seine Grobheiten verbeten und ihm die Thür ge- wiesen hatte, nahm er die Parthie des Nachgebens, wenn man keine Alliirten, der Feind deren aber meh- rere hat, er fürchtete sich vor den Fäusten der Hof- knechte, die meine Mutter zusammen zu rufen drohte, und wollte lieber der Genugthuung, welche ihm nach einer so unerlaubten Behandlung nicht hätte entgehen können, entsagen, als die Beleidi- gung erst an sich vollziehen lassen. Somit reiste er wieder ab, und Frau Suschen, so wie ihr lieber Sohn, hatten an ihm und seiner Frau zwei Lobredner mehr.
Jch war nun wieder unumschränkter Herr; zwar fieng nun meine Mutter an, scharf zu wer- den, sie versuchte es, mich zum Gehorsam zu brin- gen, und ließ es nicht bei öftern Verweisen be- wenden, sondern drohte mir sogar mit allerlei Stra- fen. Bald aber sah sie, daß es zu spät wäre, mich zu beugen; denn wenn sie schalt, so räsonnirte ich, wenn sie drohte, drohte ich wieder, und setzte mich einigemal in Positur, ihr was an den Kopf zu wer- fen. Sie kroch also wieder zu Kreuze, und legte sich aufs Bitten und Ermahnen.
Einst sagte sie: Kind, folge mir doch hübsch, du siehst ja, wie ich dich lieb habe, dir alles zu Gefallen thue, und dich nicht von andern beleidi-
gen
ſeine Grobheiten verbeten und ihm die Thuͤr ge- wieſen hatte, nahm er die Parthie des Nachgebens, wenn man keine Alliirten, der Feind deren aber meh- rere hat, er fuͤrchtete ſich vor den Faͤuſten der Hof- knechte, die meine Mutter zuſammen zu rufen drohte, und wollte lieber der Genugthuung, welche ihm nach einer ſo unerlaubten Behandlung nicht haͤtte entgehen koͤnnen, entſagen, als die Beleidi- gung erſt an ſich vollziehen laſſen. Somit reiſte er wieder ab, und Frau Suschen, ſo wie ihr lieber Sohn, hatten an ihm und ſeiner Frau zwei Lobredner mehr.
Jch war nun wieder unumſchraͤnkter Herr; zwar fieng nun meine Mutter an, ſcharf zu wer- den, ſie verſuchte es, mich zum Gehorſam zu brin- gen, und ließ es nicht bei oͤftern Verweiſen be- wenden, ſondern drohte mir ſogar mit allerlei Stra- fen. Bald aber ſah ſie, daß es zu ſpaͤt waͤre, mich zu beugen; denn wenn ſie ſchalt, ſo raͤſonnirte ich, wenn ſie drohte, drohte ich wieder, und ſetzte mich einigemal in Poſitur, ihr was an den Kopf zu wer- fen. Sie kroch alſo wieder zu Kreuze, und legte ſich aufs Bitten und Ermahnen.
Einſt ſagte ſie: Kind, folge mir doch huͤbſch, du ſiehſt ja, wie ich dich lieb habe, dir alles zu Gefallen thue, und dich nicht von andern beleidi-
gen
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ſeine Grobheiten verbeten und ihm die Thuͤr ge-
wieſen hatte, nahm er die Parthie des Nachgebens,
wenn man keine Alliirten, der Feind deren aber meh-
rere hat, er fuͤrchtete ſich vor den Faͤuſten der Hof-
knechte, die meine Mutter zuſammen zu rufen
drohte, und wollte lieber der Genugthuung, welche
ihm nach einer ſo unerlaubten Behandlung nicht
haͤtte entgehen koͤnnen, entſagen, als die Beleidi-
gung erſt an ſich vollziehen laſſen. Somit
reiſte er wieder ab, und Frau Suschen, ſo wie ihr
lieber Sohn, hatten an ihm und ſeiner Frau zwei
Lobredner mehr.
Jch war nun wieder unumſchraͤnkter Herr;
zwar fieng nun meine Mutter an, ſcharf zu wer-
den, ſie verſuchte es, mich zum Gehorſam zu brin-
gen, und ließ es nicht bei oͤftern Verweiſen be-
wenden, ſondern drohte mir ſogar mit allerlei Stra-
fen. Bald aber ſah ſie, daß es zu ſpaͤt waͤre, mich
zu beugen; denn wenn ſie ſchalt, ſo raͤſonnirte ich,
wenn ſie drohte, drohte ich wieder, und ſetzte mich
einigemal in Poſitur, ihr was an den Kopf zu wer-
fen. Sie kroch alſo wieder zu Kreuze, und legte
ſich aufs Bitten und Ermahnen.
Einſt ſagte ſie: Kind, folge mir doch huͤbſch,
du ſiehſt ja, wie ich dich lieb habe, dir alles zu
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/164>, abgerufen am 24.11.2024.
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