Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

sollte seine Gefälligkeit aufhören. Er vergaß seine
jetzt verdoppelten Leiden immer bei der Hoffnung,
daß er den Vaternamen bald führen würde, und
unterhielt sich viel davon mit seinen Freunden in
in der Tabagie. Nichts wünschte er so sehr als
darüber mit Felßen zu sprechen, und ihm zu ver-
stehn zu geben, daß er, sollte ihn Gott einen
Sohn geben, es für dessen größtes Glück halten
würde, wenn er ihn in Erziehung nehmen wollte,
woran er gern sein halbes Vermögen wenden wür-
de, weil der Junge dann gewiß eine bessere Aus-
steuer erhielte, als zeitliche Güter. Ja, dachte
er zuweilen, wenn ich diese Wohlthat für meinen
Sohn erlangen könnte, ich glaube, lieber ließ ich
meine Frau vor Bosheit sterben, als mich von ihr
daran verhindern. Doch wer weiß, wo Felß ist,
ehe der Junge bis dahin kommt, daß man ihn in
die Hände des ersten geben könnte, bald sollte ich
wünschen, daß er immer blos Herr Felß und in
schlechter Verfassung -- pfui Johann Jacob, da
entfuhr dir ein häßlicher eigennütziger Wunsch!

Welche Schwachheit, daß Schnitzer sich über
so was ein Gewissen machen konnte! Er hatte aber
einmal den Grundsatz, man muß nichts verlangen,
worunter ein anderer zu sehr leiden würde. Dank
sei es meiner Mutter, daß ich mich von solchen

aber-

ſollte ſeine Gefaͤlligkeit aufhoͤren. Er vergaß ſeine
jetzt verdoppelten Leiden immer bei der Hoffnung,
daß er den Vaternamen bald fuͤhren wuͤrde, und
unterhielt ſich viel davon mit ſeinen Freunden in
in der Tabagie. Nichts wuͤnſchte er ſo ſehr als
daruͤber mit Felßen zu ſprechen, und ihm zu ver-
ſtehn zu geben, daß er, ſollte ihn Gott einen
Sohn geben, es fuͤr deſſen groͤßtes Gluͤck halten
wuͤrde, wenn er ihn in Erziehung nehmen wollte,
woran er gern ſein halbes Vermoͤgen wenden wuͤr-
de, weil der Junge dann gewiß eine beſſere Aus-
ſteuer erhielte, als zeitliche Guͤter. Ja, dachte
er zuweilen, wenn ich dieſe Wohlthat fuͤr meinen
Sohn erlangen koͤnnte, ich glaube, lieber ließ ich
meine Frau vor Bosheit ſterben, als mich von ihr
daran verhindern. Doch wer weiß, wo Felß iſt,
ehe der Junge bis dahin kommt, daß man ihn in
die Haͤnde des erſten geben koͤnnte, bald ſollte ich
wuͤnſchen, daß er immer blos Herr Felß und in
ſchlechter Verfaſſung — pfui Johann Jacob, da
entfuhr dir ein haͤßlicher eigennuͤtziger Wunſch!

Welche Schwachheit, daß Schnitzer ſich uͤber
ſo was ein Gewiſſen machen konnte! Er hatte aber
einmal den Grundſatz, man muß nichts verlangen,
worunter ein anderer zu ſehr leiden wuͤrde. Dank
ſei es meiner Mutter, daß ich mich von ſolchen

