Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.
Lügner, der ehrlichen Leuten, die sich nicht um die Gelehrtenkünste bekümmern könnten, weil sie mit ihren Berufsgeschäften zu thun genug hätten, leicht von seinen Kenntnissen weiß machen könnte, was er wollte, für einen Dummkopf und Prahler, den man's empfinden lassen müßte, daß es nun be- kannt sei, woran man mit ihm wäre. Der verurtheilte Mann lauerte demnach am andern Morgen umsonst auf die Ankunft des Branntweinbrenners. Voller Ungeduld schickte er um zehn Uhr seine Aufwärterinn mit noch einem Briefchen zu ihm. Jndem aber die Antwort eben einlief, trat zugleich die Magd des Kleidungsgläu- bigers bei ihm ein. Er las das Billet des Brannt- weinbrenners zuerst; es bestand in den wenigen Worten: "Jch kann nicht dienen, und sonst will's "auch niemand thun, bitte mir hingegen meine "zwey Gulden wieder aus." Mit zitternden Händen las er nun das zweite Billet, welches ihm in ziemlich derben Ausdrü- cken sagte, daß sich Endesunterschriebener binnen heute und acht Tagen die bewußten 24 Thaler zu- rück ausbäte. Erblaßt und stammelnd sagte Confuselius zu der fremden Magd, er werde es besorgen, und hieß, als sie hinaus war, seine Aufwärterinn gehen, die aber
Luͤgner, der ehrlichen Leuten, die ſich nicht um die Gelehrtenkuͤnſte bekuͤmmern koͤnnten, weil ſie mit ihren Berufsgeſchaͤften zu thun genug haͤtten, leicht von ſeinen Kenntniſſen weiß machen koͤnnte, was er wollte, fuͤr einen Dummkopf und Prahler, den man’s empfinden laſſen muͤßte, daß es nun be- kannt ſei, woran man mit ihm waͤre. Der verurtheilte Mann lauerte demnach am andern Morgen umſonſt auf die Ankunft des Branntweinbrenners. Voller Ungeduld ſchickte er um zehn Uhr ſeine Aufwaͤrterinn mit noch einem Briefchen zu ihm. Jndem aber die Antwort eben einlief, trat zugleich die Magd des Kleidungsglaͤu- bigers bei ihm ein. Er las das Billet des Brannt- weinbrenners zuerſt; es beſtand in den wenigen Worten: „Jch kann nicht dienen, und ſonſt will’s „auch niemand thun, bitte mir hingegen meine „zwey Gulden wieder aus.“ Mit zitternden Haͤnden las er nun das zweite Billet, welches ihm in ziemlich derben Ausdruͤ- cken ſagte, daß ſich Endesunterſchriebener binnen heute und acht Tagen die bewußten 24 Thaler zu- ruͤck ausbaͤte. Erblaßt und ſtammelnd ſagte Confuſelius zu der fremden Magd, er werde es beſorgen, und hieß, als ſie hinaus war, ſeine Aufwaͤrterinn gehen, die aber
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Luͤgner, der ehrlichen Leuten, die ſich nicht um die
Gelehrtenkuͤnſte bekuͤmmern koͤnnten, weil ſie mit
ihren Berufsgeſchaͤften zu thun genug haͤtten, leicht
von ſeinen Kenntniſſen weiß machen koͤnnte, was
er wollte, fuͤr einen Dummkopf und Prahler, den
man’s empfinden laſſen muͤßte, daß es nun be-
kannt ſei, woran man mit ihm waͤre.
Der verurtheilte Mann lauerte demnach am
andern Morgen umſonſt auf die Ankunft des
Branntweinbrenners. Voller Ungeduld ſchickte er
um zehn Uhr ſeine Aufwaͤrterinn mit noch einem
Briefchen zu ihm. Jndem aber die Antwort eben
einlief, trat zugleich die Magd des Kleidungsglaͤu-
bigers bei ihm ein. Er las das Billet des Brannt-
weinbrenners zuerſt; es beſtand in den wenigen
Worten: „Jch kann nicht dienen, und ſonſt will’s
„auch niemand thun, bitte mir hingegen meine
„zwey Gulden wieder aus.“
Mit zitternden Haͤnden las er nun das zweite
Billet, welches ihm in ziemlich derben Ausdruͤ-
cken ſagte, daß ſich Endesunterſchriebener binnen
heute und acht Tagen die bewußten 24 Thaler zu-
ruͤck ausbaͤte.
Erblaßt und ſtammelnd ſagte Confuſelius zu
der fremden Magd, er werde es beſorgen, und hieß,
als ſie hinaus war, ſeine Aufwaͤrterinn gehen, die
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