Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

so kränken. Aber meine Frau Mamma war über
so was weg, sie sagte: ich weis schon selbst was ich
zu thun habe, und brauche anderer Leute Lehren
nicht; zugleich wollte sie den Kaufmann, der eben-
falls aufgestanden war, die Thür zuhielt, und sie
nicht fortlassen wollte, bis sie der Mutter freundlich
zugesprochen, wegstoßen, und da sie es nicht konnte,
einen andern Ausgang suchen. Jndem sie ihn aber
schon fast erreicht hatte, trat Albrecht Busch durch
ihn herein, der, sobald er wußte, meine Großmut-
ter sei auf dem Wege nach dem Versammlungsort,
auch dahin gegangen war und gelauscht hatte. Madam
Schnitzer fuhr zurück, und Busch begann: damit
sie Nullen nicht unverdienter Weise würgen mögen,
Madam, will ich ihnen bekennen, daß die Anstalt,
ihre Mutter kommen zu lassen, von mir ist, und
jener den Brief nicht geschrieben hat. Sie verdien-
ten eine solche Beschämung, an mir und meiner
Frau haben sie sich durch die schwärzeste Verläum-
dung gerächt, ich bestrafe sie durch Bekanntmachung
der Wahrheit; zugleich kann nun jeder ihre üble
Denkungsart, die zwar so schon bekannt ist, im hel-
lesten Lichte sehen. Nun hören sie, wenn sie es so-
gleich hier vor der ganzen Gesellschaft ihrer Mutter
abbitten, daß sie so unnatürlich handelten und sie
verläugnen konnten; dann sie mit nach Hause neh-

men

ſo kraͤnken. Aber meine Frau Mamma war uͤber
ſo was weg, ſie ſagte: ich weis ſchon ſelbſt was ich
zu thun habe, und brauche anderer Leute Lehren
nicht; zugleich wollte ſie den Kaufmann, der eben-
falls aufgeſtanden war, die Thuͤr zuhielt, und ſie
nicht fortlaſſen wollte, bis ſie der Mutter freundlich
zugeſprochen, wegſtoßen, und da ſie es nicht konnte,
einen andern Ausgang ſuchen. Jndem ſie ihn aber
ſchon faſt erreicht hatte, trat Albrecht Buſch durch
ihn herein, der, ſobald er wußte, meine Großmut-
ter ſei auf dem Wege nach dem Verſammlungsort,
auch dahin gegangen war und gelauſcht hatte. Madam
Schnitzer fuhr zuruͤck, und Buſch begann: damit
ſie Nullen nicht unverdienter Weiſe wuͤrgen moͤgen,
Madam, will ich ihnen bekennen, daß die Anſtalt,
ihre Mutter kommen zu laſſen, von mir iſt, und
jener den Brief nicht geſchrieben hat. Sie verdien-
ten eine ſolche Beſchaͤmung, an mir und meiner
Frau haben ſie ſich durch die ſchwaͤrzeſte Verlaͤum-
dung geraͤcht, ich beſtrafe ſie durch Bekanntmachung
der Wahrheit; zugleich kann nun jeder ihre uͤble
Denkungsart, die zwar ſo ſchon bekannt iſt, im hel-
leſten Lichte ſehen. Nun hoͤren ſie, wenn ſie es ſo-
gleich hier vor der ganzen Geſellſchaft ihrer Mutter
abbitten, daß ſie ſo unnatuͤrlich handelten und ſie
verlaͤugnen konnten; dann ſie mit nach Hauſe neh-