aber-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0282" n="276"/>
&#x017F;ollte &#x017F;eine Gefa&#x0364;lligkeit aufho&#x0364;ren. Er vergaß &#x017F;eine<lb/>
jetzt verdoppelten Leiden immer bei der Hoffnung,<lb/>
daß er den Vaternamen bald fu&#x0364;hren wu&#x0364;rde, und<lb/>
unterhielt &#x017F;ich viel davon mit &#x017F;einen Freunden in<lb/>
in der Tabagie. Nichts wu&#x0364;n&#x017F;chte er &#x017F;o &#x017F;ehr als<lb/>
daru&#x0364;ber mit Felßen zu &#x017F;prechen, und ihm zu ver-<lb/>
&#x017F;tehn zu geben, daß er, &#x017F;ollte ihn Gott einen<lb/>
Sohn geben, es fu&#x0364;r de&#x017F;&#x017F;en gro&#x0364;ßtes Glu&#x0364;ck halten<lb/>
wu&#x0364;rde, wenn er ihn in Erziehung nehmen wollte,<lb/>
woran er gern &#x017F;ein halbes Vermo&#x0364;gen wenden wu&#x0364;r-<lb/>
de, weil der Junge dann gewiß eine be&#x017F;&#x017F;ere Aus-<lb/>
&#x017F;teuer erhielte, als zeitliche Gu&#x0364;ter. Ja, dachte<lb/>
er zuweilen, wenn ich die&#x017F;e Wohlthat fu&#x0364;r meinen<lb/>
Sohn erlangen ko&#x0364;nnte, ich glaube, lieber ließ ich<lb/>
meine Frau vor Bosheit &#x017F;terben, als mich von ihr<lb/>
daran verhindern. Doch wer weiß, wo Felß i&#x017F;t,<lb/>
ehe der Junge bis dahin kommt, daß man ihn in<lb/>
die Ha&#x0364;nde des er&#x017F;ten geben ko&#x0364;nnte, bald &#x017F;ollte ich<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;chen, daß er immer blos Herr Felß und in<lb/>
&#x017F;chlechter Verfa&#x017F;&#x017F;ung &#x2014; pfui Johann Jacob, da<lb/>
entfuhr dir ein ha&#x0364;ßlicher eigennu&#x0364;tziger Wun&#x017F;ch!</p><lb/>
        <p>Welche Schwachheit, daß Schnitzer &#x017F;ich u&#x0364;ber<lb/>
&#x017F;o was ein Gewi&#x017F;&#x017F;en machen konnte! Er hatte aber<lb/>
einmal den Grund&#x017F;atz, man muß nichts verlangen,<lb/>
worunter ein anderer zu &#x017F;ehr leiden wu&#x0364;rde. Dank<lb/>
&#x017F;ei es meiner Mutter, daß ich mich von &#x017F;olchen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">aber-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[276/0282] ſollte ſeine Gefaͤlligkeit aufhoͤren. Er vergaß ſeine jetzt verdoppelten Leiden immer bei der Hoffnung, daß er den Vaternamen bald fuͤhren wuͤrde, und unterhielt ſich viel davon mit ſeinen Freunden in in der Tabagie. Nichts wuͤnſchte er ſo ſehr als daruͤber mit Felßen zu ſprechen, und ihm zu ver- ſtehn zu geben, daß er, ſollte ihn Gott einen Sohn geben, es fuͤr deſſen groͤßtes Gluͤck halten wuͤrde, wenn er ihn in Erziehung nehmen wollte, woran er gern ſein halbes Vermoͤgen wenden wuͤr- de, weil der Junge dann gewiß eine beſſere Aus- ſteuer erhielte, als zeitliche Guͤter. Ja, dachte er zuweilen, wenn ich dieſe Wohlthat fuͤr meinen Sohn erlangen koͤnnte, ich glaube, lieber ließ ich meine Frau vor Bosheit ſterben, als mich von ihr daran verhindern. Doch wer weiß, wo Felß iſt, ehe der Junge bis dahin kommt, daß man ihn in die Haͤnde des erſten geben koͤnnte, bald ſollte ich wuͤnſchen, daß er immer blos Herr Felß und in ſchlechter Verfaſſung — pfui Johann Jacob, da entfuhr dir ein haͤßlicher eigennuͤtziger Wunſch! Welche Schwachheit, daß Schnitzer ſich uͤber ſo was ein Gewiſſen machen konnte! Er hatte aber einmal den Grundſatz, man muß nichts verlangen, worunter ein anderer zu ſehr leiden wuͤrde. Dank ſei es meiner Mutter, daß ich mich von ſolchen aber-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/282
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/282>, abgerufen am 11.06.2024.