am dritten Ort zwischen uns und ich wette; mein Albrecht holt mich selbst wieder heim.
Vater Rosenberg ließ sich erbitten und gieng am folgenden Nachmittag zu Albrechten, doch bis dahin hatten sich so viel gute Freunde bei dem letzten eingefunden, die ihn wegen der Aufführung seiner Frau beklagt, sie als ganz zügellos bestätigt hatten, daß er seinen Schwiegervater sehr ungern kommen sah, auf alles, was dieser sagen wollte, nicht achtete, sondern bei dem Bedauern blieb, daß er und so würdige Eltern einer leichtsinnigen Toch- ter, durch sie schmerzlich gekränkt und daß die schönste Harmonie auf eine so unvermuthete Weise unterbrochen wäre.
Rosenberg kehrte, das Herz voll Jammer und Kummer, heim, er war auf Sophien, auf Wilhelm und Albrechten gleich aufgebracht, und da er sahe, daß es ohne gerichtliche Auseinandersetzung eines Handels, bei dem jeder Theil Recht haben wollte und der Schimpf auf seine Tochter allein fiel, nicht abgehn würde, kündigte er, so bald er nach Hause kam, der ersten an, daß sie auch bei ihm nicht wohnen, er sie auch nicht eher wieder Tochter nen- nen könnte, bis sie ihre Unschuld hinlänglich dar- gethan hätte, es sei überdas nöthig, vor der Hand, die Stadt zu verlassen, damit sie während des
Pro-
am dritten Ort zwiſchen uns und ich wette; mein Albrecht holt mich ſelbſt wieder heim.
Vater Roſenberg ließ ſich erbitten und gieng am folgenden Nachmittag zu Albrechten, doch bis dahin hatten ſich ſo viel gute Freunde bei dem letzten eingefunden, die ihn wegen der Auffuͤhrung ſeiner Frau beklagt, ſie als ganz zuͤgellos beſtaͤtigt hatten, daß er ſeinen Schwiegervater ſehr ungern kommen ſah, auf alles, was dieſer ſagen wollte, nicht achtete, ſondern bei dem Bedauern blieb, daß er und ſo wuͤrdige Eltern einer leichtſinnigen Toch- ter, durch ſie ſchmerzlich gekraͤnkt und daß die ſchoͤnſte Harmonie auf eine ſo unvermuthete Weiſe unterbrochen waͤre.
Roſenberg kehrte, das Herz voll Jammer und Kummer, heim, er war auf Sophien, auf Wilhelm und Albrechten gleich aufgebracht, und da er ſahe, daß es ohne gerichtliche Auseinanderſetzung eines Handels, bei dem jeder Theil Recht haben wollte und der Schimpf auf ſeine Tochter allein fiel, nicht abgehn wuͤrde, kuͤndigte er, ſo bald er nach Hauſe kam, der erſten an, daß ſie auch bei ihm nicht wohnen, er ſie auch nicht eher wieder Tochter nen- nen koͤnnte, bis ſie ihre Unſchuld hinlaͤnglich dar- gethan haͤtte, es ſei uͤberdas noͤthig, vor der Hand, die Stadt zu verlaſſen, damit ſie waͤhrend des
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am dritten Ort zwiſchen uns und ich wette; mein
Albrecht holt mich ſelbſt wieder heim.
Vater Roſenberg ließ ſich erbitten und gieng
am folgenden Nachmittag zu Albrechten, doch bis
dahin hatten ſich ſo viel gute Freunde bei dem
letzten eingefunden, die ihn wegen der Auffuͤhrung
ſeiner Frau beklagt, ſie als ganz zuͤgellos beſtaͤtigt
hatten, daß er ſeinen Schwiegervater ſehr ungern
kommen ſah, auf alles, was dieſer ſagen wollte,
nicht achtete, ſondern bei dem Bedauern blieb, daß
er und ſo wuͤrdige Eltern einer leichtſinnigen Toch-
ter, durch ſie ſchmerzlich gekraͤnkt und daß die
ſchoͤnſte Harmonie auf eine ſo unvermuthete Weiſe
unterbrochen waͤre.
Roſenberg kehrte, das Herz voll Jammer und
Kummer, heim, er war auf Sophien, auf Wilhelm
und Albrechten gleich aufgebracht, und da er ſahe,
daß es ohne gerichtliche Auseinanderſetzung eines
Handels, bei dem jeder Theil Recht haben wollte
und der Schimpf auf ſeine Tochter allein fiel, nicht
abgehn wuͤrde, kuͤndigte er, ſo bald er nach Hauſe
kam, der erſten an, daß ſie auch bei ihm nicht
wohnen, er ſie auch nicht eher wieder Tochter nen-
nen koͤnnte, bis ſie ihre Unſchuld hinlaͤnglich dar-
gethan haͤtte, es ſei uͤberdas noͤthig, vor der Hand,
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/362>, abgerufen am 27.11.2024.
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