men
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0124" n="120"/>
&#x017F;o kra&#x0364;nken. Aber meine Frau Mamma war u&#x0364;ber<lb/>
&#x017F;o was weg, &#x017F;ie &#x017F;agte: ich weis &#x017F;chon &#x017F;elb&#x017F;t was ich<lb/>
zu thun habe, und brauche anderer Leute Lehren<lb/>
nicht; zugleich wollte &#x017F;ie den Kaufmann, der eben-<lb/>
falls aufge&#x017F;tanden war, die Thu&#x0364;r zuhielt, und &#x017F;ie<lb/>
nicht fortla&#x017F;&#x017F;en wollte, bis &#x017F;ie der Mutter freundlich<lb/>
zuge&#x017F;prochen, weg&#x017F;toßen, und da &#x017F;ie es nicht konnte,<lb/>
einen andern Ausgang &#x017F;uchen. Jndem &#x017F;ie ihn aber<lb/>
&#x017F;chon fa&#x017F;t erreicht hatte, trat Albrecht Bu&#x017F;ch durch<lb/>
ihn herein, der, &#x017F;obald er wußte, meine Großmut-<lb/>
ter &#x017F;ei auf dem Wege nach dem Ver&#x017F;ammlungsort,<lb/>
auch dahin gegangen war und gelau&#x017F;cht hatte. Madam<lb/>
Schnitzer fuhr zuru&#x0364;ck, und Bu&#x017F;ch begann: damit<lb/>
&#x017F;ie Nullen nicht unverdienter Wei&#x017F;e wu&#x0364;rgen mo&#x0364;gen,<lb/>
Madam, will ich ihnen bekennen, daß die An&#x017F;talt,<lb/>
ihre Mutter kommen zu la&#x017F;&#x017F;en, von mir i&#x017F;t, und<lb/>
jener den Brief nicht ge&#x017F;chrieben hat. Sie verdien-<lb/>
ten eine &#x017F;olche Be&#x017F;cha&#x0364;mung, an mir und meiner<lb/>
Frau haben &#x017F;ie &#x017F;ich durch die &#x017F;chwa&#x0364;rze&#x017F;te Verla&#x0364;um-<lb/>
dung gera&#x0364;cht, ich be&#x017F;trafe &#x017F;ie durch Bekanntmachung<lb/>
der Wahrheit; zugleich kann nun jeder ihre u&#x0364;ble<lb/>
Denkungsart, die zwar &#x017F;o &#x017F;chon bekannt i&#x017F;t, im hel-<lb/>
le&#x017F;ten Lichte &#x017F;ehen. Nun ho&#x0364;ren &#x017F;ie, wenn &#x017F;ie es &#x017F;o-<lb/>
gleich hier vor der ganzen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft ihrer Mutter<lb/>
abbitten, daß &#x017F;ie &#x017F;o unnatu&#x0364;rlich handelten und &#x017F;ie<lb/>
verla&#x0364;ugnen konnten; dann &#x017F;ie mit nach Hau&#x017F;e neh-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">men</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[120/0124] ſo kraͤnken. Aber meine Frau Mamma war uͤber ſo was weg, ſie ſagte: ich weis ſchon ſelbſt was ich zu thun habe, und brauche anderer Leute Lehren nicht; zugleich wollte ſie den Kaufmann, der eben- falls aufgeſtanden war, die Thuͤr zuhielt, und ſie nicht fortlaſſen wollte, bis ſie der Mutter freundlich zugeſprochen, wegſtoßen, und da ſie es nicht konnte, einen andern Ausgang ſuchen. Jndem ſie ihn aber ſchon faſt erreicht hatte, trat Albrecht Buſch durch ihn herein, der, ſobald er wußte, meine Großmut- ter ſei auf dem Wege nach dem Verſammlungsort, auch dahin gegangen war und gelauſcht hatte. Madam Schnitzer fuhr zuruͤck, und Buſch begann: damit ſie Nullen nicht unverdienter Weiſe wuͤrgen moͤgen, Madam, will ich ihnen bekennen, daß die Anſtalt, ihre Mutter kommen zu laſſen, von mir iſt, und jener den Brief nicht geſchrieben hat. Sie verdien- ten eine ſolche Beſchaͤmung, an mir und meiner Frau haben ſie ſich durch die ſchwaͤrzeſte Verlaͤum- dung geraͤcht, ich beſtrafe ſie durch Bekanntmachung der Wahrheit; zugleich kann nun jeder ihre uͤble Denkungsart, die zwar ſo ſchon bekannt iſt, im hel- leſten Lichte ſehen. Nun hoͤren ſie, wenn ſie es ſo- gleich hier vor der ganzen Geſellſchaft ihrer Mutter abbitten, daß ſie ſo unnatuͤrlich handelten und ſie verlaͤugnen konnten; dann ſie mit nach Hauſe neh- men

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/124
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/124>, abgerufen am 28.11.2024.