande werden. Adam Pelz war alſo auf Schulen und auf eine Univerſitaͤt geſchickt worden, hatte aber nichts gelernt, und ſich auch keine ſonderliche Muͤhe darum gegeben, ſondern die Zeit, in der er auf der Univerſitaͤt hauſte, in Bierhaͤuſern, Tanz- ſtuben und luͤderlichen Haͤuſern zugebracht. Der Vater konnte ihm zu Ausfuͤhrung dieſer luxurioͤſen
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Namen beißen mußte, weil er Sie beleidigt hatte.
Sie ſelbſt konnten dem Mann, auf den Sie boͤſe
waren, nicht ankommen, alſo mußte ich ihn ins
Bein beißen; ich war auf den Bauer boͤſe, konnte
ihm aber ankommen, und ſchoß ich ihn ſelbſt ins Bein;
ſehen Sie, ich handle nach Jhrem Beiſpiel Mam-
machen, nun ſagen Sie nicht mehr, daß ich Jh-
nen nicht folgte.
Meine Mutter drohte mir mit dem Finger,
aber ſie laͤchelte dazu, und ſagte dann: es iſt recht,
boshafte Leute muß man zuͤchtigen, nur nicht ſo
unbehutſam, wie du hier gethan, ſonſt kommt man
ja in Verantwortung; doch du wirſt mit der Zeit
hierinnen ſchon ſelbſt klug werden.
Als die Geſchichte mit dem Bauer vorſiel,
hatte ich bereits einen neuen Hofmeiſter, es war der
Sohn eines Dorfſchneiders, von dem ſeinem Vater
getraͤumt hatte, er habe viel Kopf und muͤſſe, wenn
er Theologie ſtudirte, einer der erſten Geiſtlichen im
Lande werden. Adam Pelz war alſo auf Schulen
und auf eine Univerſitaͤt geſchickt worden, hatte
aber nichts gelernt, und ſich auch keine ſonderliche
Muͤhe darum gegeben, ſondern die Zeit, in der er
auf der Univerſitaͤt hauſte, in Bierhaͤuſern, Tanz-
ſtuben und luͤderlichen Haͤuſern zugebracht. Der
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/169>, abgerufen am 24.11.2024.
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